Robert Mayer

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Julius Robert von Mayer
Hinterglasgemälde der Familie Mayer um 1820/25 mit den Eltern und zwei von drei Söhnen: wahrscheinlich Gustav und Robert
Robert-Mayer-Denkmal auf dem Heilbronner Marktplatz
Grabstein Robert Mayers auf dem Alten Friedhof.
Walter Maisak: Robert Mayer – Erhaltung der Energie von 1958

Julius Robert von Mayer, vor 1867 Julius Robert Mayer (* 25. November 1814 in Heilbronn; † 20. März 1878 ebenda), war ein deutscher Arzt und physiologisch forschender Mediziner. Er formulierte als einer der ersten Wissenschaftler den für Physik, Chemie und Medizin bedeutenden Ersten Hauptsatz der Thermodynamik.

Leben

Julius Robert Mayer wuchs in Heilbronn als jüngster von drei Söhnen des Apothekers Christian Mayer in der Heilbronner Rosenapotheke auf. Er stammte aus einer angesehenen Heilbronner Familie und ist mit Philipp Melanchthon und Johannes Reuchlin verwandt.

Während seine beiden älteren Brüder Friedrich (1805–1872) und Gustav Mayer (1810–1852) wie ihr Vater den Apothekerberuf ergriffen, studierte Robert Mayer nach dem Abitur von 1832 bis 1837 an der Universität Tübingen Medizin, wo er sich dem Corps Guestphalia Tübingen anschloss und 1838 promovierte sowie das Staatsexamen machte. Zwischen 1837 und 1838 war er wegen der Teilnahme an einer unerlaubten unpolitischen Studentenverbindung und „unbefugten Besuchs eines Museumsballs in unschicklicher Kleidung“ ein Jahr von der Universität suspendiert worden. Nach einem Aufenthalt in Paris (1839/40) ließ er sich 1840 als Schiffsarzt auf einem holländischen Dreimaster mit dem Namen Java für eine Reise nach Batavia anheuern. Obwohl er sich bis zum Antritt dieser Reise kaum für physikalische Erscheinungen interessiert hatte, regten ihn nun die Beobachtungen – etwa, dass sturmgepeitschte Wogen wärmer sind als die ruhige See – zum tiefen Nachdenken über die Gesetze der Natur an, insbesondere über das physikalische Phänomen Wärme und die Frage, „ob die direkt entwickelte Wärme (Verbrennungswärme) allein oder ob die Summe der auf direktem und indirektem Wege entwickelten Wärmemengen auf Rechnung des Verbrennungsprozesses geht“. Nach seiner Rückkehr im Februar 1841 widmete Mayer alle seine Kräfte der Lösung dieser Aufgabe.

1841 ließ er sich in Heilbronn nieder, wurde zum Oberamtswundarzt gewählt, heiratete im Jahr darauf Wilhelmine Closs (1816–1899) und lebte von 1842 bis zu seinem Tod 1878 im Kirchhöfle 13. In Heilbronn traf er seinen Freund den Mathematik- und Physiklehrer Carl Wilhelm Baur wieder, den er zuerst in Paris getroffen hatte, mit dem er 1841 bis 1844 in Briefwechsel stand[1], und der ihm Unterricht in Mathematik und Mechanik gab.

Mayer vermutete, dass sich die Wärmeproduktion des menschlichen Körpers bei hohen Temperaturen vermindere, da er bei seinen physiologischen Beobachtungen in den Tropen eine unüblich hellrote Farbe des venösen Blutes feststellte, die er auf eine verminderte „Verbrennung“ von Sauerstoff zurückführte.[2]

Er schickte an Johann Christian Poggendorffs Annalen der Physik eine Abhandlung mit dem Titel Über die quantitative und qualitative Bestimmung der Kräfte, in der er einen „Erhaltungssatz der Kraft“ (gemeint war Energie) postulierte. Da sie fundamentale physikalische Irrtümer enthielt, wurde sie zunächst nicht publiziert. Unbeirrt verfolgte Mayer die Idee weiter und setzte sich mit dem Tübinger Physikprofessor Johann Gottlieb Nörrenberg auseinander, der seine Hypothese zwar ablehnte, ihm aber eine wertvolle Anregung gab, wie er sie experimentell überprüfen könnte.

Wenn Bewegungsenergie sich in Wärmeenergie verwandelt, müsste Wasser durch Schütteln zu erwärmen sein. Mayer konnte nicht nur diesen Nachweis führen, sondern bestimmte auch den quantitativen Faktor der Umwandlung, das Mechanische Wärmeäquivalent. Das Ergebnis seiner Untersuchungen veröffentlichte er 1842 im Maiheft von Justus von Liebigs Annalen der Chemie und Pharmacie unter dem Titel Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur.[3] In seinem Büchlein Die organische Bewegung im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel (1845) konnte er den Zahlenwert des Wärmeäquivalents noch präzisieren, anfangs mit 365 kpm = 1 kcal, später auf 425 kpm verbessert; die genaue Zahl ist 427 kpm. Diese Relation besagt, dass Arbeit und Wärme einander äquivalent sind und als verschiedene Energieformen in dem oben genannten, immer gleichen Verhältnis, ineinander übergeführt werden können. Dieser Satz wird als Erster Hauptsatz der Wärmelehre bezeichnet und war der Vorreiter des allgemeinen Energieerhaltungssatzes, den Hermann von Helmholtz 1847 formulierte.

Mayer war sich der großen Bedeutung seiner Entdeckung bewusst, aber sein Unvermögen, sich wissenschaftlich auszudrücken, sein Hang zu Spekulationen und seine bekennerhafte Religiosität brachten ihm nicht den gewünschten Ruf als Wissenschaftler ein. Die zeitgenössischen Physiker lehnten seinen Energieerhaltungssatz ab. Sogar von den großen Physikern Hermann von Helmholtz und James Prescott Joule erfuhr er unwürdige Anfeindungen. Man bezweifelte Mayers Qualifikation in physikalischen Fragen und verleumdete ihn.

Nachdem 1848 zwei seiner Kinder kurz hintereinander starben, waren seine Nerven vollends zerrüttet. Auf einen Suizidversuch am 18. Mai 1850 folgten Aufenthalte in den Heilanstalten Kennenburg bei Esslingen und Winnenden. Nach seiner Entlassung war er ein gebrochener Mann. Nach dem Tode seines Bruders Gustav 1852 nahm er dessen beide Töchter bei sich auf.[4] Erst 1860 wagte er sich wieder zaghaft an die Öffentlichkeit. Jedoch war in der Zwischenzeit sein wissenschaftlicher Ruhm gewachsen. So erhielt er eine späte Würdigung seiner Leistung, wenngleich er sich ihrer nicht mehr recht erfreuen konnte. Sein Schaffensdrang war dahin. Er blieb im häuslichen Bereich, widmete seine letzten Jahre dem Arztberuf und starb 1878 im Alter von 63 Jahren.

Welch feinsinniger Mensch er war zeigt sich in seinem kleinen Gedicht, mit dem es ihm gelang sein physikalische Entdeckung in Lyrik zu verwandeln, um sie so allen Menschen verständlich und zugleich zugänglich zu machen:

     Wo Bewegung entsteht
     Wärme vergeht.
     Wo Bewegung verschwindet
     Wärme sich findet.
     Es bleiben erhalten
     Des Weltalls Gewalten,
     Die Form nur vergeht,
     Das Wesen besteht.

Schriften

  • Die Mechanik und Wärme in Gesammelten Schriften von Robert Mayer, Stuttgart, Cotta, 1867, 2. Auflage 1874, 3. Auflage 1893, Archive, Ausgabe 1874
  • Jacob Weyrauch (Hrsg.): Robert Mayer, Kleinere Schriften und Briefe, Stuttgart, Cotta 1893, Archive
  • Robert von Mayer über die Erhaltung der Energie. Briefe an Wilhelm Griesinger nebst dessen Antwortschreiben aus den Jahren 1842-1845, Herausgegeben und erläutert von W. Preyer in Berlin, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1889
  • Sadi Carnot, Rudolf Clausius, Robert Mayer: Betrachtungen über die bewegende Kraft des Feuers, Ostwalds Klassiker Nr. 37, Nachdruck Verlag Harri Deutsch 2003 (darin von Mayer die beiden Abhandlungen von 1842 und 1845)
  • Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur, Annalen der Chemie und Pharmacie (Hrsg. Friedrich Wöhler, Justus Liebig), Band 42, 1842, S. 233–240
    • Englische Übersetzung Remarks on the forces of inorganic nature, Philosophical Magazine, Series 4, Band 24, 1862, S. 371
  • Die organische Bewegung in ihrem Zusammenhange mit dem Stoffwechsel. Ein Beitrag zur Naturkunde, Heilbronn, Verlag der Drechslerschen Buchhandlung 1845, Digitalisat
  • Beiträge zur Dynamik des Himmels, Heilbronn, Verlag Johann Ulrich Landherr 1848

Siehe auch

Literatur

  • Robert-Mayer-Bibliographie, bearbeitet von Gisela Eisert (= Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn; 10). Heilbronn 1978.
  • Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Robert Mayer. Sein Leben und Werk in Dokumenten (= Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn Band 12), Heilbronn 1964.
  • Eugen Dühring: Robert Mayer. Der Galilei des neunzehnten Jahrhunderts. Verlag Ernst Schmeitzner, Chemnitz 1880 (Digitalisat)
  • Hermann Munk: Mayer, Robert. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 21, Leipzig 1885, S. 126–128.
  •  Walther Gerlach: Julius Robert Mayer. In: Die Chemie (Angewandte Chemie, neue Folge). 55, Nr. 49/50, 1942, ISSN 1521-3757, S. 369–375.
  •  A. Mittasch: Wesentliches und Abseitiges zur Geschichte der „katalytischen Kraft“. In: Die Chemie (Angewandte Chemie, neue Folge). 55, Nr. 49/50, 1942, ISSN 1521-3757, S. 375–376.
  •  Lore Riegraf: Ahnenliste von Julius Robert Mayer. In: Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde. Sonderheft, Verein für Familien- und Wappenkunde in Württemberg und Baden, Stuttgart 1982.
  • Stefan L. Wolff: Mayer, Julius Robert von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 546–548 (Digitalisat).
  • Ken Caneva: Robert Mayer and the conservation of energy, Princeton University Press 1993
  • Karl-Eugen Kurrer: Nichts wird aus nichts. Nichts wird zu nichts. Zum 200. Geburtstag von Robert Mayer. In: Stahlbau 83. Jg., 2014, H. 12, S. 915–918.

Weblinks

 Wikisource: Julius Robert von Mayer – Quellen und Volltexte
Commons: Julius Robert von Mayer - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Der Briefwechsel ist in den 1893 in Stuttgart erschienenen kleinen Schriften und Briefen Mayers veröffentlicht.
  2. Christoph Gradmann: Mayer, Julius Robert. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 898 f.
  3. J. R. Mayer: Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie Bd. 42 Heft 2 (1842), S. 233–240. doi:10.1002/jlac.18420420212
  4. Christine und Holger Friedrich: Unbekanntes aus den letzten Lebensjahren des Sinsheimer 1848/49er Revolutionärs Gustav Mayer (1810–1852) in St. Louis (Missouri), in: Kraichgau 17, 2002, S. 257–264.


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