Li Contes del Graal

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Abreise Percevals, Handschrift von Montpellier

Li Contes del Graal ou Le roman de Perceval  (altfranz.; heute auch: Perceval ou le conte du Graal; dt. Die Geschichte vom Gral oder Der Roman von Parzifal) von Chrétien de Troyes ist die letzte französische Verserzählung der Artusepik. Sie entstand um das Jahr 1190 und blieb unvollendet. Sie wurde bald von anderen Dichtern um drei Fortsetzungen erweitert, die Gawains Gralssuche, Percevals Prüfungen und Irrfahrten und zuletzt, nach dem Tod des Fischerkönigs, seine Priesterweihe und Krönung zum neuen Gralskönig schildern.

Die Geschichte von Perceval („durchdringe das Tal“, „Durchstoßer des Tals“) ist Chrétiens fünfter und letzter Artus-Roman. Er versucht darin, die Ritterlichkeit mit christlichen Leitmotiven zu verbinden. Gewidmet ist er Chrétiens Gönner, dem Kreuzfahrer Graf Philipp von Elsass.

Die Geschichte gründet sich auf die walisische Romanze von Peredur fab Efrawg („Peredur, der Sohn Efrawgs“). Chrétiens Fragment zeigt einen überaus tölpelhaften, aber mit allen ritterlichen Kräften gesegneten Perceval, einen walisischen Junker, der von schlichtem Gemüt und einfacher Motivlage gelenkt, allein durch Gottes Fügung Ruhm und Ehre erlangt und zum stärksten und heldenhaftesten unter den Rittern der Tafelrunde wird. Perceval begeht jedoch einen folgenschweren Fehler, dessenwegen ihm ein unseliges Leben droht: Zu Gast beim verwundeten Fischerkönig versäumt er es aus falscher Rücksicht, diesen nach dem Grund seines Leidens bzw. nach einer blutenden Lanze und dem Heiligen Gral zu fragen, da er nicht wusste, dass er mit dieser Frage den Fischerkönig heilen und erlösen hätte können. Die Geschichte hat Wolfram von Eschenbach ca. 20 Jahre später in seinem Parzival aufgegriffen, wobei er sich allerdings nicht auf Chrétien de Troyes, sondern auf einen sonst nicht weiter bekannten Kyot als Quelle beruft.

Inhalt

Rudolf Steiner schildert den wesentlichen Inhalt in knappen Worten so:

„Wir wissen, daß Parzival geboren wird von seiner Mutter Herzeleide, nachdem der Vater hinweggezogen war, und daß ihn die Mutter unter großen Schmerzen und traumhaften Erscheinungen ganz eigenartig geboren hat. Wir wissen, daß sie ihn dann behüten wollte vor Ritterübung und Rittertugend, daß sie ihre Besitzungen verwalten ließ und sich in die Einsamkeit zurückzog, daß sie das Kind so auferziehen wollte, daß es ferne blieb von dem, was allerdings in ihm lebte; denn das Kind sollte nicht ausgesetzt sein den Gefahren, denen der Vater ausgesetzt gewesen war. Aber wir wissen auch, daß das Kind früh anfing, aufzusehen zu allem Herrlichen in der Natur, und daß es im Grunde genommen nichts durch die Erziehung seiner Mutter erfuhr, als daß ein Gott waltet, — daß das Kind dann die Tendenz bekam, diesem Gott zu dienen. Aber es wußte nichts von diesem Gott, und als es einmal Rittern begegnete, hielt es diese Ritter für Gott und fiel auf die Knie vor ihnen. Als dann das Kind der Mutter verrät, daß es Ritter gesehen habe und selber ein Ritter werden wolle, zieht ihm die Mutter Narrenkleider an und läßt es hinausziehen. Wir wissen, daß der Knabe hinauszieht, mancherlei Abenteuer besteht, und wissen, daß die Mutter später — was man sentimental nennen möchte, was aber tiefste Bedeutung hat — stirbt an gebrochenem Herzen über das Verschwinden ihres Sohnes, der nicht einmal ihr einen Abschiedsgruß, sich rückwendend, gegeben hat und hinauszog, um Ritter-Abenteuer zu erleben. Wir wissen, daß er auf mancherlei Wanderungen, auf denen er mancherlei erfahren hatte über Ritterwesen und Rittertugend und sich ausgezeichnet hatte, zur Burg des Grals kommt. Ich habe bei anderer Gelegenheit erwähnt, wie wir die literarisch noch beste Gestalt des Herankommens des Parzival an die Gralsburg bei Chrestien de Troyes finden, bei Christian von Troyes; wie uns da dargestellt wird, daß, nachdem er lange Irrfahrten bestanden hatte, Parzival in eine einsame Gegend kommt, wo er zunächst zwei Menschen findet: der eine rudert einen Kahn, der andere fischt vom Kahne aus; wie er dadurch, daß er die Leute fragt, gewiesen wird an den Fischerkönig; wie er den Fischerkönig in der Gralsburg dann trifft. Weiter dann, wie ihm der Fischerkönig, ein schon bejahrter Mann, der schwach geworden ist und sich daher auf dem Ruhebette halten muß, im Gespräch das Schwert, das ein Geschenk seiner Nichte war, überreicht. Wie dann im Saale zuerst ein Knappe erscheint, der einen Speer trägt, welcher blutet - das Blut läuft herab bis an die Hand des Knappen —, da erscheint eine Jungfrau mit dem heiligen Gral, der wie eine Art Schüssel ist. Solcher Glanz aber erstrahlt aus dem, was im Grale ist, daß alle Lichter des Saales überleuchtet werden von dem Lichte des heiligen Gral, wie von Sonne und Mond die Sterne überleuchtet werden. Und dann erfahren wir, wie in diesem heiligen Gral das ist, wovon sich der in einem besonderen Raum befindliche alte Vater des Fischerkönigs ernährt, der nichts bedarf von dem, was so reichlich aufgetragen wird bei der Mahlzeit, an der teilnehmen der Fischerkönig und auch Parzival. Von irdischen Nahrungsmitteln nähren sich diese. Jedesmal aber, wenn ein neuer Gang aufgetragen wird — wie wir heute sagen würden —, geht wiederum der heilige Gral vorbei in die Kammer des Vaters des Fischerkönigs, der alt ist und der nur Nahrung bekommt von dem, was in dem Gral ist. Parzival, dem auf dem Wege dahin von Gurnemanz bedeutet worden ist, daß er nicht zuviel fragen solle, fragt nicht, warum die Lanze blutet, fragt nicht, was die Schüssel des Gral bedeutet — den Namen wußte er natürlich nicht. Er wurde dann, und zwar — wie es bei Christian von Troyes heißt — in demselben Raum, in dem das alles stattgefunden hatte, für die Nacht gebettet. Er hatte sich vorgenommen, am nächsten Morgen zu fragen; aber da fand er das ganze Schloß leer, niemand war da. Er rief nach irgend jemandem. Niemand war da. Er kleidete sich selber an. Nur sein Pferd fand er unten bereit. Er glaubte, daß die Gesellschaft zur Jagd ausgeritten sei, und wollte nachreiten, um das Wunder des Gral zu erfragen. Aber als er über die Zugbrücke geritten war, schnellte diese so schnell hinauf, daß das Pferd springen mußte, um sich vor dem Sturz in den Graben der Burg zu retten. Und er fand nichts von der ganzen Gesellschaft, die er am Vortage gefunden hatte in der Burg. Dann erzählt Christian von Troyes, wie Parzival weiterreitet und in einsamer Waldgegend das Bild findet des Weibes mit dem Manne im Schoße, den sie beweint. Sie ist es, die zuerst ihm bedeutet, wie er hätte fragen sollen, wie er sich darum gebracht hat, die Wirkung seines Fragens um die großen Geheimnisse, die an ihn herangetreten sind, zu erleben. Wir wissen nach Christian von Troyes, daß er noch mancherlei Irrfahrten durchmachte und daß er gerade an einem Karfreitag zu einem Einsiedler kommt, der Trevericent heißt; wir wissen, daß er von diesem hingewiesen wird darauf, wie man seiner flucht, weil er versäumt hat, das herbeizuführen, was wie eine Erlösung für den Fischerkönig hätte wirken können: zu fragen nach den Wundern der Burg. Mancherlei Lehre empfängt er dann [...]

Dann hören wir weiter, wie Parzival eine kurze Zeit bei dem Einsiedler verbleibt und wie er dann den Weg zum heiligen Gral wiederum sucht. Da ist es eben, daß er den Gral findet, kurz oder unmittelbar vor dem Tode des alten Amfortas, des Fischerkönigs. Dann ist es, daß ihm die Ritterschaft des heiligen Gral, die heilige Ritterschaft entgegenkommt mit den Worten: Dein Name erglänzt im Gral! Du bist der künftige Herrscher, der König des Gral, denn dein Name ist von der heiligen Schale erglänzend erschienen! — Parzival wird Gralskönig.“ (Lit.:GA 149, S. 84ff)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

 Wikisource: Perceval ou le conte du Graal – Quellen und Volltexte (français)

(Originaltext auf Altfranzösisch)


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