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Buße
Die Buße (griech. μετάνοια metanoia, von νοεῖν noein, „denken“ und μετά meta, „um“ oder „nach“, wörtlich also etwa: „Umkehr des Denkens“; lat. poenitentia, „Reue“, von poena, „Strafe“; beides als Übersetzung von hebr. שׁוּב Schub „Umkehr, Rückkehr“) bedeutet im christlichen Sinn die Umkehr oder Rückwendung zu Gott, von dem sich der Mensch durch die Sünde entfernt hat. Im Gegensatz zur göttlichen Strafe beruht die Buße auf einer selbst auferlegten Ausgleichsleistung für die begangene Sünde. Sie ist zudem gebunden an die Erkenntnis der eigenen Schuld und die sich daran anschließende freiwillige Umwendung zu einer neuen, nicht mehr sündhaften Lebensführung. Der Mensch erleidet dadurch nicht nur passiv, als Ausdruck der göttlichen Gerechtigkeit, die Folgen seiner Untat, sondern er bekundet seinen Willen, an deren Überwindung mitzuarbeiten und sich dadurch aktiv der göttlichen Gnade zuzuwenden.
„4 Johannes der Täufer war in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden. 5 Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Leute von Jerusalem und ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden.“
„Es ist so schade, daß man in einer Zeit, wo scheinbar die Intelligenz so hoch gewachsen ist, über so wenig noch nachgedacht hat, so zum Beispiel über das Wort: «Tut Buße!» Seiner Bedeutung nach würde es etwa zu übersetzen sein: Bewirkt in euch die Änderung des Sinnes. An den verschiedensten Stellen wird gesagt, daß Johannes taufte zur Buße, das heißt zur Änderung des Sinnes, mit Wasser. Als die Täuflinge aus dem Wasser herausstiegen, sollten sie den Sinn ändern, nicht mehr zurückschauen auf die alten Traditionen, sondern vorausblicken auf das, was das frei gewordene Ich, das gegeben ward in Christo Jesu, besaß. Der Sinn sollte aus der Richtung der alten Götter nach der Richtung der neuen geistigen Wesenheiten oder Götter gelenkt werden. In dieser Weise war Sinnesänderung das Ziel der Johannestaufe. Johannes taufte deshalb mit Wasser, um in einigen Menschen die Kraft hervorzurufen, daß sie erkannten, daß das Reich der Himmel nahe herbeigekommen sei, und damit sie verstehen konnten, wer der Christus Jesus sei.“ (Lit.: GA 117, S. 68f)
Falsch verstandene Reue kann der echten Buße oft hinderlich sein, denn die Reue gleitet sehr leicht in das bloß dumpfe egoistische Bedauern über den eigenen Unwert ab, das den Willen lähmt und kein wirkliches Umdenken bewirkt.
„Die Reue über die Sünden hat sehr häufig eine außerordentlich egoistische Färbung, und man sollte die Menschen anweisen, diese egoistische Neigung aus der Reue herauszubringen. Worin besteht denn oftmals das Gefühl der Reue? Es besteht darin, daß man ein besserer Mensch gewesen sein möchte, als man gewesen ist. In diesem «Man möchte ein besserer Mensch sein, als man eigentlich gewesen ist» liegt etwas, das im Grunde genommen einer von Christus durchdrungenen Moral widerspricht. Man muß im Grunde genommen seine Sünden auf sich nehmen und man muß sich nicht für einen besseren Menschen halten wollen, als man wirklich gewesen ist. Die Reue hat nur dann einen Sinn, wenn sie nach einer vorurteilsfreien Erkenntnis der Unvollkommenheiten strebt, wenn man geneigt ist, sich die ganze Schwere der Unvollkommenheiten vorzuhalten, und wenn aus dieser Vollerkenntnis der Vorsatz hervorgeht — der dann aber ein zur Tat führender Vorsatz ist -, diese Unvollkommenheit abzulegen. Also in dem Wirken der Seele für sich in die Zukunft hinein muß das Wesentliche liegen. Reue ist die Absicht, durch eine genaue Erkenntnis der Unvollkommenheiten dazu zu kommen, diese Unvollkommenheiten abzulegen.“ (Lit.: GA 343a, S. 535)
Buße erfordert die bewusste, nüchterne und möglichst objektive Rückerinnerung an das bisherige Erdenleben.
„Wir brauchen die Erinnerung an die vorhergehenden erlebten Erdenerlebnisse, die Erdenerfahrungen. Sie brauchen ja nur auf diesem Gebiet die Psychopathologie zu betrachten, so werden Sie bemerken, was es für einen Menschen heißt, wenn ihm seine normale richtige Rückerinnerung zerstört ist, untergraben ist, irgendwie ausgelöscht ist. Es entwickelt sich diese Rückerinnerung allerdings früh, allein dasjenige, was mit dieser Rückerinnerung verknüpft ist, das vollständige Sich-innerlich-Fühlen, das vollständige Sich-in-die-Hand-Bekommen, das tritt eigentlich erst nach der Reifung ein. Es ist ein Unterschied, den nur die heutige moderne Psychologie nicht betrachtet, zwischen dem, was zum Beispiel beim Kind vorhanden ist an Erinnerungsleben noch bis zum 15., 16. Jahre, das ganz anders ist als später, wo man die Erinnerung wieder zusammenfaßt, so daß die Erinnerung, indem man sie hat, eigentlich die volle Festigkeit des Ich konsolidiert. Kurz, wir sehen, daß sich immer mehr und mehr das konsolidiert, was wir die Lebenserinnerung nennen können. Es gehört zu unseren Notwendigkeiten, es ist dasjenige, was sich auch evolviert aus unserer menschlichen Wesenheit heraus. (Es wird an die Tafel geschrieben:)
Und der entsprechende Involutionsvorgang ist dasjenige, was empfunden worden ist im Christentum als das Sakrament der Buße. (Es wird an die Tafel geschrieben:)
Da wird der Erinnerungsvorgang durchchristet; da wird der Erinnerungsvorgang dadurch, daß er durchchristet wird, zugleich ins Moralische hinaufgehoben. Da wird der Mensch nicht bloß sein Ich konsolidieren, sondern da wird er - indem er die Rückerinnerung zu einem vollständigen Heraufheben desjenigen bringt, worüber er sich auch in moralischer Beziehung Rechenschaft ablegen will, indem der Vorgang zum Sakrament hin entwickelt und durch Kultus durchsetzt wird — herangeführt an den Involutionsvorgang der Buße, die ja im Katholizismus aus verschiedenen Teilen besteht, die alle deutlich ausgehen von der Erinnerung. Die Buße besteht ja [im Katholizismus] in der Gewissenserforschung, in der Reue, in dem ernstlichen Vorsatz, die Fehler, deren man an sich gewahr geworden ist, abzulegen in dem, was die Beichte ist - darüber werden wir noch zu sprechen haben - und in dem, was als Vergeltung man sich selber oder was einem der Seelsorger auferlegt. In diesem Aufbau besteht ja die vollständige Buße, und es ist das der Ausdruck für das, was eben der Involutionsvorgang sein soll zu dem Evolutionsvorgang der Gesamterinnerung, das heißt zu dem, was die Erinnerungskraft im Menschen macht.“ (Lit.: GA 343a, S. 260ff)
Literatur
- Rudolf Steiner: Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien, GA 117 (1986), ISBN 3-7274-1170-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II, GA 343a (1993), ISBN 3-7274-3430-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
- Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II. Dokumentarische Ergänzungen GA 343bpdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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