Molekül: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Moleküle''' sind aus naturwissenschaftlicher Sicht spezifisch strukturierte [[Chemische Verbindung|chemische Verbindungen]], die aus zwei oder mehr [[Atom]]en gebildet werden. '''Polymere''' (von {{ELSalt|πολύ}} ''polý'' „viel“ und {{polytonisch|μέρος}} ''méros'' „Teil“), die namentlich für alles [[Leben]]dige sehr bedeutsam sind, sind '''Makromoleküle''' (''Riesenmoleküle''), die aus sich wiederholenden, gleichen oder auch unterschiedlichen Struktureinheiten aufgebaut sind und aus niedermolekularen '''Monomeren''' ({{grcS|μόνος}} ''monos'' „ein“, „einzel“) synthetisiert werden.  
'''Moleküle''' sind aus naturwissenschaftlicher Sicht spezifisch strukturierte [[Chemische Verbindung|chemische Verbindungen]], die aus zwei oder mehr [[Atom]]en gebildet werden. '''Polymere''' (von {{ELSalt|πολύ}} ''polý'' „viel“ und {{polytonisch|μέρος}} ''méros'' „Teil“), die namentlich für alles [[Leben]]dige sehr bedeutsam sind, sind '''Makromoleküle''' (''Riesenmoleküle''), die aus sich wiederholenden, gleichen oder auch unterschiedlichen Struktureinheiten aufgebaut sind und aus niedermolekularen '''Monomeren''' ({{grcS|μόνος}} ''monos'' „ein“, „einzel“) synthetisiert werden.  


Die Moleküle darf man sich allerdings nicht im naiven Sinn als aus Atomen zusammengesetzte [[Objekt]]e vorstellen, so nützlich dieses Konzept auch als ''Näherungslösung'' für viele praktische Proble der [[Chemie]] sein mag, solange man sich ihrer Grenzen bewusst bleibt. Die moderne [[Quantentheorie]] spricht hier eine eindeutige Sprache, weshalb der [[Chemiker]] [[Hans Primas]] auch nachdrücklich betont:
Die Moleküle darf man sich allerdings nicht im naiven Sinn als aus Atomen zusammengesetzte [[Objekt]]e mit einer definierten räumlichen [[Form]] vorstellen, so nützlich dieses Konzept auch als ''Näherungslösung'' für viele praktische Proble der [[Chemie]] sein mag, solange man sich ihrer Grenzen bewusst bleibt. Die moderne [[Quantentheorie]] spricht hier eine eindeutige Sprache, weshalb der [[Chemiker]] [[Hans Primas]] auch nachdrücklich betont:


{{LZ|Moleküle, Atome, Elektronen,
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Dass man einem Molekül aus quantenmechanischer Sicht keine definierte Gestalt zuschreiben kann, betonte auch ''Richard Guy Woolley'':
Dass man einem Molekül aus quantenmechanischer Sicht keine definierte [[Gestalt]] zuschreiben kann, betonte auch ''Richard Guy Woolley'':


{{LZ|Die Quantenmechanik kann ziemlich genau vorhersagen, wie sich die Energie eines Moleküls ändern kann, aber sie sagt streng genommen nichts über die Form eines Moleküls. Das ist eine erstaunliche Aussage für einen Chemiker, weil es die räumlichen Beziehungen der chemisch gebundenen Atomen sind, die am wichtigsten sind für das Verständnis dafür, wie Moleküle mit jedem anderen reagieren. Chemiker, Physiker und Molekularbiologen sollten sich daher überlegen, wie sie die Quantenmechanik nutzen und was sie mit Atomen und Molekülen eigentlich meinen.<ref>Im englischen Original:<br>„Quantum mechanics can predict fairly accurately the way
{{LZ|Die Quantenmechanik kann ziemlich genau vorhersagen, wie sich die Energie eines Moleküls ändern kann, aber sie sagt streng genommen nichts über die Form eines Moleküls. Das ist eine erstaunliche Aussage für einen Chemiker, weil es die räumlichen Beziehungen der chemisch gebundenen Atomen sind, die am wichtigsten sind für das Verständnis dafür, wie Moleküle mit jedem anderen reagieren. Chemiker, Physiker und Molekularbiologen sollten sich daher überlegen, wie sie die Quantenmechanik nutzen und was sie mit Atomen und Molekülen eigentlich meinen.<ref>Im englischen Original:<br>„Quantum mechanics can predict fairly accurately the way

Version vom 30. März 2018, 02:34 Uhr

Moleküle sind aus naturwissenschaftlicher Sicht spezifisch strukturierte chemische Verbindungen, die aus zwei oder mehr Atomen gebildet werden. Polymere (von griech. πολύ polý „viel“ und μέρος méros „Teil“), die namentlich für alles Lebendige sehr bedeutsam sind, sind Makromoleküle (Riesenmoleküle), die aus sich wiederholenden, gleichen oder auch unterschiedlichen Struktureinheiten aufgebaut sind und aus niedermolekularen Monomeren (altgriech. μόνος monos „ein“, „einzel“) synthetisiert werden.

Die Moleküle darf man sich allerdings nicht im naiven Sinn als aus Atomen zusammengesetzte Objekte mit einer definierten räumlichen Form vorstellen, so nützlich dieses Konzept auch als Näherungslösung für viele praktische Proble der Chemie sein mag, solange man sich ihrer Grenzen bewusst bleibt. Die moderne Quantentheorie spricht hier eine eindeutige Sprache, weshalb der Chemiker Hans Primas auch nachdrücklich betont:

„Moleküle, Atome, Elektronen, Quarks oder Strings sind aber keine Bausteine der Materie, sie sind nicht Ge-fundenes, sondern Er-fundenes, das heisst Konstruktionen derer, welche die materielle Realität erforschen. Von dem ursprünglichen Begriff der Materie ist in der heutigen Physik nichts übriggeblieben.“ (Lit.: Primas 1992, S. 50)

Gibt es Moleküle? Dies scheint eine dumme Frage zu sein. Für einen zeitgenössischen Chemiker ist nichts offensichtlicher als die Existenz von Molekülen. Ebenso betrachtet die Quantenchemie die Existenz von Molekülen als zweifelsfrei und berührt nicht die Frage, ob sich diese Annahme aus den Grundsätzen unserer höchsten grundlegende Theorien ergibt oder nicht. Natürlich können wir nur dann von einem Molekül sprechen, wenn wir es von seiner Umwelt unterscheiden können. Es ist einer der grundlegenden Grundsätze der Chemie, dass molekulare Systeme von diesen Umgebungen getrennt werden können. Die Lehre von der Existenz von Molekülen ist so weit verbreitet und so respektabel, dass wir Schwierigkeiten haben könnten, darüber ernsthaft zu diskutieren. Wenn es jedoch unsere Absicht ist, zu einem richtigen Verständnis der Situation zu gelangen, dann können wir sicherlich nicht die Vorstellung eines "Objekts" als selbstverständlich annehmen. Die Allgegenwart von Einstein-Podolsky-Rosen-Korrelationen, macht es noch lange nicht klar, wie man ein Objekt in den Quantentheorien definieren sollte, d.h. etwas mit einer Individualität und intrinsischen Eigenschaften.[1]“ (Lit.: Primas 1983, S. 292)

Dass man einem Molekül aus quantenmechanischer Sicht keine definierte Gestalt zuschreiben kann, betonte auch Richard Guy Woolley:

„Die Quantenmechanik kann ziemlich genau vorhersagen, wie sich die Energie eines Moleküls ändern kann, aber sie sagt streng genommen nichts über die Form eines Moleküls. Das ist eine erstaunliche Aussage für einen Chemiker, weil es die räumlichen Beziehungen der chemisch gebundenen Atomen sind, die am wichtigsten sind für das Verständnis dafür, wie Moleküle mit jedem anderen reagieren. Chemiker, Physiker und Molekularbiologen sollten sich daher überlegen, wie sie die Quantenmechanik nutzen und was sie mit Atomen und Molekülen eigentlich meinen.[2]“ (Lit.: Richard Guy Woolley in New Scientist, 22. Oktober 1988, S. 53)

Primas resümiert in einem anderen Artikel:

„Die molekulare Sicht ist ein effizientes Werkzeug zur Beschreibung der materiellen Natur, aber sie ist notwendigerweise einseitig. Sie prägt unserer Naturbeschreibung eine hierarchische Struktur auf, die in der materiellen Welt an sich nicht vorhanden ist. Die molekulare Welt existiert nur in den Gedanken jener, die sich eine solche Welt denken. Die molekulare Sicht ist in sich konsistent und für die moderne Naturforschung unentbehrlich, aber sie umfaßt nicht die ganze materielle Wirklichkeit. Chemie ist mehr als die Lehre von den Molekulen, Biologie ist mehr als Molekularbiologie.

Das ist nicht etwa so zu verstehen, daß es etwa Bereiche gabe, in welchen die molekulare Sicht falsch ware. Aber es gibt naturwissenschaftlich sinnvolle Fragen über die materielle Welt, die aus molekularer Sicht nicht gestellt werden können. Solche Probleme werden kaum bearbeitet, einfach weil uns dafür in der Sprache der Moleküle die Worte fehlen. „Erst die Theorie entscheidet darüber, was man beobachten kann“. Mit diesen Worten kritisierte einst Einstein den jungen Heisenberg[3], doch ist die Warnung heute aktueller denn je.

Es geht also nicht darum, die molekulare Beschreibung durch eine Alternativbeschreibung zu ersetzen. Das ware töricht. Es geht nicht um ein Entweder-Oder sondern um ein Sowohl-als- Auch. Die molekulare Sicht darf nicht einseitig herrschend keinen Platz mehr für anderes lassen, sondern muß sich harmonisch in eine ganzheitliche Naturbeschreibung einordnen. Die reduktionistische Vorstellung, die materielle Welt sei nur ein raffiniertes Zusammenspiel von Molekülen und sonst nichts, können wir nur überwinden, wenn wir lernen, gleichzeitig mit zueinander komplementären Naturbeschreibungen zu arbeiten.“ (Lit.: Primas, Oktober 1985, S. 165)

Tatsächlich ist die Emergenz neuer Phänomene in einem übergeordneten ganzheitlichen System stets mit einer Submergenz der Eigenschaften seiner Teile verbunden, die aber in dem höheren Ganzen gleichsam im Sinne Hegelsaufgehoben“ sind und bei der Zerteilung des Systems wieder in Erscheinung treten können. Eben deshalb kann man auch nicht einfach behaupten, dass Moleküle aus Atomen zusammengesetzt seien. Darauf hatte schon Rudolf Steiner in seinen Ausführungen über die Ureiweißatmosphäre der Erde hingewiesen. Das Eiweiß sei nicht einfach aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff aufgebaut, sondern eine höher geartete Substanz:

„Heute denkt man sich überhaupt bei allem: es sei zusammengesetzt; aber das ist ein Unsinn. Dasjenige, was man als gewisse höher geartete Substanzen kennt, das ist nicht immer aus dem zusammengesetzt, was dann erscheint, wenn man es analysiert; sondern die Dinge hören auf, in der höheren Substanz darinnen zu sein. Der Kohlenstoff ist da drinnen nicht Kohlenstoff, der Sauerstoff nicht Sauerstoff und so weiter, sondern das ist eine höher geartete Substanz.“ (Lit.: GA 232, S. 74)

Steiner erläutert das auch am Beispiel des kubisch kristallisierenden Kochsalzes, das aus Natrium und Chlor gebildet werden kann.

„Wenn wir die äußere Welt betrachten, so finden wir, daß bis zum Kristall hinunter überall das Formprinzip tätig ist. Die Substanzen, welche in den Kristall eintreten, müssen, um das zu werden, als was der Kristall sich darstellt, gleichsam eingefangen werden von dem Formprinzip, und dieses macht mit Hilfe der Substanzen den Kristall erst zu dem, was er ist. Nehmen Sie zum Beispiel das Kochsalz, Chlornatrium, so haben Sie als physische Substanzen miteinander verbunden Chlor und Natrium, ein Gas und ein Metall. Sie werden leicht einsehen, daß diese beiden Stoffe, so wie sie sind, bevor sie eingefangen werden durch eine formende Wesenheit und dadurch erst zu einer chemischen Verbindung in Würfeln kristallisiert erscheinen, jede für sich völlig andere Formen zeigt. Bevor sie eintreten in dieses Formprinzip, haben sie nichts Gemeinsames; aber sie werden eingespannt, aufgenommen von diesem Formprinzip, und dieses bildet den physischen Körper Kochsalz.“ (Lit.: GA 128, S. 153)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. In englichen Original:
    Are there molecules? This seems to be a silly question. For a contemporary chemist, nothing is more obvious than the existence of molecules. Likewise, quantum chemistry regards the existence of molecules as being beyond any doubt and does not touch the question whether or not this assumption emerges from the principles of our most fundamental theories. Clearly, we can speak of a molecule only if we can distinguish. it from its environment. It is one of the basic tenets of chemistry that molecular systems can be separated from th.eir environments. The doctrine of the existence of molecules is so widely received and so respectable that we may have some difficulty to discuss it seriously. However, if our intention is to arrive at a proper understanding of the situation then we certainly cannot take the notion of an "object" for granted. The omnipresence of Einstein-Podolsky-Rosen correlations (cL sect. 3.7), makes it far from clear how to define an object in quantum theories, meaning something with an individuality and intrinsic properties.
    (Primas 1983, p. 292)“
  2. Im englischen Original:
    „Quantum mechanics can predict fairly accurately the way the energy of a molecule may change, but strictly speaking it says nothing about the shape of a molecule. This is an astonishing statement for a chemist because it is the spatial relationships of chemically bonded atoms that is most important in understanding how molecules react with each other. Chemists, physicists and molecular biologists should reconsider now how they use quantum mechanics, and what they mean by atoms and molecules.“
  3. Zitiert nach W. heisenberg: Der Teil und das Ganze. Piper, Miinchen 1969; S. 92