Kullervo

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Akseli Gallen-Kallela, Kullervos Fluch

Kullervo ist eine tragische Figur aus dem finnischen Nationalepos Kalevala und wird in den Liedern 31–36 geschildert.[1] Kullervo weist Parallelen zum Helden des estnischen Epos Kalevipoeg auf[2], ferner zur Hamlet-Legende[3] und zum Herkules-Mythos[4] und zur Gestalt des Oedipus.

Die Kullervo-Legende

Die Brüder Untamo und Kalervo geraten in einen Streit um Fischgründe und Ackerland. Untamo und seine Männer besiegen Kalervo im Kampf und töten sein ganzes Geschlecht bis auf eine schwangere Frau, die kurz darauf Kalervos Sohn Kullervo gebiert. Es wird versucht, den Jungen zu töten. Nachdem drei Mordversuche misslungen sind, entschließt sich Untamo, Kullervo als Sklaven in seinem Haus arbeiten zu lassen. Kullervo erweist sich aber als untauglich und wird an den Schmied Ilmarinen verkauft, bei dem er das Vieh hüten soll. Ilmarinens Frau backt aus Bosheit einen Stein in Kullervos Brot. Beim Schneiden bricht die Klinge seines Messers, woraufhin Kullervo Rache schwört und das Vieh in einen Sumpf treibt. Dafür treibt er Raubtiere nach Hause, die Ilmarinens Frau töten. Kullervo flieht und erfährt, dass seine Eltern und seine Schwester noch leben. Er findet das Haus seiner Eltern und hört, dass seine Schwester verschwunden sei.

Kullervo wurde von seinem Vater geschickt, um Steuern zu bezahlen. Auf dem Rückweg begegnet er, ohne sie zu erkennen, seiner Schwester und verführt sie. Als die Schwester die Wahrheit erfährt, ertränkt sie sich in einer Stromschnelle. Kullervo kehrt verzweifelt nach Hause zurück und will ebenfalls Selbstmord begehen, doch seine Mutter hält ihn davon ab. Daraufhin entschließt er sich, Rache zu nehmen, und tötet Untamo und dessen Familie. Nach seiner Heimkehr findet er seine Eltern tot vor. Er sucht im Wald die Stelle auf, an der er seine Schwester verführt hatte, und stürzt sich in sein Schwert.

Literatur

Textausgaben / Hörbücher / Bearbeitungen

  • Kalevala. Das finnische Epos des Elias Lönnrot. Aus dem finn. Urtext übertragen von Lore Fromm und Hans Fromm. Mit einem Nachw. von Hans Fromm. Marix Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-013-7.
  • Elias Lönnrot: Kalevala. Das finnische Nationalepos (Hörbuch), 4 CDs mit Illustrationen von Carola Giese. Verlag Michael John, 2015, ISBN 978-3-942057-57-8.
  • Kalewala. Das finnische Epos von Elias Lönnrot. Übers. und mit einem Nachw. von Gisbert Jänicke. Jung und Jung, Salzburg/Wien 2004, ISBN 3-902144-68-8 (neue Übersetzung).
  • Inge Ott: Kalevala. Die Taten von Väinämöinen, Ilmarinen und Lemminkäinen. Neu erzählt von Inge Ott. Mit Illustrationen von Herbert Holzing. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1978, 1981, 1989, ISBN 3-7725-0697-6 (Prosa-Nacherzählung).
  • Kalewala, das National-Epos der Finnen, nach der zweiten Ausgabe ins Deutsche übertragen von Anton Schiefner. J. C. Frenckell & Sohn, Helsingfors 1852.
  • Kalevala. Das Nationalepos der Finnen. Hinstorff, Rostock 2001, ISBN 3-356-00792-0 (Teilausgabe).
  • Pertti Anttonen, Matti Kuusi: Kalevala-lipas. Suomalaisen Kirjallisuuden Seura, Helsinki 1999, ISBN 951-746-045-7.
  • Kalewala. Markus Hering liest aus dem finnischen Epos von Elias Lönnrot. Jung und Jung, Wien 2005, ISBN 3-200-00474-6 (Hörbuch nach der Übersetzung von Gisbert Jänicke; Musikzusammenstellung von Peter Kislinger; 4 Audio CDs).
  • Tilman Spreckelsen: Kalevala. Eine Sage aus dem Norden, nacherzählt von T. S. und illustriert von Kat Menschik. Verlag Galiani Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-86971-099-0.

Sekundärliteratur

  • Kustavi Grotenfelt: Die sagen von Hermanarich und Kullervo, in: Finnisch-Ugrische Forschungen III (1903), S. 45–61.[1]
  • Adriaan van der Hoeven: The Making of Kullervo, in: Finno-Ugric Folklore, Myth and Cultural Identity. Proceedings of the Fifth International Symposium on Finno-Ugric Languages in Groningen, June 7–9, 2011. Ed. Cornelius Hasselblatt, Adriaan van der Hoeven. Studia Fenno-Ugrica Groningana 7. Maastricht: Shaker 2012, S. 73–93.
  • Gisbert Jänicke: Kalewaland. Das finnische Epos und die Problematik der Epikübersetzung. Hamburg: Buske 1991. (Schriften aus dem Finnland-Institut in Köln, Bd. 15)
  • Kalevalan kulttuurihistoria. Toimittaneet Ulla Piela, Seppo Knuuttila, Pekka Laaksonen. Helsinki: Suomalaisen Kirjallisuuden Seura 2008.
  • Kaarle Krohn: Kalevalastudien VI. Kullervo. Helsinki: Suomalainen Tiedeakatemia 1928. (Folklore Fellows’ Communications 76)
  • Wilhelm Schott: Über die finnische Sage von Kullervo, in: Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse. Berlin, 1852, S. 209–236.[2]
  • Eemil Nestor Setälä: Kullervo – Hamlet. Ein sagenvergleichender versuch. I. Die nordischen Hamletfassungen; II. Angenommene vereinzelt dastehende fassungen der Hamletsage, in: Finnisch-Ugrische Forschungen III (1903), S. 61–97.[3]

Anthroposophische Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Kullervo – Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. deutscher Text auf Wikisource
  2. Cornelius Hasselblatt: Kalevipoeg Studies. The Creation and Reception of an Epic. Helsinki: Finnish Literature Society – SKS 2016, S. 50. (Studia Fennica Folkloristica 21)
  3. Eemil Nestor Setälä: Kullervo – Hamlet. Ein sagenvergleichender Versuch, in: Finnisch-Ugrische Forschungen III (1903), S. 61–97.
  4. Vgl. Alexandre Büchner. L’hercule de l’Esthonie. Caen: Typ. de F. le Blanc-Hardel 1865.
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