Kosmologie/Das Ende des Universums

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Das Ende des Universums

Es gibt mehrere Theorien darüber, wie das Universum enden könnte, so es denn enden sollte. Diese hochgradig spekulative Theorien basieren auf unserem derzeitigen Verständnis der Kosmologie und der zugrunde liegenden physikalischen Gesetze. Zukünftige Entdeckungen und Erkenntnisse könnten unser Verständnis dieser Szenarien und die damit verbundenen Vorhersagen ändern.

Wärmetod-Theorie oder Big Chill

Die Wärmetod-Theorie, die auch als Big Chill („Die große Kühle“, von eng. chill „kühlen, abkühlen“; steht in dem aus der englisch-amerikanischen Sprechweise übernommenen Begriff der Jugendsprache bekanntlich auch für „sich beruhigen, sich entspannen, rumhängen, abhängen“), Big Freeze („Das große Einfrieren“) oder Big Whimper („Das große Wimmern“) bezeichnet wird, geht nach den Gesetzen der Thermodynamik davon aus, dass sich das Universum aufgrund der immer weiter fortschreitenden Expansion immer mehr abkühlt und asymptotisch dem absoluten Nullpunkt und dem finalen thermodynamischen Gleichgewicht annähert. Durch die beständige Zunahme der Entropie strebt das Universum unaufhaltsam einem Zustand gestaltloser Gleichförmigkeit und minimaler nutzbarer Energie zu[1], der ob seiner äußeren Ereignislosigkeit an einen tiefen kosmischen „Weltenschlaf“ gemahnt.

Die Wärmetod-Theorie hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert in der Arbeit von Physikern wie William Thomson (Lord Kelvin) und Rudolf Clausius, die das Konzept der Entropie und den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik entwickelten.[2] Diese grundlegenden Ideen führten zur Vorstellung, dass das Universum einem Prozess der thermodynamischen Degradation unterliegt, bei dem nutzbare Energie in Wärme umgewandelt wird und sich gleichmäßig im Raum verteilt.

Mit der Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung[3] und der bestätigten Expansion des Universums durch Edwin Hubble wurde die Wärmetod-Theorie weiter gestärkt.[4] Die Idee, dass das Universum einem unausweichlichen Wärmetod entgegensteuert, hat in der modernen Kosmologie eine zentrale Rolle eingenommen. In den letzten Jahrzehnten haben kosmologische Beobachtungen gezeigt, dass die Expansion des Universums beschleunigt stattfindet, was auf die Existenz einer geheimnisvollen Dunklen Energie hindeutet.[5] Diese Erkenntnisse haben zur Entwicklung des ΛCDM-Modells geführt, das das Universum als ein System aus Dunkler Materie, Dunkler Energie und normaler Materie beschreibt und das Schicksal des Universums in Form eines ewig expandierenden und abkühlenden Kosmos darstellt.

Obwohl die Wärmetod-Theorie in der wissenschaftlichen Gemeinschaft weitgehend akzeptiert ist, gibt es einige Einwände und alternative Theorien. Ein Haupteinwand ist unser noch mehr als unvollständiges Verständnis der Dunklen Energie. Es ist daher möglich, dass zukünftige Entdeckungen unser Verständnis der kosmischen Expansion und ihrer Auswirkungen auf das Schicksal des Universums noch wesentlich ändern könnten.

Einige Wissenschaftler haben vorgeschlagen, dass Quantenfluktuationen im extrem kalten und diffusen Universum am Ende der kosmischen Expansion dazu führen könnten, dass neue Regionen erhöhter Dichte entstehen, was möglicherweise die Bildung neuer Strukturen im Universum ermöglicht. Quantenfluktuationen sind kurzzeitige, zufällige Änderungen in Energie und Teilchenzahlen auf subatomarer Ebene, die durch die grundlegenden Unbestimmtheit der Quantenmechanik verursacht werden. Sie können als vorübergehende Abweichungen von den erwarteten Energiezuständen eines Quantensystems betrachtet werden und spielen eine wichtige Rolle in Phänomenen wie der Vakuumenergie und der Entstehung des Universums. Diese würde das Universum in einem Zustand ewiger Veränderung halten, anstatt in einem statischen Wärmetod zu enden.[6]

Die Idee des Multiversums und der ewigen Inflation[7] stellt die Möglichkeit in den Raum, dass unser Universum Teil eines größeren kosmischen Systems ist, in dem ständig neue Universen entstehen. In diesem Szenario könnte das Schicksal unseres Universums weniger bedeutsam sein, da es ständig von neuen Universen ersetzt wird, die sich ausdehnen und kollabieren.

Roger Penrose hat eine alternative Theorie vorgeschlagen, die konforme zyklische Kosmologie (→ siehe weiter unten), die besagt, dass das Universum eine unendliche Abfolge von Zyklen durchläuft, wobei jeder Zyklus aus einer Expansion, gefolgt von einer Kontraktion, besteht.[8]

Big Crunch

Die Theorie des Big Crunch („Das große Zusammenkrachen“) besagt, dass das Universum aufgrund der Anziehungskraft der Gravitation irgendwann aufhören wird, sich auszudehnen, und stattdessen wieder in sich selbst kollabieren wird. Dies würde in einem Umkehrpunkt der Expansion resultieren und schließlich zu einem einzigen Punkt unendlicher Dichte führen, ähnlich dem Urknall.[9] Die Geschwindigkeit und das Verhalten der kosmischen Expansion hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Gesamtmenge an Materie und Energie im Universum und der geometrischen Krümmung des Raums. Das Schicksal des Universums – ob es ewig expandiert, in einem Big Crunch endet oder ein anderes Schicksal erleidet – hängt von diesen Faktoren ab. Aufgrund der beobachteten beschleunigten Expansion des Universum und der als Ursache postulierten Dunklen Energie gehen, wie schon oben beschrieben, die aktuellen kosmologischen Modelle, insbesondere das ΛCDM-Modell, allerdings davon aus, dass das Universum auch weiterhin expandieren und in einen Zustand des Wärmetods übergehen wird.[10] Dennoch schließen diese Modelle die Möglichkeit eines Big Crunch nicht vollständig aus, insbesondere wenn zukünftige Beobachtungen oder Entdeckungen zu einem besseren Verständnis der Dunklen Energie und ihrer Eigenschaften führen sollten.

Big Rip

Der Big Rip („Das große Zerreißen“) ist eine hypothetische kosmologische Theorie, die das mögliche Ende des Universums durch eine extreme Form der Dunklen Energie beschreibt. In diesem Szenario reißt die abstoßende Kraft der Dunklen Energie das Universum auseinander, indem sie Galaxienhaufen und Galaxien, Sterne, Planeten und letztendlich sogar Atomen und subatomaren Teilchen zerreißt.

Der Big Rip wurde erstmals von Robert R. Caldwell, Marc Kamionkowski und Nevin N. Weinberg im Jahr 2003 in einem wissenschaftlichen Artikel mit dem Titel "Phantom Energy and Cosmic Doomsday" vorgeschlagen.[11] In dieser Theorie geht man davon aus, dass das Universum von einer speziellen Art Dunkler Energie durchdrungen ist, der sogenannten Phantom-Energie, die einen negativen Wert des Zustandsparameters () aufweist, der kleiner als -1 ist. Diese Phantom-Energie führt zu einer beschleunigten kosmischen Expansion, die immer stärker wird, bis das Universum in einem endgültigen katastrophalen Ereignis, dem Big Rip, auseinandergerissen wird. Wenn man sich die Dunkle Energie, auch ohne ihre wahre Natur zu kennen, als ideales Gas vorstellt, kann man dafür folgende Zustandsgleichung formulieren:

Darin ist der Druck, die Dichte, die Lichtgeschwindigkeit und gemäß der von Albert Einstein postulierten Äquivalenz von Masse und Energie die Energiedichte der Dunklen Energie. Da der Parameter kleiner als -1, also negativ ist, bedeutet das, dass der Druck der Dunklen Energie negativ ist, während ihre Energiedichte positiv bleibt. Wir haben es hier demnach mit einem negativen Druck, also eigentlich mit einer Saugkraft anstatt einer Druckkraft zu tun - und eben diese bewirkt die Expansion.

Am häufigsten wird die Dunkle Energie mit der kosmologischen Konstante in Zusammenhang gebracht, die von Einstein in seine allgemeine Relativitätstheorie eingeführt wurde.[12] Die kosmologische Konstante hat einen konstanten Wert für den Zustandsparameter von = -1. Im Gegensatz dazu hat die Phantom-Energie, die für den Big Rip verantwortlich gemacht wird, einen Zustandsparameter von < -1, was bedeutet, dass ihre Energiedichte mit der Ausdehnung des Universums zunimmt. Diese Zunahme führt zu einer immer stärker werdenden abstoßenden Kraft, die schließlich die Schwerkraft überwindet und das Universum auseinanderreißt. Der Theorie gemäß erfolgt dieses Auseinanderreißen schrittweise von außen nach innen. Ein hypothetischer Beobachter, der lange genug lebte, könnte diesen apokalyptischen[13] Prozess mitverfolgen. Er würde zuerst die entferntesten Galaxien verschwinden sehen, dann die eigene Milchstraße, schließlich die Sonne mit ihren Planeten und Monden und zuletzt die Erde mit ihm selbst.[14]

Big Bounce

Die Theorie des Big Bounce („Großer Rückprall“ oder auch Urprall[15]) stellt sich das Universum als zyklisch vor, wobei der Big Crunch von einem neuen Urknall gefolgt wird, der ein neues Universum hervorbringt.[16] Die Idee eines zyklischen Universums, das durch wiederkehrende Phasen von Expansion und Kontraktion geht, ist jedoch nicht neu, sondern hat eine lange Tradition, deren Wurzeln in verschiedenen Kulturen und philosophischen bzw. religiösen Traditionen liegen. AuchiIn der modernen wissenschaftlichen Kosmologie wurden im 20. Jahrhundert verschiedene zyklische Modelle entwickelt. Nach diesen Theorien könnte das Universum eine unendliche Abfolge von Expansionen und Kontraktionen durchlaufen, wie es auf andere Weise auch Roger Penrose beschrieben hat (→ siehe den nachstehenden Abschnitt).

Der russische Physiker und Mathematiker Alexander Friedmann war einer der ersten, der ein zyklisches Universum auf der Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein vorschlug. In den 1920er Jahren entwickelte Friedmann mathematische Modelle, die zeigten, dass das Universum in Abhängigkeit von seiner Dichte expandieren, kontrahieren oder oszillieren könnte.[17] Obwohl Friedmanns Arbeit nicht direkt auf den Begriff des Big Bounce abzielte, legte sie wichtige Grundlagen für spätere Theorien.

Das Big Bounce-Konzept wurde später von verschiedenen Wissenschaftlern in unterschiedlichen Kontexten aufgegriffen. In den 1960er Jahren schlug der britische Astronom Fred Hoyle eine zyklische Version der Urknalltheorie vor, die als "Oszillierendes Universum" bezeichnet wurde.[18] In den 1980er Jahren haben Physiker wie Robert Brandenberger und Cumrun Vafa das Konzept des Big Bounce im Rahmen der Stringtheorie untersucht.[19]

In den 2000er Jahren wurde das Big Bounce-Modell weiterentwickelt, um Probleme in der klassischen Kosmologie zu lösen, insbesondere im Kontext der Schleifenquantengravitation. Der Physiker Martin Bojowald entwickelte Modelle, die darauf hindeuten, dass das Universum einem zyklischen Prozess aus Expansion und Kontraktion unterliegt, bei dem ein vorheriges Universum in einem Big Crunch kollabiert und ein neues Universum im Big Bounce entsteht.[16]

Konforme zyklische Kosmologie

Die von Roger Penrose vorgeschlagene Konforme zyklische Kosmologie (CCC) ist eine alternative Theorie zum Ende und Anfang des Universums. Im Gegensatz zu den oben genannten Szenarien schlägt die CCC vor, dass das Universum eine unendliche Abfolge von Zyklen durchläuft, wobei jeder Zyklus aus einer Expansion, gefolgt von einer Kontraktion, besteht.

Laut der CCC-Theorie nähert sich das Universum in jedem Zyklus einem Zustand der maximalen Entropie (ähnlich dem Wärmetod). Wenn das Universum diesen Zustand erreicht, werden die Größenverhältnisse der Raumzeit so verzerrt, dass Zeit und Raum sich auf eine Art "löschen", die eine konforme Transformation ermöglicht. Dies führt zu einem neuen Anfangspunkt, der einem Urknall ähnelt, und das Universum beginnt einen neuen Zyklus der Expansion und Kontraktion. Die Idee der CCC basiert auf mathematischen Konzepten und stellt eine Alternative zu den gängigen kosmologischen Modellen dar. Allerdings gibt es in der wissenschaftlichen Gemeinschaft einige Skepsis bezüglich der CCC, da es noch keine direkten experimentellen Belege für diese Theorie gibt und einige ihrer Annahmen schwer zu überprüfen sind.[8]

Einzelnachweise

  1. S. Carroll (2010). From Eternity to Here: The Quest for the Ultimate Theory of Time. Penguin Books.
  2. Carnot, S. (1824). Reflections on the Motive Power of Fire and on Machines Fitted to Develop That Power.
  3. Penzias, A. A., & Wilson, R. W. (1965). A Measurement of Excess Antenna Temperature at 4080 Mc/s.
  4. Hubble, E. (1929). A Relation between Distance and Radial Velocity among Extra-Galactic Nebulae
  5. Riess, A. G., et al. (1998). Observational Evidence from Supernovae for an Accelerating Universe and a Cosmological Constant.
  6. Dyson, F. J. (1979). Time without end: Physics and biology in an open universe.
  7. Guth, A. H. (2007). Eternal inflation and its implications.
  8. 8,0 8,1 R. Penrose (2010). Cycles of Time: An Extraordinary New View of the Universe. Vintage Books.
  9. A. Linde (1990). Particle Physics and Inflationary Cosmology. Harwood Academic Publishers.
  10. Peebles, P. J. E., & Ratra, B. (2003). The Cosmological Constant and Dark Energy.
  11. Robert R. Caldwell, Marc Kamionkowski, Nevin N. Weinberg Phantom Energy and Cosmic Doomsday, Phys. Rev. Lett., 91, 2003, 071301, Arxiv
  12. Einstein, A. (1917). Kosmologische Betrachtungen zur allgemeinen Relativitätstheorie.
  13. In der Apokalypse des Johannes heißt es bei der Öffnung des sechsten Siegels: „13 Die Sterne des Himmels fielen herab auf die Erde, wie ein Feigenbaum seine Früchte abwirft, wenn ein heftiger Sturm ihn schüttelt. 14 Der Himmel verschwand wie eine Buchrolle, die man zusammenrollt, und alle Berge und Inseln wurden von ihrer Stelle weggerückt.“ (Off 6,13-14 EU)
  14. Big Rip, Artikel im Lexikon der Astronomie (spektrum.de), abgerufen am 26. März 2023
  15. Rüdiger Vaas: Urprall statt Urknall? Auf: wissenschaft.de vom 3. Februar 2023.
  16. 16,0 16,1 Bojowald, M. (2007). What happened before the Big Bang?
  17. Friedmann, A. (1922). Über die Krümmung des Raumes.
  18. Hoyle, F. (1960). The Nature of the Universe.
  19. Brandenberger, R., & Vafa, C. (1989). Superstrings in the Early Universe.