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Achtheit
Die Achtheit, die Ogdoas (griech. ογδοάς) oder Ogdoade, umgibt nach der Kosmologie vieler gnostischer Systeme die sieben Planetensphären, die als niederes, verwerfliches Reich der Finsternis aufgefasst werden. Oft bildet die Achtheit zugleich die Fixsternregion mit dem Tierkreis (δώδεκα, dodeka). Die Ogdoas wird entweder noch der niederen Schöpfung zugezählt oder bildet schon den Übergang zur geistigen Lichtsphäre der reinen Engelwesenheiten des Pleromas, die aus dem unergründlichen Urgrund des «unbekannten Gottes» emaniert wurden. Bei den Ophiten umwindet Leviathan als Ouroborosschlange (von griech. οὐροβóρος „Schwanzfresser“) die Planetensphären und trennt sie von der Tierkreisregion; Leviathan ist hier zugleich der Herr und König der geschaffenen Welt und die Weltseele, die alle Dinge durchdringt.[1] Die Zahl 8 steht auch für das Gleichgewicht im Kosmos[2].
Der böse «Oberarchon», der von den meisten Gnostikern dem Demiurgen gleichgesetzt wird, thront entsprechend entweder in der siebenten Sphäre, d.h. in der Saturnsphäre, oder in der Achtheit. Er ist der Herrscher der Archonten, die die Planetensphären regieren. Die Archonten sind die dämonischen Tyrannen, die auch das leidvolle Schicksal (Heimarmene) der irdischen Menschheit betimmen. Von manchen gnostischen Schulen, etwa von den Ophiten und Valentinianern, wird der Demiurg und Beherrscher der Archonten Jaldabaoth (oder auch Saklas oder Samael) genannt und dem Jahve der biblischen Schöpfungsgeschichte gleichgesetzt - der ebenfalls entsprechend negativ bewertet wird. Die gemeinsame Mutter des Demiurgen und der Archonten ist die Sophia oder die Barbelo, die ihren Ursprung in der weiblichen Seite der männlich-weiblichen gedachten höchsten Gottheit haben.
Die Achtheit der Valentinianer
Für die Valentinianer bedeutet die «Achtheit» noch etwas ganz anderes. Nach dem Zeugnis des Irenäus besteht sie aus 4 männlich-weiblichen Paaren (Syzygien) höchster Äonen, die unmittelbar aus der unfassbaren, unaussprechlichen unendlichen Gottheit emaniert wurden. Bythos (griech. βυθός, „Tiefe“), die männliche Seite der Gottheit, verbindet sich mit seiner weiblichen Hälfte, der Ennoia (griech. έννοια, der „erste Gedanke“ oder die „erste Denkkraft“ Gottes), die auch Charis („Gnade“) oder Sige („Schweigen“) genannt wird. Daraus entstehen Nous (griech. νοῦς, Vernunft), der „Eingeborene“, und Aletheia (griech. ἀλήθεια, Wahrheit). Diese bringen gemeinsam den Logos (griech. λόγος, Wort) und die Zoe (griech. ζωή, Leben) hervor, aus denen am Ende der Anthropos (griech. ἄνθρωπος, Mensch) und die Ecclesia (griech. ἐκκλησία, Kirche) entspringen.
„Es lehren die Valentinianer, in unsichtbaren und unnennbaren Höhen sei ein vollkommener Äon gewesen, der vor allem war. Diesen nennen sie auch Uranfang, Urvater und Tiefe[3]. Er ist aber unsichtbar, und kein Ding kann ihn fassen. Da er unfaßbar, unsichtbar, ewig und unerzeugt ist, so ist er unermeßliche Zeiten in tiefster Ruhe gewesen. Mit ihm hat zugleich angefangen die Ennoia, die sie auch Charis und Sige nennen. Nun ist jener einmal auf den Gedanken gekommen, von sich diesen Bythos als Anfang aller Dinge auszusenden und diesen Sprößling, den er auszusenden im Sinne gehabt hatte, wie ein Sperma gleichsam in den Mutterschoß der bei ihm befindlichen Sige einzusenken. Nachdem diese ihn empfangen hatte und schwanger geworden war, hat sie den Nous geboren, der dem Erzeuger ähnlich und gleich war und allein die Größe des Vaters erfaßte. Diesen Nous nennen sie auch den Eingebornen, Vater und Anfang aller Dinge. Mit Ihm zusammen ist auch die Wahrheit geboren und dies ist die erste und ursprüngliche Pythagoräische Vierheit, die sie auch die Wurzel aller Dinge heißen. Sie besteht nämlich aus dem Bythos und der Sige, dann aus dem Nous und der Wahrheit[4].
Indem er nun merkte, wozu er hervorgebracht war, hat der Eingeborne[5] nun seinerseits den Logos und die Zoe hervorgebracht, den Vater aller Dinge, die nach ihm kommen sollten, und die Mutter und Gestaltungskraft des gesamten Weltalls. Aus ihrer ehelichen Verbindung sind hervorgegangen der Mensch und die Kirche Das ist die ursprüngliche Achtheit, die Wurzel und Substanz aller Dinge, die nur mit vier Namen bei ihnen belegt ist: Bythos und Nous, Logos und Anthropos[6], weil in dem männlichen Prinzip jedesmal auch das weibliche enthalten ist, indem sich der erste Urvater[7] paarweise mit seiner Ennoia, der Eingeborne[8] mit der Aletheia, der Logos mit der Zoe, der Mensch mit der Kirche vereinigte.“
Gemeint ist hier nicht der äußere irdische Mensch, sondern der himmlische Urmensch, vergleichbar dem Adam Kadmon der Kabbala. Und die Kirche ist ebenso wenig die äußere irdische Kirche, sondern ihr höchstes himmliches Urbild.
männlich | weiblich |
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Bythos | Ennoia (bzw. Sige oder Charis) |
Nous | Aletheia |
Logos | Zoe |
Anthropos | Ecclesia |
Achtheit von Hermopolis
Achtheit in Hieroglyphen | ||||||
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Chemenyu Ḫmnyw Die Achtheit |
Die Achtheit von Hermopolis ist seit der Spätzeit (ab 664 v. Chr.) des Alten Ägypten bezeugt und besteht aus vier Götterpaaren (Syzygien griech. συζυγίαι), die - anders als die Neunheit von Heliopolis - noch vor der Erschaffung der äußeren Welt herrschten. Sie werden in menschlicher Gestalt dargestellt - die männlichen Götter mit Froschköpfen, die weiblichen mit Schlangenköpfen[9]. Ihr Schöpfer ist der Sonnengott Schepsi[10]. Später wird der Sonnengott Re aus dieser Achtheit geboren.
- Nun und seine Gattin Naunet repräsentieren das Urgewässer und den Urozean, als dem Element, das zeugt und gebiert. Die himmlischen Wasser (Schamajim hebr. שמים, mit Artikel: hebr. השמים ha-Schamajim, von hebr. מַיִם Majim „Wasser“) sind auch aus der biblischen Schöpfungsgeschichte bekannt. In der hinduistischen Mythologie steht dafür der Milchozean.
- Heh und Hehet stehen für den ewigen Raum, für die Endlosigkeit und für die Unendlichkeit (Die Urzeit, der Hauch und die Liebe des Schaffens, das schöpferische Verlangen).
- Kek und Keket bilden die Urfinsternis vor der Erschaffung der Gestirne, den Urraum, der als Mann das Helle schafft und als Frau die Nacht und so den Tag gebiert.
- Tenem und Tenemu stehen für die „Weglosigkeit“, den kosmischen Niederschlag, der sich zeugend und kreisend aus dem Urwasser absetzt.
Literatur
- Hans Jonas: Gnosis uns spätantiker Geist I, Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1934, 1964, 1988 ISBN 978-3525531235
- Kurt Rudolph: Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken Religion, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005 ISBN 3-525-52110-3
- Hartwig Altenmüller: Achtheit. In: Wolfgang Helck (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie (LÄ). Band I, Harrassowitz, Wiesbaden 1975, ISBN 3-447-01670-1, Sp. 56–57.