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Geisteslehrer
Der Geisteslehrer steht dem Geistesschüler, der den geistigen Schulungsweg beschreitet, auf dessen Wunsch als Freund mit Rat und Hilfe zur Seite und gibt ihm gegebenenfalls geeignete Übungen zur Konzentration und Meditation und auch andere der Schulung förderliche Verhaltensregeln, um seine geistigen Kräfte zu stärken. Geisteslehrer ist man durch innere Berufung und durch die eigenen Erfahrungen, die man auf dem Schulungsweg gemacht hat.
Das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler
Das Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer muss im gegenwärtigen Bewusstseinsseelenzeitalter ein völlig freies sein. Auch ist es heute nicht mehr unbedingt nötig, persönlichen Kontakt zu einem Geisteslehrer zu suchen, sondern man kann auch frei nach literarischer Anleitung an seiner geistigen Entwicklung arbeiten. In der Vorrede zur 5. Auflage seiner grundlegenden Schrift «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten» sagt Rudolf Steiner über das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler:
„Man könnte etwa in dem persönlichen Verhältnis zu diesem oder jenem Lehrer bei dem nach Geistesschulung Strebenden etwas viel Wesentlicheres sehen, als gesehen werden soll. Ich hoffe, daß es mir gelungen ist, in dieser neuen Auflage durch die Art der Darstellung mancher Einzelheiten schärfer zu betonen, wie es bei dem, der Geistesschulung sucht im Sinne der gegenwärtigen geistigen Bedingungen, viel mehr auf ein völlig unmittelbares Verhältnis zur objektiven Geisteswelt als auf ein Verhältnis zur Persönlichkeit eines Lehrers ankommt. Dieser wird auch in der Geistesschulung immer mehr die Stellung nur eines solchen Helfers annehmen, die der Lehrende, gemäß den neueren Anschauungen, in irgendeinem anderen Wissenszweige innehat. Ich glaube genügend darauf hingewiesen zu haben, daß des Lehrers Autorität und der Glaube an ihn in der Geistesschulung keine andere Rolle spielen sollten, als dies der Fall ist auf irgendeinem anderen Gebiete des Wissens und Lebens.“ (Lit.: GA 10, S. 11f)
Die Autorität des Lehrers und die Urteilskraft des Schülers
Es wäre für die Entwicklung des Geistesschülers heute höchst ungünstig, wenn er sich in blindem Glauben der Autorität des Lehrers unterwerfen wollte; vielmehr ist er aufgefordert, seine eigene Urteilskraft beständig weiter zu entfalten.
„Es wird niemals in wahren esoterischen Schulen verlangt, daß man sich an eine Autorität hängt, im Gegenteil, der Esoteriker soll prüfen, was ihm gesagt wird, soll mit seiner Intelligenz es durchdringen, es vergleichen mit allem früher Gesagten, soll Ergänzungen suchen. Niemals wird von den esoterischen Schulen, die unter der Leitung der Meister der Weisheit und des Zusammenklanges der Empfindungen stehen, Glauben auf die Autorität hin verlangt werden. Wo ein solcher Glauben verlangt wird, ein Gelöbnis vom Schüler verlangt wird, da ist größte Vorsicht am Platze. Frei soll der Schüler prüfen und streben; und seine Erkenntnis wird ihn leiten. Es kann ihm auch kein Zaubermittel gegeben werden, um seine Fehler und Schwächen aufzuheben, Fehler und Schwächen, die ihm eine Trugwelt zeigen, statt die wahre geistige Welt. Nur durch langsame Arbeit und ehrliche Selbstprüfung kann der Schüler nach und nach ein anderer Mensch werden, der es erträgt, seine wahre Wesenheit mit all ihren Gebrechen ins Auge zu fassen, und bei ihrem Anblick den Mut und die Ruhe nicht verliert. Mit starker Kraft muß der Schüler die Umwandlung seines Wesens in die Hand nehmen. Nicht eine gierige Sehnsucht nach Wahrheit und Erkenntnis darf ihn erfüllen, sondern eine gesunde Sehnsucht nach Wahrheit, in der die Kraft liegt, diese auch zu schauen.“ (Lit.: GA 266b, S. 191f)
„Die zweite Seite in der rosenkreuzerischen Weisheit — in der Stellung zwischen Lehrer und Schüler — ist die, daß im wesentlichen das Verhältnis vom Schüler zum «Guru», dem orientalischen Lehrer, gegenüber den anderen Einweihungen ein anderes ist. Die Art und Weise, wie der Schüler dem Guru gegenübersteht, kann eigentlich innerhalb der rosenkreuzerischen Weisheit gar nicht mit dem Glauben an eine Autorität bezeichnet werden. Durch ein Beispiel aus dem gewöhnlichen Leben werde ich Ihnen das anschaulich machen. Der Rosenkreuzer- Lehrer will nicht anders zu seinem Schüler stehen als der kundige Mathematiker zu dem Mathematikschüler. Kann man davon sprechen, daß der Mathematikschüler seinem Lehrer aus Autoritätsglauben anhängt? Nein! Kann man davon sprechen, daß der Mathematikschüler den Lehrer nicht braucht? Ja — könnten da viele sagen, denn man hat vielleicht durch gute Bücher den Weg zum Selbststudium gefunden. Aber hier ist nur der Weg ein anderer, als wenn man sich Stuhl an Stuhl gegenübersitzt. Im Prinzip könnte man es natürlich. Ebenso könnte auch jeder Mensch, wenn er zu einer gewissen Stufe des Hellsehens aufsteigt, alle spirituellen Wahrheiten finden, aber ein jeder wird es unvernünftig finden, das Ziel auf einem Umweg zu erreichen. Ebenso unvernünftig wäre es zu sagen: Mein Inneres muß die Quelle sein für alle spirituellen Wahrheiten. — Wenn der Lehrer die mathematischen Wahrheiten kennt und sie dem Schüler überliefert, dann braucht der Schüler keinen Autoritätsglauben mehr, dann sieht er die mathematischen Wahrheiten durch ihre eigene Richtigkeit ein, und er braucht gar nichts anderes, als sie richtig einzusehen. Nicht anders ist es mit der ganzen okkulten Entwickelung im rosenkreuzerischen Sinne. Der Lehrer ist der Freund, der Ratgeber, der die okkulten Erlebnisse vorlebt und sie den Schüler leben läßt. Hat man sie einmal, dann braucht man sie ebensowenig auf Autorität hin anzunehmen, als in der Mathematik den Satz: Die drei Winkel eines Dreiecks sind 180 Grad. Alle Autorität ist in der Rosenkreuzerei keine eigentliche Autorität, sondern vielmehr das, was notwendig ist für die Abkürzung des Weges zu den höchsten Wahrheiten.“ (Lit.: GA 99, S. 16f)
Notwendige geistige und körperliche Reife des Geisteslehrers
Dass man als Geisteslehrer nur wirken kann, wenn man über eine entsprechende geistige Reife verfügt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus ist aber auch eine gewisse körperliche Reife nötig, da gewisse geistige Kräfte nicht zur Verfügung stehen, solange der Körper noch im Aufbau begriffen ist. Der Geisteslehrer bedarf jener Lebenskräfte, die erst nach der Lebensmitte frei werden. Niemand sollte daher als Geisteslehrer wirken, ehe er das 35 Lebensjahr überschritten hat.
„Wenn wir in die ältesten Zeiten zurückgehen, da sehen wir, wie von den führenden Persönlichkeiten, die das Leben geleitet haben, einem gewissen Alter eine große Bedeutung für die Urteilskraft des Menschen beigelegt wurde; heute können die Allerjüngsten ihre maßgebenden Urteile abgeben. Das vor allen Dingen wissen heute die Menschen nicht, dass man zwar in Bezug auf Intellekt, Wissenschaft und Kunst in früher Jugend manches leisten kann; aber die Erfahrungen der geistigen Welten in einer wirklich richtigen Weise seinen Mitmenschen zu überliefern, ist bloß der imstande, der in die Mitte seines Lebens gekommen ist. Daher wird von keiner Geheimschule einer hinausgesandt, der nicht das 35. Lebensjahr überschritten hat. Solange der Mensch noch gewisse Kräfte braucht, um seinen Organismus aufzubauen, so lange hat er sie nicht frei, um sie in den Dienst zu stellen. Autoritativ die okkulten Lehren jemand mitzuteilen, ist nicht erlaubt, bevor die Kräfte nicht mehr zum Aufbau gebraucht werden; erst wenn das Physische im Abstieg des Lebens ist, dann ist es erlaubt. Wer das Leben prüft, wird die Berechtigung dieser Regel einsehen. Selbst bei einem solchen Geist wie Goethe es war: Was er vor diesem Zeitpunkt geleistet hat, war ein Wiederauflebenlassen dessen, was er zusammengetragen hatte von da und dort; was wirklich nicht da wäre, wenn nicht Goethe dagewesen wäre, das ist erst nach der Mitte seines Lebens entstanden.“ (Lit.: GA 68a, S. 408f)
Literatur
- Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, GA 10 (1993), ISBN 3-7274-0100-1; Tb 600, ISBN 978-3-7274-6001-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Über das Wesen des Christentums, GA 68a (2020), ISBN 978-3-7274-0680-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Die Theosophie des Rosenkreuzers, GA 99 (1985), ISBN 3-7274-0990-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band II: 1910 – 1912, GA 266/2 (1996), ISBN 3-7274-2662-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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