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Bernhard Schlink

Aus AnthroWiki
Bernhard Schlink, Bowdoin College, 2018
Bernhard Schlink (2012)

Bernhard Schlink (* 6. Juli 1944 in Großdornberg, heute zu Bielefeld) ist deutscher Jurist und Schriftsteller. Sein Roman Der Vorleser wurde zu einem internationalen Bestseller.

Leben

Bernhard Schlinks Vater Edmund Schlink war Theologieprofessor in Heidelberg, seine Tante Basilea Schlink war evangelische Ordensgründerin, sein Großvater Wilhelm Schlink Professor für Mechanik. Sein Bruder Wilhelm Schlink (1939–2018) war Professor für Kunstgeschichte an der Universität Freiburg. Seine Schwester Dorothea (1935–2019) war mit Klaus Engelhardt, dem früheren Landesbischof von Baden, verheiratet.

Kurz nach seiner Geburt zog Schlinks Familie nach Heidelberg; dort verbrachte er seine Kindheit und besuchte das Kurfürst-Friedrich-Gymnasium. Er hat einen Sohn, der Zahnarzt ist. Heute lebt Schlink in New York[1] und Berlin.

Bernhard Schlink ist Mitglied der SPD.[2]

Schlink als Jurist

Schlink studierte Jura an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und an der Freien Universität Berlin. Als wissenschaftlicher Assistent war er an den Universitäten in Darmstadt, Bielefeld und Freiburg tätig. 1974 erhielt Schlink ein Jahresstipendium an der Stanford University in Kalifornien. Er wurde im Jahr 1975 in Heidelberg zum Dr. jur. promoviert (Titel der Dissertation: Abwägung im Verfassungsrecht, erschienen 1976) und habilitierte sich im Jahr 1981 bei Ernst-Wolfgang Böckenförde in Freiburg im Breisgau (mit einer Arbeit über Die Amtshilfe. Ein Beitrag zu einer Lehre von der Gewaltenteilung in der Verwaltung, erschienen 1982). Von 1982 bis 1991 war er Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn und von 1991 bis 1992 Professor für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Frankfurt am Main. 1992 bis zu seiner Emeritierung 2009 hatte er an der Humboldt-Universität zu Berlin einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie inne. Sein Nachfolger wurde Christoph Möllers.

Zu Schlinks Schülern zählt Ralf Poscher, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Von 1987 bis 2006 war Bernhard Schlink Richter am Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster. Zwischen Dezember 1989 und April 1990 arbeitete Schlink als Berater am Verfassungsentwurf des Zentralen Runden Tisches der DDR mit.[3]

Im August 2005 vertrat er die Bundesregierung im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht über die Klagen zweier Bundestagsabgeordneter gegen die Entscheidung von Bundespräsident Köhler, den Bundestag aufzulösen und Neuwahlen festzusetzen.

Bernhard Schlink ist Mitglied im Kuratorium der ersten deutschen juristischen Internetzeitschrift Humboldt Forum Recht.

Schlink als Schriftsteller

Bernhard Schlink beim Signieren

1987 erhielt Bernhard Schlink eine Einladung an die Universität in Aix-en-Provence. Er wohnte drei Monate bei seinem dort ansässigen Freund Walter Popp. Beide waren begeisterte Leser von Kriminalromanen und beschlossen, selbst einen solchen zu schreiben. Ihr gemeinsamer Roman Selbs Justiz handelt vom 68-jährigen Privatdetektiv Gerhard Selb, den ein Auftrag zurück in die eigene Vergangenheit als Staatsanwalt während der Zeit des Nationalsozialismus führt.[4]

Nach dem Erfolg des Erstlings folgten die nächsten Bücher Schlinks ohne Co-Autoren, so der Kriminalroman Die gordische Schleife, der 1989 den Friedrich-Glauser-Preis erhielt. Auch hier ist der Protagonist ein ehemaliger Jurist, Georg Polger, der als Übersetzer nach Südfrankreich aussteigt und durch die Übersetzung von Konstruktionsplänen für Kampfhubschrauber in das Visier eines Spionagerings gerät. Mit Selbs Betrug, ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis, und Selbs Mord schloss Schlink die Trilogie um den Privatdetektiv Gerhard Selb ab.

Dorothee Nolte urteilte über Schlinks Selb-Romane: „Es sind schwungvoll geschriebene, häufig witzige Romane, die – Ortskundige werden Straßen und Gebäude wiedererkennen – in Mannheim und Umgebung spielen; raffiniert gebaute Geschichten, in denen die politische Aktualität und die deutsche Vergangenheit präsent sind.“[4] Schlink sieht das Schreiben von Kriminalromanen als Möglichkeit, selbst entworfene Rätsel zu lösen, was seiner Tätigkeit als Jurist vergleichbar sei. Zudem lasse sich in der Handlung Gesellschaftskritik verpacken.[5]

Der 1995 erschienene erste Nicht-Kriminalroman Schlinks, Der Vorleser, wurde zu einem viel beachteten internationalen Bestseller. Der Roman wurde in über 50 Sprachen übersetzt,[6] die amerikanische Ausgabe erreichte Platz 1 der Bestsellerliste der New York Times.[7] Der Vorleser erhielt den Hans-Fallada-Preis (1998), den italienischen Literaturpreis Grinzane Cavour (1997) und den Prix Laure Bataillon (bestdotierter französischer Preis für übersetzte Literatur) (1997). 2008 wurde der Roman unter der Regie von Stephen Daldry als Der Vorleser verfilmt.

Auch die Erzählsammlung Liebesfluchten wurde im Jahr 2000 zu einem Bestseller; 2008 verfilmte Richard Eyre daraus die Erzählung Der Andere mit Liam Neeson, Antonio Banderas und Laura Linney.[8] Mit Die Frau auf der Treppe schaffte es Bernhard Schlink auf Platz 1 der Bestsellerliste „Belletristik“ des Nachrichtenmagazins Der Spiegel.[9][10]

Schlinks Bücher behandeln laut Beate Dreike oft den Komplex Recht und Gerechtigkeit. So erweist sich etwa in den Selb-Romanen das Gesetz als ein unpassendes Instrument für die Herstellung von Gerechtigkeit lange zurückliegender Taten, und auch in Der Vorleser stellt sich die Frage, wie über Taten, die unter einem anderen Rechtssystem begangen wurden, zu urteilen ist. Dabei bleibt das Buch in seiner Position offen, was ihm auch Kritik eingebracht hat.[5]

Befragt nach der Motivation seiner Schriftstellertätigkeit, antwortete Schlink in einem Interview: „Ich schreibe aus demselben Grund, aus dem andere lesen: Man will nicht nur ein Leben leben.“[4] Zum 75. Geburtstag Schlinks erinnerte Peter Mohr in literaturkritik.de an dessen Bekenntnis in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zehn Jahre zuvor, sein „zweites Leben“ als Schriftsteller habe sein Leben insgesamt nicht mehr verändern können: „Ich war zu alt, als dass die neue Rolle mein Leben entscheidend hätte verändern können. Ich hatte meinen Ort in der Welt bereits gefunden.“ An anderer Stelle habe er über seine Motivation zum Schreiben geäußert: „Ich fand immer die Vorstellung schön, dass mein Buch an der Bahnhofsbuchhandlung gekauft, auf die Reise mitgenommen und im Zug gelesen wird.“ Schuld sei ein bedeutsames Lebensthema Schlinks, aber nicht das einzige Thema seiner Werke gewesen.[11]

2009 schenkte Schlink seine literarischen Manuskripte und Korrespondenzen dem Deutschen Literaturarchiv Marbach.[12] Das Manuskript zu Der Vorleser ist im Literaturmuseum der Moderne in Marbach in der Dauerausstellung zu sehen. Schlink ist Mitglied in der Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland.

Veröffentlichungen

Juristische Fachbücher

  • Grundrechte. Staatsrecht II. mit Bodo Pieroth, 30. Auflage, C. F. Müller, Heidelberg 2014. ISBN 978-3-8114-9361-2.
  • Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, mit Bodo Pieroth und Michael Kniesel, 7. Auflage, C. H. Beck, München 2012. ISBN 978-3-406-64345-3.

Belletristik

Sämtlich im Diogenes Verlag, Zürich erschienen:

Siehe auch

Literatur

  • Christoph Cornelißen: Platz 14. Bernhard Schlink: Der Vorleser. In: Christoph Jürgensen (Hrsg.): Die Lieblingsbücher der Deutschen. Verlag Ludwig, Kiel 2006, ISBN 3-937719-34-2, S. 39–59.
  • William Collins Donahue: „Holocaust Lite.“ Bernhard Schlinks „NS-Romane“ und ihre Verfilmungen. Bielefeld: Aisthesis 2011. ISBN 978-3-89528-832-6.
  • Sascha Feuchert, Lars Hofmann: Lektüreschlüssel: Bernhard Schlink: Der Vorleser. 2., aktual. Auflage. Reclam-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-015359-8 (auch als Download verfügbar).
  • Manfred Heigenmoser (Hrsg.): Bernhard Schlink, Der Vorleser. Reclam-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-016050-2.
  • Juliane Köster: Bernhard Schlink, Der Vorleser. Interpretation. Oldenbourg-Verlag, München 2000, ISBN 3-486-88745-9.
  • Micha Ostermann: Aporien des Erinnerns: Bernhard Schlinks Roman Der Vorleser. Verlag Marcel Dolega, Bochum 2004, ISBN 3-937376-03-8.

Weblinks

Commons: Bernhard Schlink – Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels Bernhard Schlink aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.