Prädikabilien

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Als Prädikabilien (lat. praedicabilia, im übertragenen Sinn: Aussageweisen, altgriech. κατηγορόυμενα kategoroumena) werden vor allem in der scholastischen Philosophie Begriffe bezeichnet, die dazu dienen, die Art und Weise zu bezeichnen, wie über einen Gegenstand gesprochen werden kann. Im Gegensatz dazu stehen die Kategorien (auch Prädikamente), die inhaltlich über einen Gegenstand ausgesagt werden.

Die zehn Beziehungen zwischen den fünf Prädikabilien, die den zehn Kategorien des Aristoteles entsprechen

Porphyrios unterschied in seiner Isagoge fünf Prädikabilien:

  1. Gattung (griech. γένος génos, lat. genus) ist, was von mehreren, der Art nach verschiedenen Dingen bei der Angabe des Was oder des Wesens ausgesagt wird (Topik I 5, 102a), zum Beispiel „Sokrates ist ein Lebewesen“. Gattungen können sich hierarchisch zueinander verhalten. Beispiel: Säugetier, Tier, Lebewesen (siehe genus proximum)
  2. Art (griech. εἶδος eídos, lat. species) ist, was von mehreren Individuen ausgesagt wird, zum Beispiel „zweibeinige, sprechende Säugetiere sind Menschen“.
  3. Differenz (griech. διαφορά diaphorá, lat. differentia) bezeichnet den eigentümlichen Unterschied, den eine Gattung im Vergleich zu einer übergeordneten Gattung hat, zum Beispiel ist die Gattung Tier der Gattung Säugetier übergeordnet. Der eigentümliche Unterschied ist, dass bei Säugetieren die Jungen von der Mutter gesäugt werden.
  4. Proprium (griech. ἴδιον ídion, lat. proprium) ist, was nicht das Wesen eines Dinges bezeichnet, aber nur ihm zukommt und in der Aussage mit ihm vertauscht wird (Topik I 5, 102b), zum Beispiel „der Mensch ist der Grammatik fähig“. Ein Proprium ist also ein Prädikat, das zwar keine notwendige Eigenschaft ausdrückt, aber mit dem Subjekt extensional gleich ist. Da es ausschließlich seinem Subjekt zukommt, kann man sagen, dass es ein eigentümliches Merkmal der Sache bezeichnet.
  5. Akzidens (griech. συμβεβηκός symbebēkós, lat. accidens) ist, was einem und demselben Gegenstand zukommen und nicht zukommen kann (Topik I 5, 102b), zum Beispiel „der Mensch hat einen Bart“. Ein Akzidenz ist eine zufällige (kontingente) Eigenschaft. Akzidenz ist also ein unwesentliches Merkmal einer Sache.

Die logische Bedeutung der Lehre von den Prädikabilien ist dabei der "Versuch der Analyse der Struktur der Aussage .., und zwar im Hinblick auf die Beziehung von Subjekt und Prädikat."[1]

Philosophiegeschichte

Bereits Aristoteles unterscheidet fünf Arten von Prädikaten in Aussagen:

„Alles, was von etwas prädiziert wird [pan to peri tinos kategoroumenon], lässt notwendigentweder die Umkehrung von Subjekt und Prädikat zu oder nicht. Lässt es sie zu, so ist das Prädizierte entweder Definition oder Proprium: gibt es das Wesen [to ti en einai] des Subjekts an, so ist es Definition, wo nicht, Proprium. Das galt uns ja als Proprium, was zwar mit dem Subjekt vertauscht wird [antikathgoroymenon], aber sein Wesen nicht angibt. Läßt es aber die Umkehrung von Subjekt und Prädikat nicht zu, so ist es entweder ein Bestandteil der Definition des Subjekts, oder nicht. Und ist es ein Bestandteil von ihr, so muß es Gattung oder Differenz sein, da die Definition aus Gattung und Differenz besteht; ist es aber kein Bestandteil von ihr, so ist es offenbar ein Akzidens; denn als Akzidens bezeichneten wir, was weder Definition noch Gattung, noch Proprium ist, aber dem Ding, von dem man spricht, zukommt.“

Aristoteles: Topik I, 8, 103b10 f.

Es ergibt sich folgendes Schema:

 
 
 
 
 
 
 
 
 
Prädikationen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Umkehrung von Subjekt und
Prädikat ist möglich
 
 
 
 
 
 
 
Umkehrung von Subjekt und
Prädikat ist nicht möglich
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Definition
gibt das Wesen des Subjekts an
 
 
 
Proprium
gibt das Wesen des Subjekts nicht an
 
Bestandteil der Definition des Subjekts
 
 
 
Akzidens
nicht Bestandteil der Definition des Subjekts
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gattung
 
 
 
Unterschied
 
 


Im Mittelalter gehörte die Diskussion der Prädikabilien auf der Grundlage der Isagoge zum Standardrepertoire der „alten Logik“ (logica vetus).

Immanuel Kant verwendete den Begriff der Prädikabilien in einem anderen Sinn zur Bezeichnung von aus den Kategorien abgeleiteten allgemeinen Verstandesbegriffen wie Kraft, Handlung, Leiden, Gegenwart, Widerstand. Seine Kategorien selbst bezeichnete er unter Bezugnahme auf Aristoteles auch als Prädikamente (Vgl. KrV B 94, B 107).

Literatur

Einzelnachweise

  1. Bocheński, Formale Logik, 2. Auflage, 1962, S. 61 f.


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