Radiärsymmetrie

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Radiärsymmetrie: Korallenskelette; Drehachse senkrecht zur Bildebene, Einzelskelette daher auch in der Bildebene radiärsymmetrisch
Achtzählig drehsymmetrische Wandfliese in der Stuttgarter Wilhelma, die blau-rote Schnecke verhindert hier eine Radiärsymmetrie
Radiärsymmetrie: Qualle Drehachse parallel zur Bildebene, Symmetrie daher kaum sichtbar

Radiärsymmetrie oder Radialsymmetrie[1] ist ein häufig in der Biologie verwendeter Begriff für eine spezielle Symmetrieform mit mehreren strahlenförmig, strahlig, radiär, radial durch die Längsachse verlaufenden Symmetrieebenen, bei der identische Teile kreisförmig, dreidimensional um eine zentrale Achse angeordnet sind (zu biologischen Beispielen siehe Abschnitt Biologie).

In der Ebene, im Zweidimensionalen ist Radiär-, Radialsymmetrie gleichbedeutend mit Strahlensymmetrie und bezeichnet eine Symmetrieform, bei der die Symmetrieachsen vom Mittelpunkt (= Symmetriezentrum) ausgehende Strahlen sind. Diese Formen sind punkt- und achsensymmetrisch (Beispiel: siehe Abb. Korallenskelett).

Strahlen-, radial-, radiärsymmetrische Figuren sind auch drehsymmetrisch weil sie durch Drehen um den Winkel zwischen zwei Symmetrieachsen, -ebenen wieder auf sich selbst abgebildet werden.

Bei der Drehsymmetrie bleibt eine Figur durch eine Drehung um einen Winkel α = 360°/n (mit n > 1) um das Symmetriezentrum in ihrer Gestalt unverändert.[2] Drehsymmetrische Objekte müssen jedoch (außer ihrer Drehachse) keine weiteren Symmetrieachsen oder -ebenen besitzen (Beispiele: 2D-Abbildungen rechts).

Man spricht von einer n-zähligen (endlichen) Drehsymmetrie, wenn eine Drehung um 360°/n das Objekt auf sich selbst abbildet. Beispielsweise ist die rechts abgebildete Wandfliese achtzählig drehsymmetrisch und besitzt eine Drehachse senkrecht zur Zeichenebene, so dass sie bei Drehung um 45° auf sich selbst abgebildet wird. Als mathematische Kurzschreibweise verwendet man hier die Schoenflies-Symbolik mit Cn für eine n-zählige Drehsymmetrie.

Bei zweidimensionalen mathematischen Objekten muss diese Achse als senkrecht auf der betrachteten Ebene angenommen werden. Sie verläuft dann durch den Flächen- oder Volumen-Schwerpunkt des Objektes und kann in der Ebene auch nur als Punkt dargestellt werden.

In der zweidimensionalen Projektion (Bild oder Zeichnung) bleibt die Drehsymmetrie erhalten, wenn die Symmetrieachse senkrecht zur Projektionsebene steht, dies hängt also lediglich vom Blickwinkel ab (siehe Abbildung Qualle und Korallenskelett).

Manche drehsymmetrischen Objekte werden bei Drehung um einen beliebigen Winkel auf sich selbst abgebildet, etwa der Kreis (Kreissymmetrie), die Kugel (Kugel- oder Sphärische Symmetrie), der Zylinder oder der Kegel. Dies nennt man auch Rotations-, Radial- oder unendliche Drehsymmetrie.[3]

Beispiele für Drehsymmetrie finden sich unter anderem in der Technik (Malteserkreuz, Zahnrad, Anker-Blechpakete von Elektromotoren), Kunst (Kapitelle) und der Morphologie der Lebewesen sowie bei Symbolen wie der Swastika.

Unterschiedlicher Sprachgebrauch

Der Begriff Rotationssymmetrie wird in der deutschsprachigen Fachliteratur nicht immer einheitlich verwendet. So kann es vorkommen, dass z. B. eine n-zählige Drehsymmetrie als n-fache Rotationssymmetrie bezeichnet wird.[4] Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass der entsprechende englische Fachterminus „n-fold rotational symmetry“ heißt.

Es handelt sich hierbei nicht um falschen Sprachgebrauch, sondern um konkurrierende synonyme Begriffe, bei denen noch nicht klar ist, welcher sich schließlich durchsetzen wird.

Auch der Begriff Radialsymmetrie kann je nach Zusammenhang unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem, ob er im biologischen, physikalischen, mathematischen oder ingenieurwissenschaftlichen Kontext gebraucht werden. Man sollte also auf die jeweilige Definition achten.

Biologie

In der Biologie versteht man unter Radiärsymmetrie eine drei- oder mehrzählige (polysymmetrische) Symmetrieform mit mehreren, strahlenförmig durch die Längsachse verlaufenden Symmetrieebenen.[5] Die einzelnen Teile sind um eine Mittelachse (Rotationsachse) herum angeordnet. Jede durch die Mittelachse verlaufende Symmetrieebene teilt den Körper in ähnliche oder gleiche Hälften. So besitzt z. B. der fünfarmige Seestern in Ruhelage neben seiner Drehachse fünf Symmetrieebenen, die jeweils durch einen der Arme und die Drehachse verlaufen. Die abgebildeten Korallenskelette weisen sogar 24 derartige Symmetrieebenen auf. Eine solche höhere Symmetrie besitzt generell ein regelmäßiges Polygon. Die Radiärsymmetrie wird, mathematisch gesehen, durch die jeweilige Punktgruppe, z. B. Cnv repräsentiert. So würden auch Kristallographen und Chemiker diese Symmetrieform beschreiben.

Dieses Symmetrie-Phänomen kann bei Lebewesen niemals dieselbe Perfektion wie bei mathematischen Objekten annehmen, wird aber dennoch als Symmetrie bezeichnet und in der Wahrnehmung auch als solche empfunden.

Radiärsymmetrisch sind viele Nesseltiere und die meisten Stachelhäuter (Pentasymmetrie; fünfzählig). Von der Radiärsymmetrie wird die Disymmetrie (2 Symmetrieebenen; Rippenquallen), und die Bilateralsymmetrie (eine Symmetrieebene; Bilateria) unterschieden.

In der Botanik kommt Radiärsymmetrie häufig beim Aufbau der Blüten vor; hier einige Beispiele für verschiedene Zähligkeit:

Man spricht auch von aktinomorphen Blüten die zwei oder mehrere Symmetrieebenen haben (radiär-, radialsymmetrische, strahligen, strahlenförmigen) Blüten mit mehr als zwei Ebenen und disymmetrischen (biradialen) Blüten mit zwei Ebenen (Tränendes Herz, Kreuzblütler),[6] und zygomorphen (bilateralen) bzw. dorsiventralen Blüten (Orchideen, Lippenblütler), die nur eine Symmetrieebene haben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Theodor C. H. Cole: Wörterbuch der Biologie. 4. Auflage, Springer, 2015, ISBN 978-3-642-55327-1, S. 568.
  2. Materialien aus Mathematik-Seminaren: Drehsymmetrie auf ZUM-Wiki, abgerufen am 7. Januar 2017.
  3. Michael Puritscher: Bewusst Sein. Böhlau, 2008, ISBN 978-3-205-77732-8, S. 49.
  4. siehe z. B. Dissertation von B. Klockow, Univ. Heidelberg, 2001, Die GTPase Dynamin A – Strukturelle und biochemische Hinweise auf einen molekularen Motor. S. 52 ff, urn:nbn:de:bsz:16-opus-18176 (PDF; 6,8 MB).
  5. Lexikon der Biologie: Radiärsymmetrie abgerufen am 6. Januar 2017.
  6. Theodor Rümpler: Illustriertes Gartenbau-Lexikon. 3. Auflage, Parey, 1902, S. 805.


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