Masse (Physik)

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Replik des Urkilogramms unter zwei Glasglocken

Die Masse (lat. massa, „Klumpen“, griech. μάζα maza, „Brotteig“), veraltet auch Ruhemasse genannt, ist eine grundlegende Eigenschaft aller physischen Materie und die Ursache der Gravitation und der Trägheit. Als Formelzeichen wird meist verwendet. In der Physik wird häufig auch das idealisierte Modell einer ausdehnungslosen Punktmasse bzw. eines Massepunkts verwendet. Nach dem Äquivalenzprinzip der Physik sind die träge und schwere Masse eines Körpers äquivalente Größen.

Schwerpunktsenergie

Als Schwerpunktsenergie oder invariante Masse wird in der Teilchenphysik die Gesamtsumme der Ruheenergie [1] und der kinetischen Energie aller beteiligten Teilchen bezeichnet. Nur diese Energie ist für die Experimente in Teilchenbeschleuniger nutzbar, nicht aber der Rest, der für die unvermeidliche Mitbewegung des Schwerpunkts des gesamten Laborsystems aufgeht.

Maßeinheiten

Die Masse ist eine physikalische Grundgröße und wird im SI-System in Kilogramm gemessen. Das Kilogramm wird durch den Internationalen Kilogrammprototyp, das sog. Urkilogramm, festgelegt. Dabei handelt es sich um einen Zylinder von 39 Millimeter Höhe und 39 Millimeter Durchmesser aus einer Legierung von 90% Platin und 10% Iridium, der vom Internationalen Büro für Maß und Gewicht verwahrt wird. Seine Masse entspricht annähernd der Masse von einem Liter Wasser bei 4 °C. Das Einheitenzeichen des Kilogramms ist . Vom Kilogramm leiten sich mit den entsprechenden Vorsätzen für Maßeinheiten folgende Masseeinheiten ab:

  • 1 Gigatonne (Gt) = 1 Billion Kilogramm = 1 Billiarde Gramm = 1 Petagramm (Pg) = 1015 g
  • 1 Megatonne (Mt) = 1 Milliarde Kilogramm = 1 Billion Gramm = 1 Teragramm (Tg) = 1012 g
  • 1 Kilotonne (kt) = 1 Million Kilogramm = 1 Milliarde Gramm = 1 Gigagramm (Gg) = 109 g
  • 1 Tonne (t) = 1000 Kilogramm = 1 Million Gramm = 1 Megagramm (Mg) = 106 g
  • 1 Kilogramm = 1000 Gramm = 103 g
  • 1 Dekagramm (dag; bis 1973 dkg) = 100 Gramm = 102 g
  • 1 Milligramm (mg) = 1 Tausendstel Gramm = 10−3 g
  • 1 Mikrogramm (μg) = 1 Millionstel Gramm = 10−6 g
  • 1 Nanogramm (ng) = 1 Milliardstel Gramm = 10−9 g
  • 1 Pikogramm (pg) = 1 Billionstel Gramm = 10−12 g

Atomare Masseneinheit

Für den atomaren Bereich wird auch die SI-konforme atomare Masseneinheit u (auch als Dalton, Da, bezeichnet) verwendet. Ihr Wert von ist auf 112 der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C festgelegt. Sie ist für die Praxis nützlich, da alle bekannten Kern- und Atommassen nahe bei ganzzahligen Vielfachen von u liegen.

Äquivalenz von Masse und Energie

Aus der von Albert Einstein 1905 veröffentlichten speziellen Relativitätstheorie, zu der sich auch Rudolf Steiner verschiedentlich geäußert hat, folgt die Äquivalenz von Masse und Energie gemäß der bekannten Formel:

Der für die Chemie formulierte Massenerhaltungssatz ist daher nur näherungsweise gültig. Da die Energieumsätze bei chemischen Reaktionen im Vergleich zu Kernreaktionen aber nur sehr klein sind, ist der Massendefekt hier aber vernachlässigbar.

Aufgrund der ungeheuren Größe der Lichtgeschwindigkeit entspricht schon einer kleinen Ruhemasse eine gewaltige Ruheenergie . Nimmt man für die Lichtgeschwindigkeit den gerundeten Wert von c = 3•108 m/s an, so folgt daraus für eine Masse von 1 kg die Energie E = 9•1016 J. Für 1 g ist demgemäß die Energie E = 9•1013 J. Mit dem TNT-Äquivalent von 1 kT (Kilotonne TNT) = 4,184 · 1012 J entspricht damit 1 g Materie - also etwa ein erbsengroßes Stück Tafelkreide - einer Sprengkraft von ungefähr 21,5 Kilotonnen TNT. Etwa diese Sprengkraft hatte auch die am 9. August 1945 über Nagasaki abgeworfene AtombombeFat Man“. Die Spaltmasse bestand im Kern aus einer Plutonium-Hohlkugel mit einer Masse von etwa 6,2 kg und aus einem Mantel von ca. 108 kg abgereichertem Uran (238U), der als Neutronenreflektor diente, aber auch zu etwa 20% zur Sprengkraft beitrug. Die erste, „Little Boy“ genannte Atombombe, die bereits am 6. August 1945 über Hiroshima abgeworfen worden war, hatte „nur“ eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen TNT.

Äquivalenz von träger und schwerer Masse

Hauptartikel: Äquivalenzprinzip (Physik)

Als schwere Masse bezeichnet man sowohl die Quelle der Gravitationskraft als auch die „Gravitationsladung“. Die von der Masse auf die Masse ausgeübte Kraft ist

wobei die Massen punkt- oder kugelförmig gedacht sind und der Vektor von nach ist. ist die Gravitationskonstante, eine Naturkonstante.

Die träge Masse ist in der newtonschen Mechanik das, was sich einer Beschleunigung widersetzt. Das Maß für die Trägheit eines Körpers gegenüber geradlinigen Beschleunigungen ist seine Masse. In Bezug auf die Beschleunigung von Drehbewegungen ist es sein Trägheitsmoment. Um den Bewegungszustand eines Körpers zu ändern, muss man eine Kraft aufwenden. Je größer diese Kraft ist, umso stärker ändert sich der Impuls. Dies wird durch das 2. newtonsche Axiom, das Aktionsprinzip, ausgedrückt:

Daraus ergibt sich mit dem Impuls für Körper mit konstanter Masse die Bewegungsgleichung zu „Kraft ist gleich Masse mal Beschleunigung“, der „Grundgleichung der Mechanik“:

Hier ist die träge Masse also der Proportionalitätsfaktor zwischen Kraft und Beschleunigung.

Die bereits von Galilei empirsch gefundene Äquivalenz von träger und schwerer Masse findet durch

Die "träge" Masse und die "schwere" Masse sind äquivalent. Das war das vielleicht wichtigste Naturgesetz, dass Einstein fand. Ohne diese Erkenntnis wäre die Allgemeine Relativitätstheorie nicht denkbar gewesen. Obwohl bereits Galilei diese Äquvalenz empirisch bestätigt fand, bietet die klassische Physik dazu keine Erklärung.

Erklärung der Masse bestimmter Elementartteilchen durch den Higgs-Mechanismus

Hauptartikel: Higgs-Mechanismus

In der Elementarteilchenphysik wird die Masse der Elementarteilchen heute durch den Higgs-Mechanismus erklärt. Er wurde 1964 von Peter Higgs und anderen Physikern vorgeschlagen und ist ein wichtiger Bestandteil des Standardmodells der Teilchenphysik. Der Higgs-Mechanismus geht davon aus, dass das ganze Universum von einem unsichtbaren Feld namens "Higgs-Feld" durchdrungen ist, ähnlich etwa dem elektromagnetische Feld, das uns umgibt. Ein Teilchen, das sich durch das Higgs-Feld hindurch bewegt, gerät mit diesem in Wechselwirkung und aus dieser Wechselwirkung resultiert seine Masse. Die Masse des Higgs-Bosons selbst resultiert allerdings nicht aus der Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld, sondern wird als Voraussetzung angenommen, um den Higgs-Mechanismus zu ermöglichen. Der experimentelle Nachweis des Higgs-Bosons gelang erst 2012 am Europäischen Kernforschungszentrum CERN.[2] Nach der sorgfältigen Analyse aller Daten wurde der Fund 2013 bestätigt[3] und François Englert und Peter Higgs für die theoretische Entwicklung des Higgs-Mechanismus der Nobelpreis für Physik 2013 zuerkannt.

Der Higgs-Mechanismus erklärt u. a. warum die Austauschteilchen (Eichbosonen) der schwachen Wechselwirkung) nicht die Masse Null besitzen. Ebenso werden auch die Massen aller anderen massebehafteten Elementarteilchen wie Elektronen und Quarks als Folge der Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld erklärt. Photonen und Gluon interagieren hingegen nicht mit dem Higgs-Feld und haben daher im Standardmodell die Ruhemasse 0.

Zur Masse der aus Atomen bestehenden baryonischen Materie trägt der Higgs-Mechanismus nur etwa 1% bei, denn diese resultiert zum größten Teil gemäß der Äquivalenz von Masse und Energie aus der Bindungsenergie aller an deren Aufbau beteiligten Teilchen.

Siehe auch

Literatur

  • Max Jammer: Der Begriff der Masse in der Physik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1964 (Concepts of Mass in Classical and Modern Physics, Harvard 1961, deutsch).
  •  Gordon Kane: Das Geheimnis der Masse. In: Spektrum der Wissenschaft. Nr. 2, Spektrum der Wissenschaft Verlag, 2006, ISSN 0170-2971, S. 36–43.
  • Joachim Stiller: Relativistische Massenzunahme PDF

Weblinks

Commons: Masse - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Gemäß der berühmten Einsteinschen Formel für die Äquivalenz von Masse und Energie.
  2. CERN experiments observe particle consistent with long-sought Higgs boson. Pressemitteilung von CERN (4. Juli 2012). Abgerufen am 15. Oktober 2012.
  3. New results indicate that particle discovered at CERN is a Higgs boson. Pressemitteilung von CERN (14. März 2013). Abgerufen am 14. März 2013.
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