Augenlid

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Geöffnetes menschliches Auge mit oberem und unterem Augenlid sowie einer Oberlidfurche
Unvollständig geöffnetes Auge eines Graupapageis mit sichtbarem Ober- und Unterlid
Nickhaut eines Huhns

Ein Augenlid (lat. Palpebra, Altgriechisch Blepharon) ist eine dünne, aus Muskeln, Drüsen, Bindegewebe und Haut bestehende Falte, welche die vordere Begrenzung der Augenhöhle (Orbita) bildet. Es gibt ein Ober- und ein Unterlid, die Öffnung zwischen beiden wird Lidspalte genannt. Die schläfen- und nasenseitige Stelle, an denen beide sowohl in geöffnetem, als auch geschlossenem Zustand zusammentreffen, wird als Lidwinkel bezeichnet, die Linie zwischen beiden Lidwinkeln als Lidachse.

Allgemein dienen die Augenlider dem Schutz und der Feuchthaltung des Auges. Sie können dieses vollständig bedecken, halten dadurch äußere Einwirkungen vom Auge ab und seine empfindlichen Vorderabschnitte mit Hilfe von Tränenflüssigkeit sauber und feucht. Aufbau und Struktur können sich je nach Spezies unterscheiden, wobei nicht alle Arten über Augenlider verfügen. Das je nach Art unterschiedlich ausgebildete „dritte Augenlid“ wird als Nickhaut bezeichnet.

Einige für die Bewegung der Lider zuständige Muskeln gehören zur Gruppe der mimischen Gesichtsmuskulatur, was die wichtige Rolle der Augenlider bei der Bildung des Gesichtsausdrucks und der Mimik unterstreicht.

Funktion

Froschauge

Die Augenlider erfüllen zwei Hauptfunktionen. Sie dienen zum einen dem Schutz des Auges vor jedweder Form von Berührung, Fremdkörpern, Verletzungen und Licht sowie vor mechanischen, chemischen und anderweitigen schädlichen und ungewollten Einwirkungen. Das Schließen und Öffnen der Augenlider wird Lidschlag genannt, allgemein auch Blinzeln. Die Schließbewegung erfolgt dabei entweder willkürlich oder unwillkürlich über den Lidschlussreflex. Dieser schließt beim Eintritt entsprechender Reize die Augenlider vollständig (beim Menschen durchschnittlich innerhalb von etwa 300 Millisekunden), wobei seine Reizschwelle durch bestimmte Krankheiten herabgesetzt sein kann.[1] Das Schließen des Lides erfolgt dabei in der Regel schneller als das Öffnen. Zum anderen sorgt ein regelmäßiger Lidschlag dafür, dass die empfindliche Hornhaut (Kornea), die einen wesentlichen Anteil an der Lichtbrechung und somit an einem einwandfreien Sehvorgang hat, sowie der vordere Teil der Lederhaut (Sklera) jederzeit ausreichend mit Tränenflüssigkeit benetzt und damit vor dem Austrocknen bewahrt werden.[1] Die Häufigkeit des Lidschlags beträgt beim Menschen etwa 10–12 Lidschläge pro Minute,[2] wobei Frauen schneller und öfter blinzeln als Männer.[3]

Das Verschließen der Augenlider erfolgt synchron und findet in der Regel über das Zusammenwirken von Ober- und Unterlid statt. Ausnahmen hiervon bilden beispielsweise Kolibris und Papageien, bei denen lediglich das Oberlid für den Lidschluss zuständig ist. Bei Enten- und Hühnervögeln hingegen erfolgt das Schließen der Lider durch eine Bewegung des Unterlides nach oben.[4]

Zu den weiteren Eigenschaften der Lider gehört, dass mit einigen Ausnahmen, zum Beispiel bei Hasen, die Augenlider während des Schlafens geschlossen sind.

Über die Schutz- und Versorgungsfunktion hinaus spielen die Augenlider eine nicht unerhebliche Rolle für die Bildung des Gesichtsausdrucks und der Mimik. An ihnen lässt sich ein Eindruck über die momentane Verfassung und die Gesamtpersönlichkeit ableiten, kennzeichnen sie doch beispielsweise einen erschreckten oder ängstlichen Blick sowie den Ausdruck von Freude, Trauer oder Müdigkeit.[5] Zudem können bei manchen Tieren Nickhaut und Lider sekundäre Signalfunktionen übernehmen.[4]

Anatomie und Struktur

Histologischer Schnitt durch das obere menschliche Augenlid

Die Augenlider gehören zu den Anhangsorganen des Auges. Als paariges Organ bestehen sie aus einem, häufig etwas größeren, Oberlid (Palpebra superior) und einem Unterlid (Palpebra inferior). Zwischen beiden befindet sich die Lidspalte (Rima palpebrarum). Je im Lidwinkel (Angulus oculi oder Canthus) sind beide Augenlider miteinander verbunden (Commissura palpebrarum) und über zwei Bänder, das Ligamentum palpebrae mediale und Ligamentum palpebrae laterale, auch mit dem medialen und lateralen Rand der Augenhöhle. Im inneren Lidwinkel befindet sich ein knötchenförmiges Gebilde, die Tränenkarunkel.

Bei den Schlangen, der Johannisechse und einigen Geckos sind die Lider zusammengewachsen und bilden eine der Hornhaut aufliegende durchsichtige Struktur, die als Brille bezeichnet und mit gehäutet wird.[6]

Knorpelfische verfügen zwar über Augenlider, jedoch sind sie mit wenigen Ausnahmen (z. B. Ammenhaie) nur eingeschränkt beweglich.[7]

Aufbau

Das Lid besteht aus zwei Blättern, einem äußeren und einem inneren. Dem äußeren Blatt liegt die Körperhaut auf, die mit etwa 0,5 mm die dünnste Hautschicht des menschlichen Körpers darstellt und aus mehrschichtigem Plattenepithel besteht. Des Weiteren sind der ringförmige Musculus orbicularis oculi sowie im Oberlid der zu ihm antagonistische Lidheber, der Musculus levator palpebrae superioris, dessen Bewegungsstrecke beim Menschen etwa 20 Millimeter beträgt, Bestandteile des äußeren Blattes. Auf Grund seiner besonderen Aufhängung am inneren und äußeren Lidband (Ligamentum palpebrale mediale et laterale), zieht sich der M. orbicularis oculi nicht wie andere Ringmuskel konzentrisch zusammen, sondern bewirkt lediglich einen Lidschluss, ohne dabei jedoch die Lidspalte zu verkürzen.

Das innere Blatt besteht aus dem bindegewebigen Septum orbitale, welches sich zwischen Periorbita und dem Tarsus palpebrae befindet, und dem Tarsus selbst. Dieser wird häufig fälschlicherweise als „Lidknorpel“ bezeichnet, ist jedoch kein Knorpel, sondern eine von straffen Kollagenfasern durchzogene Bindegewebsplatte. Beim Menschen besitzt dieser eine Breite von rund 25 Millimetern, eine Dicke von etwa 1 Millimeter und eine Höhe zwischen 10 Millimetern im Oberlid und 5 Millimetern im Unterlid. In dieser Struktur setzt im Oberlid die Sehne des M. levator palpebrae superioris fächerartig an (Levatoraponeurose). Im inneren Blatt ist weitere glatte Muskulatur zum Öffnen und Regeln der unwillkürlichen Lidspaltenweite eingebettet, der Musculus tarsalis. Er teilt sich im Oberlid als M. tarsalis superior, im Unterlid als M. tarsalis inferior. Auf der Innenseite werden die Augenlider von der Bindehaut (Konjunktiva) überzogen.

Aus dem Umschlag des Oberlides am Fornix conjunctivae kann eine Oberlidfurche (Sulcus palpebralis superior) entstehen, auch Deck-, Lid- oder Umschlagsfalte genannt. Sie bildet sich aus dem Ansatz der Levator-Aponeurose, die am Musculus orbicularis oculi unter der Haut ansetzt, und verläuft parallel zur Lidkante. Ihr Fehlen deutet auf eine vermehrte subkutane Fetteinlagerung hin. Eine Unterlidfurche (Sulcus palpebralis inferior) ist oft nur sehr gering, unauffällig und meist nur bei Blick nach unten ausgeprägt.

Bei Säugetieren sitzen an den Lidrändern die Wimpern (Cilia), bei Vögeln Borstenfedern (Setae). Sie unterstützen die Schutzfunktion der Augenlider, indem sie Staubpartikel und größere Fremdkörper vom Auge abhalten. Um die Wimpern gibt es mehrere Drüsen:

Meibom- und Zeis-Drüsen bilden als Talgdrüsen die sogenannte „Augenbutter“, ein Sekret, das ein Überlaufen der Tränenflüssigkeit über die Lidkante verhindert. Die am Morgen meist eingetrockneten gelblichen Sekretreste im inneren Lidwinkel werden beim Menschen umgangssprachlich als „Schlaf“ aus den Augen gerieben. Die Moll-Drüsen produzieren Schweiß.

Nickhaut

Nickhaut eines Maskenkiebitz

Eine zusätzliche Bindehautfalte im nasenseitigen Augenwinkel wird als Nickhaut (Plica semilunaris conjunctivae, Membrana nicitans) oder drittes Augenlid (Palpebra tertia) bezeichnet. Beim Menschen ist sie nur rudimentär vorhanden. Bei den übrigen Säugetieren ist sie von einem Knorpel gestützt und so groß, dass sie sich bei bestimmten Erkrankungen vor das gesamte Auge legen kann. Bei vielen anderen Wirbeltieren, z. B. Haien, Reptilien und vielen Vögeln, ist sie transparent und kann wie eine Schutzbrille vor das Auge geklappt werden. Bei Vögeln sind in die Nickhaut zwei Muskeln eingelagert, der Musculus quadratus membranae nicitantis und der Musculus pyramidalis membranae nicitantis. Sie ermöglichen einen aktiven Lidschlag der Nickhaut, der bei Vögeln eine größere Rolle für die Verteilung der Tränenflüssigkeit spielt als der der eigentlichen Lider. Beim Haushuhn vollführt die Nickhaut etwa 35 Lidschläge pro Minute.[8] Den Reptilien mit verwachsenen Lidern fehlt die Nickhaut.

Zu Erkrankungen siehe auch

Siehe auch

Literatur

  • Theodor Axenfeld (Begründer), Hans Pau (Hrsg.): Lehrbuch und Atlas der Augenheilkunde. Unter Mitarbeit von Rudolf Sachsenweger u. a. 12., völlig neu bearbeitete Auflage. Gustav Fischer, Stuttgart u. a. 1980, ISBN 3-437-00255-4.
  • Albert J. Augustin: Augenheilkunde. 3., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-30454-8.

Weblinks

 Wiktionary: Augenlid – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Augenlider - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Albert J. Augustin: Augenheilkunde. 3., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-30454-8, S. 168.
  2. Robert A. Moses (Hrsg.): Adler’s Physiology of the eye. Clinical application. 7th edition. Mosby, St. Louis MO u. a. 1981, ISBN 0-8016-3541-1, Kapitel 1, S. 1–15.
  3. Chiarella Sforza, Mario Rango, Domenico Galante, Nereo Bresolin, Virgilio F. Ferrario: Spontaneous blinking in healthy persons: an optoelectronic study of eyelid motion. In: Ophthalmic and Physiological Optics. Bd. 28, Nr. 4, Juli 2008, ISSN 0275-5408, S. 345–353, PMID 18565090
  4. 4,0 4,1 Wilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, Akademischer Verlag, Heidelberg u. a. 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 416.
  5. Axenfeld, Pau: Lehrbuch und Atlas der Augenheilkunde. 1980, S. 145.
  6. Winnie Achilles, Franz-Viktor Salomon: Anatomie der Reptilien. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart u. a. 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 836.
  7. Wilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum, Akademischer Verlag, Heidelberg u. a. 2004, ISBN 3-8274-0307-3, S. 210.
  8. Franz-Viktor Salomon, Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns: Anatomie der Vögel. In: Franz-Viktor Salomon, Hans Geyer, Uwe Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke, Stuttgart u. a. 2008, ISBN 978-3-8304-1075-1, S. 806.
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