Horizontproblem

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Die Hintergrund­strahlung erreicht die Erde aus Entfernungen von über 15 Milliarden Lichtjahren. Als dieses Licht allerdings ausgesendet wurde, war das Universum viel jünger (300.000 Jahre alt). In dieser Zeit hätte das Licht jedoch nur einen Raum innerhalb der kleineren Kreise erreichen können. Die beiden Punkte auf dem Diagramm hätten miteinander keinen Kontakt, da die Sphären ihrer Kausalität sich nicht überschneiden.

Das Horizontproblem ist eines der grundlegenden Rätsel der Kosmologie, das im Rahmen des klassischen Urknall-Modells entdeckt wurde. Es betrifft die Gleichförmigkeit der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB) und die Frage, wie verschiedene Regionen des Universums, die scheinbar nie miteinander in Kontakt gewesen sind, ähnliche physikalische Eigenschaften aufweisen können.

Das Problem entsteht aus der Tatsache, dass das Universum in entgegengesetzten Richtungen am Himmel sehr gleichförmig erscheint, mit einer sehr ähnlichen Temperatur der CMB-Strahlung. Diese weit entfernten Regionen sind jedoch so weit voneinander entfernt, dass sie im klassischen Urknall-Modell nicht genügend Zeit gehabt hätten, um miteinander in kausalem Kontakt zu stehen, das heißt, Informationen oder Energie auszutauschen. Dies sollte nicht möglich sein, da ein Austausch von Eigenschaften (wie Energie, Temperatur etc.) gemäß der speziellen Relativitätstheorie maximal mit der Geschwindigkeit des Lichts erfolgen kann. Betrachtet man nun eine Galaxie, die zehn Milliarden Lichtjahre in einer Richtung entfernt ist, und schaut danach zu einer anderen in exakt entgegengesetzter Blickrichtung, so beträgt der Abstand zwischen beiden Galaxien zueinander insgesamt 20 Milliarden Lichtjahre. Das bedeutet, dass das Licht der einen Galaxie bis heute die andere Galaxie noch nicht erreicht haben kann, da das Universum ein nachweisbares Alter von 13,7 Milliarden Jahren besitzt und diese Zeitspanne nicht ausreicht, damit das Licht die Distanz zwischen beiden Galaxien hatte zurücklegen können. Ohne eine solche Interaktion ist es schwer zu erklären, warum diese Regionen ähnliche Temperaturen und Dichten aufweisen.

Die Inflationstheorie wurde in den 1980er Jahren von Alan Guth und anderen als Lösung für das Horizontproblem vorgeschlagen. Sie besagt, dass das Universum in einer extrem frühen Phase seiner Entwicklung eine extrem schnelle Expansion, die sogenannte "Inflation", durchlaufen hat. Demnach gab es zwischen 10−35 und 10−32 Sekunden[1] nach dem Urknall eine kleine Periode mit einer rasanten, exponentiell ansteigenden Expansion - eben die genannte Inflation. Während dieser Inflationsphase hätte sich das Universum, d. h. der Raum selbst, um einen enormen Faktor schneller als das Licht ausgedehnt[2] und zog das Licht dabei quasi in alle Richtungen mit. Während dieser Inflationsphase wurden die verschiedenen Regionen des Universums, die ursprünglich miteinander in Kontakt standen und somit die Möglichkeit hatten, ihre Temperaturen und Dichten auszugleichen, aufgrund der beschleunigten Expansion auseinandergetrieben.

Durch diese sehr schnelle Expansion hätten sich die beobachteten Gleichförmigkeiten in der CMB-Strahlung entwickeln können, bevor die Regionen zu weit voneinander entfernt waren, um miteinander in kausalem Kontakt zu stehen. Die Inflationstheorie bietet somit eine plausible Lösung für das Horizontproblem und hat in den letzten Jahrzehnten weitere Unterstützung durch Beobachtungen und theoretische Entwicklungen erhalten. Als Konsequenz einer solchen kosmischen Inflation hätte sich die Anisotropie während des Urknalls reduziert, wäre jedoch nicht völlig verschwunden. Die Temperaturunterschiede der kosmischen Hintergrundstrahlung wurden durch die kosmische Inflation ebenso geglättet, bestehen jedoch in einem geringen Maß fort. Die Theorie sagt hierbei ein breites Spektrum für die Anisotropie der Mikrowellenhintergrundstrahlung voraus, die tatsächlich überwiegend im Einklang mit den Ergebnissen steht, die die Raumsonden WMAP und COBE der Wissenschaft liefern konnten.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Inflation. Abgerufen am 15. Juli 2010.
  2.  Andrew Liddle: Einführung in die moderne Kosmologie. 1, Wiley-VCH Verlag, 2009, ISBN 978-3-527-40882-5, S. 111.
  3. D. Glenn, Dominik J. Schwarz Starkman: Is the Universe Out of Tune? 1. August 2005. (scientificamerican.com)
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