Humanismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 16. August 2017, 17:59 Uhr

Francesco Petrarca, Ausschnitt eines Freskos von Andrea di Bartolo di Bargilla (um 1450) Uffizien (Florenz)
Porträt des Desiderius Erasmus von Rotterdam von Hans Holbein dem Jüngeren (1523)

Humanismus ist eine zusammenfassende Bezeichnung für teils sehr heterogene geistige Strömungen, denen gemeinsam ist, dass sie Gesellschafts- und Bildungsideal entwerfen, dass die bestmöglichste Entfaltung der einzelnen Persönlichkeit im Dienst der sozialen Gemeinschaft fördern soll. Nachdem die alten, nur mehr unverstanden in der Tradition weitergetragenen geistigen Quellen endgültig versiegt waren, begann damit eine neue Suche nach dem Wesen des Menschen. Je nach weltanschaulicher Position wurden dazu entsprechend dem damit verbundenen Menschenbild sehr unterschiedliche, oft ganz gegensätzliche Modelle entworfen. Die Wurzeln des Humanismus liegen bereits in der Antike, auf die auch der im Anbruch des Bewusstseinsseelenzeitalters in der Zeit der Renaissance in deutlicher Abgrenzung zum Mittelalter entstandene Renaissance-Humanismus zurückgriff, der insbesondere von Francesco Petrarca (1304–1374) angeregt wurde und sein überragendes Zentrum in Florenz hatte und von hier nach ganz Europa ausstrahlte.

„Wir haben es zu tun, zum Beispiel wenn wir die mehr südlichen Völker, wenn wir die Volksseele des italienischen Volkes betrachten, mit einem Zusammenwirken dieser Volksseele mit den einzelnen Menschen so, daß dasjenige, was die Volksseele verrichtet, was sie in einem Zwiegespräch mit der einzelnen Seele zu vollbringen hat, unmittelbar hineinströmt in die Empfindungsseele. So daß man sagen kann: Insofern der Angehörige des italienischen Volkes ein Italiener ist, spricht er sich aus dem Charakter seines Volkes heraus so aus, daß die Kräfte seines Volksgeistes nachzittern, nachwirken in seiner Empfindungsseele. Mit dieser Empfindungsseele hält der Volksgeist, die Volksseele ihre Zwiesprache. Selbstverständlich muß immer betont werden, daß sich die einzelne, individuelle Seele erheben und den allgemeinmenschlichen Charakter annehmen kann in jeder Nation. Was hier von den Beziehungen der Volksseele zur Nationalität gesprochen wird, gilt eben insoweit, als der Einzelne in seinen Lebensäußerungen mit der Volksseele verbunden ist. Und alles dasjenige, was die italienische Volksseele in der einzelnen Empfindungsseele des Italieners erregt, das ist im Grunde genommen die italienische Kultur. Daher das unmittelbar aus den Passionen, aus den Leidenschaften Herauskommende der italienischen Kultur, das man verfolgen kann von den einzelnen Volksimpulsen bis hinauf zu dem gewaltigen Gemälde, das Dante von der Welt entworfen hat. Daher wurde auch von Italien her in die Kultur Europas das eingeprägt, was man Humanismus nennt. Der Zusammenhang des ganzen Menschen mit der Empfindungsseele durch das, was man erfühlt, was man in den Gefühlsimpulsen hat, insofern das zur Geltung kommt, das durchströmt die ganze italienische Kultur.“ (Lit.: GA 64, S. 294f)

Im 16. Jahrhundert war Erasmus von Rotterdam einer angesehensten und einflussreichsten Humanisten im europäischen Raum nördlich der Alpen.

Die Bezeichnung „Humanismus“ wurde erst 1808 von dem Philosophen und Bildungspolitiker Friedrich Immanuel Niethammer (1766–1848) in seiner pädagogischen Kampfschrift «Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit» eingeführt, in der er für die Erziehung die Orientierung an den „klassischen“ antiken Vorbildern und der dazu nötigen sprachlichen und literarischen Kenntnisse (Griechisch, Latein) einforderte.

„Eine Zeit steigt herauf, in der in der Menschheit das Gefühl auflebt, sie komme mit ihrer Einsicht nicht mehr an sich selbst heran. Ein Suchen nach der Erkenntnis der Menschenwesenheit beginnt. Man kann dieses nicht befriedigen durch das, was die Gegenwart vermag. Man geht historisch in frühere Zeiten zurück. Der Humanismus steigt in der Geistesentwickelung auf. Humanismus erstrebt man nicht, weil man den Menschen hat, sondern weil man ihn verloren hat. Solange man ihn hatte, hätten Erasmus von Rotterdam und andere aus einer ganz anderen Seelennuance gewirkt, als aus dem, was ihnen der Humanismus war.“ (Lit.: GA 26, S. 150f)

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Anthroposophische Leitsätze, GA 26 (1998), ISBN 3-7274-0260-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Aus schicksaltragender Zeit, GA 64 (1959), ISBN 3-7274-0640-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org


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