Zentrales Nervensystem

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Das zentrale Nervensystem oder Zentralnervensystem (kurz ZNS) ist ein Teilsystem des Nervensystems aller „Zweiseitentiere“ (Bilateria). Seine Strukturen und Steuerungen werden auch als zentralnervös bezeichnet.

Die Abgrenzung zum peripheren Nervensystem wird allein nach der Lage getroffen, funktionell sind beide Anteile des Nervensystems eng miteinander verflochten. Bei Wirbeltieren besteht das zentrale Nervensystem aus Gehirn und Rückenmark, die im Wirbeltierembryo aus dem Neuralrohr entstehen. Das Zentralnervensystem besteht aus Nervengewebe. Dieses Gewebe setzt sich aus Nervenzellen (Neuronen) und Stützzellen (Gliazellen) zusammen. Die Neuronen empfangen und codieren Informationen, die sie an andere Nervenzellen übermitteln.

Aufgaben

Das ZNS erfüllt in einem komplexeren Lebewesen verschiedene Aufgaben:

  • Integration aller sensiblen Reize, die ihm von innerhalb oder außerhalb des Organismus zugeleitet werden (sogenannte Afferenzen),
  • Koordination sämtlicher motorischer Eigenleistungen des Gesamtorganismus
  • Regulation aller dabei ablaufenden innerorganismischen Abstimmungsvorgänge zwischen den organismischen Subsystemen oder Organen, einschließlich solcher humoraler und insbesondere hormoneller Art.

Alle komplexeren, sich als Ganzes bewegenden Lebewesen benötigen ein System mit diesen Funktionen. Es als Steuerungssystem anzusehen, liegt nahe, ist aber nicht korrekt. Im eigentlichen Sinn steuert das ZNS nicht. Es trägt infolge seiner zentralen Stellung neben der innerorganismischen Selbstregulation automatisch auch zur Aufrechterhaltung der Funktionalität des Gesamtorganismus in Relation zu organismisch relevanten Bedingungen in seiner Umgebung oder Umwelt (Jakob Johann von Uexküll) bei.

Das ZNS „vermittelt“ dabei stets nach zwei Seiten: Als zentrales Integrations-, Koordinations- und Regulationsorgan dient es nicht nur zur Verarbeitung von Reizen, die über die vom jeweiligen Organismus ausgebildeten Sinnesorgane von außerhalb des Organismus ins ZNS gelangen, sondern auch von jenen, die im Organismus selbst produziert werden. Tiere werden daher nicht nur von Umweltbedingungen zu Reaktionen angeregt. Sie werden auch von sich aus aktiv. Dies kann sogar während des Ruhens oder Schlafens vorkommen und zwar dann, wenn eigenproduzierte Reize größere Intensität erreichen; beim Menschen ist dies etwa bei intensiveren Träumen der Fall. Diese gehen teilweise mit starker Beeinflussung der auch im Schlaf unablässig regulierten autonom-vegetativen Bereiche des Organismus einher wie etwa Herzschlag oder Schweißbildung, Harndrang oder Darmaktivität, so dass stärkere (Mit)Reaktionen dieser Art ihrerseits als Weckreize wirken und einen Schläfer „aufgeregt“ erwachen lassen können.

Organismen wie Menschen, die lernen und folglich üben können, derartige innere Reize durch z. B. visuelle oder akustische Vorstellungen aller Art auch im Wachzustand als Tagträume oder Imaginationen zu produzieren, können damit organismische Reaktionen bei sich anregen, die nicht der vorwiegend willentlichen Kontrolle wie etwa der der Motorik unterliegen. Das betrifft alle autonom-vegetativen Körpervorgänge wie Blutdruck- und Pulsregulierung, Erektion des Gliedes, Schweiß- und Tränenproduktion sowie die Regulierung des unwillkürlichen Muskeltonus.

ZNS der Wirbeltiere

Übersicht über das menschliche ZNS (2), das aus Gehirn (1) und Rückenmark (3) besteht

Beim Menschen und den übrigen Wirbeltieren fasst man unter dem Begriff Zentralnervensystem Gehirn und Rückenmark zusammen und grenzt es so gegen das periphere Nervensystem ab, das zum Teil aus den Fortsätzen von Nervenzellen des ZNS besteht. Dabei unterscheidet man nach funktionellen Gesichtspunkten zwischen motorischen und sensiblen Anteilen einerseits des somatischen Nervensystems und andererseits des vegetativen Nervensystems. Als Grenzen des ZNS können die Hirnhäute angesehen werden. Nach einer anderen Definition liegt die Grenze des ZNS dort, wo die Nervenfaserumhüllung von der für das ZNS typischen, von Oligodendrozyten gebildeten Form in eine für das periphere Nervensystem typische Umhüllung durch Schwann-Zellen übergeht.

Im ZNS werden graue Substanz (Substantia grisea) und weiße Substanz (Substantia alba) unterschieden. Die graue Substanz liegt im Rückenmark innen, umgeben von der weißen Substanz außen. Im Gehirn sind die Verhältnisse dagegen komplexer, in der Hirnrinde (Cortex) findet sich graue Substanz auch außen, sowohl im Großhirn (Cortex cerebri) wie auch im Kleinhirn (Cortex cerebelli). Beide Anteile lassen sich an einem Schnitt bereits mit bloßem Auge anhand der namensgebenden Farbe erkennen. Die graue Substanz besteht vorwiegend aus Nervenzellkörpern, die weiße aus deren Fortsätzen (Axone), also den Leitungsbahnen. Allerdings sind in die weiße Substanz ebenfalls Ansammlungen von Nervenzellkörpern eingestreut, die Nuclei („Kerne“ oder „Kerngebiete“). Die größeren Kerngebiete sind ebenfalls leicht zu erkennen.

ZNS anderer Tiere

Die dorsalen, zentralnervösen Strukturen der Wirbeltiere könnten den ventralen Strukturen der Strickleiternervensysteme von Insekten homolog sein. Eine derartige Hypothese wurde schon 1875 von Felix Anton Dohrn formuliert, der vermutete, dass beide sich auf das Nervengeflecht eines ringelwurmartigen Vorfahren zurückführen lassen.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Zentralnervensystem - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
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