Wesen: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Wesen''' ({{ELSalt|οὐσία}} ''[[ousia]]'' „Seiendheit“, [[Etymologie|etymologisch]] verwandt mit {{polytonisch|ὄν}} ón „seiend“; [[lat.]] ''essentia'' oder ''[[quidditas]]'' „Washeit“; {{EnS|essence}}), die '''Essenz''', ist der [[gesetz]]liche Inhalt, das «[[Was]]», die [[Quidditas]] einer [[Erscheinung]]. Es ist das „wirkliche“ und „eigentliche“ [[Sein]] eines Seienden, im [[Philosophie|philosophischen]] Sinn die Gesamtheit der '''wesentlichen''', d.h. allgemeinen, [[Notwendigkeit|notwendigen]] [[Eigenschaften]] und [[Beziehungen]] eines Gegenstandes, die seine innere Bestimmtheit, die Einheit des Allgemeinen und Notwendigen, seinen bleibenden Kern bilden. Es ist das '''Sosein''' im Gegensatz zum [[Dasein]], zur [[Erscheinung]], die neben bestimmten wesentlichen auch unwesentliche, d.h. einzelne, zufällige, veränderliche, bloß äußerliche Züge enthält. Das '''Wesentliche''' ist damit geschieden vom '''Unwesentlichen''', bloß [[Akzidentiell]]en. Das Wesen bildet mit der Erscheinung der [[Ding]]e, [[Prozess]]e u.a. eine gegensätzliche Einheit und ist im Gegensatz zur Erscheinung der [[sinnlich]]en [[Erkenntnis]] nicht unmittelbar zugänglich, sondern eröffnet sich nur dem [[Denken]].
'''Wesen''' steht für:
 
* [[Geistwesen]], geistiges, feinstoffliches Wesen; religiöse Vorstellung
Dass das „[[An sich]]“ der [[Ding]]e, ihr Wesen, durch das Denken im [[mensch]]lichen [[Bewusstsein]] ergriffen werden kann, ist das Fundament der von [[Rudolf Steiner]] begründeten [[Anthroposophie|anthroposophischen Geisteswissenschaft]]. Die Grundlagen dazu hat er bereits in seinen «[[Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]]» geschaffen, wo er schreibt:
* [[Lebewesen]], vereinfacht gesangt [[Pflanze|Pflanzen]], [[Tier|Tiere]] und [[Mensch|Menschen]]
 
* [[Wesen (Philosophie)]], Fachbegriff für das, was einer Sache charakteristisch zu eigen ist
{{GZ|Wer hinter den Dingen noch etwas sucht, das deren eigentliches
* [[Persönlichkeit]] eines Menschen
Wesen bedeuten soll, der hat sich nicht zum Bewusstsein
* [[w:Fahrzeugfabrik Wesen|Fahrzeugfabrik Wesen]], ehemaliger deutscher Automobilhersteller
gebracht, dass alle Fragen nach dem Wesen der Dinge nur aus
* [[w:Burgruine Wesen|Burgruine Wesen]], ehemaliger Sitz der Herren von Wesen, Oberösterreich
einem menschlichen Bedürfnisse entspringen: das, was man
* [[w:Wesen (Gemeinde Roßbach)|Wesen (Gemeinde Roßbach)]], Ortschaft der Gemeinde [[w:Roßbach (Oberösterreich)|Roßbach]], Bezirk Braunau am Inn, Oberösterreich
wahrnimmt, auch mit dem Gedanken zu durchdringen. Die
Dinge sprechen zu uns, und unser Inneres spricht, wenn wir die
Dinge beobachten. Diese zwei Sprachen stammen aus demselben
Urwesen, und der Mensch ist berufen, deren gegenseitiges
Verständnis zu bewirken. Darin besteht das, was man
Erkenntnis nennt. Und dies und nichts anderes sucht der, der die
Bedürfnisse der menschlichen Natur versteht. Wer zu diesem
Verständnisse nicht gelangt, dem bleiben die Dinge der
Außenwelt fremdartig. Er hört aus seinem Innern das Wesen der
Dinge nicht zu sich sprechen. Deshalb vermutet er, dass dieses
Wesen hinter den Dingen verborgen sei. Er glaubt an eine
Außenwelt noch hinter der Wahrnehmungswelt. Aber die
Dinge sind nur so lange äußere Dinge, so lange man sie bloß
beobachtet. Wenn man über sie nachdenkt, hören sie auf, außer
uns zu sein. Man verschmilzt mit ihrem inneren Wesen. Für den
Menschen besteht nur so lange der Gegensatz von objektiver
äußerer Wahrnehmung und subjektiver innerer Gedankenwelt,
als er die Zusammengehörigkeit dieser Welten nicht erkennt.
Die menschliche Innenwelt ist das Innere der Natur.|1|333|328}}
 
Die Essenz steht im Gegensatz zur bloßen [[Existenz]] bzw. ist ihr als [[Idee]], als [[geistig|geistiges]] [[Urbild]] übergeordnet. Demgegenüber betont die [[Existenzphilosophie]] und ihre französische Spielart, der [[Existentialismus]], ganz entschieden das Primat der Existenz. [[Jean-Paul Sartre]]s wohl bekannteste, zentrale existentialistische Aussage lautet dementsprechend: ''„Die Existenz geht der Essenz voraus“''<ref> [[Jean-Paul Sartre]]: [[Wikipedia:L’existentialisme est un humanisme|Der Existentialismus ist ein Humanismus]]'', 1946</ref>
 
Die [[Anthroposophie]], als [[Geisteswissenschaft|Wissenschaft vom Geistigen]], muss ihr Erkenntnisstreben naturgemäß überall auf das ''Wesen'' der Erscheinungen richten. Dazu genügt es nicht, vom [[Weltgeist]] im allgemeinen, als einem unbestimmten und undifferenzierten Ganzen, zu sprechen, sondern der Blick muss sich auf eine reich gegliederte [[Hierarchie]] [[Geistige Wesen|individueller Geistwesen]] und naturhafter [[Elementarwesen]] richten, also auf '''Wesenheiten''', die durch ihr geordnetes Zusammenwirken die Erscheinungen der äußeren Welt, das Insgesamt des [[Kosmos]], hervorbringen. Alle Wirkungen gehen letztendlich von [[Geistige Wesenheiten|geistigen Wesenheiten]] aus, die in verschiedenen [[Bewusstseinszustände]]n leben. In ihrem Bewusstsein liegt der Ursprungsquell und die eigentliche [[Substanz]], aus der die [[Wirklichkeit]] gewoben ist:
 
{{GZ|Es ist gut, festzuhalten, daß es im Grunde genommen im Weltenall doch nichts anderes gibt als Bewußtseine. Außer dem Bewußtsein irgendwelcher Wesenheiten ist letzten Endes alles übrige dem Gebiete der Maja oder der großen Illusion angehörig. Diese Tatsache können Sie besonders aus zwei Stellen in meinen Schriften entnehmen, auch noch aus anderen, besonders aber aus zwei Stellen: zunächst aus der Darstellung der Gesamtevolution der Erde von Saturn bis Vulkan in der «Geheimwissenschaft im Umriß», wo geschildert wird das Fortschreiten vom Saturn zur Sonne, von der Sonne zum Mond, vom Mond zur Erde und so weiter, zunächst nur in Bewußtseinszuständen. Das heißt, will man zu diesen großen Tatsachen aufsteigen, so muß man so weit aufsteigen im Weltengeschehen, daß man es zu tun hat mit Bewußtseinszuständen. Also man kann eigentlich nur Bewußtseine schildern, wenn man die Realitäten schildert. Aus einer anderen Stelle in einem Buche, das in diesem Sommer erschienen ist, «Die Schwelle der geistigen Welt», ist das gleiche zu entnehmen. Da ist gezeigt, wie durch allmähliches Aufsteigen der Seherblick sich erhebt von dem, was sich um uns herum ausbreitet als Dinge, als Vorgänge in den Dingen, wie das alles sozusagen als ein Nichtiges entschwindet und schmilzt, vernichtet wird und zuletzt die Region erreicht wird, wo nur noch Wesen in irgendwelchen Bewußtseinszuständen sind. Also, die wirklichen Realitäten der Welt sind Wesen in den verschiedenen Bewußtseinszuständen.|148|305f}}
 
[[Anthroposophie]] steht damit im diametralen Gegensatz zum heute auch aus naturwissenschaftlicher Sicht nur mehr eingeschränkt gültigen klassischen [[Materialismus]], der alle Welterscheinungen auf die Wechselwirkung ''wesenloser'' elementarer materieller Objekte zurückführt, ohne dessen ''praktische'' Bedeutung für einzelne äußere Lebensbereiche zu leugnen. Viele materialistische [[Theorie]]n werden aber erst wirklich fruchtbar, wenn man ihren geistigen Hintergrund erfasst. So maß Rudolf Steiner etwa der - nun geistig verstandenen - [[Evolutionslehre]] große Bedeutung zu, denn alle Wesen machen eine Entwicklung durch:
 
{{GZ|Alle Wesenheiten steigen auf von Wesen, die empfangen, zu Wesen, die produzieren und schaffen. Schöpfer werden ist das Ziel der
Wesen.|98|194}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[w:Weesen (Begriffsklärung)|Weesen]] (Begriffsklärung)
* [[w:Wessen|Wessen]] (Begriffsklärung)


* {{WikipediaDE|Wesen (Philosophie)}}
== Weblinks ==
 
{{Wiktionary|Wesen}}
== Literatur ==
* Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0 {{Schriften|001}}
* Rudolf Steiner: ''Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt'', [[GA 98]] (1996) {{Vorträge|98}}
* Rudolf Steiner: ''Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium'', [[GA 148]] (1992) {{Vorträge|148}}
 
{{GA}}


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Wesen|!]]
<references/>


[[Kategorie:Grundbegriffe]][[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Erkenntnistheorie]][[Kategorie:Anthroposophie]]
{{Begriffsklärung}}
[[Kategorie:Ontologie]]

Version vom 18. Dezember 2020, 12:58 Uhr

Wesen steht für:

Siehe auch

Weblinks

 Wiktionary: Wesen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort bezeichneter Begriffe.