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Carola Stern
Carola Stern (* 14. November 1925 in Ahlbeck; † 19. Januar 2006 in Berlin; eigentlich Erika Assmus, verheiratete Zöger) war eine deutsche Publizistin und Journalistin.
Biografie
Carola Stern wurde am 14. November 1925 als Erika Assmus in Ahlbeck auf Usedom geboren, wo ihre verwitwete Mutter eine Pension führte.
Im Dritten Reich wurde Assmus Jungmädel-Gruppenführerin im BDM, 1944 machte sie Abitur. Mit dem Kriegsende brach für ihre Mutter, die überzeugte Anhängerin des Nationalsozialismus gewesen war, eine Welt zusammen, während Erika Assmus den Durchhalteparolen bereits kritisch gegenüberstand.
Sie hatte Kontakt zu den Amerikanern in West-Berlin, wo ihre Mutter im Krankenhaus lag, und wurde 1947 vom Counter Intelligence Corps (CIC) als Agentin angeworben. In deren Auftrag infiltrierte Assmus die Freie Deutsche Jugend (FDJ), trat später der SED bei und erhielt eine Dozentur in der SED-Parteihochschule Karl Marx, die sich damals in der Hakeburg in Kleinmachnow am südwestlichen Stadtrand von Berlin befand. Ihre Spionagetätigkeit für das CIC wurde von einer Freundin aufgedeckt und den DDR-Behörden übermittelt. Nach einem Verhör durch die Parteikontrollkommission der Parteihochschule flüchtete Assmus am 21. Juni 1951 nach West-Berlin.
Bis 1959 studierte sie an der damaligen Deutschen Hochschule für Politik und der Freien Universität Berlin Politik und erlebte während dieser Zeit zwei entführungssversuche durch Agenten des Ministerium für Staatssicherheit (MfS).
Zu ihrem eigenen Schutz unterschrieb die nun in West-Berlin publizierende Autorin anfangs mit drei Sternen, später mit dem Pseudonym Carola Stern. Dieses Pseudonym ließ ihre Leser häufig fälschlicherweise annehmen, dass sie Jüdin sei. Carola Stern verfasste während dieser Zeit zahlreiche Schriften über die DDR, die SED und ihre Repräsentanten.
Während ihrer Tätigkeit als Lektorin beim Verlag Kiepenheuer & Witsch in Köln von 1960 bis 1970 konzentrierte sich die sozialdemokratische Autorin auf Themenfelder wie Menschenrechte, Frauen- und Innenpolitik und arbeitete zugleich als Expertin für DDR-Interna.
Carola Stern gehörte 1961 neben Gerd Ruge und Felix Rexhausen zu den Mitbegründern der westdeutschen Sektion von amnesty international, deren Vorsitz sie übernahm. Später sagte sie darüber: „Wenn ich auf mein Leben zurückblicke und denke, was ich alles gemacht habe, sage ich immer: Das Vernünftigste, was ich in meinem Leben getan habe, war amnesty international in der Bundesrepublik zu gründen.“[1]
Schon vor ihrer Zeit als Radioredakteurin und prominente Kommentatorin für den WDR zwischen 1970 und 1985 setzte sich Stern für die Entspannungspolitik zwischen Ost und West ein.
In der Ausgabe der Zeitschrift Stern vom 6. Juni 1971 unterzeichnete Carola Stern das Bekenntnis „Wir haben abgetrieben!“.
Seit 1976 war Stern Mitherausgeberin der Zeitschrift L '76, 1980 umbenannt in L '80, zusammen mit Heinrich Böll und Günter Grass, welche u. a. auch den Verfolgten des Prager Frühlings eine Plattform bot. Zeitweise leitete sie die Programmgruppe Kommentare und Feature beim WDR. Gemeinsam mit Erhard Eppler, Inge Aicher-Scholl, Walter Dirks, Helmut Gollwitzer, dem Verfassungsrichter Helmut Simon und zahlreichen anderen Prominenten gründete sie die Gustav-Heinemann-Initiative.
Carola Stern war mit dem ehemaligen WDR-Journalisten Heinz Zöger verheiratet, der im März 2000 starb.
Nach ihrer Pensionierung schrieb Carola Stern Bücher. Im Jahr 2000 unterzeichnete sie zusammen mit Hartmut von Hentig und Günter Grass einen Aufruf, die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter nicht weiter zu verschleppen.
Carola Stern ist in Benz auf der Insel Usedom beigesetzt, wo sich bereits das Grab ihres Ehemannes befand.[2]
Im Seebad Bansin auf Usedom befinden sich Teile ihres Nachlasses im Hans-Werner-Richter-Haus. Der Gemeinderat ihres Geburtsorts Ahlbeck hatte bereits zu ihren Lebzeiten abgelehnt, eine Gedenkstätte für sie einzurichten, was ihr Wunsch gewesen war.
Am 28. Januar 2008 gab das P.E.N.-Zentrum Deutschland die Gründung der Carola-Stern-Stiftung bekannt. Diese soll verfolgte und bedrohte Autoren und deren Familie unterstützen und ihre Integration in Deutschland erleichtern.[3]
Veröffentlichungen
- 1954: Die SED. – Handbuch über den Aufbau, die Organisation und Funktion des Parteiapparats der SED.
- 1957: Porträt einer bolschewistischen Partei. – Entwicklung, Funktion und Situation der SED. Wie konnte die SED alle anderen gesellschaftlich relevanten Gruppen aus der Macht verdrängen?
- 1958: Agitation und Propaganda. Das System der publizistischen Massenführung in der Sowjetzone. (Von Ernst Richert in Zusammenarbeit mit Carola Stern und Peter Dietrich) Verlag Franz Vahlen, Berlin und Frankfurt.
- 1964: Ulbricht. Eine politische Biographie. Darstellung der Frühgeschichte der SED.
- 1971: Lexikon zur Geschichte und Politik im 20. Jahrhundert – als Mitherausgeberin.
- 1975: Willy Brandt. rororo Monographien Nr. 50.232, ISBN 3-499-50232-1.
- 1979: Zwei Christen in der Politik – Gustav Heinemann und Helmut Gollwitzer. – Gustav Heinemann gewidmet.
- 1979: Wendepunkte der deutschen Geschichte. – herausgegeben zusammen mit Heinrich A. Winkler.
- 1980: Strategien für die Menschenrechte.
- 1981: amnesty international – Wer schweigt, wird mitschuldig. – als Herausgeberin.
- 1986: Isadora Duncan und Sergej Jessenin. Der Dichter und die Tänzerin. – rororo Taschenbücher Nr. 22.531, ISBN 3-499-22531-X.
- 1986: In den Netzen der Erinnerung. Lebensgeschichten zweier Menschen. – rororo Taschenbücher Nr. 12.227, ISBN 3-499-12227-8.
- 1990: „Ich möchte mir Flügel wünschen.“ Das Leben der Dorothea Schlegel. rororo Taschenbücher Nr. 13.368, ISBN 3-499-13368-7.
- 1994: Der Text meines Herzens. Das Leben der Rahel Varnhagen. – rororo Taschenbücher Nr. 13.901, ISBN 3-499-13901-4.
- 1998: Die Sache, die man Liebe nennt. Das Leben der Fritzi Massary. – 2000: rororo Taschenbücher Nr. 22.529, ISBN 3-499-22529-8.
- 2000: Männer lieben anders. Helene Weigel und Bertolt Brecht. – Rowohlt, Berlin, ISBN 3-87134-411-7.
- 2001: Doppelleben. – Autobiografie, Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3-46202981-9.
- 2003: Alles, was ich in der Welt verlange. Das Leben der Johanna Schopenhauer. – Kiepenheuer & Witsch, Köln, ISBN 3-462-03319-0.
- 2004: „Uns wirft nichts mehr um.“ Eine Lebensreise, aufgezeichnet von Thomas Schadt. – Rowohlt, Reinbek, ISBN 3-498-06380-4.
- 2005: Eine Erdbeere für Hitler: Deutschland unterm Hakenkreuz. – zusammen mit Ingke Brodersen herausgegebenes Jugendbuch.
- 2005: Auf den Wassern des Lebens. – Doppelbiographie von Gustaf Gründgens und Marianne Hoppe. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln, 19,90 Euro, 400 Seiten; ISBN 3-462-03604-1.
- 2006: Kommen Sie, Cohn! – zusammen mit Ingke Brodersen, Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln, 16,90 Euro, 192 Seiten. Doppelbiographie und deutsch-jüdische Familiengeschichte des Verlegers Friedrich Cohn und der Schriftstellerin Clara Viebig. Ihr letztes, postum erschienenes Buch. ISBN 3-462-03724-2.
Filme
- „Ich denke, ja, das bist Du“. Filmporträt von Hinnerick Broeskamp und Anne Leudts. WDR-Redaktion: Heiner Hepper. 1990
- „Der mühsame Weg zu mir selbst.“ Das deutsche Leben der Carola Stern. Film von Hinnerick Broeskamp und Volker Mauersberger. WDR-Redaktion: Sabine Rollberg. 2000
- Carola Stern – Doppelleben. Film von Thomas Schadt und Gabriela Sperl, 2004.
Mitgliedschaften
- 1961–1970 zweite, dann erste Vorsitzende der bundesdeutschen Sektion von amnesty international.
- 1970–1972 Internationales Exekutivkomitee von amnesty international
- seit 1972 Mitglied im P.E.N.-Zentrum der Bundesrepublik.
- 1987–1995 war sie PEN-Vizepräsidentin
- seit 1995 PEN-Ehrenpräsidentin
- seit 1997 Schirmherrin der neu gegründeten Varnhagen-Gesellschaft Hagen-Berlin
- Mitglied im Beirat des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie
- Mitglied der SPD
- Kuratoriumsmitglied
- Gustav-Heinemann-Bürgerpreis
Siehe auch
- Carola Stern - Artikel in der deutschen Wikipedia
Weblinks
- Literatur von und über Carola Stern im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Carola Stern. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
- Carola Stern – zu Leben und Werk; Webseite der Carola-Stern-Stiftung
Einzelnachweise
- ↑ Eduard Prüssen (Linolschnitte), Werner Schäfke und Günter Henne (Texte): Kölner Köpfe. 1. Auflage. Univ.- und Stadtbibliothek, Köln 2010, ISBN 978-3-931596-53-8, S. 106.
- ↑ Grab von Carola Stern
- ↑ Carola Stern Stiftung
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Carola Stern aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |