Ptolemaios (Gnostiker)

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Ptolemaios war ein Schüler des christlich-gnostischen Lehrers Valentinus und mit Herakleon der Hauptvertreter der italienischen oder westlichen Schule der valentinianischen Gnosis.

Irenäus von Lyon teilt mit, dass er viel von seinem Wissen über die Gnostiker von Schülern des Ptolemaios habe.

Leben

Über Ptolemaios’ Leben ist sehr wenig bekannt. Nach Irenäus war er ein Schüler des Valentinus und zur Zeit der Niederschrift von Adversus haereses (um 180) noch am Leben. Er war in Rom, Italien und Südfrankreich tätig.

Adolf von Harnack identifizierte den Gnostiker Ptolemaios mit einem gleichnamigen Märtyrer, den Justin der Märtyrer erwähnt. Dieser Märtyrer Ptolemaios starb um 152 in Rom.

Werke

Das einzige erhaltene Werk des Ptolemaios ist ein Brief an seine ansonsten unbekannte Schülerin Flora, in dem Ptolemaios den Ursprung des Gesetzes des Alten Testaments behandelt. Er ist bei Epiphanius von Salamis (Adversus haereses 33,3-7) überliefert. Nach Ptolemaios ist das Mosaische Gesetz dreigeteilt: ein Teil stammt unmittelbar von Gott, ein Teil von Moses selbst und ein weiterer von den Ältesten des israelitischen Volkes. Mit Gott meint Ptolemaios hier den Schöpfergott, den Demiurgen, der aber nicht, wie bei vielen Gnostikern, völlig negativ bewertet wird. Er steht in der Mitte zwischen dem «unbekannten Gott» und dem Teufel. So ist er zwar geringer als der «unbekannte Gott» und weder gut noch böse, aber doch gerecht und seine Gerechtigkeit wurzelt in der Wahrheit. Der Christus sei gekommen, um das Gesetz Gottes zu erfüllen, was aber nur von Menschen gemacht ist, wird verworfen.

„6,1. So wird nun also das, was zugestandenermaßen das Gesetz Gottes ist, in drei Teile geteilt, in das, das der Heiland erfüllt hat - denn das „Du sollst nicht töten, du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht falsch schwören" ist in dem Verbot des Zornes, des Begehrens und des Schwörens enthalten (Mt 5,21 EU) -, 2. Zum anderen in das, was gänzlich aufgehoben ist, denn das ,,Auge um Auge und Zahn um Zahn" wurde vom Heiland, da es verbunden ist mit dem Unrecht und auch selbst Tun des Unrechts enthält, durch das Entgegengesetzte aufgehoben. 3. Denn das Entgegengesetzte hebt sich gegenseitig auf. „Ich habe aber euch, überhaupt nicht dem Bösen zu ·widerstehen, sondern, wenn einer dir eine Ohrfeige gibt, biete auch die andere Backe dar" (Mt 5,39 EU). 4. (Endlich) wird es geteilt in das, was umgesetzt und verändert wird vom Leiblichen zu Pneumatischen, jenes Symbolische, das als Bild der besonderen (Dinge) erlassen ist. 5. Denn die Bilder und Symbole deuten andere Dinge an und waren Gut, solange die Wahrheit nicht da war. Wo aber die Wahrheit da ist, muß man das tun, was der Wahrheit, nicht das, was den Bildern eignet.~ 6. Das haben sowohl seine Jünger wie der Apostel Paulus gezeigt, indem er, wie gesagt, an dem Passa und dem Ungesäuerten um unsretwillen die bildliche (Bedeutung) zeigte, das mit der Ungerechtigkeit verbundene Gesetz mit den Worten: „Das Gesetz der Gebote, das in Vorschriften bestand, hob er auf" (Eph 2,15 EU), den Teil, der mit dem Schlechteren nicht vermischt ist, durch die Worte: „Das Gesetz ist heilig, und das Gebot ist heilig, gerecht und gut" (Röm 7,12 EU).“

Ptolemaios: Brief an Flora (zit. nach Brankaer, S 127f)

Lehre

Grundlegende Informationen über Ptolemaios’ Lehre gibt Irenäus von Lyon.

Nach Ptolemaios’ Meinung kann der Dekalog weder auf den höchsten Gott noch auf den Teufel zurückgeführt werden, die Gesetze kommen nicht von einem einzelnen Gott. Ein Teil davon ist allerdings das Werk eines tieferen Gottes. Ein anderer Teil stammt von Moses und ein dritter von den Ältesten des jüdischen Volkes. Ptolemaios teilt den Dekalog in drei Teile ein: Die Erfüllung durch den Erlöser, die Mischung von Recht mit dem Bösen und den Bereich, der auf die höhere Welt hinweist.

In seinem System der Entstehung der Welt beschreibt Ptolemaios ein extensives System von Äonen, die von einer spirituellen Kraft ausgegangen sind. Dreißig dieser Äonen bilden die höhere Welt, das Pleroma. Dieses System wird zur Basis einer biblischen Exegese, die im Prolog des Johannesevangeliums die ersten acht Äonen entdeckt.

„Die Ptolemäer aber, die es noch besser wußten, ersannen und schenkten dem bei ihnen Bythos genannten Gott zwei Frauen, die sie auch Zustände nennen, Ennoia und Thelema[1]. Denn zuerst gedachte er zu zeugen, und dann erst wollte er, so sagen sie. So entstand, als diese beiden Zustände oder Kräfte, die Ennoia und Thelema sich miteinander vermischten, paarungsweise der Ausgang des Eingebornen und der Wahrheit. Diese sind als die sichtbaren Typen und Abbilder der unsichtbaren Zustände des Vaters, nämlich der Ennoia und Thelema, hervorgegangen, von dem zweiten die Wahrheit, von dem ersten der Verstand[2]. Das Abbild des nachgeborenen Willens wurde daher männlich, das der ungezeugten Ennoia aber weiblich, weil das Thelema gleichsam die befruchtende Kraft der Ennoia wurde. Es stellte sich nun die Ennoia zwar immer ihre Geburt vor, aber sie vermochte nicht, ihre Vorstellung aus sich herauszubringen; erst als die Kraft des Willens hinzukam, gelang es ihr.“

Irenäus von Lyon: Contra Haereses I 12,1 [1]

So entsteht zunächst eine «Achtheit» aus 4 männlich-weiblichen Paaren (Syzygien) von Äonen, die aus dem «unbekannten Gott» emaniert wurden, wie es auch von anderen Valentinianern beschrieben wurde.

männlich weiblich
Bythos Ennoia (bzw. Sige oder Charis)
Nous Aletheia
Logos Zoe
Anthropos Ecclesia

„Die aber die Klügsten unter ihnen sein wollen, die lassen die erste Achtheit nicht hintereinander, einen Äonen von dem andern hervorgebracht sein, sondern versichern, sie hätten selbst dabei geholfen, wie zugleich und auf einmal die Äonen von dem Urvater und der Ennoia hervorgebracht wurden. Keineswegs stamme der Mensch und die Kirche vom Logos und der Zoe, sondern Logos und Zoe stammen vom Mensch und der Kirche, Und zwar auf folgende Weise: Als der Vorvater den Gedanken faßte etwas hervorzubringen, nannte er dies Vater; als nun dies durch die Hervorbringung zur Wahrheit geworden war, gab er ihm den Namen Wahrheit; als er sich selbst darstellen wollte, wurde dies Mensch geheißen; als er die vorbrachte, die er vorher gedacht hatte, bekam dies den Namen Kirche. Da sprach der Mensch das Wort, und dies ist der eingeborne Sohn. In der Begleitung des Wortes aber war das Leben, und so kam die erste Achtheit zustande.“

Irenäus von Lyon: Contra Haereses I 12,3 [2]

Wie auch sonst bei den Valentinianern folgt auf die oberste Achtheit noch eine «Zehnheit» und eine «Zwölfheit» untergeordneter Äonen. Woher der Erlöser stammt, darüber herrsche bei den Schülern des Ptolemaios allerdings Uneinigkeit.

„Wild tobt bei ihnen der Kampf um den Erlöser. Die einen sagen, er sei aus dem All entstanden; und deswegen heißt er der Wohlgefällige, weil das ganze Pleroma daran sein Wohlgefallen habe, durch ihn den Vater zu preisen. Die andern lassen ihn nur aus den zehn vom Logos und der Zoe stammenden Äonen hervorgehen, und so werde er nach seinen Eltern auch Wort und Leben genannt. Nach andern stammt er von den zwölf Äonen, die von dem Menschen und der Kirche erschaffen wurden, deswegen bekenne er sich als den Menschensohn, weil er doch von dem Menschen erzeugt wurde. Andere sagen, von Christus und dem Heiligen Geiste ist er geboren, die zur Befestigung des Pleroma ausgesandt wurden, und deswegen heißt er nach seinem Vater auch Christus. Wieder andere, einige so von den Bänkelsängern, sagen, Mensch heiße der Voranfang, der Vor-, der Unausdenkbare. Darin bestehe das tiefe, erhabene Geheimnis, daß die alles überragende und alles umfassende Kraft Mensch genannt werde, und aus diesem Grund nenne sich der Heiland Menschensohn.“

Irenäus von Lyon: Contra Haereses I 12,4 [3]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

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