Bibliothek:Arabisches Kindheitsevangelium

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Das arabische Kindheitsevangelium ist ein apokryphes Evangelium des neuen Testaments. Es wurde vermutlich auf syrisch verfasst; zwei syrische Handschriften sind erhalten, die inhaltlich sehr ähnlich aufgebaut sind.

Das arabische Kindheitsevangelium lässt sich in drei Teile gliedern: Die Geburt Jesu, Wunder in Ägypten und Wunder des Jesusknaben. Der erste Teil über die Geburt Jesus erinnert stark an das Protevangelium des Jakobus, das hierfür auch die Grundlage gebildet haben dürfte. Vieles von den Kindheitserzählungen stammt jedoch wohl ursprünglich aus dem Kindheitsevangelium nach Thomas und wurde durch die Übersetzung ins Arabische offenbar sogar Mohammed bekannt. Einiges davon - genauer gesagt die wunderbare jungfräuliche Empfängnis und die Geburt - findet sich im Koran wieder.

Das zentrale Thema des arabischen Kindheitsevangeliums ist der Aufenthalt in Ägypten, der zwar in Mt 2,13-15 LUT genannt, dann aber nicht mehr weiter erwähnt wird.

Das arabische Kindheitsevangelium

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, des einen Gottes.

Mit der Hilfe und Gunst des Allerhöchsten beginnen wir, ein Buch über die Wunder unseres Herrn und Meisters und Erlösers Jesus Christus zu schreiben, das Evangelium der Kindheit genannt wird: im Frieden des Herrn. Amen.

1. Was folgt, finden wir im Buch des Hohenpriesters Joseph, der zur Zeit Christi lebte. Manche sagen, er sei Kaiphas. Er hat gesagt, dass Jesus gesprochen hat, und zwar, als er in der Wiege lag, zu Maria, seiner Mutter, gesagt hat: Ich bin Jesus, der Sohn Gottes, der Logos, den du gezeugt hast, wie der Engel Gabriel dir verkündet hat; und mein Vater hat mich gesandt zum Heil der Welt.

2. Im dreihundertneunten Jahr der Ära Alexanders erließ Augustus ein Edikt, dass jeder Mensch an seinem Heimatort eingeschrieben werden sollte. Da machte sich Joseph auf und ging mit Maria, seiner Braut, nach Jerusalem und kam nach Bethlehem, um sich mit seiner Familie in seiner Vaterstadt einschreiben zu lassen. Und als er zu einer Höhle kam, sagte Maria zu Josef, dass die Zeit der Geburt nahe sei und sie nicht in die Stadt gehen könne; sie sagte aber: Lass uns in diese Höhle gehen. Dies geschah bei Sonnenuntergang. Und Joseph ging eilends hinaus, um eine Frau zu holen, die bei ihr sein sollte. Als er nun damit beschäftigt war, sah er eine hebräische alte Frau, die zu Jerusalem gehörte, und sprach: Komm her, meine gute Frau, und geh in diese Höhle, in der eine Frau ist, die ihrer Zeit nahe ist.

3. Als nun die Sonne untergegangen war, kam die alte Frau und Joseph mit ihr zu der Höhle, und sie gingen beide hinein. Und siehe, sie war erfüllt von Lichtern, schöner als der Schein von Lampen und Kerzen und herrlicher als das Licht der Sonne. Das Kind war in Windeln gewickelt und wurde an der Brust der Frau Maria, seiner Mutter, gesäugt, die in einem Stall stand. Und als beide über dieses Licht staunten, fragte die alte Frau die Frau Maria: Bist du die Mutter dieses Kindes? Und als die Frau Maria bejahte, sagte sie: Ihr seid ganz und gar nicht wie die Töchter von Eva. Die Frau Maria sagte: Wie mein Sohn unter den Kindern nicht seinesgleichen hat, so hat auch seine Mutter nicht seinesgleichen unter den Frauen. Die alte Frau erwiderte: Meine Herrin, ich bin gekommen, um Geld zu bekommen; ich bin seit langem von einer Lähmung befallen. Unsere Herrin, die Frau Maria, sagte zu ihr: Lege deine Hände auf das Kind. Und die alte Frau tat dies und wurde sofort geheilt. Dann ging sie hinaus und sagte: Von nun an will ich die Dienerin dieses Kindes sein, solange ich lebe.

4. Da kamen die Hirten; und als sie ein Feuer angezündet hatten und sich sehr freuten, da erschienen ihnen die Heerscharen des Himmels, die Gott, den Allerhöchsten, lobten und priesen. Und während die Hirten dasselbe taten, wurde die Höhle zu dieser Zeit wie ein Tempel der Oberwelt, denn sowohl himmlische als auch irdische Stimmen verherrlichten und priesen Gott wegen der Geburt des Herrn Christus. Und als die alte Hebräerin die Offenbarung dieser Wunder sah, dankte sie Gott und sprach: Ich danke dir, Gott, der Gott Israels, weil meine Augen die Geburt des Erlösers der Welt gesehen haben.

5. Und da die Zeit der Beschneidung, d.h. der achte Tag, nahe war, sollte das Kind nach dem Gesetz beschnitten werden. Darum beschnitt man ihn in der Höhle. Und die alte hebräische Frau nahm das Stück Haut; einige aber sagen, sie habe die Nabelschnur genommen und sie in einen Krug mit altem Nardenöl gelegt. Und sie hatte einen Sohn, der war ein Salbenhändler, und sie gab es ihm und sprach: Sieh zu, dass du diesen Krug mit Narbensalbe nicht verkaufst, auch wenn man dir dreihundert Denare dafür bietet. Und dies ist der Krug, den Maria, die Sünderin, kaufte und auf das Haupt und die Füße unseres Herrn Jesus Christus goss, den sie danach mit den Haaren ihres Hauptes abwischte.[1] Zehn Tage danach brachten sie ihn nach Jerusalem; und am vierzigsten Tag[2] nach seiner Geburt trugen sie ihn in den Tempel und stellten ihn vor den Herrn und opferten ihm nach dem Gebot des mosaischen Gesetzes, das da lautet: Jedes männliche Wesen, das den Mutterschoß öffnet, soll ein Heiliger Gottes genannt werden.

6. Und der alte Simeon sah Ihn leuchten wie eine Lichtsäule, als Maria, seine jungfräuliche Mutter, sich über Ihn freute und Ihn auf ihren Armen trug. Und Engel, die Ihn priesen, standen im Kreis um Ihn herum, wie Leibwächter, die einen König bewachen. Da eilte Simeon zu Maria hinauf, streckte die Hände vor ihr aus und sagte zu Christus, dem Herrn: Nun, mein Herr, lass deinen Knecht in Frieden gehen, wie du es gesagt hast; denn meine Augen haben deine Barmherzigkeit gesehen, die du zum Heil aller Völker bereitet hast, zum Licht für alle Nationen und zur Herrlichkeit für dein Volk Israel. Auch Hanna, eine Prophetin, war dabei; sie trat heran, dankte Gott und nannte die Frau Maria gesegnet.[3]

7. Und es begab sich: Als der Herr Jesus zu Bethlehem in Judäa geboren war, zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen die Weisen aus dem Morgenland nach Jerusalem, wie Zeraduscht vorausgesagt hatte; und sie hatten Geschenke bei sich, Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und sie beteten Ihn an und brachten Ihm ihre Gaben dar. Da nahm die Frau Maria eine der Windeln und schenkte sie ihnen, weil ihre Mittel so gering waren; und sie nahmen sie von ihr mit den größten Ehrenzeichen entgegen. Und in derselben Stunde erschien ihnen ein Engel in Gestalt des Sterns, der sie zuvor auf ihrer Reise geleitet hatte; und sie zogen weiter, seinem Licht folgend, bis sie in ihr Land kamen.[4]

8. Und ihre Könige und Obersten kamen zu ihnen und fragten sie, was sie gesehen oder getan hätten, wie sie gegangen und zurückgekommen wären und was sie mitgebracht hätten. Und sie zeigten ihnen das Wickeltuch, das die Frau Maria ihnen gegeben hatte. Da feierten sie ein Fest und zündeten nach ihrer Sitte ein Feuer an und beteten es an und warfen das Tuch hinein; und das Feuer ergriff es und hüllte es ein. Und als das Feuer erloschen war, nahmen sie das Wickeltuch genau so heraus, wie es vorher gewesen war, gerade so, als hätte das Feuer es nicht berührt. Da fingen sie an, es zu küssen und es auf ihr Haupt und ihre Augen zu legen, indem sie sagten: Dies ist wahrlich die Wahrheit ohne Zweifel. Wahrlich, es ist eine große Sache, dass das Feuer nicht imstande war, es zu verbrennen oder zu zerstören. Dann nahmen sie es und legten es mit größter Ehrerbietung zu ihren Schätzen.

9. Und als Herodes sah, dass die Weisen ihn verlassen hatten und nicht zu ihm zurückkamen, rief er die Priester und die Weisen zu sich und sagte zu ihnen: Zeigt mir, wo Christus geboren werden soll. Und als sie antworteten: In Bethlehem in Judäa. Da dachte er daran, den Herrn Jesus Christus zu töten. Da erschien ein Engel des Herrn dem schlafenden Joseph und sprach: Steh auf, nimm den Knaben und seine Mutter und zieh weg nach Ägypten.[5] Er stand also gegen den Hahnenschrei auf und machte sich auf den Weg.

Einzelnachweise

  1. Lukas 7,37-38 EU
  2. Levitikus 12,4 EU
  3. Lukas 2,25-38 EU
  4. Matthäus 2,1-12 EU
  5. Matthäus 2,13-14 EU