19. Jahrhundert: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''19. Jahrhundert''' begann kalendarisch am 1. Januar 1801 und endete am 31. Dezember 1900. In der langzeithistorischen Einstufung wird es (der Begriff gewinnt selbst erst im 19. Jahrhundert Bedeutung) der Neuzeit zugerechnet, deren Anfangspunkt je nach Definition des Epochenumbruchs zwischen 1450 und 1550 angesetzt wird.
Das '''19. Jahrhundert''' begann kalendarisch am 1. Januar 1801 und endete am 31. Dezember 1900. In der langzeithistorischen Einstufung wird es (der Begriff gewinnt selbst erst im 19. Jahrhundert Bedeutung) der [[Neuzeit]] zugerechnet, deren Anfangspunkt je nach Definition des Epochenumbruchs zwischen 1450 und 1550 angesetzt wird. (In der [[Anthroposophie]] gilt das Jahr [[1413]] als Beginn der [[Neuzeit]]).


== Epocheneinteilungen ==
== Epocheneinteilungen ==
Am naheliegendsten ist es, das 19. Jahrhundert rein kalendarisch zu definieren. Demnach dauerte es von 1801 bis 1900. In der [[Geschichtswissenschaft]] jedoch wird häufig von einem [[Langes 19. Jahrhundert|langen 19. Jahrhundert]] gesprochen, womit Zeiträume davor bzw. danach angegliedert werden. Dies soll inhaltlich aussagekräftiger sein; will man Kontinuitäten statt Epochengrenzen betonen, dann lässt sich sowieso nicht von exakten Jahren als Start- und Endpunkt reden. Jahre wie 1789, 1871 oder 1914 könnte man vielleicht besser als Mitte und nicht als Rand von Perioden denken, also von einem Vorher und Nachher aus betrachten, so der Historiker [[Jürgen Osterhammel]].<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 87/99.</ref> Andere Historiker sprechen umgekehrt von einem kurzen oder eigentlichen 19. Jahrhundert.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 85/103.</ref>
Am naheliegendsten ist es, das 19. Jahrhundert rein kalendarisch zu definieren. Demnach dauerte es von 1801 bis 1900. In der Geschichtswissenschaft jedoch wird häufig von einem [[Wikipedia:Langes 19. Jahrhundert|langen 19. Jahrhundert]] gesprochen, womit Zeiträume davor bzw. danach angegliedert werden. Dies soll inhaltlich aussagekräftiger sein; will man Kontinuitäten statt Epochengrenzen betonen, dann lässt sich sowieso nicht von exakten Jahren als Start- und Endpunkt reden. Jahre wie 1789, 1871 oder 1914 könnte man vielleicht besser als Mitte und nicht als Rand von Perioden denken, also von einem Vorher und Nachher aus betrachten, so der Historiker [[Wikipedia:Würden Osterghemmel|Jürgen Osterhammel]].<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 87/99.</ref> Andere Historiker sprechen umgekehrt von einem kurzen oder eigentlichen 19. Jahrhundert.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 85/103.</ref>


Das lange 19. Jahrhundert umfasst am Anfang ein Zeitalter der Revolutionen, das mit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] 1789 beginnt oder noch früher unter Einbezug des nordamerikanischen Aufstandes. Dieses Zeitalter der Revolutionen endet dann mit der Niederlage Napoleons 1815, oder später. Am Ende des Jahrhunderts beginnt ein Zeitalter des [[Imperialismus]] oder [[Hochimperalismus]], womit die Zeit bis zum [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] überbrückt wird; oder aber man lässt das Zeitalter und damit das lange 19. Jahrhundert mit dem Epochenjahr [[1917]] oder dem Kriegsende 1918 oder erst nach den Friedensschlüssen (1919/1920 oder gar später) enden.
[[Datei:Adolph Menzel - Eisenwalzwerk - Google Art Project.jpg|mini|''Eisenwalzwerk'', Ölgemälde von Adolph von Menzel, 1875]]


[[Eric Hobsbawm]] unterteilt das lange 19. Jahrhundert in das Zeitalter der Revolution (1789–1848), das Zeitalter des Kapitals (1848–1875) und das Zeitalter des Imperiums (1875–1914).<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 89.</ref> [[Reinhart Koselleck]] prägte den Begriff der [[Sattelzeit]], die etwa von 1770 bis 1830 gedauert habe. Daran schließe sich, so Osterhammel, eine mittlere Periode an, die rückblickend charakteristisch für das eigentliche 19. Jahrhundert war. Diese Zeit zwischen den 1830er und 1890er Jahren mit ihren Umbrüchen auch in Philosophie und Kultur entspricht in etwa der [[Viktorianisches Zeitalter|viktorianischen]] Zeit, von der man in angelsächsischen Ländern spricht.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 102/103, S. 109.</ref> Dann kam schließlich eine krisenhafte Umbruchphase um 1880 oder danach, mit dem hochimperialistischen Wettbewerb der Großmächte und anderen Machtverschiebungen etwa mit dem Sieg Japans über China 1895.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 109/110.</ref>
Das lange 19. Jahrhundert umfasst am Anfang ein Zeitalter der Revolutionen, das mit der [[Wikipedia:Französische Revolution|Französischen Revolution]] 1789 beginnt oder noch früher unter Einbezug des nordamerikanischen Aufstandes. Dieses Zeitalter der Revolutionen endet dann mit der Niederlage Napoleons 1815, oder später. Am Ende des Jahrhunderts beginnt ein Zeitalter des [[Wikipedia:Imperialismus|Imperialismus]] oder [[Wikipedia:Hochimperialismus|Hochimperalismus]], womit die Zeit bis zum [[Wikipedia:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] überbrückt wird; oder aber man lässt das Zeitalter und damit das lange 19. Jahrhundert mit dem Epochenjahr [[Wikipedia:1917|1917]] oder dem Kriegsende 1918 oder erst nach den Friedensschlüssen (1919/1920 oder gar später) enden.


Versucht man weltgeschichtlich zu denken, ist es noch schwieriger, ein 19. Jahrhundert zu definieren. Allein schon wegen der anderen Kalendersysteme ist der Jahrhundertbeginn 1801 eine rein westliche Angelegenheit gewesen. Beispielsweise in Japan war die Wiederherstellung der Kaiserherrschaft (1868 und danach) von viel größerer Bedeutung als Ereignisse um 1800 oder um 1900.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 90–93.</ref> Nach dem Kulturhistoriker Louis Bourdeau habe die gesamte Französische Revolution für die Chinesen seinerzeit gar nicht existiert; selbst für Großbritannien waren diese Jahre zumindest innenpolitisch weniger bedeutend als der eigene revolutionäre Umbruch im 17. Jahrhundert. Osterhammel zufolge kann man vor dem 20. Jahrhundert von keinem Jahr behaupten, dass es für die gesamte Welt epochale Bedeutung gehabt habe.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 95/96.</ref>
[[Wikipedia:Eric Hobsbawm|Eric Hobsbawm]] unterteilt das lange 19. Jahrhundert in das Zeitalter der Revolution (1789–1848), das Zeitalter des Kapitals (1848–1875) und das Zeitalter des Imperiums (1875–1914).<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 89.</ref> [[Wikipedia:Reinhart Koselleck|Reinhart Koselleck]] prägte den Begriff der [[Wikipedia:Sattelzeit|Sattelzeit]], die etwa von 1770 bis 1830 gedauert habe. Daran schließe sich, so Osterhammel, eine mittlere Periode an, die rückblickend charakteristisch für das eigentliche 19. Jahrhundert war. Diese Zeit zwischen den 1830er und 1890er Jahren mit ihren Umbrüchen auch in Philosophie und Kultur entspricht in etwa der [[Wikipedia:Viktorianisches Zeitalter|viktorianischen]] Zeit, von der man in angelsächsischen Ländern spricht.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 102/103, S. 109.</ref>  


[[Datei:Adolph Menzel - Eisenwalzwerk - Google Art Project.jpg|mini|''Eisenwalzwerk'', Ölgemälde von [[Adolph von Menzel]], 1875]]
Dann kam schließlich eine krisenhafte Umbruchphase um 1880 oder danach, mit dem hochimperialistischen Wettbewerb der Großmächte und anderen Machtverschiebungen etwa mit dem Sieg Japans über China 1895.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 109/110.</ref>


Aus verschiedenen weiteren Gründen kann das 19. Jahrhundert den Charakter einer eigenen Epoche beanspruchen. Es war die Zeit, in der sich die [[Industrialisierung]] und die [[Kapitalismus|kapitalistische]] Wirtschaftsweise vor allem in Europa und [[Nordamerika]] durchsetzten. Mit dem [[Imperialismus]] erreichte die direkte und indirekte Dominanz [[Geschichte Europas|Europas]] in der Welt ihren Höhepunkt. Innerhalb der sich industrialisierenden Gesellschaften veränderten sich die Lebensweisen teilweise dramatisch. Der soziale Wandel zerstörte hergebrachte Verhaltens- und Denkweisen. Die Verkehrsrevolution und die Suche nach Arbeit erhöhten die Mobilität. Die Städte wuchsen nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern mit der [[Urbanisierung]] begann sich eine spezifisch neuzeitliche städtische Lebensweise durchzusetzen.
Versucht man weltgeschichtlich zu denken, ist es noch schwieriger, ein 19. Jahrhundert zu definieren. Allein schon wegen der anderen Kalendersysteme ist der Jahrhundertbeginn 1801 eine rein westliche Angelegenheit gewesen. Beispielsweise in Japan war die Wiederherstellung der Kaiserherrschaft (1868 und danach) von viel größerer Bedeutung als Ereignisse um 1800 oder um 1900.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 90–93.</ref> Nach dem Kulturhistoriker Louis Bourdeau habe die gesamte Französische Revolution für die Chinesen seinerzeit gar nicht existiert; selbst für Großbritannien waren diese Jahre zumindest innenpolitisch weniger bedeutend als der eigene revolutionäre Umbruch im 17. Jahrhundert. Osterhammel zufolge kann man vor dem 20. Jahrhundert von keinem Jahr behaupten, dass es für die gesamte Welt epochale Bedeutung gehabt habe.<ref>Jürgen Osterhammel: ''Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts.'' C. H. Beck, München 2009, S. 95/96.</ref>
 
Das lange 19. Jahrhundert war in vieler Hinsicht das Jahrhundert des [[Bürgertum]]s und der bürgerlichen Gesellschaft. Das Besitz- und Bildungsbürgertum prägte im Wesentlichen Kunst, Kultur, Geistesgeschichte, aber etwa mit dem [[Nationalismus]] und dem [[Liberalismus]] auch die [[politische Kultur]]. Im weiteren Verlauf entwickelte sich auch die Arbeiterbevölkerung zu einer gesellschaftlich prägenden Schicht. [[Arbeiterbewegung]] und [[Sozialismus]] wurden zu zentralen Begriffen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dagegen verloren der [[Adel]] und die [[Bauernstand|Landbevölkerung]] tendenziell an Bedeutung.
 
== Neue Organisationsformen: Der Nationalstaat ==
Der [[Nationalstaat]] wurde als neue politische Institution aufgebaut. Er forderte neue Themen, neue Bildungssysteme, neue wirtschaftliche Strukturen, eine neue Vorstellung seitens derer, die in ihm lebten: die Bereitschaft, sich als Bürger zu sehen und sich dementsprechend zu organisieren.
 
Die Herrschaft geht im [[18. Jahrhundert]] noch von den Herrschaftshäusern und politischen Parteiungen aus, sowie von mächtigen Adeligen, die hinter den Parteiungen stehen. [[Krieg]]e werden im 18.&nbsp;Jahrhundert dementsprechend wahrgenommen: [[Staatsoberhaupt|Regenten]] wollen sie und lassen ihr Geld in sie fließen. Militärische Niederlagen werden im 18.&nbsp;Jahrhundert nicht als nationale Demütigungen empfunden, sondern als Teil einer von Regenten gestalteten Machtpolitik. Hier entwickelt sich im 19.&nbsp;Jahrhundert eine ganz neue Wahrnehmung. Sie ist vor allem eine Folge der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] und der [[Koalitionskriege|Napoleonischen Kriege]], die von einem ganz neuen Heer getragen werden – einem aus Staatsbürgern zusammengesetzten. Insbesondere [[Deutschland]] hat dem französischen Nationalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts wenig entgegenzustellen. Das [[Heiliges Römisches Reich|Heilige Römische Reich]] ist in Einzelstaaten zersplittert, die von Napoleon gegeneinander ausgespielt werden. Der Reichsverband wird aufgelöst. Deutschlands Intellektuelle fordern in der Reaktion auf die Bedrohung einen Nationalstaat, der erst noch gegründet werden muss, der jedoch auf diesem Weg mit einem ganz neuen Bewusstsein von Staatsbürgerlichkeit ausgestattet wird. Ende des 19. Jahrhunderts sind militärische Niederlagen dann mit enormen nationalen Gesichtsverlusten verbunden. Ein deutsches Heer zieht 1870 durch Frankreich und erzwingt in [[Versailles]], dem traditionellen Ort der von Frankreich ausgehenden Herrschaft, ein Eingeständnis der Niederlage, das als nationale Schmach empfunden werden muss (und 1918 eine internationale Gegenantwort, eine verheerende Demütigung Deutschlands nach sich zieht).
 
Nationale Euphorien, wie sie in der Befreiung Griechenlands von den Türken in den 1820ern und im Einigungsprozess [[Italien]]s (vgl. [[Risorgimento]]) Mitte des 19. Jahrhunderts aufkommen, bleiben ohne Parallele im 18. Jahrhundert – weder die englische [[Glorious Revolution]] von 1688 noch die Französische Revolution waren von vergleichbaren nationalen Sentimenten der Vereinigung begleitet. Europas Intellektuelle wie der Romantiker [[George Gordon Byron|Lord Byron]], der bei einem militärischen Kommando in Griechenland stirbt, entwickeln eine romantische Identifikation mit den neuen nationalen Bewegungen, die vom Volk getragen werden müssen, um zu funktionieren. Der neue Nationalismus erscheint authentischer als die Politik des 18. Jahrhunderts, sowie echter und den Wurzeln näher.
 
Das 19. Jahrhundert legte hier Grundsteine für die Entwicklungen, die im 20. neue Ausprägungen und globale Dimensionen gewinnen sollten. Der [[Faschismus]] und der [[Nationalsozialismus]] des 20. Jahrhunderts werden sich als national-völkische Bewegungen manifestieren. Hochtechnisierte und hochgerüstete Staaten werden sich hier in romantischen Rückbesinnungen auf völkische Ursprünge definieren und Konflikte globaler Dimensionen austragen, welche die Welt neu ordnen werden.
 
=== Die Nation als von ihrer Wirtschaft lebende Einheit ===
 
Entscheidende Bedeutung für die Ausbildung des Nationalstaates gewinnt im Verlauf des 19. Jahrhunderts die [[Industrialisierung]], die ein Ringen um [[Wirtschaftsmacht|wirtschaftliche Macht]] zwischen Europas Nationen auslöst. Im 18. Jahrhundert suchen die Regenten Europas nach Möglichkeiten, ihre Staatshaushalte zu sanieren – Staatshaushalte, die im Wesentlichen ihre persönlichen familiären Haushalte sind. Geld leihen sie sich von privaten [[Anleger (Finanzmarkt)|Finanziers]], [[Steueraufkommen (Deutschland)|Steuereinnahmen]] erhöhen sie, soweit dies geht, im besonderen Fall ziehen sie Geld aus der kursierenden [[Münze]]. Es geht aus der Sicht der Haushalte des 17. und 18. Jahrhunderts darum, den Abfluss von Edelmetall ins Ausland zu verhindern. Infrastrukturmaßnahmen, wie die Ansiedlung von [[Manufaktur]]en, bleiben im 18. Jahrhundert von den Regenten gesteuerte Maßnahmen. Der [[Kameralismus]] entwickelt sich als eigene Wissenschaft der wirtschaftlichen Sanierung eines Territoriums durch den Landesherrn.
 
Mit dem 19. Jahrhundert verändert sich die Sicht auf wirtschaftliche Entwicklungen. [[Königreich Großbritannien|Großbritannien]] wird als [[Kolonialmacht]] und als Land der hier früh einsetzenden [[Industrialisierung]] bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Wirtschaftsimperium. [[Amsterdam]] verliert seine Stellung als zentraler Handelsplatz und [[London]], die Hauptstadt des [[Britisches Weltreich|Britischen Weltreichs]], übernimmt diese Position. Die [[Deutsche Einigung|nationale Einigung Deutschlands]] geschieht am Ende im 19. Jahrhundert maßgeblich in einem Aufholprozess. Die Konkurrenz richtet sich politisch in der Frage des Nationalismus an Frankreich aus, wirtschaftlich und militärisch jedoch auf das industrialisierte und hochgerüstete Großbritannien. Ohne die Industrialisierung, wie sie England leistete, kann das aufstrebende [[Preußen]], die Kernmacht des neuen Deutschen Reichs, Großbritannien keine Flotte entgegenstellen, und ohne eine Flotte wird die neue Nation keine Chance haben, noch Kolonien zu akquirieren.
 
Europas Nationen müssen die Rahmenbedingungen für die Industrialisierung stellen, wollen sie einander gegenüber bestehen.
 
Der wirtschaftliche Konzentrationsprozess wird von neuen Debatten begleitet: Mit der Auseinandersetzung um den [[Liberalismus]] geht es im 19. Jahrhundert um die Kernfrage, ob dem Nationalstaat mehr mit einer staatlich gelenkten Wirtschaft gedient ist oder damit, dass er seinen Bürgern und ihrer Initiative größte Freiheit lässt. Der [[Kommunismus]] gewinnt in der Auseinandersetzung zwischen deutschen Debatten und der Realität des englischen Wirtschaftssystems Mitte des 19. Jahrhunderts seine Programmatik. Er prognostiziert, dass mit der neuen wirtschaftlichen Integration die [[Soziale Klasse|Klasse]] der [[Arbeiter]] eigene Kontur gewinnt – eine Klasse, die schlussendlich das Ende der Nationalstaaten herbeiführen wird und eine Weltherrschaft der [[Arbeiterklasse]] errichtet.
 
Die [[Sozialdemokratie]] strebt Kompromisse mit dem Nationalstaat an, soziale Sicherungssysteme, die Massenarmut verhindern und den Staat stabilisieren.
 
=== Europas Nationen im Wettbewerb um Kolonien ===
Der [[Kolonialismus]] des 19. Jahrhunderts geht im Wesentlichen bis in das 16. und 17. Jahrhundert zurück, er weist jedoch gänzlich neue Züge auf. Spanien und Portugal nutzten ihre Kolonien vordringlich, um Gold aus ihnen zu beziehen – das Edelmetall war von kurzem Profit, der Goldfluss führte zu einem Preisverfall, weniger jedoch zum Aufbau sich selbst erhaltender wirtschaftlicher Strukturen. Einen zweiten Entwicklungsschub leistete der niederländische Kolonialismus des 17. Jahrhunderts, der Amsterdam zum Weltfinanzort machte. Ihn prägte der Zusammenschluss Amsterdamer Kaufleute in Handelsgesellschaften, welche die größere Erschließung von Wirtschaftsräumen zwischenfinanzierten. Importiert wurden aus den Kolonien Handelswaren. Der Reichtum der Niederlande resultierte aus dem Zwischenhandel und der Veredelung von Rohstoffen in Manufakturen des Landes.
 
Was dem niederländischen Kolonialismus fehlte, war die staatliche Deckung, die er in Großbritannien entwickelte. Die Unterwerfung des [[Mogulreich]]s Mitte des 18. Jahrhunderts mit britischer Militärmacht bedeutet hier am Ende eine Weichenstellung in den Kolonialismus des 19. Jahrhunderts. Private [[Kapitalgesellschaft]]en bilden das Rückgrat des britischen Kolonialismus. Der Staat deckt sie durch den Aufbau der Nationalbank. In den Kolonien baut der erstarkende Staat Substrukturen seiner selbst auf: Eigene Bildungszentren, eine eigene ständige Armee als Ordnungsmacht, eigene staatliche Strukturen, aus denen im 20. Jahrhundert führende Nationen der Dritten Welt hervorgehen.
 
Der Wettstreit der Nationen um [[Kolonie]]n wird im 19. Jahrhundert zum zentralen Thema europäischer nationaler Selbstwahrnehmung. Große Projekte wie der Bau des [[Sueskanal]]s werden zu Kristallisationspunkten des neuen Bewusstseins. Die eigene, europäische Überlegenheit gegenüber dem kolonialen Raum schafft einen neuen [[Rassismus]] und ein eigenes Feld der [[Kulturtheorie]], in dem es um die Frage geht, unter welcher Bedingung sich [[Kulturnation]]en entwickeln.
 
=== Rohstoffe, Energiereserven und Industrie ===
Innerhalb der einzelnen Länder wird die [[Industrialisierung]] und die Erschließung der [[Kohle]]vorkommen zum Gegenpol des Kolonialismus. Zu verarbeitende Güter werden importiert, Energiereserven müssen im Land für ihre Verarbeitung erschlossen werden. Die Kohlevorkommen im Norden und Westen [[England]]s, [[Lothringen]]s und des [[Rheinland]]s werden der Reihe nach wirtschaftlich nutzbar gemacht. Nach groben Anfängen zu Beginn des Jahrhunderts findet in Deutschland in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein deutlicher Aufschwung der Industrie statt, welcher das 19. Jahrhundert entscheidend prägt.<ref>{{Literatur |Autor=Toni Pierenkemper |Hrsg= |Titel=Gewerbe und Industrie im 19. und 20. Jahrhundert |Band=Enzyklopädie Deutscher Geschichte |Nummer=29 |Verlag=Oldenbourg Verlag |Ort=München |Datum=1994 |ISBN= |Seiten=60 f.}}</ref> Großbritannien muss sich Ende des 19. Jahrhunderts der wirtschaftlichen Konkurrenz des erstarkten europäischen Kontinents stellen, bevor die USA im 20. Jahrhundert mit einer eigenen [[Wirtschaftspolitik]] und Dank ihrer schieren Marktgröße Europas Nationen überholen.
 
Durch die Industrialisierung bedingt, entsteht im 19. Jahrhundert ein Bevölkerungswachstum. Der Anstieg der Bevölkerungszahl ist das Ergebnis der steigenden Geburten- und sinkenden Sterbezahlen.<ref>{{Literatur |Autor=Gerd Hardach |Hrsg=Peter Feldbauer, August Gächter |Titel=Industrialisierung in Geschichte und Gegenwart |Sammelwerk=Industrialisierung. Entwicklungsprozesse in Afrika, Asien und Lateinamerika |Band=Historische Sozialkunder |Nummer=6 |Verlag=Brandes & Apsel |Ort=Frankfurt |Datum=1995 |ISBN= |Seiten=18}}</ref>
 
Neben dem  Bevölkerungswachstum geht mit der Industrialisierung ein Produktivitätsanstieg und Ausschluss von überschüssigen Arbeitern einher. Große Mengen an Arbeitern kämpfen daher, vor allem in der Landwirtschaft, um ihre Existenz.<ref>{{Literatur |Autor=Gareth Stedman-Jones |Hrsg=Logie Barrow, Dirk Hoerder |Titel=Vorstellungen der Herrschenden und der Arbeiterklasse über Arbeitslosigkeit und Politik im 19. Jahrhundert |Sammelwerk=Arbeiterkultur und Industrialisierung |Band=Deutsch-Englische Jahrbücher |Nummer=12 |Verlag=Gulliver |Ort=Berlin |Datum=1982 |ISBN= |Seiten=76}}</ref> Durch neue Arbeit an Maschinen werden vor allem viele Frauen arbeitslos. Das mangelnde Durchsetzungsvermögen gegenüber Unternehmen ist ein Grund für die Schwäche der Frauen auf dem Arbeitsmarkt.
 
Die Erfindung der [[Dampfmaschine]] geht auf das frühe 18. Jahrhundert zurück. Im Zusammenspiel mit der Erschließung neuer Energievorkommen und dem Rohstoffimport aus den Kolonien erlaubt sie den Aufbau des industrialisierten Europas. Die durch die Dampfkraft ermöglichte Ausweitung der Eisen- und Stahlproduktion sorgt für die Entwicklung einer Vielzahl neuartiger Maschinen.<ref>{{Literatur |Autor=Roy Bin Wong |Hrsg=Sebastian Conrad, Jürgen Osterhammel |Titel=Möglicher Überfluss, beharrliche Armut. Industrialisierung und Welthandel im 19. Jahrhundert |Sammelwerk=1750-1870 |Band=Wege zur modernen Welt |Nummer=4 |Verlag=C.H.Beck oHG, The Belknap Press of Harvard University Press |Ort=München |Datum=2016 |ISBN= |Seiten=289}}</ref> Dies sorgt im Verlauf des 19. Jahrhunderts für weitreichende Veränderungen bei Produktion und Vertrieb.
 
Europas Landkarte verändert sich im Prozess. Reich waren im 17. und 18. Jahrhundert vor allem die Herrschaftszentren. Mit der Erschließung von Rohstoffvorkommen werden Regionen, die bislang uninteressant waren, als Wirtschaftsstandorte attraktiv. Das Rheinland mit seiner mächtigen [[Schwerindustrie]] und der Raum um [[Lüttich]] machen hier Karrieren.
 
Außerhalb Europas entsteht bei vielen Ländern der Wunsch nach einer gewinnbringenden Industrie. In  Indien löst der Eisenbahnbau den Aufstieg der indischen Baumwolltextilindustrie aus. Dadurch steigen die Preise und auch die Produktionskosten der Handweber. Durch diese Umstände kommt eine konkurrenzfähige Textilindustrie in Indien zustande Südafrika dagegen ist in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vom Bergbau geprägt. Beinahe die Hälfte des ausländischen Kapitals fließt in den Goldbergbau, welcher auch einen erheblichen Teil des Volkseinkommens und der Staatseinnahmen Südafrikas darstellt. Die Brasilianische Industrie ist im 19. Jahrhundert auf verschiedene Regionen aufgeteilt. Die Hauptindustrie stellt die Kaffeeproduktion im Südosten Brasiliens dar. Neben dem Kaffee bringt Baumwolle und Zuckerrohr im Nordosten des Landes einen wichtigen Profit. Ein wichtiger Faktor stellen dabei Sklaven aus überwiegend afrikanischem Ursprung und Lohnarbeiter aus Europa und Asien dar.


Da Japan im 19. Jahrhundert eine Kolonialisierung durch die USA und europäische Länder befürchtet, beschäftigt man sich zunehmend mit der Industrialisierung des Landes. Japan wendet dazu das Wissen aus Büchern des Westens auf die eigene Industrialisierung an. Infolgedessen entstehen Verteidigungsanlagen, Schiffswerften und industrielle Werkstätte. Teure Werkzeuge und Stoffe werden durch billige ersetzt um Kosten zu sparen. Aufgrund der großen Nachfrage nach Seide auf dem Weltmarkt wird in Japan eine Seidenindustrie und Baumwollindustrie aufgebaut.
Aus verschiedenen weiteren Gründen kann das 19. Jahrhundert den Charakter einer eigenen Epoche beanspruchen. Es war die Zeit, in der sich die [[Wikipedia:Industrialisierung|Industrialisierung]] und die [[Wikipedia:Kapitalismus|kapitalistische]] Wirtschaftsweise vor allem in Europa und [[Nordamerika]] durchsetzten. Mit dem [[Wikipedia:Imperialismus|Imperialismus]] erreichte die direkte und indirekte Dominanz [[Wikipedia:Geschichte Europas|Europas]] in der Welt ihren Höhepunkt. Innerhalb der sich industrialisierenden Gesellschaften veränderten sich die Lebensweisen teilweise dramatisch. Der soziale Wandel zerstörte hergebrachte Verhaltens- und Denkweisen. Die Verkehrsrevolution und die Suche nach Arbeit erhöhten die Mobilität. Die Städte wuchsen nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern mit der [[Wikipedia:Urbanisierung|Urbanisierung]] begann sich eine spezifisch neuzeitliche städtische Lebensweise durchzusetzen.


=== Neue Verkehrsmittel und Medien ===
Das lange 19. Jahrhundert war in vieler Hinsicht das Jahrhundert des Bürgertums und der bürgerlichen Gesellschaft. Das Besitz- und Bildungsbürgertum prägte im Wesentlichen Kunst, Kultur, Geistesgeschichte, aber etwa mit dem Nationalismus und dem Liberalismus auch die politische Kultur. Im weiteren Verlauf entwickelte sich auch die Arbeiterbevölkerung zu einer gesellschaftlich prägenden Schicht. Arbeiterbewegung und Sozialismus wurden zu zentralen Begriffen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dagegen verloren der Adel und die Landbevölkerung tendenziell an Bedeutung.
Mit der Industrialisierung werden die [[Eisenbahn]] und die [[Dampfschiff]]fahrt aufgebaut – beides Erfindungen, die nötig sind, um die flächendeckende Erschließung von Wirtschaftsräumen überhaupt durchzuführen. Auf dem Kontinent ermöglichen die Eisenbahn und die Dampfschifffahrt Mitte des 19. Jahrhunderts den Güterverkehr. Diese Verkehrsrevolution sorgt für schnelleren Transport der Güter und für eine bessere Reichweite der Fahrten. Waren werden zur Verarbeitung an die Orte transportiert, an denen Rohstoffvorkommen die Energiereserven stellen. Zwischen den Kohleabbaugebieten, den industrialisierten Zentren und den bestehenden Handelsmetropolen entwickeln sich Verkehrsnetze. Durch die Eisenbahn und Seeschiffsfahrt wird nun vor allem zwischen europäischen Ländern Handel betrieben. Auf den anderen Kontinenten werden wichtige Verkehrsverbindungen erst im 20. Jahrhundert ausgebaut. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird über britische Häfen regelmäßiger Handel zwischen europäischen Ländern und außereuropäischen Ländern betrieben. Dabei werden vor allem die Häfen in Süd- und Nordamerika angefahren. Afrika und Asien sind noch immer eine seltene Route für Europäer.
 
Zu den neuen Verkehrsmitteln kommt ab Mitte des 19. Jahrhunderts der Aufbau der modernen [[Telekommunikation]]. Das erste [[Transatlantisches Telefonkabel|Transatlantikkabel]] wird in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelegt. [[Nachrichten]] können wenig später mit Lichtgeschwindigkeit weltweit transportiert werden – für den Wettstreit zwischen den USA und Europa, der mit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnt, ist das fast die entscheidende Voraussetzung.
 
Mit den neuen Medien nimmt die staatliche Struktur neue Formen an. Herrschaft bedurfte im [[Mittelalter]] immer wieder der persönlichen Präsenz des Regenten, der im Bedarfsfall von [[Königspfalz|Pfalz]] zu Pfalz reiste, um Herrschaftsansprüche vor Ort geltend zu machen. Die [[frühe Neuzeit]] erlaubte die zentrale Machtausübung, den Absolutismus, als neue Herrschaftsform. Eine zentrale [[Steuer]]- und [[Geldpolitik]] und eine bis an die Landesgrenzen reichende [[militär]]ische Präsenz sicherten die absolutistische Herrschaft. Die Erfindung des Drucks zog im [[17. Jahrhundert]] die Entwicklung der [[Zeitung]]en als Informationsquelle nach sich. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts breiteten sich Nachrichten mit der Geschwindigkeit des Postverkehrs flächendeckend in Westeuropa aus, sie erreichten die Regierenden wie die Bevölkerung. Dieser Informationsfluss ließ sich bis in das 19. Jahrhundert kaum beschleunigen. Sicherheit von Information ließ sich damit nicht beliebig steigern – die Überprüfung von Fehlinformationen dauerte bis in das 19. Jahrhundert hinein zwischen den Metropolen Europas Wochen, entsprechend misstrauisch wurden Nachrichten behandelt.
 
Die Kommunikation über die [[Telegrafie]] erlaubt Mitte des 19. Jahrhunderts die Produktion von Zeitungen und Journalen, in denen weltweit am selben Tag dieselben Nachrichten verfügbar werden. Informationen können nun unverzüglich überprüft werden. Die Kommunikation zwischen Regierungszentralen und lokalen Behörden gewinnt an Bedeutung. Das Gefühl, jederzeit und an jedem Ort des Landes von den Entscheidungen der Regierung betroffen zu sein, von Entscheidungen, die ihre Informationen vor Ort erheben, schafft ein neues Bewusstsein bei den Bürgern von der übergeordneten staatlichen, das gesamte Gebiet erfassenden Einheit.
 
=== Bürgertum und Interessenverbände ===
Die Beziehungen zwischen dem Einzelnen und dem Staat werden im Verlauf des 19. Jahrhunderts in den [[Nationalstaat]]en grundlegend neu organisiert. Das 18. Jahrhundert trug noch immer den Traditionen der [[Ständegesellschaft]] Rechnung. [[Privileg]]ien wurden einzelnen Ständen garantiert. In den Städten wurden Berufsgruppen mit Privilegien ausgestattet. Dem wirtschaftlichen Wachstum waren im 18. Jahrhundert handfeste Grenzen gesetzt: Die meisten Städte Europas waren im 18. Jahrhundert ummauert. Manufakturen mussten vor den Stadtmauern errichtet werden, ohne den Schutz der Stadt. In der Stadt wiederum wurden die einzelnen Handelsbefugnisse vom Rat der Stadt verwaltet und nicht vermehrt. Wer im 18. Jahrhundert in einer Stadt ein neues Geschäft aufmachen wollte, musste in eine Familie mit der Gewerbebefugnis seiner Wahl einheiraten oder eine verwaiste Gewerbebefugnis erwerben.
 
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts schleiften die größeren Städte Europas ihre [[Befestigung]]sanlagen. Wo die [[Stadtmauer]]n standen, entstanden Ringstraßen. Wirtschaftliche Ansiedlungen und Villenviertel entstanden an den neuen Sternstraßen, welche die Städte des 19. Jahrhunderts anlegten. Die Voraussetzung dieser Entwicklung war der militärtechnische Fortschritt: Als sich Städte nicht mehr verteidigen ließen, wurden ihre großen Befestigungsanlagen unnütz, neue [[Militär|Armeen]] mussten die [[Landesverteidigung|Landessicherung]] vornehmen. Mit dem 19. Jahrhundert entwickeln sich die Großstädte Europas zu Wirtschaftszentren.
 
Zutrittsbedingungen zu den Berufen werden liberalisiert. Neuansiedlungen von Unternehmen werden gefördert. Ein neues Verständnis staatsbürgerlicher Initiative und privaten Unternehmertums ist die Folge. Das Bürgertum wird zur treibenden, initiativen Kraft. Es schafft neue Organisationsformen, Berufsverbände und ein komplexes Geflecht an Gesellschaften und Interessengruppen, die das wirtschaftliche Leben bestimmen und den kulturellen Austausch prägen.
 
=== Nation und Bildung ===
 
Eines der wichtigsten Probleme, das die [[Französische Revolution]] Europas Nationen hinterließ, war das Problem der stabilen sozialen Ordnung. Eigene Ideologien nehmen sich im 19. Jahrhundert der zentralen Frage der sozialen Mobilität und ihrer konfliktfreien Gewährleistung an – der [[Positivismus]], der anfänglich der Französischen Revolution nahesteht und dann mit dem Liberalismus einhergeht, begründet die [[Soziologie]] als Wissenschaft des geregelten und für die Menschheit fruchtbaren Zusammenlebens. Der [[Sozialismus]] und der [[Kommunismus]] knüpfen weiterreichende politische Forderungen an die Entwicklung der Staaten.
 
Eine ganz andere Lösung des Problems sozialer Mobilität richtet sich mit den [[Bildungssystem]]en ein. Die Nationen Europas garantieren ihren Bürgern – unabhängig von Schicht und Konfession – gleiche Aufstiegschancen. Statt der [[Revolution]] einer Klasse kann das [[Individuum]] versuchen, sich in privater Initiative empor zu arbeiten.
 
Die Chancen dazu muss das Bildungssystem liefern, das geöffnet wird: Die [[Schulpflicht]] wird eingeführt, wobei die von öffentlicher Hand geförderten Bildungseinrichtungen Jungen vorbehalten sind. Zu sozialer Unruhe führt das neue System dabei gerade nicht: Jeder einzelne kann theoretisch aufsteigen, wenn er den entsprechenden Bildungsweg nimmt. Praktisch haben die finanzstarken Schichten des [[Bürgertum]]s und des [[Adel]]s nicht wettzumachende Vorteile, ihren (männlichen) Kindern in den nationalstaatlich organisierten Bildungssystemen die optimalen Startbedingungen zu geben. [[Arbeiterkinder]] werden frühzeitig aus der Schulbildung genommen, um für den Familienunterhalt zu sorgen. Zudem hatten bei Kindern auf dem Land der Hof und die Ernte immer Vorrang vor der Schulpflicht.
 
Mindestens so wichtig für die soziale Stabilisierung werden die nationalen Diskussionsthemen, die in den Schulunterricht eingeführt werden. Sie sorgen für ein tiefer gehendes [[Klassenbewusstsein]]. Über Kunst, Literatur und Musik spricht man in den oberen Schichten – gebildet. In den unteren Schichten bietet eine [[Popkultur|populäre Kultur]] eigene Diskursgegenstände an mit dem Ergebnis, dass eine Vermischung der Schichten für alle Beteiligten unattraktiv wird. Man teilt die Themen nicht, die in den verschiedenen Schichten interessant sind, sobald man Schichten wechselt.
 
=== Kulturnationen und Säkularisation ===
 
Die Schulbildung und alle nationalen Debatten blieben im 18. Jahrhundert mit religiösen Themen ausgestattet. Die Religionen stellten entscheidend die Öffentlichkeit her, innerhalb derer Diskussionen stattfinden konnten. Europas Landkarte war nicht nur territorial zersplittert, sie war zudem nach den drei Konfessionen geteilt, ohne dass dabei ein einheitliches Muster zustande kam. Die Konflikte zwischen den Nationen deckten sich nicht mit der konfessionellen Landkarte. Konflikte einzelner Nationen mit Interessengruppen, die konfessionell gebunden waren, führten in der Regel darum immer sofort auch Konflikte zwischen den Nationen herbei, die sich für die benachteiligten religiösen Gruppen verantwortlicher fühlten.
 
Anfang des 19. Jahrhunderts erfasst eine [[Säkularisation]]s-Welle Kontinentaleuropa. Die [[Kirche (Organisation)|Kirche]] wird dem [[Staat]] untergeordnet. Einzelne Territorien wie [[Säkularisation in Bayern|Bayern]] und [[Württemberg]] überwinden ihre Zersplitterung in kleine isolierte regionale Gebiete durch spektakuläre Aneignungen kirchlichen Besitzes. Eine Verlagerung gesellschaftlicher Debatten muss die Säkularisation absichern. Die Nation muss die Diskussionen dominieren, will sie die Macht der Kirchen zurückdrängen. Sie tut dies, indem sie gerade den Schutz der bürgerlichen Freiheiten anbietet.
 
Der Nationalstaat des 19. Jahrhunderts führt die Gleichberechtigung der Religionen ein, bevor er den Bürgern gänzliche Freiheit des Bekenntnisses einräumt. Von entscheidender Bedeutung wird diese Entwicklung für Europas [[Juden]], die bislang in allen Territorien eine diskriminierte [[Minderheit]] waren. Wohl finden sie auch jetzt kaum Zugang zu Positionen in [[Militär]] und [[Politik]], doch können sie in [[Wirtschaft]] und [[Bildung]] zunehmend frei investieren und damit eine eigene Bedeutung in der Gesellschaft entwickeln.
 
Gegenüber den von der Religion dominierten Debatten kommen neue Debatten- und Bildungsgegenstände auf: [[Nationaltheater]] werden in den Städten aufgebaut, um der Nationalliteratur einen Raum zu geben. Auf dem [[Buchhandel|Buchmarkt]] werden die Veränderungen mit einer Umstrukturierung des Angebots greifbar: Die [[Buchhandlung]]en des 18. Jahrhunderts boten überwiegend [[Theologica]] – kontroverse Theologica, große Lehrwerke, „praktische“ Theologie vom [[Gebetbuch]] bis zum religiösen Verhaltensratgeber. Im 19. Jahrhundert verliert die Theologie ihre Marktbedeutung, die [[Belletristik]] und in dieser die Nationalliteratur nehmen ihren Platz ein. Zusatzdiskussionen kommen auf: Die Kunstdebatte, die jetzt [[bildende Kunst]] zum neuen Gegenstand hat, die [[E- und U-Musik|ernste Musik]], die einen eigenen [[Konzertbetrieb]] aufbaut.
 
Mit beiden Debattenfeldern wird die nationale Literaturdiskussion um zwei internationale Plattformen erweitert. Alle drei großen Debatten werden im Austausch über die „Kultur“ zusammengefasst. Die Frage, was eine [[Kulturnation]] auszeichnet, beschäftigte Europas Intellektuelle im Blick auf die „unterentwickelten“ Länder Afrikas wie im Wettstreit der europäischen Kulturnationen um nationale Identität. Er findet auf dem Gebiet der Kultur seinen Hauptaustragungsort.
 
Identifizierten sich Großbritannien und Frankreich mit längerer Tradition als Nachfahren Roms, so wählt Deutschland im 19. Jahrhundert einen folgenschweren nationalen Sonderweg. Das Mittelalter wird zur eigenen großen Phase der Nation gemacht. Über das Mittelalter gründet sich die neue Nation auf „germanische“ Wurzeln. Als Option war dies bereits in Debatten der Humanisten angelegt. Nun jedoch wird ein spezifischer Nationalcharakter und eine neue Ethik hinzuentwickelt. Deutschland bricht im 19. Jahrhundert mit Idealen des christlichen Humanismus. Das Germanische wird als Gegenkultur aufgebaut, in der das Volk am Ende die Ethik rechtfertigen soll – es wird zur vitalen biologischen Einheit, welche die Nation als Organisationsform hervorbringt und die von der Nation aggressiv gegen Einfluss der Nachbarnationen geschützt werden muss. Von der Romantik geht hier eine Entwicklung in die Philosophie [[Friedrich Nietzsche]]s, die einen über der Moral stehenden [[Übermensch]]en denkbar macht, in den Nationalsozialismus des 20. Jahrhunderts, wo der Übermensch und das Volk rassistische Qualitäten gewinnen gegenüber den „Untermenschen“ im Land und „in den slawischen Völkern“ des Ostens, deren Unterwerfung und Ausrottung Programm des wirtschaftlich und militärisch modernen Nationalstaates werden – eines Nationalstaats, der die verqueren Traditionsangebote des 19. Jahrhunderts zusammenbringt und der schließlich zum Schutz der „arischen Rasse“ schreitet.
 
=== Die Literatur, die Kunst und die Musik werden zu Bereichen eines pluralistischen Austauschs ===
Die Literatur, jetzt definiert als der Bereich der nationalsprachlichen Überlieferung (siehe hierzu eingehender den Artikel [[Literatur]]), die Kunst, jetzt definiert als Feld der Dinge, die ob ihrer Ästhetik gewürdigt sein wollen, und die Musik werden in Europas Nationen zu privilegierten Debattenfeldern. Die Entwicklung kommt maßgeblich über die Sekundären Diskurse zustande, die sich dieser Produktionen im Feuilleton und an den Schulen und Universitäten annehmen.
 
Eine Neuordnung des Marktes ist die Folge: Hoch stehen die kulturtragenden, national gewürdigten Produktionen, niedrig dagegen eine neue kommerzielle Kultur, die im Verlauf des 19. Jahrhunderts zunehmend auf die Vermarktung gegenüber den unteren Schichten als neuem Massenpublikum abzielt.
 
Die hohe Produktion der anspruchsvollen Kunst, Literatur und Musik, welche die Kunstausstellungen, die Konzertsäle und die [[Literaturzeitschrift]]en erobert, wird unter der massiven gesellschaftlichen Würdigung, die sie erfährt, mit der Wende ins 19. Jahrhundert zum Austragungsort aller wichtigen Debatten. Staatstragender Kunst steht dabei eine permanente Revolte der Kunst gegen bestehende Moral und Ästhetik gegenüber. Eine übergreifende Debatte begleitet den Weg der Kunst und der Literatur in die gesellschaftsweiten Diskussionen: Die Debatte, wie weit Kunst sich anderen Zwecken zur Verfügung stellen kann, respektive wie stark der Künstler auf der Autonomie der Kunst beharren kann, sich ganz seiner Arbeit verpflichtet fühlen darf – einer Arbeit, auf die der sekundäre Diskurs zukommen muss, und die durchaus nicht einfach nach seinen Ansprüchen gebildet wird. Unter dem Motto [[L’art pour l’art]] erweitert die als [[Ästhetizismus]] ausgewiesene Option das Spektrum bis dahin bestehender Schulen, die zu unterschiedlichen Interessengruppen unterschiedliche Nähe entwickelten – von der staatstragenden Kunst des akademischen Historismus bis zu den Schulen, welche die Kunst in den Dienst sozialer Anliegen stellen.
 
Unterhalb dieser in der hohen Kultur ausgefochtenen Kämpfe entwickelt sich eine breite Produktion, die an kommerziellen Bühnen und im Angebot der Trivialliteratur ein Massenpublikum erobert, bevor dieses mit dem Sport als neuem Ereignislieferanten und einer allgemeinen Massenpresse einen eigenen Status als politische Macht und ganz eigene Medien und in ihnen transportierte Informationen gewinnt.
 
=== Wissenschaften ===
 
Massiv zeichnen sich die skizzierten Veränderungen im [[Wissenschaftsbetrieb]] ab: Bis in das 18. Jahrhundert hinein wurden die Wissenschaften an [[Kirche (Organisation)|kirchlichen]] und [[landesherr]]lichen Institutionen unterrichtet. Die Fächer [[Theologie]], [[Rechtswissenschaft|Jurisprudenz]], [[Medizin]] und [[Philosophie]] teilten den [[Wissenschaftsbetrieb]] unter sich auf. Nationale Akademien der Wissenschaften kamen mit dem 17. Jahrhundert ins Spiel und gaben der „[[Res publica literaria|Gelehrtenrepublik]]“ neue Dachstrukturen. Die [[Naturwissenschaft]]en blieben jedoch bis in das späte 18. Jahrhundert trotz der spektakulären Erkenntnisse seit Galilei und Newton eine Domäne für Liebhaber. Es gibt für sie im 18. Jahrhundert keinen wirtschaftlichen Nutzen und keine Berufe, in denen sie sich auszahlen könnten.
 
Die Sicht auf die Naturwissenschaften ändert sich im 18. Jahrhundert maßgeblich durch die Leistungen der [[Royal Society]], die als Wissenslieferantin den Aufbau der Kolonien begleitet. Die Verbesserung der [[Navigation]] und ihr dienend der [[Zeitmessung]], die Sammlung geographischer Informationen gehören zu den ersten Angeboten der auf die Naturwissenschaften ausgerichteten wissenschaftlichen Gesellschaft.
 
Verbesserungen [[Landwirtschaft|landwirtschaftlicher Anbauverfahren]], die am Ende wirtschaftliche [[Profit]]e abwerfen, kommen als Errungenschaft der Wissenschaften im späten 18. Jahrhundert in die Diskussion. Mit der Industrialisierung wird in den Nationen Europas diskutabel, dass [[technische Universität]]en aufgebaut werden müssen, um [[Grundlagenwissen]] zu produzieren. Das alte Gefüge der Wissenschaften wird aufgebrochen:
 
* Die Naturwissenschaften beliefern die technischen Wissenschaften mit Erkenntnis,
* die [[Ingenieurwissenschaften]] greifen in die Praxis ein,
* die [[Geisteswissenschaft]]en werden aufgebaut, um die großen gesellschaftlichen Debattengegenstände mit einer hierarchisierbaren Diskussion auszustatten: Die [[Geschichte]], die [[Literatur]], die [[Kunst]], die [[Musik]] werden Bereiche des Universitätsbetriebs,
* [[Sozialwissenschaften]] kommen im 19. Jahrhundert hinzu, behalten aber einen Außenseiterstatus.
 
[[Datei:Afrika Politische Uebersicht Maerz 1885.jpg|mini|Karte Afrikas vom März 1885 – unmittelbar nach der Kongokonferenz]]
 
=== Europa und die Welt ===
Der Nationalstaat wurde in der größeren Perspektive die Einheit, welche die weltweite Expansion mit neuer Koordinationskraft übernehmen konnte. [[Afrika]], in dem bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch mächtige autochthone Staaten bestanden wie das 1804 gegründete [[Kalifat von Sokoto]], wurde am härtesten von der neuen Entwicklung getroffen: Nachdem Reisende wie [[Henry Morton Stanley]], [[David Livingstone]] und [[Heinrich Barth]] die Erforschung des „dunklen Kontinents“ vorangetrieben hatten, teilten Europas Nationen Afrika bei der [[Kongokonferenz]] von 1884/85 unter sich auf. Der [[Wettlauf um Afrika]] begann, der am Ende in die Schaffung von Pseudonationen mündete: Gebiete, deren Grenzen mit dem Lineal auf der Landkarte gezogen wurden, Gebiete wie sie Europas Nationen praktisch erschienen, die lange in einzelne Machtdomänen zersplittert gewesen waren. In Afrika konnten die Europäer ihre eigenen Organisationsstrukturen auf in ihren Augen kaum vorhandene Organisationsstrukturen aufsetzen, ein Problem, das Sprengkraft im 20. Jahrhundert entfaltete, als dieselben künstlich geschaffenen Einheiten in „Unabhängigkeiten“ entlassen wurden, die letztlich alles andere als Unabhängigkeit erlaubten.
 
Anders entfaltete sich der Nationalismus in [[Asien]]: Hier traf Europa im 18. Jahrhundert auf politische Einheiten, die ganz wie europäische Einheiten organisiert waren. Das [[Kaiserreich China]] schien europäischen Beobachtern überlegen in seiner Organisation, hier hatte man einen vollendet zentral organisierten Staat aufgebaut. [[Indien]] schien Europa dagegen unterlegen: das [[Mogulreich]] blieb das Projekt einer einzelnen [[Dynastie]], die am Ende in blutigen Erbschaftsquerelen unterging. [[Königreich Großbritannien|Großbritannien]], [[Frankreich]] und [[Dänemark]] suchten das Machtvakuum zu nutzen, das sich Mitte des 18. Jahrhunderts in Indien abzeichnete, Großbritannien blieb dabei erfolgreich. Mit dem 19. Jahrhundert und dem Aufbau der europäischen Nationalstaaten errangen diese eine überlegene Organisationsstruktur: die Integration wirtschaftlicher und militärischer Macht unter dem Dach einer zentralen [[Außenpolitik]] staatlicher Deckung. Die Nationen Europas handelten am Ende untereinander ihre Machtansprüche aus. Die Länder Asiens mussten den Weg eigener Nationalstaatlichkeit wählen. [[Japan]] ging ihn mit der Revolution der [[1860er]] als einzige asiatische Nation erfolgreich mit einer Übernahme politischer Strukturen von Großbritannien und einer Übernahme des Bildungssystems insbesondere von Deutschland und Österreich. Der Aufbau einer Militärmacht und einer Wirtschaftsmacht folgte mit verheerenden Konsequenzen für die benachbarten asiatischen Nationen.
 
Die unterlegenen Nationen Asiens gerieten mit dem 20. Jahrhundert in Europas Machtgeschiebe, und gewannen erst hier die Chance, Gegengewichte zur europäischen und amerikanischen Macht als aufsteigende Nationen aufzubauen.
 
== Sich verändernde Wahrnehmungen: Entwicklungen werden ein zentrales Thema ==
Bestimmte Worte waren dem 18. Jahrhundert weitgehend fremd. Das Wort „Entwicklung“ gehört zu ihnen. „Veränderung“ ist das Wort, das sich im frühen 18. Jahrhundert überall dort findet, wo man im 19. Jahrhundert Entwicklungsthesen sucht. Eine Veränderung kann in einem Menschen vorgehen, dieser fasst einen neuen Entschluss, wird von einer neuen Stimmung erfasst, verändert sich von da auf grundlegend. Veränderungen, Revolutionen sind im 18. Jahrhundert nicht minder in allen historischen Prozessen gesucht. Reiche gehen unter, andere werden gegründet. Man geht im 18. Jahrhundert davon aus, dass Kultur des Entschlusses bedarf. Adam entschied sich, erwachsen auf die Welt gekommen, am ersten Tag seiner Existenz, die Dinge zu benennen und aus einer einfachen Kombination von Vorstellungen die wesentlichen Erfindungen wie Schiffe, Häuser, und Städte zu begründen.
 
Der historische Raum war für das 18. Jahrhundert kurz. Auf die Weltschöpfung folgten etwa 1600 Jahre bis zur Sintflut, dann um das Jahr 2300 v. Chr. kam es mit der erneuten Besiedelung der Welt durch die drei Söhne Noahs zum Aufbau der jetzigen Kulturräume – 1000 Jahre später war dieses Werk abgeschlossen, die Antike Welt lag so besiedelt vor, wie die ersten antiken Schriftsteller und die Schreiber des ''Alten Testaments'' sie wahrnahmen.
 
Europa rühmte sich seiner Aufklärung gerade da es von einer kurzen Geschichte ausging, die verworrenen langen Regentenreihen mied, mit denen die Chinesen etwa ihre Geschichte ausstatteten. Die Welt müsste, so europäische Aufklärer im 18. Jahrhundert, von antiken Ruinen übersät sein, wäre die Welt älter und schon länger von Menschen besiedelt.
 
Zur kurzen Weltgeschichte gehört das Individuum, das Kultur jederzeit und aus dem beliebigen Entschluss hervorbringt, ein Individuum, mit dem das 19. Jahrhundert bricht.
 
=== Geschichte als Entwicklungsraum ===
Die Geschichte der Welt und der Menschheit wird mit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts länger. Versteinerungen und Fossile erfordern neue geologische Theorien. Bislang hatte man sie ohne weiteres als Beweis der Sintflut gesehen. Die Bibel wird im ersten Anlauf durch Auslegungen verteidigt, die den Schöpfungsmythos symbolisch interpretieren. Aus den einzelnen Tagen werden Jahrtausende der Entwicklung.
 
Der zunehmende Kontakt mit außereuropäischen Kulturen macht es Ende des 18. Jahrhunderts denkbar, dass kulturelle Entwicklungen lange menschheitsgeschichtliche Prozesse voraussetzen. Gleichzeitig entwickelt gerade die Romantik des frühen 19. Jahrhunderts eine große Begeisterung für die „Naturvölker“, deren Kultur der hohen westlichen Zivilisation in manchen Aspekten plötzlich überlegen scheint.
 
Das 19. Jahrhundert zeigt sich begeistert von Kulturunterschieden, von der Option, dass gerade sehr lange Entwicklungen zu dem Zivilisationsstand führten, der in Europa herrscht. Die Andersartigkeit der Antike und des Mittelalters werden Untersuchungsgegenstände. Kulturelle Fremdheit wird produziert und im Historismus gegenüber der Vergangenheit in Anschlag gebracht.
 
Maler des 17. und 18. Jahrhunderts hatten historische Szenen zumeist nur geringfügig mit fremdem Zeitkolorit versehen, der aktuelle Orient inspirierte dabei. Maler des 19. Jahrhunderts entdecken fremde Ästhetiken. Die Gotik wird als eigene Ästhetik konstruiert und von den Romantikern in großen Gemälden inszeniert. Die Antike findet eine neue, archäologische Forschung, in der es um die Rekonstruktion fremder Sitten, und vergangener Formen des Zusammenlebens geht.
 
Die Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts kannte keine Sprachentwicklungen, sie ging von Sprüngen und Neuschöpfungen aus. Anders die Sprachwissenschaft, die im 19. Jahrhundert aufkommt und die Entwicklungsgesetze postuliert und untergegangene Sprachstufen wie das Indogermanische rekonstruiert.
 
Einen tiefen Einschnitt bedeutet für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts das Aufkommen der [[Evolutionstheorie]] und des [[Darwinismus]]. Die Abstammung des Menschen vom Affen ist weniger als Bruch mit der biblischen Überlieferung problematisch – von ihr hatte man sich an den entscheidenden Stellen bereits getrennt. Die Verwandtschaft des Menschen mit dem Affen wird vielmehr als provokante Kulturthese wahrgenommen. Sie kratzt am Selbstverständnis, mit dem sich die Menschen in den Nationen Europas als Kulturträger feiern, bevor ein eigener Rassismus sich von derselben These abspaltet: Die Theorie, die weiße Rasse könnte in der Evolution eine höhere Entwicklungsstufe erreicht haben als die anderen Rassen der Welt.
 
=== Die Zukunft als neues Thema ===
Die utopischen Entwürfe des 16. und des 17. Jahrhunderts kamen bezeichnenderweise alle ohne die Zukunft als Projektionsfläche aus. [[Utopia (Roman)|Utopia]], wie es Thomas Morus entwarf, war ein fiktives Eiland. Großbritannien konnte, den Entschluss vorausgesetzt, sofort einen vergleichbaren Staat einrichten.
 
Zukunftsprospekte bleiben im 17. und 18. Jahrhundert selten. Die ''[[Memoirs of the Twentieth Century]]'', mit denen Samuel Madden 1731 sich in der Phantasie der Romanwelt bis in das Jahr 1999 wagt, zeichnen eine kaum veränderte Welt des frühen 18. Jahrhunderts. Welche Erfindungen sollten noch kommen, so musste sich der Autor des frühen 18. Jahrhunderts fragen, wo doch alle Erfindungen in jedem Moment möglich waren.
 
Mit der Ausdehnung der Vergangenheit wird in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Zukunft zum Raum, in dem eine neue Menschheit leben könnte. [[Louis-Sébastien Mercier]] wagt sich hier 1770 mit seinem Roman ''[[Das Jahr 2440: ein Traum aller Träume|L'An 2440]]'' in eine aufgeklärtere Zukunft, die sich erheblich von der Gegenwart unterscheidet.
 
Im 19. Jahrhundert kommen technologische Phantasien auf, die [[Science-Fiction]] entsteht mit Welten, in denen die Wissenschaften und die Technik für ganz neue Formen des Zusammenlebens sorgen.
 
Politische Richtungen und philosophische Schulen entwickeln ein dem gleichkommendes Interesse an der Zukunft als Raum politischer Zielsetzungen.
 
Der [[Positivismus]] geht im frühen 19. Jahrhundert aus den Erfahrungen der französischen Revolution und den Diskussionen der neuen Naturwissenschaften hervor. Sein Gründer [[Auguste Comte]] konzipiert einen Siegeszug der Wissenschaften, der am Ende das menschliche Zusammenleben revolutionieren soll. Die [[Soziologie]] wird als Wissenschaft aufgebaut, um das Zusammenleben zu erforschen und Modelle eines bestmöglichen Zusammenlebens zu entwickeln. Der Positivismus selbst wird zum wissenschaftlichen Ersatz der Religionen ausgebaut. Ihn trägt die größere Kulturthese, nach der die Menschheit sich über die Religion zu den Wissenschaften entwickeln muss, die am Ende als Produzenten des Fortschritts das beste Zusammenleben ermöglichen.
 
Gegenüber dem Positivismus positioniert sich Mitte des 19. Jahrhunderts der [[Marxismus]] mit dem [[Kommunismus]]. Statt einer fließenden kulturellen Entwicklung fordert er den Bruch, die [[Weltrevolution]], einen Siegeszug der benachteiligten Klassen, die den neuen Lebensstandard des 19. Jahrhunderts als billige austauschbare Arbeitskräfte ermöglichen.
 
[[Prognose]]n bestimmen die Debatten des 19. Jahrhunderts neben historischen Entwicklungsthesen, die dieselben Prognosen beweisen müssen. Gerade die Zeit, die davon ausgeht, dass alle Entwicklungen langsam verlaufen, produziert im Gegenzug extrem beschleunigte Entwicklungen. Die Welt, wie sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts aussah, unterschied sich in vielem nicht von der Welt des Mittelalters – Informationen benötigten ebenso lange auf ihren Wegen durch Europa wie Jahrhunderte zuvor, die Verkehrsmittel waren dieselben, in Dörfern und Städten lebte man ähnlich.
 
Ende des 19. Jahrhunderts sind Europas Metropolen weitgehend elektrifiziert, Schienennetze verbinden sie miteinander, Informationen werden ohne Zeitverzug elektronisch vermittelt. Reisegeschwindigkeiten sind durch den Zugverkehr verkürzt. Die Dampfschifffahrt verbindet die Kontinente. Die Wirtschaft ist Ende des 19. Jahrhunderts weltweit eng vernetzt. Im 20. Jahrhundert wird sie ihre erste weltweite Katastrophe erleben.
 
=== Das Individuum als Entwicklungsraum ===
Bis in das 18. Jahrhundert war vor allem die Religion für das Individuum und sein Innenleben zuständig. Die Medizin entwickelte grundlegende Theorien zu bestimmten Gemütsverstimmungen, die sie auf Ungleichgewichte im Säftehaushalt zurückbezog. Eine Wissenschaft der Psychologie brachte das 18. Jahrhundert nicht hervor. Sie entsteht in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch die Konzeption eines neuen Individuums, das sich durch persönliche Schwächen definiert und „sympathisch“, wörtlich attraktiv für Mitgefühl, macht. Attraktivität lag im frühen 18. Jahrhundert in der Bereitschaft, die eigene Reputation zu verteidigen. Im späten 18. Jahrhundert werden zartfühlende Helden attraktiv, die das Verständnis ihrer Umwelt einfordern, deren Schutz verlangen.
 
Eine eigene Wissenschaft entwickelt sich mit dem neuen Individuum. Sie kümmert sich um dessen Bildung, die nun zur entscheidenden Prämisse späterer Chancen im gemeinen Leben wird. Die Erziehung wird mit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum zentralen Thema – eine Erziehung, welche die Möglichkeiten ausbilden muss, die im Individuum je nach seinen persönlichen Fähigkeiten schlummern.
 
Für Persönlichkeitsprobleme werden im Verlauf des 19. Jahrhunderts in der Folge eigene Humanwissenschaften zuständig. Die Medizin erforscht persönliche Anlagen. Grundsätzliche Fragen gelten der Asozialität, die womöglich vererbbar ist, zumindest aber Zeichen einer Degeneration sein muss, für die das Individuum oder die Gesellschaft Verantwortung tragen.
 
Der Strafvollzug wird auf Korrektion ausgerichtet. Die Erziehungsanstalten werden auf die Formung des Menschen verpflichtet. Geistige und körperliche Ertüchtigung werden Themen. Die Abhärtung und Sport kommen in Mode – beides Lebensbereiche, die im frühen 18. Jahrhundert noch undenkbar waren.
 
Das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert werden am Ende zur Epoche der modernen Psychologie – der Wissenschaft, die Fehlentwicklungen in Dispositionen und schlecht verarbeiteten Erfahrungen aufspürt. Mit ihr ist der Zustand erreicht, an dem das Individuum der Theorie nach über sich weniger weiß als die neuen Humanwissenschaften, die Daten erheben, klassifizieren, Schädel vermessen, Krankengeschichten sammeln – ein komplexes Inventar an Interaktionen eingerichtet haben, mit denen die Wissenschaften dem Individuum begegnen. Eigene Phantasien setzte das im 18. Jahrhundert frei – von der Frankensteinphantasie bis zur Phantasie der positivistischen, wohlgeordneten Welt. Neue Phantasien werden dies im 20. Jahrhundert freisetzen: Die von Zwangsstaaten, die dem Individuum keinen eigenen Entwicklungsraum mehr lassen werden.
 
== Ereignisse ==
=== Überblick ===
Den wichtigsten organisatorischen [[Modernisierung (Soziologie)|Modernisierungsschub]] bringt in [[Frankreich]] die [[Französische Revolution]]. Mit den [[Koalitionskriege|Napoleonischen Kriegen]] sehen sich zwei Jahrzehnte später Europas Nationen gezwungen, adäquate Organisationsstrukturen zu entwickeln.
[[Napoleon Bonaparte]] verbreitet zu Beginn des 19. Jahrhunderts in seinen Eroberungsfeldzügen die Ideen der Französischen Revolution europaweit. Der [[Code civil]], die bürgerlichen [[Gesetz]]esgrundlagen, werden in seinem zeitweiligen Herrschaftsbereich ausgebreitet. Trotz seiner letztlichen Niederlage und dem Versuch der europäischen [[Fürst]]en, mit der Politik der [[Restauration (Geschichte)|Restauration]] nach dem [[Wiener Kongress]] von 1815, die bürgerlichen Fortschritte rückgängig zu machen, bleiben die neuen Ideen von nationaler Einheit und liberaleren [[Recht]]en in den [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaften]] Europas, vor allem unter den intellektuellen [[Elite]]n, festgesetzt.
 
Der deutsche Sprachraum ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts politisch zersplittert. Deutsche Intellektuelle sehen im [[Geschichte Deutschlands|deutschen Nationalstaat]] die einzige Option, bürgerliche Freiheiten zu erlangen sowie eine Organisationsstruktur aufzubauen, die sich gegenüber Frankreich und Großbritannien verteidigen kann. Der Nationalstaat unter Führung der Gebildeten scheitert [[1849]]. Die wirtschaftliche Entwicklung lässt in den meisten Territorien zu wünschen übrig. [[Preußen]] nutzt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die militärische Vormachtstellung, um die politische Vereinigung von oben herab durchzusetzen. Eine eigene [[Sozialstaat]]lichkeit wird unter [[Otto von Bismarck]] von oben herab eingeführt.
 
Großbritannien ist seit [[1707]] vereinigt und verfügt seit der [[Glorious Revolution]] über eine funktionale Machtaufteilung zwischen König, Parlament und Parteiensystem. Modernisierungsschübe, wie sie Frankreich nahm, folgen in Großbritannien glimpflich, insbesondere da die wachsende Prosperität Konflikte in der [[Soziale Klasse#Die Klassentheorie im Marxismus|Klassengesellschaft]] entschärft. Großbritannien kann seine Vorreiterrolle als Wirtschaftsmacht bis an das Ende des Jahrhunderts verteidigen.
 
Der katholische Mittelmeerraum kam mit der Neuzeit in ein technologisches Hintertreffen gegenüber den nördlicheren Nationen. Das 19. Jahrhundert bringt [[Griechenland]] und [[Italien]] nationale Bewegungen und den Aufbau moderner staatlicher Strukturen.
 
Die [[Vereinigte Staaten|USA]] haben [[1776]] die [[Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten|nationale Unabhängigkeit]] errungen, bleiben jedoch bis Mitte des 19. Jahrhunderts technologisch rückständig. Hierfür ist sowohl die [[Sklaverei]] verantwortlich, die den Aufbau einer industrialisierten Gesellschaft lange entbehrlich macht wie die Ausrichtung des Südens auf eine agrarische Produktion. Einen technologischen Schub brachte der [[Sezessionskrieg|Bürgerkrieg]] Mitte des 19. Jahrhunderts mit sich. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts steht insbesondere in den Nordstaaten unter dem Zeichen einer wirtschaftlichen Aufholjagd. Der [[Kapitalismus]] findet mit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika dank der schieren Größe des Wirtschaftsraums, dem [[Bevölkerungsentwicklung|Bevölkerungszuwachs]] (vor allem durch [[Einwanderung|Immigration]]) und der sehr viel freieren Entwicklungsmöglichkeiten im (gesellschaftlich nicht durch Traditionen behinderten) Kulturraum eine eigene Ausprägung – jene die es den USA im 20. Jahrhundert erlauben sollten die Führungsrolle als Weltmacht zu übernehmen. Eigene Kolonien bauten die USA dabei nicht auf, als zukunftweisend erwies sich dagegen eine Politik gegenüber dem „Hinterhof“ der USA – die zweite Erschließung [[Südamerika]]s durch amerikanische Konzerne.
 
[[Südamerika]] prosperierte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend durch europäische Emigranten, welche die wirtschaftliche Erschließung vorantrieben, bleibt jedoch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinter Nordamerika zurück.
 
Afrika und Asien geraten im 19. Jahrhundert in ein epochales Abseits, aus dem Ende des 19. Jahrhunderts allein [[Japan]] als zukünftige Wirtschafts- und Militärmacht heraustritt.
 
=== Klima ===
* Die [[Kleine Eiszeit]] endet.
* Das Jahr [[1816]] geht als [[Jahr ohne Sommer]] in die Klimageschichte ein: der Ausbruch des Vulkans [[Tambora]] in Indonesien im April [[1815]] hat zur Folge, dass in Nordamerika und Europa im Juli und August Temperaturen unter Null Grad herrschten.
 
=== Europa ===
* Kaiser [[Napoleon Bonaparte]] von Frankreich eroberte Anfang des 19. Jahrhunderts große Teile Europas. Er reformierte viele Fürstentümer mit dem [[Code civil]] und exportierte damit einige Errungenschaften der französischen Revolution, bis nach dem Scheitern des [[Russlandfeldzug 1812|Russlandfeldzuges]] sein Niedergang begann.
* [[1806]] endete das [[Heiliges Römisches Reich|Heilige Römische Reich Deutscher Nation]]. Unter der Federführung Napoleons wurden die nordwestdeutschen Staaten zum [[Rheinbund]] zusammengeschlossen.
* In den [[Befreiungskriege]]n wurden die napoleonischen Truppen besiegt ([[Völkerschlacht bei Leipzig]]). Napoleon wurde auf die Mittelmeerinsel Elba verbannt, von wo er 1815 nach Frankreich zurückkehrte und die Macht für kurze Zeit zurückeroberte.
* Napoleon wurde 1815 in der [[Schlacht bei Waterloo]] endgültig besiegt. Als Gefangener Englands wurde er auf die [[Atlantischer Ozean|Atlantikinsel]] [[St. Helena (Insel)|Sankt Helena]] verbannt; der [[Wiener Kongress]] leitete die [[Restauration (Geschichte)|Restaurationszeit]] ein. (''siehe:'' [[Klemens Wenzel Lothar von Metternich|Metternich]], [[Vormärz]], [[Heilige Allianz]], [[Karlsbader Beschlüsse]], [[Biedermeier]])
* Im Wiener Kongress 1815 wurde das politische [[Europa]] neu geordnet. Die Staaten des vormaligen [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] in den Grenzen von [[1783]] mit Ausnahme von [[Belgien]] formten den [[Deutscher Bund|Deutschen Bund]] als losen Zusammenschluss unabhängiger deutscher Fürstentümer einschließlich der mächtigen Monarchien [[Preußen]] und [[Österreich]].
* Auf Initiative [[Russland]]s wurde im September 1815 zusammen mit Österreich und Preußen die Heilige Allianz gegründet, der sich in kurzer Zeit fast alle europäischen Staaten anschlossen. Das Bündnis hatte eine europäische Friedensordnung und die Durchsetzung der Restauration in den europäischen Fürstentümern zum Ziel. Es zerfiel erst infolge des [[Dritter Pariser Frieden|Pariser Friedens]] von 1856, als nach dem [[Krimkrieg]] die Mächtekonstellation in Europa wieder neu geordnet wurde.
* [[Europa|Europäer]] eroberten und kolonisierten große Teile von [[Afrika]] und [[Asien]].
* Massenauswanderungswellen von Europa in die [[Vereinigte Staaten|USA]] infolge von Hungersnöten (vor allem in [[Irland (Insel)|Irland]]) oder von politischer [[Unterdrückung]] und [[Politische Verfolgung|Verfolgung]].
* Politische [[Revolution]]en und Verfassungsreformen in Europa beschränkten die [[Monarchie]]n zugunsten demokratischer beziehungsweise liberaler [[Reform]]en. (''siehe:'' [[Julirevolution von 1830|Julirevolution]] 1830 in Frankreich, [[Februarrevolution 1848]] in Frankreich, [[Deutsche Revolution 1848/1849|Märzrevolution]] 1848 in den Staaten des Deutschen Bundes, in [[Ungarn]], Österreich, den italienischen Staaten unter anderem)
* Im [[Krimkrieg]] von [[1853]] bis [[1856]] versuchte Russland gegen das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]] seinen [[Macht]]einfluss auf das östliche [[Mittelmeer]] und den [[Balkanhalbinsel|Balkan]] auszudehnen. Russland unterlag letztlich gegen die alliierten Armeen der Osmanen, [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritanniens]], [[Frankreich]]s und [[Königreich Sardinien|Sardinien-Piemonts]] beim Kampf um [[Sewastopol]]. Durch den [[Dritter Pariser Frieden|Frieden von Paris]] 1856 zerbrach die Heilige Allianz zwischen Preußen, Österreich und Russland. Die europäische Mächtekonstellation wurde neu strukturiert. Preußen erlangte die [[Macht|Dominanz]] im Deutschen Bund. Österreichs machtpolitischer Einfluss in Europa wurde nachhaltig geschwächt, was unter anderem zum Erstarken der italienischen Einigungsbewegung ([[Risorgimento]]) unter sardinischer Dominanz führte.
* Nach der Niederlage Frankreichs im [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg]] (1870/71) und dem Sturz von Kaiser [[Napoleon III.]] kam es in [[Paris]] zur ersten proletarisch-sozialistischen Revolution, der [[Pariser Kommune]], die nach kurzer Zeit niedergeschlagen wurde.
* [[Verfassung des Deutschen Bundes|Am 1. Januar 1871]] traten die süddeutschen Staaten dem [[Norddeutscher Bund|Norddeutschen Bundes]] bei, der damit zum [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreich]] wurde. [[Kleindeutsche Lösung|Kleindeutschland]] war damit erreicht
* Der deutsche [[Reichskanzler (Deutsches Kaiserreich)|Reichskanzler]] [[Otto von Bismarck]] schuf mit einem komplexen internationalen [[Bündnispolitik Otto von Bismarcks|Bündnissystem]] ein europäisches Sicherheitssystem, das einige Jahrzehnte stabil blieb. Innenpolitisch war er mit den [[Sozialistengesetz]]en und dem [[Kulturkampf]] etwas weniger erfolgreich. Den Wahlerfolgen der Sozialdemokraten stellte Bismarck eine für die Zeit relativ moderne [[Sozialgesetzgebung]] entgegen.
* [[1861]] kam es zur Vereinigung der italienischen Fürstentümer als Königreich [[Italien]] unter sardinischer Führung. [[Viktor Emanuel II.]] wurde zum italienischen [[König]] ausgerufen. [[1870]] kam es nach der Einnahme [[Rom]]s und dem Sieg über den [[Kirchenstaat]] nach einer über ein halbes Jahrhundert andauernden [[Ära|Epoche]] verschiedener Aufstände, Revolutionen und Kriege in Italien zur Vollendung der italienischen Einigung (''siehe:'' [[Risorgimento]])
* [[Karl Marx]] verfasste [[1848]] zusammen mit [[Friedrich Engels]] das [[Manifest der Kommunistischen Partei|Kommunistische Manifest]], das die [[Arbeiter]] zur revolutionären Überwindung des [[Kapitalismus]] mobilisieren sollte. Die [[Arbeiterbewegung]] begann sich in Arbeitervereinen und [[Gewerkschaft]]en zu organisieren. Ab Mitte des Jahrhunderts wurden am [[Marxismus]] orientierte sozialistische und sozialdemokratische Parteien gegründet. (''siehe:'' [[Kommunistische Partei]])
* [[Briefmarke]]n wurden in [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] und bald darauf in vielen anderen Ländern eingeführt.
* 1869/1870 fand das [[Erstes Vatikanisches Konzil|Erste Vatikanische Konzil]] der römisch-katholischen Kirche statt. Auf dem Konzil wurde die [[Unfehlbarkeit]] des Papstes und seine oberste [[Papstprimat|Richtergewalt über die ganze Kirche]] definiert. Aus dem Widerstand gegen diese neuen Dogmen ging die [[Altkatholische Kirche]] hervor.
* Die [[Inquisition]] wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beendet. Danach existierte beim [[Heiliger Stuhl|Vatikan]] aber noch bis [[1965]] die [[Kongregation für die Glaubenslehre|Kongregation des heiligen Offiziums]]. Dies war die Nachfolgeinstitution der Heiligen Inquisition.
 
=== Amerika ===
* Im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg gewannen die USA große Teile des heutigen Südwestens der USA zu ihrem [[Territorium]] hinzu. Schon vorher hatte Napoleon [[Louisiana]] an die USA verkauft. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erwarben die USA [[Alaska]] von [[Russland]].
* In den britischen [[Kolonie]]n und in Amerika endete die [[Sklaverei]] (''siehe:'' [[Sezessionskrieg|Amerikanischer Bürgerkrieg]] 1861 bis [[1865]]). Ende des [[Sklavenhandel]]s.
* Unabhängigkeitsbewegungen in Süd- und Mittelamerika führten in vielen dortigen Staaten zur [[Souveränität|Unabhängigkeit]] von der spanischen und portugiesischen Herrschaft.
* In den [[Vereinigte Staaten|USA]] wurde die Siedlungsgrenze zunehmend nach Westen ausgedehnt, bis das Land von der Ostküste bis zur Westküste kolonisiert war. Die nordamerikanischen [[Indianer]] wurden in immer kleiner werdende [[Indianerreservat|Reservationen]] zurückgedrängt. Eine wichtige Lebensgrundlage der [[Prärie-Indianer]], der [[Bisons|Bison]], wurde von den Angloamerikanern fast ausgerottet. Höhepunkt und Ende der [[Indianerkriege]] bis [[1890]]. Die Besiedlung des Westens der USA war zudem geprägt von Glücksrittern, Abenteurern, Ausbreitung der [[Zucht|Viehzucht]], der Hochphase des [[Cowboy]]berufs unter anderem. Später wird die [[Pionierzeit]] mit den genannten Erscheinungen als so genannter [[Wilder Westen]] verklärt und romantisiert.
* Die [[Goldrausch|Entdeckung von Gold]] in [[Australien (Kontinent)|Australien]] und im Westen der USA leitete eine massenhafte [[Migrationssoziologie|Migration]] und [[Besiedlung]] der betroffenen Gebiete ein.
* Im [[Spanisch-Amerikanischer Krieg|Spanisch-Amerikanischen Krieg]] [[1898]] verlor [[Spanien]] seine letzten [[Kolonialismus|Kolonien]]. Die USA besetzten [[Kuba]], [[Puerto Rico]] und die [[Philippinen]]. Im sich anschließenden [[Philippinisch-Amerikanischer Krieg|Philippinisch-Amerikanischen Krieg]] unterlag die philippinische Unabhängigkeitsbewegung der neuen Kolonialmacht.
 
=== Asien ===
* Entstehung des Baha'ismus ([[Bahaitum|Bahai]]), der jüngsten Offenbarungsreligion.
* Die [[Meiji-Restauration]] [[1868]] öffnete [[Japan]] für moderne Einflüsse und katapultierte es zum Ende des 19. Jahrhunderts in den Status einer führenden Großmacht.
 
== Erfindungen und Entdeckungen ==
[[Datei:EdisonDelights1905.jpg|mini|Menschen hören interessiert und erfreut Musik aus dem Phonograph]]
 
Im 19. Jahrhundert werden bedeutende Grundlagen für zahlreiche moderne Wissenschaftszweige gelegt. Systematische Forschungsmethoden, staatliche Finanzierung und die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung von Entdeckungen beschleunigen den Erkenntnisgewinn außerordentlich. Mechanik, Elektrizität, Optik, Kommunikationstechnik und Chemie erleben eine erste Blüte und münden in einer Vielzahl wichtiger Innovationen, die auch das folgende Jahrhundert überdauern.
 
== Musik ==
Das 19. Jahrhundert war die Zeit der [[Klassische Musik|Klassik]] und [[Musik der Romantik|Romantik]], erstere einzuordnen etwa von 1750 bis 1830, letztere etwa von 1830 bis 1900. Zu den bekanntesten Komponisten der Klassik gehören [[Joseph Haydn]], [[Wolfgang Amadeus Mozart]] und [[Ludwig van Beethoven]]. Bekannte Komponisten der Romantik sind [[Johannes Brahms]], [[Robert Schumann]], [[Frédéric Chopin]], [[Richard Wagner]], [[Franz Schubert]], [[Giuseppe Verdi]] und [[Pjotr Iljitsch Tschaikowski|Peter I. Tschaikowski]].


== Siehe auch ==
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* {{WikipediaDE|Philosophie des 19. Jahrhunderts}}
* {{WikipediaDE|Moderne Kunst}}


== Literatur ==
== Literatur ==
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[[Kategorie:19. Jahrhundert]]
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Aktuelle Version vom 12. September 2022, 13:26 Uhr

Das 19. Jahrhundert begann kalendarisch am 1. Januar 1801 und endete am 31. Dezember 1900. In der langzeithistorischen Einstufung wird es (der Begriff gewinnt selbst erst im 19. Jahrhundert Bedeutung) der Neuzeit zugerechnet, deren Anfangspunkt je nach Definition des Epochenumbruchs zwischen 1450 und 1550 angesetzt wird. (In der Anthroposophie gilt das Jahr 1413 als Beginn der Neuzeit).

Epocheneinteilungen

Am naheliegendsten ist es, das 19. Jahrhundert rein kalendarisch zu definieren. Demnach dauerte es von 1801 bis 1900. In der Geschichtswissenschaft jedoch wird häufig von einem langen 19. Jahrhundert gesprochen, womit Zeiträume davor bzw. danach angegliedert werden. Dies soll inhaltlich aussagekräftiger sein; will man Kontinuitäten statt Epochengrenzen betonen, dann lässt sich sowieso nicht von exakten Jahren als Start- und Endpunkt reden. Jahre wie 1789, 1871 oder 1914 könnte man vielleicht besser als Mitte und nicht als Rand von Perioden denken, also von einem Vorher und Nachher aus betrachten, so der Historiker Jürgen Osterhammel.[1] Andere Historiker sprechen umgekehrt von einem kurzen oder eigentlichen 19. Jahrhundert.[2]

Eisenwalzwerk, Ölgemälde von Adolph von Menzel, 1875

Das lange 19. Jahrhundert umfasst am Anfang ein Zeitalter der Revolutionen, das mit der Französischen Revolution 1789 beginnt oder noch früher unter Einbezug des nordamerikanischen Aufstandes. Dieses Zeitalter der Revolutionen endet dann mit der Niederlage Napoleons 1815, oder später. Am Ende des Jahrhunderts beginnt ein Zeitalter des Imperialismus oder Hochimperalismus, womit die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg überbrückt wird; oder aber man lässt das Zeitalter und damit das lange 19. Jahrhundert mit dem Epochenjahr 1917 oder dem Kriegsende 1918 oder erst nach den Friedensschlüssen (1919/1920 oder gar später) enden.

Eric Hobsbawm unterteilt das lange 19. Jahrhundert in das Zeitalter der Revolution (1789–1848), das Zeitalter des Kapitals (1848–1875) und das Zeitalter des Imperiums (1875–1914).[3] Reinhart Koselleck prägte den Begriff der Sattelzeit, die etwa von 1770 bis 1830 gedauert habe. Daran schließe sich, so Osterhammel, eine mittlere Periode an, die rückblickend charakteristisch für das eigentliche 19. Jahrhundert war. Diese Zeit zwischen den 1830er und 1890er Jahren mit ihren Umbrüchen auch in Philosophie und Kultur entspricht in etwa der viktorianischen Zeit, von der man in angelsächsischen Ländern spricht.[4]

Dann kam schließlich eine krisenhafte Umbruchphase um 1880 oder danach, mit dem hochimperialistischen Wettbewerb der Großmächte und anderen Machtverschiebungen etwa mit dem Sieg Japans über China 1895.[5]

Versucht man weltgeschichtlich zu denken, ist es noch schwieriger, ein 19. Jahrhundert zu definieren. Allein schon wegen der anderen Kalendersysteme ist der Jahrhundertbeginn 1801 eine rein westliche Angelegenheit gewesen. Beispielsweise in Japan war die Wiederherstellung der Kaiserherrschaft (1868 und danach) von viel größerer Bedeutung als Ereignisse um 1800 oder um 1900.[6] Nach dem Kulturhistoriker Louis Bourdeau habe die gesamte Französische Revolution für die Chinesen seinerzeit gar nicht existiert; selbst für Großbritannien waren diese Jahre zumindest innenpolitisch weniger bedeutend als der eigene revolutionäre Umbruch im 17. Jahrhundert. Osterhammel zufolge kann man vor dem 20. Jahrhundert von keinem Jahr behaupten, dass es für die gesamte Welt epochale Bedeutung gehabt habe.[7]

Aus verschiedenen weiteren Gründen kann das 19. Jahrhundert den Charakter einer eigenen Epoche beanspruchen. Es war die Zeit, in der sich die Industrialisierung und die kapitalistische Wirtschaftsweise vor allem in Europa und Nordamerika durchsetzten. Mit dem Imperialismus erreichte die direkte und indirekte Dominanz Europas in der Welt ihren Höhepunkt. Innerhalb der sich industrialisierenden Gesellschaften veränderten sich die Lebensweisen teilweise dramatisch. Der soziale Wandel zerstörte hergebrachte Verhaltens- und Denkweisen. Die Verkehrsrevolution und die Suche nach Arbeit erhöhten die Mobilität. Die Städte wuchsen nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern mit der Urbanisierung begann sich eine spezifisch neuzeitliche städtische Lebensweise durchzusetzen.

Das lange 19. Jahrhundert war in vieler Hinsicht das Jahrhundert des Bürgertums und der bürgerlichen Gesellschaft. Das Besitz- und Bildungsbürgertum prägte im Wesentlichen Kunst, Kultur, Geistesgeschichte, aber etwa mit dem Nationalismus und dem Liberalismus auch die politische Kultur. Im weiteren Verlauf entwickelte sich auch die Arbeiterbevölkerung zu einer gesellschaftlich prägenden Schicht. Arbeiterbewegung und Sozialismus wurden zu zentralen Begriffen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dagegen verloren der Adel und die Landbevölkerung tendenziell an Bedeutung.

Siehe auch

Literatur

  • Imanuel Geiss (Hrsg.): Chronik des 19. Jahrhunderts. Chronik Verlag, Augsburg 1997, ISBN 3-86047-131-7.
  • Robert Schnerb: Das Bürgerliche Zeitalter. Europa als Weltmacht 1815–1914. Kindler, Zürich 1971, ISBN 3-463-13682-1.
  • Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58283-7.
  • Franz J. Bauer: Das „lange“ 19. Jahrhundert (1789–1917). Profil einer Epoche. Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-017043-5.
  • Christopher Alan Bayly: Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte 1780 – 1914. Studienausgabe, Campus-Verlag, Frankfurt a. M. 2008, ISBN 978-3-593-38724-6.
  • Jürgen Kocka: Das lange 19. Jahrhundert. Arbeit Nation und bürgerliche Gesellschaft (Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte 13), Klett-Cotta, Stuttgart 2001, ISBN 3-608-60013-2.
  • Michael Mann (Hrsg.): Die Welt im 19. Jahrhundert (Globalgeschichte. Die Welt 1000 – 2000. Band 6). Mandelbaum, Wien 2009, ISBN 3-85476-310-7.
  • Christoph Nonn: Das 19. und 20. Jahrhundert. Orientierung Geschichte. UTB, Paderborn 2007, ISBN 978-3-8252-2942-9.
  • Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 3: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849–1914. Beck, München 1995, ISBN 3-406-32263-8.
  • Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 2: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen „Deutschen Doppelrevolution“ 1815–1845/49. 3. Aufl., Beck, München 1996, ISBN 3-406-32262-X.
  • Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Band 1: Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik. 3., Aufl., Beck, München 2001, ISBN 3-406-46001-1.

Weblinks

Commons: 19. Jahrhundert – Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 87/99.
  2. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 85/103.
  3. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 89.
  4. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 102/103, S. 109.
  5. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 109/110.
  6. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 90–93.
  7. Jürgen Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. C. H. Beck, München 2009, S. 95/96.
Dieser Artikel basiert auf einer für AnthroWiki adaptierten Fassung des Artikels 19. Jahrhundert aus der freien Enzyklopädie de.wikipedia.org und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.