Quantenfluktuation

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Quantenfluktuationen sind fundamentale und zufällige Änderungen in Energie und Teilchenzahlen auf subatomarer Ebene, die durch die fundamentale Unbestimmtheit der Quantenmechanik verursacht werden. Sie sind ein zentrales Phänomen in der Quantenphysik und haben weitreichende Auswirkungen auf unser Verständnis von Materie, Energie und des Universums.

Grundlagen

Quantenfluktuationen entstehen aus den grundlegenden Prinzipien der Quantenmechanik, insbesondere aus der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation.[1] Dieses Prinzip besagt, dass bestimmte (komplementäre) Paare von physikalischen Größen, wie Position und Impuls oder Energie und Zeit, nicht gleichzeitig mit absoluter Genauigkeit festgelegt sind bzw. gemessen werden können. Die Unsicherheit liegt dabei in der Größenordnung des reduzierten Planckschen Wirkungsquantums . Mathematisch ausgedrückt mit der Unbestimmtheit der Energie und der Unbestimmtheit der Zeit ergibt sich somit:

Infolgedessen gibt es eine grundlegende Unbestimmtheit in der Quantenwelt, die zu vorübergehenden Abweichungen von den erwarteten Energiezuständen eines Quantensystems führt.

Nachdrücklich hervorzuheben ist dabei, dass die Unbestimmtheitsrelation nicht die Folge unvermeidlicher, technisch bedingter Unzulänglichkeiten eines entsprechenden Messinstrumentes, sondern prinzipieller Natur ist und als Ausdruck des fundamentalen Welle-Teilchen-Dualismus angesehen werden kann. Nach der Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik[2][3] folgt sie aus dem grundsätzlich indeterministischen Charakters der quantenphysikalischen Naturvorgänge.

Quantenfluktuationen und die Quantenfeldtheorie

Die Quantenfeldtheorie (QFT) ist der Rahmen, in dem Quantenfluktuationen und ihre Auswirkungen auf Teilchen und Kräfte beschrieben werden.[4] In der QFT werden Teilchen als Anregungen von Quantenfeldern betrachtet, und Quantenfluktuationen sind inhärente Eigenschaften dieser Felder. Die QFT hat es ermöglicht, die elektromagnetische, schwache und starke Wechselwirkung in einem kohärenten mathematischen Rahmen zu vereinheitlichen und ist ein grundlegendes Werkzeug für das Verständnis der subatomaren Welt.

In den störungs-theoretischen Formeln der Quantenfeldtheorie von Werner Heisenberg und Wolfgang Pauli treten Unendlichkeiten auf, die von Richard Feynman und Julian Seymour Schwinger 1948 und etwas früher von Shin’ichirō Tomonaga durch die mathematische Methode der Renormierung aufgelöst wurden. Im Zusammenhang mit den dabei entstehenden Summanden entwickelten die Physiker die Vorstellung von Wolken aus virtuellen Teilchen, welche die Teilchen der klassischen Elektrodynamik (wie Elektronen oder Photonen) umgeben. In dieser Vorstellung können virtuelle Teilchen unter Verletzung des Energieerhaltungssatzes in einem unbeobachtbar kurzen Zeitraum real sein, bevor sie sofort wieder absorbiert werden. Durch die entstehende Fluktuation der Eigenschaften dieser Teilchenwolke verändern sich die in allen Prozessen in Erscheinung tretende Masse und Ladung der Teilchen. Somit ist diese Fluktuation in den beobachtbaren Teilchen wie Elektronen oder Photonen bereits enthalten und kann niemals isoliert betrachtet werden. Diese virtuellen Teilchen sind somit theoretische Konstrukte und haben keine reale physikalische Bedeutung. Die Vakuumfluktuation ist insbesondere nicht mit der Paarbildung zu verwechseln, die nur bei realer Energiezufuhr erfolgt und zwei reelle Teilchen erzeugt.[5]

Vakuumenergie und virtuelle Teilchen

Eine wichtige Folge von Quantenfluktuationen ist die Existenz von Vakuumenergie und virtuellen Teilchen.[6] Selbst im Vakuum, dem Zustand mit der niedrigsten möglichen Energie, gibt es aufgrund von Quantenfluktuationen ständig wechselnde Energieniveaus. Diese Fluktuationen führen zur kurzzeitigen Bildung von Teilchen-Antiteilchen-Paaren, den sogenannten virtuellen Teilchen, die fast sofort wieder miteinander verschmelzen und verschwinden. Obwohl sie flüchtig sind, haben virtuelle Teilchen wichtige Auswirkungen auf die physikalischen Prozesse auf subatomarer Ebene und tragen zur Vakuumenergie bei.

Bedeutung für die Kosmologie

Quantenfluktuationen spielen auch eine zentrale Rolle in der Kosmologie und bei der Entstehung des Universums. Gemäß der Inflationstheorie wurden die ursprünglichen Quantenfluktuationen in den ersten Momenten nach dem Urknall durch die schnelle Expansion des Universums auf kosmische Skalen gestreckt.[7] Diese anfänglichen Fluktuationen könnten für die Bildung von Strukturen im Universum verantwortlich sein, wie Galaxien und Galaxienhaufen. Die kosmische Hintergrundstrahlung, die als das "Echo" des Urknalls betrachtet wird, zeigt winzige Temperaturunterschiede, die den Quantenfluktuationen zugeschrieben werden.[8]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Heisenberg, W. (1927). Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik.
  2.  W. Heisenberg: Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik. In: Zeitschrift für Physik. 43, Nr. 3, 1927, S. 172–198, doi:10.1007/BF01397280 ([Originalarbeit als HTML (Memento vom 10. Mai 2013 im Internet Archive)]).
  3. Vgl.  Walter Greiner: Quantenmechanik. 6. überarb. und erw. Auflage. Verlag Harri Deutsch, Zürich u. a. 2005, ISBN 978-3-8171-1765-9, S. 55–56.
    • 1) S. 55 unten: „Der Wellencharakter der Materie … drückt sich unter anderem dadurch aus, dass im Bereich der Mikrophysik ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer Orts- und Impulsbestimmung besteht. Dies äußert sich darin, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig scharf bestimmt werden können. Das Maß der Unschärfe wird durch die heisenbergsche Unschärferelation gegeben.“
    • 2) S. 56 (Fußnote): „Auf der Suche nach der richtigen Beschreibung der atomaren Phänomene formulierte Heisenberg im Juli 1925 sein positivistisches Prinzip, dass nur ‚prinzipiell beobachtbare‘ Größen herangezogen werden dürfen … In enger Zusammenarbeit mit N. Bohr gelang es Heisenberg, den tieferen … physikalischen Hintergrund des neuen Formalismus zu zeigen. Die heisenbergsche Unschärferelation von 1927 wurde Grundlage der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie.“
  4. Weinberg, S. (1995). The Quantum Theory of Fields, Volume 1: Foundations.
  5. Hendrik van Hees: Introduction to Relativistic Quantum Field Theory. Februar 2016, S. 127 ff., abgerufen im Februar 2017.
  6. Schwinger, J. (1951). On Gauge Invariance and Vacuum Polarization.
  7. Guth, A. H. (1981). Inflationary universe: A possible solution to the horizon and flatness problems.
  8. Smoot, G. F., et al. (1992). Structure in the COBE Differential Microwave Radiometer First-Year Maps.
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