Synthetische Geometrie

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Zeichnung aus GA 76, S 76
Zeichnung aus GA 76, S 76

Die synthetische Geometrie definiert die grundlegenden geometrischen Objekte wie Punkte, Geraden oder Ebenen rein geometrisch axiomatisch durch ihre wechselseitigen Beziehungen zueinander, meist mit Hilfe synthetischer Konstruktionsmethoden oder Betrachtungen, ohne dabei, wie die von René Descartes begründete analytische Geometrie, auf rein rechnerische algebraische Strukturen wie etwa Vektorräume zurückzugreifen. So war etwa die Euklidische Geometrie ursprünglich rein synthetisch auf die anschauliche Evidenz begründet, wird aber heute weitgehend abstrakt analytisch betrieben. Im 19. Jahrhundert stieg die synthetische Geometrie, u.a. durch die Arbeiten Jakob Steiners zur projektiven Geometrie, zu einem besonderen Höhepunkt auf. Heute werden allerdings auch die rein geometrischen Axiome der synthetischen Geometrie durch algebraische Strukturen beschrieben und dadurch der rein mathematischen und auch computergestützten Berechnung zugänglich gemacht.

Rudolf Steiner bevorzugte die anschauliche synthetische projektive Geometrie insbesondere deshalb, weil sie zugleich eine gute Vorschulung für die imaginative Anschauung ist, mit der allein sich etwa die Formbildungsprozesse im Bereich des Lebendigen erfasst lassen (Lit.: GA 324, S. 85f).

„Man findet vielfach sogar bei reinen Analytikern eine gewisse Abneigung gegen die synthetische Geometrie. Und diese neuere synthetische Geometrie ist einmal der Weg, aus dem rein formalen Mathematischen herauszukommen zu dem Problem, wo man das Empirische fassen muß. Solange man mit der bloßen analytischen Geometrie rechnet, kommt man nicht an die Gebiete der Wirklichkeit heran. Da hat man nur die Endpunkte der Koordinaten ausgebildet, den geometrischen Ort der Koordinaten und so weiter. Bleibt man beim Konstruieren beim Linearen und bei Kreisen, dann steht man in Linien darinnen, ist aber genötigt, eine gewisse Anschaulichkeit zu Hilfe zu nehmen. Das ist das, was synthetische Geometrie so wohltätig macht, um herauszukommen aus dem Formalen und zu zeigen, wie man das Mathematische in der Natur darinnen zu denken hat.“ (Lit.:GA 82, S. 231f)

„Wenn man wirklich mit innerem Seelenanteil den Weg verfolgt, der da von der analytischen Geometrie in die synthetische Geometrie hineinführt, wenn man sieht, wie man da, ich möchte sagen, aufgefangen wird von etwas, was schon der Realität sich nähert, wie diese Realität im äußeren Naturdasein vorhanden ist, dann hat man dasselbe innere Erlebnis, genau dasselbe innere Erlebnis, das man hat, wenn man aufsteigt von dem gewöhnlichen Verstandesbegriff, von der gewöhnlichen Logik, zu dem Imaginativen. Man muß im imaginativen Erkennen nur weitergehen. Aber den Anfang hat man gegeben, wenn man anfängt, von der analytischen Geometrie zu der synthetischen überzugehen. Man merkt da das Abgefangen wer den von dem, was sich aus der Bestimmtheit durch die äußere Realität ergibt, nach der man das Resultat gefaßt hat, und man merkt das ebenso im imaginativen Erkennen.“ (Lit.:GA 76, S. 80)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.