Roger Bacon

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Statue Roger Bacons, Universität Oxford: Museum für Naturgeschichte

Roger Bacon (* um 1220, jedoch nicht vor 1214 (traditionelle Angabe), nahe Ilchester in Somerset; † nach 1292 in Oxford), genannt Doctor Mirabilis (lat., „wunderbarer Lehrer“), war ein englischer Franziskaner und Philosoph, insbesondere Naturphilosoph, und gilt als einer der ersten Verfechter empirischer Methoden.[1][2]

Über die Bedeutung der Erfahrung und des Experiments sagte Bacon:[3]

„In den Naturwissenschaften kann man ohne Erfahrung und Experiment nichts Zureichendes wissen. Das Argument aus der Autorität bringt weder Sicherheit, noch beseitigt es Zweifel. [...] Mittels dreier Methoden können wir etwas wissen: durch Autorität, Begründung und Erfahrung. Die Autorität nützt nichts, wenn sie nicht auf Begründung beruht: Wir glauben einer Autorität, sehen aber nichts ihretwegen ein. Doch auch die Begründung führt nicht zu Wissen, wenn wir nicht ihre Schlüsse durch die Praxis (des Experiments) überprüfen. [...] Über allen Wissenschaften steht die vollkommenste von ihnen, die alle anderen verifiziert: Es ist das die Erfahrungswissenschaft, die die Begründung vernachlässigt, weil sie nichts verifiziert, wenn nicht das Experiment ihr zu Seite steht. Denn nur das Experiment verifiziert, nicht aber das Argument.“

Leben

Roger Bacons Familie entstammte der oberen Mittelschicht, jedoch wurde während der Herrschaft Heinrichs III. das Vermögen beschlagnahmt und zahlreiche Mitglieder der Familie wurden ins Exil vertrieben.

Roger Bacon studierte an der Universität Oxford, hielt dann Vorlesungen über Aristoteles und pseudo-aristotelische Schriften. Er wurde vermutlich 1233 Baccalaureus und ging nach Frankreich, um als Vertreter des Aristotelismus an der Universität von Paris zu arbeiten, die das damalige Zentrum des intellektuellen Lebens in Europa war. An der Fakultät der Artes hielt er zwischen 1242 und 1245 als Magister artium vielbesuchte Vorlesungen. Etwa 1246 kehrte er nach Oxford zurück. Er schloss zwischen 1247 und 1251 Freundschaft mit einflussreichen Personen wie Adam de Marisco (Adam Marsh) und Robert Grosseteste, dem Bischof von Lincoln, welche sein philosophisches Denken beeinflussten. Grosseteste propagierte das Studium der griechischen Sprache, um Aristoteles und die Bibel im „Original“ zu studieren. Bacon studierte Mathematik, die auch Astronomie und Astrologie umfasste, Alchemie und Optik und widmete sich dem Erlernen von Sprachen und der experimentellen Forschung. Für seine Studien – die eine deutliche Abkehr von der bei seinen Kollegen üblichen Tätigkeit bedeuteten – setzte er beträchtliche Mittel aus dem Familienvermögen ein.

Nachdem er sich rund zehn Jahre lang intensiv mit seinen Forschungen beschäftigt hatte, kehrte er nach Paris zurück und trat – körperlich und seelisch erschöpft – 1257 dem Franziskanerorden bei. Dort allerdings geriet er bald in Verdacht, „gefährliche“ Lehren zu verbreiten, und wurde unter strenge Aufsicht gestellt. Wieder im Pariser Konvent, geriet er in Konflikt mit der Weisung des Bonaventura, wonach vor Veröffentlichungen die Zustimmung der Ordensoberen einzuholen war. Daraufhin verlor er dort seine Lehrerlaubnis. Als auch die Familie ihn nicht mehr finanziell unterstützen konnte, suchte er einen Förderer und glaubte, diesen in Kardinal Guy le Gros de Foulques, der sich sehr für seine Ideen interessierte, gefunden zu haben. 1266/1267 verfasste er für diesen (unter Umgehung des Verbots seiner Oberen) in rascher Folge drei Schriften: das Opus maius, das Opus minus und sein Opus tertium. Der erhoffte Erfolg blieb jedoch aus, da sein Gönner – der 1265 zum Papst (Clemens IV.) gewählt worden war – im Jahr 1268 verstarb. In den folgenden Jahren verfasste er weitere Schriften: die Communia naturalium, die Communia mathematica und das Compendium philosophiae.

Etwa 1278 wurde er unter Arrest gestellt; die Gründe waren wohl seine ungezügelten Angriffe gegen die Scholastiker und sein Hang zum Mystizismus (insbesondere zu den Prophezeiungen des Joachim von Fiore). 1292 wurde er aus dem Arrest entlassen und fasste seine Thesen noch einmal in einem Compendium studii theologiae zusammen, in dem er die zeitgenössischen Theologen scharf kritisierte. Im Juni 1292 (oder 1294) verstarb er, möglicherweise am 11. Juni 1294.[4] Obwohl er von seinen Zeitgenossen doctor mirabilis (bewundernswerter Lehrer) genannt wurde, hatte er keine Schüler und wurde bald vergessen.

Laut Rudolf Steiner ist viel von der gnostischen Weisheit von Gondishapur in das Werk von Roger Bacon eingeflossen:

„Man kann Schritt für Schritt, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verfolgen, wie, zwar abgestumpft, die gnostische Gondishapur-Weisheit über Südeuropa und Afrika nach Spanien, nach Frankreich, nach England sich hineinverbreitet hat und dann über den Kontinent, gerade auch auf dem Umwege durch die Klöster, kann verfolgen, wie das Übersinnliche herausgetrieben und nur das Sinnliche zurückbehalten wird, sozusagen die Tendenz, die Intention zurückbehalten wird; und es entsteht aus der Abstumpfung der gnostischen Weisheit von Gondishapur das abendländische naturwissenschaftliche Denken.

Besonders interessant ist es, den Roger Bacon nach dieser Richtung zu studieren, nicht Baco von Verulam, sondern Roger Bacon, der zeigt, trotzdem er Mönch ist - aber ein von seinen Kollegen nicht sehr angesehener Mönch -, wie in ihn eingeflossen ist die gnostische Weisheit von Gondishapur. So wenig kennen die Menschen heute die Quellen desjenigen, was in ihren Seelen wirkt, daß man glaubt, vorurteilsloses naturwissenschaftliches Denken zu haben, während dieses vorurteilslose naturwissenschaftliche Denken in Wahrheit aus der Akademie von Gondishapur heraus entstanden ist.“ (Lit.:GA 184, S. 284)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Klaus Kienzler: Roger Bacon OFM In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-053-0, Sp. 547–550.
  2. J.D. North: Roger Bacon. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 7, LexMA-Verlag, München 1995, ISBN 3-7608-8907-7, Sp. 940–942.
  3. Zitiert aus: Rupert Lay: Die Ketzer, Von Roger Bacon bis Teilhard, Albert Langen·Georg Müller Verlag 1981, S. 34f.
  4. Leonhard Schneider: Roger Bacon, ord. Min. Eine Monographie als Beitrag zur Geschichte der Philosophie des dreizehnten Jahrhunderts. Aus den Quellen bearbeitet. Kranzfelder, Augsburg 1873, S. 5.


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