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Nikolaus Kopernikus
Nikolaus Kopernikus, bürglicher Name Niklas Koppernigk (* 19. Februar 1473 in Thorn; † 24. Mai 1543 in Frauenburg), latinisiert Nicolaus Cop(p)ernicus, Domherr und Arzt in Frauenburg, der in seiner Freizeit astronomische, mathematische, geographische und kartographische Studien betrieb. Er begründete das heliozentrische bzw. nach ihm benannte kopernikanische Weltbild.
Jugend und Studienjahre
Kopernikus wuchs als Jüngster von vier Geschwistern in Thorn an der Weichsel auf, einer der zahlreichen Handelsstädte, die im 13. Jahrhundert von deutschen Aussiedlern in dem ursprünglich vom Stamm der Pruzzen bewohnten Gebiet an der Ostsee, dem späteren Ostpreußen, heutigen Nordpolen, gegründet wurden. Sein Vater Niklas Koppernigk (* vor 1454; † um 1483), ein aus Krakau zugewanderter Kupferhändler war auch als Schöppe beim Amtsgericht/Notariat in Thorn tätig. Er trat mit seiner Familie 1469 (4 Jahre vor der Geburt von Kopernikus) dem 3. Orden des heiligen Dominicus bei (Lateinische Urkunde: Prowe, Band II, Urkundenteil). „Frater tertiarius“ war die Bezeichnung für Menschen, die sich als weltliche Laienbrüder mit ihrer Familie dem Dominikanerorden anschlossen und nach der „Regel für die Brüder und Schwestern von der Buße des heiligen Dominikus“ lebten. (Den Bruderorden bezeichnete man als den 1. Orden und den Schwesternorden als den 2. Orden.) Kopernikus' Mutter Barbara Watzelrode (Watzenrode) gehörte einer alteingesessenen Patrizierfamilie in Thorn an.
Als Kopernikus etwa 10 Jahre alt war, starb sein Vater. Die Witwe und ihre vier Kinder Niklas, Andreas, Barbara und Katharina wurden von der wohlhabenden Verwandtschaft unterstützt, von der Familie ihrer Schwester Christina von Allen, geb. Watzelrode, sowie insbesondere ihrem Bruder Lucas Watzelrode, dem späteren Fürstbischof des Ermlandes. Letzterer ermöglichte Kopernikus und seinem Bruder Andreas nach der Schulausbildung an der Johannes-Schule in Thorn und einer weiterführenden Ausbildung an der Schule der Brüder vom gemeinsamen Leben in Kulm ein Studium an den Universitäten in Krakau und Bologna sowie eine Stellung als Domherren in Frauenburg. Zu diesem Zweck erwarben sie sich den Titel eines "Doctor canonicus" (Kopernikus 1503 in Ferrara). Kopernikus hatte sich zusätzlich schon 1499 in Bologna den Titel eines "Magister artium" erworben. Auf Anfrage erhielt er vom Domkapitel die zusätzliche Erlaubnis für ein Medizinstudium in Padua, um sowohl den Domherren wie auch seinem Onkel auf dem Bischofssitz in Heilsberg mit ärztlichem Rat zur Seite stehen zu können. Schon auf der Universität in Krakau hatte er sich umfassende mathematische und astronomische Kenntnisse angeeignet, die es ihm ermöglichten, neben seinem Rechts-Studiums an der Universität in Bologna mit dem dortigen Astronomieprofessor Domenico Maria da Novara zusammen zu arbeiten, der bereits Zweifel an der Richtigkeit des Ptolemäischen Systems hatte.
Begegnungen mit Leonardo da Vinci, Michelangelo und Raffael?
Während Kopernikus an der Universität in Padua Medizin studierte, lehrte dort der Medizinprofessor Marco Antonio della Torre, der zusammen mit seinem Freund Leonardo da Vinci an einem Anatomiebuch arbeitete. Noch gab es in Padua keinen Lehrstuhl für Anatomie. Die Studien am geöffneten Leichnam wurden meist heimlich betrieben. Nur zweimal im Jahr gab es für die Studenten an der Universität eine offizielle Leichenschau. Leonardo da Vinci lieferte die Anatomiezeichnungen zu den Texten seines Freundes. Vermutlich lernte Kopernikus zusammen mit anderen Medizinstudenten Leonardo in Florenz kennen.
Ebenso dürfen wir davon ausgehen, dass Kopernikus während seines längeren Aufenthaltes in Rom im heiligen Jahr 1500 auch dem dort für den Papst tätigen Michelangelo begegnete. Das Fürstbistum Ermland, dem Kopernikus angehörte, unterstand direkt dem Päpstlichen Stuhl und einige Frauenburger Domherren hielten sich jahrelang bei der Kurie in Rom auf (auch Kopernikus' Bruder Andreas), um dort die ermländischen Interessen zu vertreten. In Rom hielt Kopernikus auch mathematische Vorträge vor einem Kreise von Gelehrten.
Als Domherr und Bischofsneffe interessierte sich Kopernikus für religiöse Kunst. Der Maler Raffael hingegen verfolgte mit Interesse die geistige Entwicklung der Menschheit, wie wir an seinem berühmten Fresko sehen können, das unter dem Namen Die Schule von Athen bekannt geworden ist, obwohl es diese gar nicht abbildet. In diesem wenig verstandenen Gemälde stellt Raffael auf der rechten Seite dar, wie alles Wissen der Menschheit zunächst durch die königliche Kunst Astronomie dem Makrokosmos abgelesen und mithilfe von Arithmetik und Geometrie auf die Erde herunter gebracht wird. Auf der linken Seite des Gemäldes stellt er dar, wie das vom Mikrokosmos Mensch dann verinnerlichte Wissen mithilfe von Rhetorik, Dialektik, Grammatik und Poesie wieder an die Welt zurückgegeben wird.
Gemeinhin wird angenommen, dass die Person, hinter die sich Raffael selbst gemalt hat, sein Freund Sodoma sei. Zu einer solchen Interpretation kann man jedoch nur kommen, wenn man das Fresko inhaltlich überhaupt nicht versteht. Raffael hat sich zur Gruppe der Astromomen hinzu gemalt. Was sollte dort ein Maler, wie es sein Freund Sodoma war, zu suchen haben? Vielmehr verfolgt Raffael das Gespräch dreier Astronomen. Der Älteste, mit dem langen Bart, stellt Zarathustra dar, den Begründer der Kosmologie. Er trägt eine Himmelskugel mit dem Sternenhimmel auf seiner Rechten. Ihm gegenüber, dem Betrachter den Rücken zuwendend, steht Ptolemäus. Er trägt eine Erdkugel auf seiner Linken als Begründer des geozentrischen Weltbildes. Traditionsgemäß wurde er mit dem ägyptischen Pharaonengeschlecht der Ptolemäer in Verbindung gebracht und deshalb meist mit goldener Königskrone und Königsmantel dargestellt. Zarathustra und Ptolemäus repräsentieren die Gegensätze Himmel und Erde. Beide blicken sie zu einem Dritten hin, der zwischen ihnen steht und die Sonne mit den sie umgebenden Planeten bzw. das heliozentrische Weltbild repräsentiert. Diese Person trägt das schwarze Untergewand eines ermländichen Domherren und die typische Mütze eines Studenten zu Bologna. Zu dem Zeitpunkt, da Raffael die "Schule von Athen" malte (1510 - 1511), war der Commentariolus des Kopernikus, in dem er die Grundzüge seiner Vorstellung eines heliozentrischen Planetensystems beschrieb, bereits seit einigen Jahren den interessierten Astronomen bekannt geworden. Offenbar kannte Raffael dieses Werk und hat Kopernikus daher als Vertreter der Sonne und der Planeten zwischen die Repräsentanten des Sternenhimmels und der Erde gemalt. Raffael war 10 Jahre jünger als Kopernikus. Er hat Letzteren wohl aus dem Gedächtnis gemalt, denn es ist durchaus möglich, dass sich beide in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts persönlich begegnet sind, zumal Kopernikus als Domherr und Ziehsohn des Fürstbischofs vom Ermland sich sehr für religiöse Kunst, insbesondere Mariendarstellungen interessiert haben dürfte, denn die Kathedrale von Frauenburg, an der er Domherr war, trug den Namen "Unserer lieben Frau". Sie war der Gottesmutter, inbesondere Mariä Himmelfahrt geweiht (daher auch der Orts- und Domname "Frauenburg"). So malte sich Raffael neben einen Zeitgenossen, während die anderen Gestalten des Freskos in zum Teil weit zurückliegenden Jahrhunderten lebten.
Nimmt man noch die Aussagen Rudolf Steiners über die besondere Zusammensetzung des Astralleibes von Kopernikus hinzu (siehe unten), so wird es noch einsichtiger, warum Raffael sich selbst (Johannes der Täufer), Zarathustra (Meister Jesus) und Kopernikus auf dem Bild als Gruppe zusammenstellt, auch warum Kopernikus dasselbe weiße Obergewand (als Ausdruck der Seelenhülle bzw. des Astralleibes) trägt wie Zarathustra. Auf dem ganzen Gemälde gibt es überhaupt nur drei Personen, die ein den ganzen Körper bedeckendes, weißes Obergewand tragen. Die dritte Person ist der androgyn wirkende Jüngling mit den langen Haaren in der linken Hälfte des Freskos, den Rudolf Steiner ausdrücklich auch mit Raffael (bzw. Johannes dem Evangelisten) in Verbindung bringt. Leider liegen uns keine Aussagen Rudolf Steiners über den Astralleib des Ptolemäus vor.
Interessanterweise hat Raffael in seiner späteren Inkarnation als Novalis ebenfalls seine Wertschätzung über Kopernikus zum Ausdruck gebracht. In seiner enzyklopädischen Notizensammlung aus den Jahren 1798/1799, das "Allgemeine Brouillon", hat er unter der Nummer 517 notiert: "ENC[YCLOPAEDISTIK]. Wie Copernikus machens alle gute Forscher – Aerzte, und Beobachter und Denker – Sie drehn die Data und d[ie] Methode um, um zu sehn, obs da nicht besser geht."
Besonderheiten seines Astralleibes
An einem 19. Februar, dem Geburtstag von Kopernikus, sprach Rudolf Steiner im Jahre 1909 in Leipzig vor seinen Zuhörern folgende Worte:
- „In ihm (Nikolaus von Kues) lebte der astralische Leib Christi und dieser ging später über in Nikolaus Kopernikus. Ein anderes Beispiel: Der ätherische Leib des Christus leuchtet auf in Galilei." (GA 109, Das Prinzip der spirituellen Ökonomie, Anhang zu Teil I, Auszug aus Vortrag vom 19.02.1909, Leipzig)
Nur wenige Tage später, am 25.02.1909, erklärte Rudolf Steiner zum selben Thema in Kassel:
- „Kardinal Nikolaus von Kues hat das Buch 'Über die gelehrte Unwissenheit' geschrieben. Er hat vorweggenommen die kopernikanische Planetensystem-Anschauung [Bewegung der Erde und Ruhen der Sonne]. Mehr verschleiert brachte er sie. Der Astralleib des Nikolaus von Kues wird übergeführt in Nikolaus Kopernikus, und der beschreibt und erklärt, was [jen]er vorher verschleiert gegeben hatte. Ein Stück des ägyptischen Hermes war darin [im Astralleib] enthalten, ein wichtiges Stück.“ (GA 109, Das Prinzip der spirituellen Ökonomie, Anhang zu Teil I, Auszug aus Vortrag vom 25.02.1909, Kassel)
Berücksichtigt man diese Aussagen Rudolf Steiners, so ist es erstaunlich, wie treffend der Maler des Bildes im Kopernikus-Epitaph der Johannes-Kirche in Thorn die Seelenstimmung des Kopernikus wiedergegeben hat (siehe Bild ganz oben), und es wird verständlich, weshalb Raffael in seinem Fresko "Die Schule von Athen" Kopernikus mit dem gleichen, den ganzen Körper bedeckenden weißen Gewand dargestellt hat wie Zarathustra. Offenbar ahnte oder kannte Raffael diese Zusammenhänge.
Über Hermes und seinen von Zarathustra erhaltenen Astralleib hatte Rudolf Steiner einen Monat vorher in Heidelberg folgendes mitgeteilt:
- „Den einen [Hermes] bildete er [Zarathustra] vorzüglich aus in Bezug auf alles, was die Urteilskraft betrifft, in den Wissenschaften, Astronomie und Astrologie, in Ackerbau und anderem. Alles dieses übertrug er auf diesen einen Schüler, und zwar wurde dies ermöglicht durch einen Vorgang oder Prozess zwischen ihnen, welcher ein Geheimnis ist. Dadurch wurde der Schüler so vorbereitet, dass er in der folgenden Verkörperung den Astralleib seines Lehrers tragen konnte. Dieser wiedergeborene Schüler mit dem Astralleib seines Lehrers ist Hermes. Hermes war der große Lehrer der ägyptischen Mysterien." (GA 109, Das Prinzip der spirituellen Ökonomie, Vortrag vom 21.01.1909, Heidelberg)
Frühere Inkarnationen
Aussagen Rudolf Steiners über Kopernikus als Teilnehmer am Osiriskult im alten Ägypten:
„Wir versetzen uns in die Seele des Kopernikus. Diese war da in der alten ägyptischen Zeit; sie hat damals an einer besonders hervorragenden Stelle den Osiriskultus erlebt und hat gesehen, wie Osiris als ein Wesen betrachtet worden ist, das dem hohen Sonnenwesen gleichkommt. Die Sonne stand in geistig-spiritueller Beziehung in dem Mittelpunkte des ägyptischen Denkens und Fühlens, aber nicht die äußerliche sinnliche Sonne, die nur als der körperliche Ausdruck des Geistigen angesehen wurde. So wie das Auge der Ausdruck der Sehkraft ist, so war für den Ägypter die Sonne das Auge des Osiris, der Ausdruck, die Verkörperung dessen, was der Geist der Sonne war. Das alles hatte die Seele des Kopernikus einst durchlebt, und die unbewusste Erinnerung daran war es, die ihn dazu bewog, in der Gestalt, wie es in einem materialistischen Zeitalter sein konnte, diese Idee wieder zu erneuern, diese alte Osirisidee, die damals spirituell war. Sie tritt uns da, wo die Menschheit tiefer heruntergestiegen ist auf den physischen Plan, in der materialistischen Ausgestaltung des Kopernikanismus entgegen. Die Ägypter haben das spirituell gehabt; sich an diesen Gedanken zu erinnern, war das Weltenkarma des Kopernikus, und das hat herausgezaubert jene Richtungskombination, die zu seinem Sonnensystem geführt hat.“ (GA 105, „Welt, Erde und Mensch“, Vortrag vom 16.08.1908)
"Denken wir uns eine Seele, die damals als Schüler eines alten Eingeweihten gelebt hat. Ein solcher Schüler hat den geistigen Blick hinaufgelenkt bekommen durch wirkliche Anschauung zu dem Kosmos. Wie im Monde Osiris und Isis wandelten, das war geistige Anschauung für ihn geworden. ... Im fünften Zeitraum erlebt ein solcher Mensch das alles wieder. ... Er erinnert sich an das, was er damals gesehen und gehört hat. Er kann es nicht wiedererkennnen, weil es ein materielle Färbung bekommen hat. Das Geistige ist es nicht mehr, was er sieht, aber die materiell-mechanischen Beziehungen entstehen wieder, und er schafft sich den Gedanken in materialistischer Form als Erinnerung wieder. Wo er früher gesehen hatte göttliche Wesenheiten, Isis und Osiris, da sieht er jetzt nur noch abstrakte Kräfte ohne das geistige Band. Diese geistigen Beziehungen erscheinen ihm wieder in Gedankenform. Es ersteht alles wieder, aber in materieller Gestalt. - Wenden wir das auf eine bestimmte Seele an, die damals einen Einblick erhielt in die großen kosmischen Zusammenhänge; denken wir uns, es ersteht dasjenige, was früher in Ägypten geistig gesehen worden ist, vor dieser Seele. Es ersteht heute wieder in dieser Seele, im fünften nachatlantischen Zeitraum: und wir haben die Seele des Kopernikus. Das kopernikanische Weltsystem ist so entstanden als eine Erinnerungsanschauung an die geistigen Erlebnisse im alten Ägypten. Ebenso steht es mit dem Weltsystem Keplers. Diese Menschen haben aus ihrer Erinnerung diese großen Gesetze wiedergeboren aus dem, was sie in der ägyptischen Zeit erlebt hatten." (GA 106, "Ägyptische Mythen und Mysterien", Vortrag vom 14.09.1908)
Das Wiederaufleben der Seelenstimmung einer alten ägyptischen Inkarnation:
"Wenn die alten Ägypter von den Sternen sprachen, so meinten sie das Geistige der Sterne, von dem sie noch Kenntnis hatten. Dadurch, daß ein wunderbares Bewußtsein vom alten Wissen hineindringt in die Wissenschaft des Kopernikus und Kepler, sehen wir, wie ganz in physischer Gestalt das herauskommt, was die alten Ägypter gewußt haben. Hatten sie damals Wesen gesehen, die durch die Weltenräume gingen, so sah man jetzt nur noch Kugeln in elliptischen Linien sich bewegen." (GA 194a, "Aus der Bilderschrift der Apokalypse des Johannes", Vortrag vom 14,95,1909)
Kopernikus schreibt im 10. Kapitel des 1. Buches von „De revolutionibus orbium coelestium“ voller Bewunderung über das in der Sonne sich offenbarende Göttliche: „In der Mitte von allen aber hat die Sonne ihren Sitz. Denn wer möchte sie in diesem herrlichen Tempel als Leuchte an einen anderen oder gar besseren Ort stellen als dorthin, von wo aus sie das Ganze zugleich beleuchten kann? Nennen doch einige sie ganz passend die Leuchte der Welt, andere den Weltengeist, wieder andere ihren Lenker, Trismegistos nennt sie den sichtbaren Gott, die Elektra des Sophokles [nennt sie] den Allessehenden. So lenkt die Sonne gleichsam auf königlichem Thron sitzend, in der Tat die sie umkreisende Familie der Gestirne. […] Indessen empfängt die Erde von der Sonne und wird mit jährlicher Frucht gesegnet.“ - Vermutlich dachte Rudolf Steiner an diese Aussage von Kopernikus als er über die Veränderungen des menschlichen Seelenlebens im Laufe der verschiedenen Zeitalter schrieb: "... als die Seele anfing, nicht mehr im Äther zu wurzeln mit dem eigenen Ätherleibe, da bereitete sich allmählich auch jene Stimmung vor, die später eine Sternenwissenschaft begründete, der es gleichgültig war, ob der Mensch zum Sternenhimmel dazugehört oder nicht. Den einzigen Tribut, den dieser gewandelte Mensch der alten Zeit brachte, war der, dass er den Ausgangspunkt für sein mechanisches System dorthin verlegte, wo früher der Christus gesehen worden war, nämlich in die Sonne. Die Sonne wurde durch Kopernikus zum Mittelpunkt des Weltenalls, aber nicht des geistigen, sondern des physischen Weltenalls gemacht. Darin lebt noch ein dunkles Gefühl davon, wie stark die Menschheit einstmals die Sonne als den Mittelpunkt der Welt mit dem Christus gefühlt hat. Man muss nicht nur die äußere Erscheinung der Weltgeschichte betrachten, wie das allmählich Sitte geworden ist, sondern man muss auch die Entwickelung der Empfindungen etwas ins Auge fassen. Da wird man gerade, wenn man den Kopernikus wirklich zu lesen versteht, in diesem merkwürdigen Empfindungselemente, das einem bei Kopernikus entgegentritt, merken: Er rechnete nicht nur; er hatte einen innerlichen Empfindungstrieb, der Sonne irgend etwas von dem Alten zurückzugeben." (GA 220, "Lebendiges Naturerkennen, intellektueller Sündenfall und spirituelle Sündenerhebung", Vortrag vom 05.01.1923)
Auf diese Seelenstimmung in Kopernikus wies Rudolf Steiner auch in seinem ältesten, durch Nachschrift erhaltenen Weihnachtsvortrag vom 21.12.1903 hin, nachdem er über eine Zeremonie während des weihnachtlichen Festes der Geistessonne im alten Ägypten berichtet hat. Er verwies zunächst darauf, mit welch tiefer Bewunderung und Ehrfurcht gegenüber dem Makrokosmos mit seinen unwandelbaren Gesetzen gerade diejenigen erfüllt sind, welche zu den „tiefsten Wissenden“ gehören. Zu diesen rechnete Rudolf Steiner offenbar auch Kopernikus, denn er fährt fort mit den Worten: „Es hat keine Wissenden gegeben, welche die Weltenweisheit durchschaut und nicht zugleich voll Bewunderung vor dem schaffenden Weltengeist gestanden haben. Und derjenige, der zum ersten Mal in vertraulichem Umgang mit diesem unwandelbaren Gesetzesschaffen gestanden hat, Kopernikus, der Begründer unserer Weltanschauung, hat die Worte gesprochen: «Wer sollte hineinschauen in den wunderbaren Bau des Weltenganzen und nicht den Schöpfer bewundern, wenn er mit den Gesetzen im Umgang steht, die er der Welt eingepflanzt hat.» Die Wissenden bewundern die urewigen Gesetze des Sternenhimmels am allermeisten.“ (Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe 032/1970). Rudolf Steiner kannte offenbar die von Kopernikus verfasste Einleitung zu dessen Hauptwerk De Revolutionibus, welche beim Druck 1543 von der Druckerei unterschlagen und durch eine von fremder Hand verfasste Vorrede ersetzt wurde. Erst im 19. Jahrhundert wurde das handschriftliche Manuskript von Kopernikus‘ Einleitung wieder entdeckt und im Rahmen der „Warschauer Ausgabe“ 1854 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie beginnt mit den Worten:
„Von den vielen und verschiedenartigen Studien der Wissenschaften und Künste, durch welche die geistigen Fähigkeiten der Menschen zum Wachsen und Gedeihen gebracht werden, halte ich besonders jene für Wert, ergriffen und mit dem größten Bemühen betrieben zu werden, die sich den schönsten und der Erfahrung nach würdigsten Dingen zuwenden. Solcher Art sind diejenigen, die von den göttlichen Umdrehungen der Welt und dem Lauf der Himmelskörper, den Größen, den Entfernungen sowie den Auf- und Untergängen handeln und letztlich die ganze Gestalt der Welt erklären. – Was aber gibt es Schöneres als den Himmel, da er doch alles Schöne enthält? Belegen das doch auch die Namen Caelum und Mundus, d.h. Reinheit und Schmuck, zur Bezeichnung dieser Kostbarkeiten. Die meisten der Philosophen haben ihn wegen seiner übermächtigen Erhabenheit sogar den sichtbaren Gott genannt. Wenn daher die Würde der Wissenschaften nach dem Gegenstand, den sie behandeln, eingeschätzt werden soll, wird diejenige die Herausragendste sein, die einige sicherlich Astronomie, andere Astrologie, viele aber der Alten die Vollendung der Mathematik nennen. Dieses zweifelsohne Haupt der edlen Künste, das dem freien Manne am meisten würdig ist, wird von fast allen Zweigen der Mathematik getragen. Arithmetik, Geometrie, Optik, Geodäsie, Mechanik und wenn es sonst noch welche gibt, sie alle tragen das Ihrige bei. Wenn es aber allen guten Wissenschaften gebührt, das Denken des Menschen von den Lastern abzuziehen und zum Besseren hinzulenken, so kann gerade sie dieses, neben einem unglaublichen Geistesgenuss, im Übermaße leisten. Denn wer würde nicht, wenn er sich dem widmet, das er in bester Ordnung geschaffen und unter göttlicher Leitung gelenkt sieht, durch emsige Betrachtung desselben und durch eine gewisse Vertrautheit damit zum Besten angeregt werden und den Urheber von allem bewundern, in dem das ganze Glück und alles Gute liegt? Wäre es denn nicht zwecklos, wenn der göttliche Psalmist von sich sagt, dass er sich an der Schöpfung Gottes erfreue und bei den Werken seiner Hände frohlocke [Psalm 92 (91)], wenn wir nicht durch diese Mittel, gleichsam wie auf einem Wagen, zur Betrachtung des höchsten Guten hingeführt würden?“
Zu Beginn des 30. Kapitels des 5. Buches von "De revolutionibus orbium coelestium" schreibt Kopernikus: "Den Weg jedoch zur Erforschung der Bahn dieses Sternes [Merkurs] haben uns die Alten vorgezeichnet, aber von einem heitereren Himmel begünstigt, wo doch der Nil (wie sie berichten) nicht solche Dünste aushaucht wie bei uns die Weichsel." - Hier lebt in seiner Seele eine stille, sehnsüchtige Ahnung früheren Erlebens im alten Ägypten auf.
Bei seinen Berechnungen zu den antiken astronomischen Beobachtungen und zur Jahreslänge legte Kopernikus stets eine Datierung nach dem alten ägyptischen Kalender zugrunde unter genauer Angabe der Tage und Monatsnamen, wie z.B. Phaophi (2. Monat - etwa unserem Juli/August entsprechend), Athyr (3. Monat), Pachon (9. Monat). (siehe "De Revolutionibus", z.B. 3. Buch, Kapitel 13)
Das Wiederaufleben der Seelenstimmung einer griechisch-pythagoräischen Inkarnation:
Kopernikus verwendete zur Unterzeichnung seiner Briefe ein Wachssiegel mit der Abbildung des Apollon mit der Leier. Bis kurz vor seinem Lebensende hielt er sich an den pythagoräischen Grundsatz, wonach Philosophie und Wissenschaft nur unter Philosophen und Wissenschaftlern betrieben und diskutiert werden sollten, weil die Unkundigen aus ihrem Unverständnis heraus über vieles nur spotten würden: "Mathematik wird nur für Mathematiker geschrieben" (De Revolutionibus, Widmungsvorrede an den Papst). Da er wusste, dass der damals amtierende Papst Paul III. Mathematik und Astronomie sehr zugetan war, bat er ihn in der Widmungs-Vorrede von De Revolutionibus um Unterstützung. Die Verfolgung der Heliozentriker vonseiten der katholischen Kirche begann erst im 17. Jahrhundert. Luther und Melanchthon wandten sich jedoch schon zu Lebzeiten von Kopernikus gegen seine Lehre einer ruhenden Sonne und bewegten Erde. Von Luther selbst ist uns überliefert, dass er gegen Kopernikus wetterte: "Der Narr will die ganze Kunst Astronomia umkehren! Aber wie die heilige Schrift zeigt, so hieß Josua die Sonne still stehen und nicht das Erdreich." (aus Luthers Tischreden). Dies führte er als biblischen Beweis an, dass die Sonne sich bewegt haben müsse und die Erde still stünde ganz im Sinne des alten geozentrischen Weltbildes. Und Melanchthon behauptete im Jahre 1549 gar polemisch in seiner Schrift Initia doctrinae physicae, Kopernikus habe seine heliozentrische Lehre lediglich aus Lust an der Neuerung und um sich als Genie darzustellen veröffentlicht. Dabei schmücke er sich auch noch mit falschen Lorbeeren, indem er nur die heliozentrische Theorie des antiken Astronomen Aristarch von Samos wiederhole, welche Archimedes in seiner sogenannten "Sandrechnung" beschrieb. Letztere wurde jedoch in den Opera Archimedis (Werke des Archimedes) erst im Jahre 1544 veröffentlicht, also ein Jahr nach dem Tode von Kopernikus, so dass dieser unmöglich davon wissen konnte. Zu seinen Lebzeiten war nur die bis heute einzig erhaltene Schrift Aristarchs Über die Größe und Entfernungen der Sonne und des Mondes bekannt, die Aristarch aus geozentrischer Sichtweise schrieb. Das von Kopernikus in seinem schon um das Jahr 1509 verfassten Commentariolus beschriebene heliozentrische System kann daher nicht auf Aristarch beruhen. Deshalb konnte Kopernikus auch im Bemühen, zu belegen, dass er durchaus nicht der einzige sei, der das ptolemäische Weltbild als unzutreffend ansieht, stets nur auf die Lehren des Philolaos, des Eudoxos von Knidos und des Herakleides von Pontos verweisen. Dennoch schlich sich das Fehlurteil von der aristarchischen Anregung des Kopernikus in die Wissenschaftsgeschichte ein. Selbst der Astronom Tycho Brahe wetterte noch hundert Jahre später gegen Kopernikus mit den Worten: "Die Erde ist eine grobe, schwere und zur Bewegung ungeschickte Masse; wie kann nun Kopernikus einen Stern daraus machen und ihn in den Lüften herumführen?" - Offen bleibt dabei die Frage, ob es eine reinkarnatorische Verbindung zwischen Aristarch von Samos und Kopernikus gibt und so die Idee der Heliozentrik im Innern der Seele von Kopernikus wieder auflebte.
Werke
Astronomisch-mathematische Werke:
- Commentariolus, vollständiger Titel: Nicolai Copernici de hypothesibus motuum coelestium a se constitutis commentariolus, Heilsberg ca. 1507. In dieser frühen Schrift, die Kopernikus auf dem Bischofssitz seine Onkels verfasste, beschreibt er bereits die Grundzüge seines heliozentrischen Weltsystems.
- Epistola Nicolai Copernici de octava sphaera, contra Wernerum, Frauenburg 1524, Kopernikus' Brief gegen die von Johannes Werner in seinem Werk "De motu octavae sphaerae" (1522) geäußerten Ansichten über eine Bewegung des Sternenhimmels.
- Astronomischer Almanach aus dem Jahre 1535 mit auf heliozentrischer Grundlage berechneten Planetenbewegungen und -aspekten, vermutlich nie in Druck gegangen, aber als Abschrift weitergegeben durch Bernard Wapowski kurz vor seinem Tode.
- De lateribus et angulis triangulorum tum planorum rectilineorum tum sphaericorum (Über die Seiten und Winkel der ebenen, geradlinigen und sphärischen Dreiecke), Wittenberg 1542, veröffentlicht von Kopernikus' Schüler Georg Joachim Rheticus (enthalten auch in "De Revolutionibus" Buch 1, Kap. 12-14). Dieses Werk von Kopernikus zählt zu den Vorläufern der damals noch nicht zur Verfügung stehenden Sinustabellen. Um die Bahnen der Planeten genauer berechnen zu können, musste er sich selbst entsprechende mathematische Hilfsmittel erst erarbeiten. Für seine Beobachtungen verwendetete Kopernikus einen selbstgefertigten Dreistab. Rheticus weist in seinem Vorwort darauf hin, dass Kopernikus seine Trigonometrie unabhängig von der des Regiomontanus erarbeitet hat.
- De Revolutionibus Orbium Coelestium, Nürnberg 1543, ist das Hauptwerk des Kopernikus, in dem er seine vorab im Commentariolus angelegten Ideen für alle damals bekannten Planeten und den Mond detailliert ausgearbeitet hat. Der Druck des Buches erfolgte auf Drängen des Papstes in Rom durch den Kardinal Nikolaus von Schönberg, auf Drängen von Kopernikus' Freunden, insbesondere seines engsten Freundes, des Kulmer Bischofs Tiedemann Giese, sowie auf Drängen des protestantischen Mathematikers Georg Joachim Rheticus, der schließlich das bis heute erhaltene handschriftliche Manuskript von De Revolutionibus zur Druckerei nach Nürnberg brachte. Der Überlieferung nach soll Kopernikus, der an einem Schlaganfall darnieder lag, an seinem Todestag die erste Druckausgabe noch in die Hände gelegt worden sein. - Die erste Übersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche erfolgte 1586 in Kassel durch Raimarus Ursus. Dieses handschriftliche Manuskript ist uns, benannt nach seinem Aufbewahrungsort, als sog. "Grazer Handschrift" erhalten geblieben. Erst 1879 erfolgte ein Druck in deutscher Sprache, die sogenannte "Thorner Säkularausgabe" [1].
Sonstige Werke:
- Theophilacti scolastici Simocati epistolae morales, rurales et amatoriae, Krakau 1509. Übersetzung der griechischen Episteln des Theophylaktos Simokates ins Lateinische. Wie alle humanistisch Interessierten beteiligte sich Kopernikus mit dieser Übersetzung an der damals üblichen Vorgehensweise, aufgefundene griechische Texte durch Übersetzung ins Lateinische der Allgemeinheit zugänglich zu machen.
- Denkschriften über das Münzwesen: 1522 Frühneuhochdeutsch: Gutachten über die Verbesserung der preußischen Münze, 1517 Latein: Meditata, 1519 - 1522 Latein: Modus cudendi monetam, 1526 Latein: Monetae cudendae ratio. Diese Schriften wurden von Kopernikus im Auftrag des Bischofs zur Vorlage bei den Preußischen Landtagen erstellt, wo er des öfteren die Interessen der ermländischen Diözese vertrat.
- Kopernikus war auch als Geograph und Kartograph tätig. 1519 legte er bei einem Marienburger Gerichtstag zu einem Streit über die Fischereirechte der Stadt Elbing eine selbstgefertigte Landkarte der Küste des Frischen Haffs vor. Aufgrund seiner geographischen Kennntnisse und auch zeichnerischen Fähigkeiten wurde er 1529 vom damaligen ermländischen Bischof Mauritius Ferber beauftragt, gemeinsam mit dem Domherrn Alexander Scultetus eine Karte des ganzen Preußenlandes anzufertigen. Auch über eine von Kopernikus gefertigte "erdkundliche Beschreibung" Preußens wird von preußischen Schriftstellern des ausgehenden 16. Jahrhunderts berichtet. Leider ist von alledem nichts erhalten geblieben. (Quelle: Hans Schmauch, Nikolaus Kopernikus; Heft 34 der Schriftenreihe des Göttinger Arbeitskreises von 1935)
Aussagen Rudolf Steiners zur Tat des Kopernikus
„Es gibt Menschen, die in der Tat des Kopernikus die größte der geistigen Kulturumwälzungen sehen, welche die Menschheit, soweit die geschichtliche Erinnerung reicht, überhaupt erlebt habe. Und man muss gestehen, dass der Eindruck und der Einfluss dieser geistigen Umwälzung für alles äußere Denken der Menschen so bedeutsam, so großartig war, dass sich in der Tat kaum irgend etwas an Eindringlichkeit, an Wirksamkeit damit vergleichen lässt. ... Es wurde eigentlich damals den Menschen für ihre Anschauung buchstäblich der Boden unter den Füßen wankend gemacht. Was sie bis dahin fest geglaubt hatten, so fest geglaubt hatten, dass sie dachten, die Sonne und der ganze Sternenhimmel drehe sich um diesen festen irdischen Wohnplatz, und alles, was im Weltenraume ausgebreitet ist, sei nur da, um der Ziele und Eigenartigkeiten dieses irdischen Wohnplatzes willen, darüber mußte man jetzt denken lernen, es sei nun selber etwas, was mit rasender Geschwindigkeit durch den Weltenraum eilt. Die sich bewegende Sonne mußten sie denken lernen als etwas im Verhältnis zur Erde Stehendes und die Erde selbst als etwas Bewegliches. ... Und was sich uns damals als das größte Geschehen der Menschheitsentwickelung gezeigt hat, stellt sich uns gerade in einem schönen speziellen Falle dar, wenn wir auf die Tat des Kopernikus sehen. Was ist denn eigentlich damals im sechzehnten Jahrhundert geschehen, als schon nach dem Tode des Kopernikus sein großes Werk über die Umwälzung der Himmelskörper vor die gebildete Welt trat, welches Kopernikus selber noch so im Einklänge mit seiner ganzen eigenen Stellung als katholischer Domherr glaubte, dass er es dem Papste widmete, und welches doch bis zum Jahre 1821 auf dem Index der verbotenen Bücher der katholischen Kirche gestanden hat? Nur aus der ganzen Zeitkultur und geistigen Zeiterfassung heraus läßt sich eigentlich die Tat des Kopernikus begreifen, nur dann, wenn man darauf Rücksicht nimmt, dass in den Jahrhunderten bis zum Auftreten des Kopernikus im geistigen Leben, insofern dasselbe sich wissenschaftlich glaubte, dasjenige geherrscht hat, was man den Aristotelismus nennen kann, die Weltanschauung dieses großen griechischen Weisen der vorchristlichen Kultur. ... Und des Kopernikus Lehre ist in einer gewissen Beziehung ein Bruch, man müßte sagen nicht mit der Lehre des Aristoteles, wohl aber mit demjenigen, was im Mittelalter aus dem Aristoteles durch die Forscher, namentlich durch die christlichen Forscher geworden ist. ... Fassen wir das innere Verhältnis der Sterne zur Sonne nicht so auf, wie es die mittelalterliche Wissenschaft und der Aristotelismus aufgefaßt haben, sondern nehmen wir an, daß die Sonne im Mittelpunkte stehe, und daß die Planeten um sie herum kreisen. Was würde daraus folgen, wenn wir diese Annahme machen? So fragte sich etwa Kopernikus. Und er konnte sich sagen: Dann haben wir einen großen Grundsatz, einen methodischen, einen logischen Grundsatz des Aristoteles mehr befolgt als die, welche jetzt in ihrer Art das äußerlich sinnlich Erschaubare erklären wollen. ... So hat Aristoteles, obwohl ihn jene nicht verstanden haben, welche glaubten, echte Aristoteliker des Mittelalters zu sein, im Grunde genommen doch den Impuls gegeben, welcher die Menschheit auf jene Stufe brachte, auf der sie in Kopernikus Innern die Idee fasste, den Gedanken der Einfachheit auf das äußere Weltall anzuwenden. ... Kopernikus blieb, trotzdem seine Lehre später so weltumwälzend gewirkt hat, in bezug auf sein Bekenntnis fest gegründet in dem Glauben an ein Geistiges, das alle Welt durchlebt und durchwogt.“ (Lit.: GA 61, S. 347ff)
„Denn wenn jemand sagen würde: ich stehe auf dem festen Boden der Naturwissenschaft; wer seine gesunden fünf Sinne beisammen hat und sich darauf verläßt und auf dasjenige, was der Verstand auf Grund dieser fünf Sinne erfassen kann, der kann den Phantastereien der Geisteswissenschaft nicht zustimmen, — dann antwortet der Geistesforscher: Schau einmal ein wenig auf dich selbst hin! Du gibst ja zu, daß lange Zeit Menschen gelebt haben als solche, die sich auf die gesunden fünf Sinne verlassen haben. Dann kam Kopernikus. Der hat in bezug auf die äußere Welt eine Weltanschauung aufgestellt, die den fünf Sinnen direkt ins Gesicht schlägt. Manche haben ja lange Zeit gebraucht, ja, bis in die neueste Zeit gebraucht, bis sie die Wahrheit der Weltanschauung des Kopernikus anerkennen konnten oder anerkannt haben. Aber geradeso wie damals die menschliche Wahrheit den Weg gefunden hat, über die fünf Sinne hinauszukommen in bezug auf die äußerliche Wissenschaft von der Welt, so wird Geisteswissenschaft hinausführen über dasjenige, was durch einen Machtspruch der fünf Sinne festgelegt werden soll mit Bezug auf das Übersinnliche. Denn noch weniger gestattet dieses Übersinnliche, daß man sich nur auf seine «gesunden fünf Sinne» verläßt.“ (Lit.: GA 64, S. 281)
„Goethe ist zu gleicher Zeit der Kopernikus und Kepler der organischen Wissenschaft, und was Kopernikus und Kepler für die äußere tote Natur getan haben, den Begriff gereinigt, um im gereinigten Begriff das Astronomische und Physikalische zu fassen, das hat Goethe durch den lebendigen Begriff, den Begriff der Methamorphose, für die organische Naturwissenschaft geleistet. Und das ist seine zentrale Entdeckung.“ (Lit.: GA 216, S. 114)
Eine Reihe weiterer, bedeutsamer Aussagen Rudolf Steiners zur Bedeutung der Tat des Kopernikus, z.B. über die Vorherverkündigung dieser Tat schon durch Alanus ab Insulis und ihre Bedeutung für die neue Spiritualisierung des Denkens durch den Erzengel und Zeitgeist Michael sowie über das Wirken des Christusimpulses und der neueren Esoterik in Kopernikus, siehe im Artikel Kopernikanisches Weltbild.
Erweiterung des kopernikanischen Weltbildes durch Rudolf Steiner
Rudolf Steiner erklärt die Planetenbewegung auf eine völlig andere Weise als wir es vom kopernikanischen Weltbild her gewohnt sind. Er scheint die kopernikanischen Bahnen der Planeten als das Resultat komplizierter Bahnbildeprozesse zu betrachten, die sich aus verschiedenen Bewegungsformen zusammensetzen. So sprach er in verschiedenen Vortragszyklen z.B. von Schraubenbewegungen, bei denen die inneren Planeten den äußeren Planeten nachfolgen, von "künstlerischen" Bewegungen, aber vor allem von Lemniskatenbahnen der Planeten und hat eine Reihe von Skizzen dazu gegeben.
Angeblich aufgefundene sterbliche Überreste des Kopernikus
Im Jahr 2005 wurden im Dom zu Frauenburg im Bereich des Heilig-Kreuz-Altars die sterblichen Überreste eines Mannes ausgegraben, die nach einer angeblich "wissenschaftlichen Untersuchung" polnischer Forscher mit hoher Wahrscheinlichkeit die des Kopernikus sein sollen. Auch eine Gesichtsrekonstruktion wurde vollzogen. Schaut man sich die "wissenschaftliche Untersuchung" genauer an, wird jedoch deutlich, dass lediglich per DNA-Analyse nachgewiesen werden konnte, dass ein Zahn des ausgegrabenen Schädels, der zu einem im Alter von 60 bis 70 Jahren verstorbenen Mann gehörte, genetisch identisch ist mit zwei Haaren, die in einem Buch gefunden wurden, das nachweislich Kopernikus gehörte. Kopernikus vermachte die meisten seiner Bücher der Dombibliothek, die von zahlreichen Domherren benutzt wurden. So fanden sich in besagtem Buch 9 Haare. Von 4 Haaren konnte genetisches Material gewonnen und nachgewiesen werden, dass sie drei verschiedenen Personen gehörten. Teilnehmer einer internationalen Kopernikus-Konferenz in Krakau warfen dem Untersuchungsteam mangelhafte Recherche und kritische Fehler vor. Dennoch wurden am 22.05.2010 die sterblichen Überreste des vermeintlichen Kopernikus in einem feierlichen Staatsakt erneut im Frauenburger Dom beigesetzt.
Die Grabstätte von Kopernikus an der Südwand des Domes ist uns historisch bestätigt durch ein Epitaph zum Gedenken an Kopernikus, das der ermländische Bischof und Historiker Martin Kromer, der bereits 8 Jahre nach Kopernikus' Tod Domherr in Frauenburg wurde und reichlich Gelegenheit hatte, sich mit noch lebenden Zeugen von Kopernikus' Beisetzung im Kreise der Domherren auszutauschen, in der Nähe des 7. Säulenaltars rechts (Bartholomäus-Altar) anbringen ließ. Anlass für seine Stiftung des Epitaphs waren Beschwerden von Gelehrten und Besuchern des Domes, die eine Gedenktafel zur Würdigung von Kopernikus vermissten. Es gab keine Beschwerden, dass das Grab nicht mehr auffindbar wäre, sodass Bischof Kromer auch nicht den Auftrag erteilte, erst einmal die genaue Grabstätte ausfindig zu machen, sondern klar den Auftrag erteilte, das Epitaph auf seine Kosten und mit einer von ihm selbst verfassten Inschrift "an der Wand an dessen Grabe (parieti ad sepulcrum eius)" anzubringen. - Nachdem "De Revolutionibus", das Hauptwerk von Kopernikus, im Jahre 1616 von der Katholischen Kirche zumindest auszugsweise auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt worden war, schwand in den folgenden Jahrhunderten das Interesse an einer Würdigung von Kopernikus. Im Jahre 1746 ließ das Domkapitel das Epitaph entfernen, weil an dieser Stelle ein Wanddenkmal zu Ehren des verstorbenen ermländischen Bischofs Szembek neben dem Eingang zu einer von ihm errichteten barocken Seitenkapelle erfolgen sollte. Nach urkundlichen Belegen war geplant, das Epitaph in unmittelbarer Nähe wieder anzubringen. Dieses Vorhaben wurde jedoch letztlich nie ausgeführt und das Epitaph ging schließlich ganz verloren. Nur eine Abbildung ist uns noch erhalten. Im 18. und 19. Jahrhundert begann man sogar zu zweifeln, ob Kopernikus überhaupt in Frauenburg oder nicht vielmehr in seiner Geburtstadt Thorn gestorben und bestattet worden sei. Durch später aufgefundene Briefe sowie das im Jahre 1581, also 38 Jahre nach dem Tode von Kopernikus, angebrachte Gedenk-Epitaph des Bischofs Kromer ist jedoch eindeutig belegt, dass Kopernikus in Frauenburg verstarb und bestattet wurde. Aufgrund der Zerstörungen durch die Schwedenkriege ist es jedoch möglich, dass sich die sterblichen Überreste nicht mehr an der ursprünglichen Stelle befinden. Im Laufe der letzten Jahrhunderte wurden je nach Gutdünken ingesamt 3 Altäre in größeren Zeitabständen zum Altar und zur Grabstätte des Kopernikus erklärt. Entsprechend findet man im Frauenburger Dom heute an 3 Säulen Gedenktafeln (2. Säulenaltar links, 4. und 7. Säulenaltar rechts). Die Beschränkung der von Sikorski im Jahre 2005 durchgeführten Ausgrabungen allein auf das Umfeld des Heilig-Kreuzaltars (4. Säulenaltar rechts) ist völlig unwissenschaftlich. Unter den Bodenplatten des Domes sind mehr als 200 Leichname bestattet, größtenteils ohne Namenskennzeichnung. Auch das Alter der gefundenen sterblichen Überreste lässt Zweifel an Sikorskis Interpretation aufkommen, denn Kopernikus starb mit 70 Jahren. Sein Skelett würde somit auf ein Sterbealter von 65 bis 75 Jahren geschätzt werden, d.h. 5 Jahre älter als das gefundene. Zudem wurde genetisch nachgewiesen, dass der ausgegrabene Schädel zu einem Menschen mit blauen oder grauen Augen, d.h. mit heller Iris, gehörte. Tatsächlich zeigen aber alle erhaltenen Gemälde von Kopernikus diesen stets mit dunkelbraunen Augen und ebensolchen Haaren. Auch wird behauptet, es seien keine lebenden leiblichen Verwandten von Kopernikus mehr auffindbar. Das mag für Polen zutreffen. Aber Kopernikus war deutschsprachig und deutschstämmig und in Deutschland gibt es durchaus noch lebende leibliche Verwandte, Nachfahren seiner Tante mütterlicherseits, Christina von Allen, geb. Watzelrode, wie eine Stammtafel belegt. Ganz offensichtlich war bei der Interpretation des "wissenschaftlichen" Gutachtens vor allem der Wunsch der Vater des Gedankens.
Literatur
- Nicolaus Copernicus Gesamtausgabe. Gerstenberg bzw. Akademie Verlag, Hildesheim bzw. Berlin 1974–2004, ISBN 3-05-002651-0.
- Leopold Prowe: Nicolaus Coppernicus. Zwei Bände. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1883 f. (online: Band 1, Teil 1, Band 1, Teil 2, Band 2).
- Georg Christoph Lichtenberg: Nicolaus Copernicus. Differenz-Verlag, München 2008 (Digitalisat [PDF; 368 KB; abgerufen am 10. Oktober 2019]).
- Thomas S. Kuhn: Die kopernikanische Revolution. Braunschweig u. a. 1981, ISBN 3-528-08433-2.
- Martin Carrier: Nikolaus Kopernikus. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47577-9.
- John Freely: Kopernikus : Revolutionär des Himmels. Klett-Cotta 2015. ISBN 3-608-94917-8.
- Arthur Koestler: Die Nachtwandler – Die Entstehungsgeschichte unserer Welterkenntnis. Suhrkamp Taschenbuch, Band 579. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1988 (3. Aufl.). ISBN 3-518-37079-0.
- Rudolf Steiner: Menschengeschichte im Lichte der Geistesforschung, GA 61 (1983), ISBN 3-7274-0610-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Aus schicksaltragender Zeit, GA 64 (1959), ISBN 3-7274-0640-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Die Grundimpulse des weltgeschichtlichen Werdens der Menschheit, GA 216 (1988), ISBN 3-7274-2160-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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Weblinks
- Literatur von und über Nikolaus Kopernikus im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Sheila Rabin: Nicolaus Copernicus. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.