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Martin-Ingbert Heigl: Raphaels Vermächtnis und Rudolf Steiners letzte Ansprache: Die Transfiguration als Offenbarung der Michael-Schule
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Martin-Ingbert Heigl
RAPHAELS VERMÄCHTNIS
und
Rudolf Steiners letzte Ansprache
Die Transfiguration als Offenbarung der Michael-Schule
Näheres unter www.widar.de
Martin-Ingbert.Heigl@gmx.de
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Prägnanz

Aus AnthroWiki

Prägnanz (von lat. praegnans „schwanger, trächtig“) kommt einer Aussage bzw. einer symbolischen Darstellung zu, wenn sie trotz ihrer Kürze ein hohes Maß an Bedeutung enthält. Ein prägnanter Ausdruck ist gleichsam hochschwanger an sinnvollem Inhalt und verdichtet ihn auf die knappest mögliche Form. Er bringt das Wesenliche einer Sache ohne Weitschweifigkeit und Umständlichkeit kurz, präzise und markant auf den Punkt, ohne deshalb in einer abstrakten Definition zu erstarren. Vielmehr regt er dazu an, die ganze Fülle des mitschwingenden Bedeutungsgehalts zu erahnen und sich diese im lebendigen Denken zu vergegenwärtigen. Insbesondere geisteswissenschaftliche Darstellungen, die auf kein äußerlich sinnlich erfahrbares Objekt verweisen können, erfordern eine hohe Prägnanz, die den geistigen Blick auf einen nur übersinnlich wahrnehmbaren Tatsachenzusammenhang lenkt.

Gestaltpsychologisch heben sich prägnante Formen sofort aus einer Fülle anderer Elemente hervor und werden zu allererst wahrgenommen (Gesetz der Prägnanz). Sprachliche Ausdrücke erhalten ihre Prägnanz nicht nur durch den Gedankengehalt der verwendeten Worte, sondern vielfach auch durch den bildhaft formenden Charakter der darin vorkommenden Laute und Lautkombinationen. Die künstlerische Gestaltung der Sprache spielt hier eine entscheidende Rolle. Rudolf Steiner illustriert das beispielsweise an dem deutschen Wort „Keil“:

„Herauszuholen aus den irdischen Gestaltungen die Stoßlaute, das ist dasjenige, was uns wirklich im Sprechen weiterbringt. Aber all das, was wir in dieser Weise üben, kann in den schönen Fluß der Sprache übergehen, wenn wir es eben verfließen lassen, wenn wir so eine Pyramide, die eigentlich ein k darstellt und in der wir innerlich in der Sprache leben, während wir k sagen, dazu bringen, daß sie verfließen muß, daß sie sich auflösen muß. Dann lassen wir den k-Laut übergehen in den l-Laut, und Sie werden sehen, das fließt weg wie Wasser, was da erst ganz fest ist. K, l = das fließt weg wie Wasser. Und was interessiert Sie denn, wenn Sie das Wort Keil sagen? Ein Keil, der nichts keilt, der also nicht verfließt in seiner Bewegung, hat ja keinen Sinn, und ein Keil hat ein k ganz richtig, weil er eine Pyramide ist, wenn man ihn aufstellt. Aber dasjenige, was uns am Keil interessiert, ist, daß er verfließt. Also das ist ein Wort von einer inneren Prägnanz, die großartig ist! Und sagen Sie Keil und fühlen dasjenige, was der Keil tut, fühlen Sie etwas zerspalten dabei, und dieses Übergehen in den Fluß unter Hemmnissen, die Hemmung wiederum durch das ei ausgedrückt, durch das Vokalische, dann haben Sie ein Wunderbares.“ (Lit.: GA 282, S. 346)

So zeichnet etwa das erste Wort des hebräischen Tanach, Bereschit (בְּרֵאשִׁית), das gemeinhin mit „im Anfang“ übersetzt wird, durch seine Lautfolge bereits ein zunächst noch sehr grobes imaginatives Bild des gesamten Schöpfungsgeschehens, wie es im Sechstagewerk geschildert wird. Durch meditative Versenkung kann sich dieses Bild zu einer umfassenden geistigen Erfahrung ausweiten. In der deutschen Übersetzung ist dieser sprachimmanete Bildgehalt völlig verloren gegangen.

„Wir dürfen mit dem ersten Worte der Genesis durchaus nicht verbinden jenes Abstrakte, Schattenhafte, was man heute im Auge hat, wenn man etwa das Wort «Im Anfang » oder «Im Urbeginne» ausspricht. Damit würde man gegenüber dem, was der alte hebräische Weise empfand, etwas unsäglich Armseliges zum Ausdruck bringen. Alles das, was man sich nur vorstellen kann in jener Zweiheit, welche entstand durch die Auseinandergliederung des Sonnenhaften und des Erdhaften, alles das, was sozusagen im Moment dieser Trennung vorhanden war, was sich eben in die Zweiheit gliederte, alles das muß vor unserer Seele auftauchen, wenn wir B'reschit, das «Im Anfang», «Im Urbeginn» in der richtigen Weise vor unsere Seele hinstellen wollen. Und nicht nur das allein darf in unserer Seele auftauchen, sondern wir müssen uns bewußt sein, daß in dieser ganzen Entwickelung, die wir die Saturn-, Sonnen- und Mondenentwickelung nennen, geistige Wesenheiten die Lenker und Leiter und auch die Träger der ganzen Entwickelung waren, und daß dasjenige, was wir das Wärme-, das Luft-, das Wasserelement nennen, immer nur der äußere Ausdruck, das äußere Kleid ist für die geistigen Wesenheiten, die die Wirklichkeit der Entwickelung sind. Auch dann, wenn wir hinblicken auf jenen Zustand, der bei der Trennung des Sonnenhaften von dem Erdenhaften vorhanden war, und uns ihn in einem von StofTesvorstellungen erfüllten Bilde denken, auch dann müssen wir uns bewußt sein, daß wir in alledem, was wir da unter dem Bilde des elementarischen Wassers, der Luft, des Feuers vor unsere Seele hinmalen, nur das Ausdrucksmittel für webende Geistigkeit haben, für webende Geistigkeit, die durch die vorangehenden drei Stufen, durch die Saturn-, Sonnen- und Mondenstufe, gestiegen ist und an diesem Zeitpunkt, den ich eben charakterisiert habe, auf einer gewissen Entwickelungsstufe ihres Daseins angelangt ist.

Stellen wir einmal vor unsere Seele dieses Bild von in sich webendem wässerigem, luft- oder gasförmigem und feurigem Elemente wie eine gewaltige Weltenkugel, die sich auseinanderspaltet in ein sonnenhaftes und in ein erdenhaftes Element; stellen wir uns aber vor, daß alles das, was wir in diesem Elementarisch-Stofflichen in der Vorstellung haben, nur das Ausdrucksmittel für Geistiges ist. Stellen wir uns vor, daß aus diesem Stoffgehäuse, das gewoben ist aus einem wässerigen, luftförmigen und einem Wärmeelement, uns anblicken die Antlitze von geistigen Wesenheiten, die da drinnen weben, die in diesem durch Stoffesvorstellungen für unsere Seele repräsentierten Element sich manifestieren, sich offenbaren. Stellen wir uns vor, daß wir geistige Wesenheiten vor uns haben, die uns gleichsam ihr Antlitz zuwenden und die da arbeiten mit Hilfe von Wärme, Luft und Wasser, um Weltenkörper durch die Kraft ihres Geistig-Seelischen zu organisieren. Stellen wir uns einmal dieses Bild vor!

Da haben wir das Bild einer elementarischen Hülle, einer Hülle, die wir uns etwa vorstellen können wie ein Schneckenhaus, wenn wir uns eine recht grobe sinnliche Vorstellung bilden wollen, einer Hülle aber, die nicht aus den festen Stoffen geformt ist wie das Schneckenhaus, sondern die aus feinsten wäßrigen, luft- oder gasförmigen und feurigen Elementen gewoben ist. Da drinnen denken wir uns ein Geistiges, das uns anblickt wie Antlitze, die gerade durch diese Hülle sich offenbaren und eine Kraft der Offenbarung selber sind, eine Kraft, die sozusagen aus dem übersinnlich Verborgenen in das Offenbare sich herausstachelt, wenn ich das Wort gebrauchen darf.

Rufen Sie sich dieses Bild, das ich eben zu malen versuchte, vor die Seele, dieses lebendige Weben eines Geistigen in einem Stofflichen, und rufen Sie sich vor die Seele die innere seelische Kraft, welche das Weben im Stoffe, das Organisieren im Stoffe bewirkt, und sehen Sie einen Augenblick ab von allem übrigen: dann haben Sie vor sich das, was etwa in der Seele eines althebräischen Weisen lebte, wenn die Laute B'reschit diese Seele durchdrangen. Bet, der erste Buchstabe, rief hervor das stoffliche Weben des Gehäuses, Resch, der zweite Mitlaut, rief hervor das Antlitzhafte der geistigen Wesenheiten, die in diesem Gehäuse drinnen woben, und Schin, der dritte Laut, rief hervor die stachelige Kraft, die aus dem Inneren sich emporarbeitet, um sich zu offenbaren.

So ungefähr kommen wir zu dem Prinzip, das solch einer Beschreibung zugrunde liegt. Und wenn wir zu diesem Prinzip vordringen, dann können wir zugleich etwas empfinden von dem Geiste dieser Sprache, die, wie gesagt, etwas Schöpferisches in der Seele hatte, wovon der moderne Mensch bei seinen abstrakten Sprachen gar keine Ahnung mehr hat.“ (Lit.: GA 122, S. 35ff)

Die Prägnanz geisteswissenschaftlicher Ausdrücke erhellt Rudolf Steiner u.a. auch an der für die geistigen Wahrnehmungsorgane überlieferten Bezeichnung „Lotosblumen“:

„Also es handelt sich darum, daß für geisteswissenschaftliche Erörterungen schon eine außerordentlich starke Gewissenhaftigkeit gegenüber der Erkenntnis vorhanden sein muß, sonst kommt man überhaupt in der Geisteswissenschaft nicht vorwärts. Diese Gewissenhaftigkeit wird ja von den Menschen der Gegenwart auch bemerkt; sie sehen, wie man genötigt ist, seine Satze nach allen Seiten hin durchzuhecheln, damit sie prägnant werden, und diese Menschen der Gegenwart, die heute gewöhnt sind an die journalistische Handhabung des Stils, nennen dieses Ringen nach Prägnanz einen schlechten Stil.

Nun, man muß solche Dinge eben durchaus aus der Eigenartigkeit der Zeit heraus verstehen. Und deshalb, weil die Gegenwart aus ihrem Materialismus und Intellektualismus heraus auch die Sprache in einer gewissen Weise so bedrängt hat, daß die Sprache, indem wir sie handhaben, nurmehr sich bezieht auf Materielles, kann man schwer die Worte finden, die man zuweilen braucht, um dasjenige zu bezeichnen, was man erlebt und muß dann greifen zu älteren, noch aus dem instinktiven Schauen herausgeholten Worten, die einem viel mehr die Möglichkeit geben, dasjenige auszudrücken, was man ausdrücken will. Darauf beruht dann wieder das Mißverständnis, daß die Leute, die nur am Worte haften, nun glauben, daß man mit dem Worte dasjenige entlehnt, was in der Übersetzung des Wortes enthalten ist. Das ist nicht so. Das Wort «Lotosblume», das ist ein aus der orientalischen Weisheit entlehnter Ausdruck, aber dasjenige, was ich schildere [in meinem Buch «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?»], ist durchaus nicht aus der orientalischen Weisheit entlehnt.“ (Lit.: GA 343a, S. 74f)

Eine hohe sprachliche Prägnanz haben alle Mantren, und insbesondere auch die Wochensprüche des anthroposophischen Seelenkalenders und die anthroposophischen Leitsätze.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.