Totenreich

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Arnold Böcklin: Die Toteninsel, 5. Fassung, 1886, Museum der bildenden Künste (Leipzig)

Das Totenreich, das in den überlieferten mythologischen Jenseitsvorstellungen vieler Völker beschrieben wird, ist jener Weltbereich, in den die Seele des Menschen nach dem Tod einkehrt. Die Totenwelt wird dabei entweder als paradiesisches Reich des Lichtes geschildert, in dem die Seele von allen Leiden befreit in unmittelbarer Anschauung der göttlichen Welt leben darf, oder als unterirdisches Schattenreich, in dem die Seele unsägliche Qualen erleidet.

Während in alten Zeiten das Jenseits noch vorwiegend lichtvoll empfunden wurde, treten seit Beginn des Kali Yugas die Schilderungen der finsteren Unterwelt immer mehr in den Vordergrund. Schon die Ägypter kannten die finstere Unterwelt, das unterirdische Duat; die Griechen und Römer nannten sie Hades bzw. Orkus. Im hebräischen Tanach wird das finstere Totenreich als Scheol (hebr. שאול) bezeichnet. Der bei uns gebräuchliche Begriff der Hölle (ahd. hella, mhd. helle) leitet sich vom germanischen Totenreich und seiner Beherrscherin Hel ab.

Ob die menschliche Seele nach dem Tod in das Paradies auffahren darf oder in die Unterwelt stürzt, wird in vielen Überlieferung vom Ausgang des Totengerichts abhängig gemacht, bei dem die Seele gemäß ihrer Taten im abgelaufenen Erdenleben gewogen wird. Die Verbannung in die Unterwelt muss keine dauerhafte sein. Oft dient sie nur der notwendigen Läuterung, ehe die Seele in den Lichtbereich aufsteigen darf. Sie wird dazu für eine bestimmte Zeit durch das Kamaloka oder Fegefeuer geführt, ehe sie in die geistige Welt aufsteigen darf. Was erst durch das Karma in einer späteren irdischen Inkarnation getilgt werden kann, muss allerdings vorerst in der niederen Seelenwelt zurückgelassen werden.