Pontius Pilatus

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Christus vor Pilatus, Gemälde von Mihály von Munkácsy, 1881

Pontius Pilatus war von 26 bis 36 n. Chr. Statthalter (Präfekt) des römischen Kaisers Tiberius in Judäa und ist vor allem durch die Schilderungen im Neuen Testament bekannt. Tatsächlich liegt dem Namen des Pontius Pilatus eine tiefere Bedeutung zugrunde. In der leicht abgewandelten Form Póntos Pyletós (griech. wörtlich zusammengezogenes Meer) ist er eine esoterische Bezeichnung für die zusammengezogene feste sinnliche Materie, in der sich der Mensch und auch der Christus auf Erden inkarnieren und die damit verbundenen Leiden auf sich nehmen muss. In diesem Sinn ist auch seine Erwähnung im Apostolischen Glaubensbekenntnis ("gelitten unter Pontius Pilatus") aus okkulter Sicht zu verstehen, das in Wahrheit eine Schilderung der christlichen Initiation enthält.

Im Neuen Testament tritt Pontius Pilatus als philosophisch gebildeter Römer auf, was er durch seine Frage: "Was ist Wahrheit?" erkennen läßt.

„33 Pilatus ging nun wieder hinein in das Prätorium und rief Jesus und sprach zu ihm: Bist du der König der Juden? 34 Jesus antwortete: Sagst du dies von dir selbst aus, oder haben dir andere von mir gesagt? 35 Pilatus antwortete: Bin ich etwa ein Jude? Deine Nation und die Hohen Priester haben dich mir überliefert. Was hast du getan? 36 Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so hätten meine Diener gekämpft, damit ich den Juden nicht überliefert würde, jetzt aber ist mein Reich nicht von hier. 37 Da sprach Pilatus zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, dass ich ein König bin. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme. 38 Pilatus spricht zu ihm: Was ist Wahrheit? Und als er dies gesagt hatte, ging er wieder zu den Juden hinaus und spricht zu ihnen: Ich finde keinerlei Schuld an ihm.“

Johannesevangelium: 18,33-38 ELB

Der entscheidende Punkt ist hier, dass sich Pilatus, als gebildeter Römer und typischer Repräsentant der Verstandes- und Gemütsseelen-Kultur, nicht mehr auf eine von außen gegebene göttlich-geistige Offenbarung berufen kann, sondern sich nur selbst zur Wahrheit durchringen kann. Wahrheit ist ein freies Erzeugnis des Menschengeistes, das nur individuell errungen werden kann. Durch den Einfluss der ahrimanischen Widersacher kann er dabei auch dem Irrtum unterliegen.

„Nehmen wir einmal an, die alte hebräische Lehre hätte nicht eine Regeneration erfahren durch das Christentum, es hatte ja dasjenige herauskommen müssen, was für Paulus eine unbedingte Überzeugung vor dem Ereignis von Damaskus war. Paulus hat etwa so gedacht: Es gibt eine althergebrachte Lehre. Ursprünglich war sie vorhanden als eine göttlich-geistige Offenbarung, die an die Menschen geistig herangekommen war in Urzeiten, so wie ich es eben heute charakterisiert habe. Dann ist sie durch das Schrifttum aufbewahrt worden. Unter den hebräischen Menschen gab es Schriftgelehrte, die aus der Schrift wußten, was da noch aufbewahrt worden war von der alten Götterweisheit her. Aus diesen Schriftgelehrten heraus entstand das Urteil, das den Christus Jesus zum Tode verurteilt hat. Solch ein Mensch wie Paulus, als er noch Saulus war, sieht also hinauf zu der Urgötterweisheit. Aus der strömt herunter bis zu den Schriftgelehrten seiner Zeit dasjenige, was diese Götterweisheit dem Menschen geworden ist. Indem hervorragende Menschen sich hingegeben haben dem Schrifttum, konnte diese Götterweisheit nur dazu führen, daß gerechte Urteile gesprochen wurden. Ein Unschuldiger, der zum Kreuzestod verurteilt wird: unmöglich, unmöglich! wenn sich alles so vollzog, wie es sich vollzogen hat bei der Verurteilung des Christus Jesus. Nur der römische Landpfleger Pontius Pilatus, der war schon instinktiv hineinverstrickt in eine ganz andere Weltanschauung, der konnte das inhaltsvolle Wort aussprechen: Was ist Wahrheit? - Für Paulus, als er noch Saulus war, war keine Möglichkeit, auch nur daran zu denken, daß das, was nach gerechtem Urteile sich vollzogen hat, nicht hätte Wahrheit sein sollen.“ (Lit.:GA 211, S. 117f)

Die Antwort auf seine Frage kann sich also Pilatus nur selbst geben:

„Nehmen wir an, bei der Verurteilung des Christus Jesus wurde eine Frage an den Christus Jesus gestellt, zum Beispiel ob er ein König von Gott gesandt sei — oder was immer, und er antwortete dem Fragenden: «Du sagst es!» Nun wird jeder sagen müssen, wenn er ehrlich nachdenkt und nicht nach der Professorenmethode der Gegenwart die Evangelien erklären will: eigentlich kann man mit dieser Antwort des Christus Jesus «Du sagst es!» keinen rechten Sinn verbinden, weder einen Gefühlssinn noch einen Verstandessinn. Denn nehmen wir die Sache von der Gefühlsseite, so müssen wir fragen, warum redet er so unbestimmt, daß man gar nicht erkennen kann, was er damit andeuten will? «Du sagst es!» Will er sagen: «das ist richtig», so hat es gar keinen Sinn; denn die Worte des Fragenden wollen keine Behauptung aussprechen, sondern eine Frage. Wie kann also das eine sinnvolle Antwort sein? Und wenn man die Sache von der Verstandesseite aus nimmt — wie kann man denken, daß der, der da vorgestellt werden muß im Besitze umfassender Weisheit, eine solche Formulierung seiner Antworten wählt? Wenn aber diese Worte so hingestellt werden, wie sie in der Akasha-Chronik stehen, geben sie einen ganz anderen Sinn. Denn in der Akasha-Chronik steht nicht «Du sagst es», sondern dort heißt es: «Dies dürftest nur du als Antwort geben!», das heißt, wenn wir es richtig verstehen: Auf deine Frage müßte ich eine Antwort geben, die niemals der Mensch in bezug auf sich geben darf, sondern die nur der, welcher ihm gegenübersteht, als Antwort geben kann. Ob es wahr ist oder nicht wahr ist, darüber kann ich nicht sprechen; die Anerkennung dieser Wahrheit liegt nicht an mir, sondern an dir. Du mußt es sagen; dann hätte es einzig und allein eine Bedeutung!“ (Lit.:GA 131, S. 109)

Literatur

Siehe auch