Om

Aus AnthroWiki
Version vom 28. Mai 2008, 23:01 Uhr von imported>Odyssee
Die heilige Silbe Aum (Om) in Devanagari-Schreibweise.

Om (skrt.), gesprochen als AUM oder AOUM, der alte Sonnenlaut, ist nach hinduistischer und buddhistischer Anschauung, die schöpferische Ur- oder Keimsilbe (Bija-Akshara), die alle anderen Keimsilben umfasst und in sich trägt und aus der das Schöpfungswort entspringt, aus dem alles Sein und alles Bewusstsein geschaffen ist. Es ist der transzendente Urklang, aus dem der ganze Kosmos entstanden ist. Im Hinduismus steht A-U-M damit zugleich für die oberste Trinität von Brahma, Vishnu und Shiva.

"So wie man im Sanskrit das AUM für die Trinität hat, haben wir für das Innere des Menschen das Zeichen ICH." (Lit.: GA 93a, S 30)

OM repräsentiert auch die Dreiheit der oberen, geistigen Wesensglieder des Menschen Atma, Buddhi und Manas inklusive des sich entzündenden Ich-Funkens und die damit verbundenen Bewusstseinsstufen. Es steht in Zusammenhang mit dem tausendblättrigen Scheitelchakra und dem zweiblättrigen Stirnchakra, dem Ich-Punkt, und wird gemäß des Mandukya Upanishad in die lautlichen Bestandteile A – U – M zerlegt, ist also gleichbedeutend mit dem alten Sonnenlaut AUM. A ist unser irdisches Wachbewusstsein, U das Traumbewusstsein des alten Mondes, M das traumlose Tiefschlafbewusstsein der alten Sonne und alle drei zusammen im OM vereinigt sind das Allbewusstsein (Trancebewusstsein) des alten Saturns. Bewusst wird uns davon heute nur das Wachbewusstsein (Ich-Bewusstsein), das aber zunächst an den physischen Leib gebunden ist. Folgerichtig wird Om daher dem Körper zugeordnet. OM bedeuted zugleich die Aufforderung, die niederen drei Wesensglieder zu läutern und zu vergeistigen um dadurch zu wahrer Buddhaschaft zu kommen, durch die man keiner irdischen Inkarnation mehr für seine weitere geistige Entwicklung bedarf. Das wird sich bereits in der sechsten nachatlantischen Kulturepoche für eine größere Anzahl geistig strebender Menschen verwirklichen.

Durch rhythmisch wiederholtes Sprechen der heiligen Silbe Om, kann man sich in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen hineinversetzen:

"Das o ist der Zusammenfluß von a und u, ist der Zusammenfluß von Aufwachen und Einschlafen. Gerade der Moment entweder des Einschlafens oder des Erwachens ist das o. Wenn der Orientale seine Schüler anwies, weder zu schlafen noch zu wachen, sondern an jene Grenze zwischen Wachen und Schlafen zu gehen, wo man so viel erfahren kann, dann wies er ihnen an, die Silbe Om zu sprechen. Und wer oft die Silbe Om wiederholt, kommt in ein Erleben zwischen Wachen und Schlafen hinein." (Lit.: GA 282, S 24)

OM oder AUM steht in engem Zusammenhang mit dem Atem. Im Yoga-Schulungsweg wurde durch die Intonation von AUM im Atemstrom das Weltenwort erkundet.

"Das Wort AUM ist der Atem. Der Atem verhält sich zum Wort, wie der heilige Geist zu Christus, wie das Atma zu dem Ich." (Lit.: GA 93a, S 30)

"In der Zeit, von der ich Ihnen gesprochen habe in diesen Tagen, wo die Menschen durch eine Regulierung ihres Atemprozesses zu den höheren Erkenntnissen kommen wollten, in der Zeit, in der das alte Joga-System des Orients nun wirklich in seiner Blüte stand - denn das, wovon heute als der Joga-Übung gesprochen wird, das ist ja vielfach ein bloß Sekundäres -, da war tatsächlich das Bewußtsein vorhanden: Wenn du einatmest, wenn du die Atemluft in dein Haupt schickst, so kannst du die Geheimnisse des Weltenalls in dem Abbild dieses Weltenalls, in der besonderen Ausbreitung des Nervensystems in deinem Haupte ergreifen. Du mußt nur in der entsprechenden Weise dich mit dem Einatmungsprozesse verhalten.

Ich spreche jetzt nicht von dem, was später in einer dekadenten Weise da war, sondern von dem Ursprünglichen. Und das Ursprüngliche war dieses. Man sagte sich: Wenn man einatmet und den Atem so gestaltet, daß man ihn hinaufschickt in dieses innere Gewölbe des Hauptes, das ein Abdruck des ganzen Weltenalls ist, aber so, daß man in die Atemluft hineinlegt einen Laut, der zwischen a und o ist oder zwischen a und u, wenn man also a-u hineingibt in die Atemluft, dann formt man sie so, daß so, wie die Hand geeignet ist außen etwas abzutasten, der Ton geeignet wird, das Weltengeheimnis da drinnen abzutasten. Und man bekommt es in das Bewußtsein herein, wenn man dann diesen Atemprozeß so fortsetzt, daß man ihn auslaufen läßt in absolut devotionelle Stimmung gegenüber dem, was man da abgetastet hat. Wenn man also das hat, was man erlangt, indem man einatmet, indem man die Atemluft ausschickt und in dem a-u mit ihr abtastet, wenn man dann in die devotionelle Stimmung sich versetzt, hingebungsvoll zur Welt wird, und dasjenige, was man da erkundet hat, ausgießt in eine absolute Hingabe, dann den Atmungsprozeß auslaufen läßt in «m», so hat man in einem solchen Atmungsprozeß, der sich innerlich formt zu dem «aum», dann aufgefangen - aus der Nachbildung, aus der Nerven-Nachbildung des Weltenalls im Innern - das Geheimnis des Weltenalls. Und man hat es zum Leben gebracht, das bewußt werden kann in der, in dem Laute «m» ausgehauchten Luft. Sie haben in dem, was ich jetzt auseinandergesetzt habe, einen Hinweis darauf, wovon ausgegangen ist einmal die ursprüngliche Joga-Schulung.

Diese Joga-Schulung sagte sich: In meinem Haupte ist das Geheimnis des ganzen Weltenalls. Ich kann es abtasten, indem ich einatme. Im Einatmen wird das Geheimnis des Weltenalls durch mich selbst enthüllt. Ich erfasse es, dieses Geheimnis des Weltenalls. Aber ich kann es nur behalten - es bleibt sonst im Unbewußten liegen -, wenn ich in absolut devotioneller Hingabe an das Weltenall mich dann auslebe. Und so wird denn erkannt, indem gestaltet wird der Einatmungsprozeß zu dem Weltenworte, zu dem, was schöpferisch schaffend die Welt durchwellt und durchwebt, und indem das erfaßt wird und in der absoluten Hingabe an das Weltenall ausgehaucht wird: Einatmung, das ist Offenbarung des Weltenwortes, Ausatmung, das ist innerliche Verdichtung des Weltenwortes, das Bekenntnis zum Weltenwort. So wird zusammengefaßt die Erkundung des Weltenwortes durch den Menschen und die Formulierung des Weltenwortes durch den Menschen, indem erkannt wird: Einatmung ist Offenbarung, Ausatmung ist Bekenntnis, und «aum» ist die Zusammenfassung von Offenbarung und Bekenntnis, das Beleben des Weltengeheimnisses in sich, das Sichbekennen zu diesem Weltengeheimnis in sich." (Lit.: GA 211, S 95ff)

Was in alten Zeiten für die Yoga-Schulung gültig war, führt heute nicht mehr zu den selben Ergebnissen. Die Menschen und ihr Bewusstsein hat sich seitdem stark verändert. Im Atem kann das Weltenwort heute nicht mehr so leicht unmittelbar erlebt werden. Unsere Zeit fordert, dass wir es im reinen Denken erfassen:

"Bei uns heute, in unserer gegenwärtigen Epoche, ist der Ton weiter heraufgerückt. Der Ton lebt sich aus in den wirklichen, konkreten, nicht in den intellektualistischen Gedanken. So daß wir sagen können: Die Einatmung wird zum Gedanken, und die Ausatmung wird zu dem willentlichen Ausleben des Gedankens. Das heißt, wir zerlegen dasjenige, was einstmals Einatmung als Offenbarung, Ausatmung als Bekenntnis war, in Gedankenübung und Willensübung, und bekommen dadurch - ebenfalls in Gedanken, aber in dem in der Meditation erübten Gedanken - die Offenbarung, und in den Willensübungen, die ja auf der anderen Seite ausgeführt werden, das Bekenntnis zu dem Geoffenbarten." (Lit.: GA 211, S 97)

In der ägyptisch-chaldäischen Zeit war die Luft selbst noch beseelt von höheren geistigen Wesenheiten und so wurde im Atemprozess der Gott außen und der Gott innen als derselbe empfunden. Mit dem Atem wurde damals das göttlich Beseelte aufgenommen. Das ist heute nicht mehr möglich. In unserer Zeit ist die Luft vielmehr durchzogen von ahrimanischen Elementarwesen. Dafür ist heute ist das Licht beseelt und jede Sinneswahrnehmung ist eine Art Lichtatmung. Der alte Luftseelenprozess muss daher, wie Rudolf Steiner betont, zum Lichtseelenprozess verwandelt werden.

"Diese Wandlung des Bewußtseins, das ist etwas, was fordert, daß größere Stärke in der menschlichen Seelenstimmung Platz greife, als sie heute der Mensch gewöhnt ist. Das ist das Einlassen der Michael-Kultur: das Sich-Durchdringen mit diesem Bewußtsein. Wir müssen gewissermaßen, wenn wir das Licht als den allgemeinen Repräsentanten der Sinneswahrnehmung hinstellen, uns dazu aufschwingen, das Licht beseelt zu denken, so wie es selbstverständlich war für den Menschen des 2., des 3. vorchristlichen Jahrtausends, die Luft beseelt zu denken, weil sie das auch war. Wir müssen uns gründlich abgewöhnen, dasjenige in dem Lichte zu sehen, was das materialistische Zeitalter gewöhnt ist, in dem Lichte zu sehen. Wir müssen uns gründlich abgewöhnen zu glauben, daß von der Sonne ausstrahlen bloß jene Schwingungen, von denen uns unsere Physik und das allgemeine Menschheitsbewußtsein heute redet. Wir müssen uns klarwerden darüber, daß da Seele durch den Weltenraum dringt auf den Schwingen des Lichtes. Und zu gleicher Zeit müssen wir einsehen, daß das so nicht war in der Zeit, die unserem Zeitalter vorangegangen ist. In der Zeit, die unserem Zeitalter vorangegangen ist, ist dasselbe an die Menschheit durch die Luft herangekommen, was jetzt an uns herankommt durch das Licht. Sehen Sie, das ist ein objektiver Unterschied in dem Erdenprozeß. Und wenn wir im Großen denken, so können wir sagen: Luftseelenprozeß, Lichtseelenprozeß." (Lit.: GA 194, S 102ff)


Literatur

  1. Rudolf Steiner: Grundelemente der Esoterik, GA 93a (1987)
  2. Rudolf Steiner: Die Sendung Michaels, GA 194 (1994)
  3. Rudolf Steiner: Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung, GA 211 (1986)
  4. Rudolf Steiner: Sprachgestaltung und Dramatische Kunst, GA 282 (1981)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.