Fließgleichgewicht

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Fließgleichgewicht wortwörtlich: Ein offenes Gefäß mit Zustrom und Ablauf

Ein Fließgleichgewicht oder dynamisches Gleichgewicht[1][2] ist ein stationärer Vorgang, bei dem fortgesetzt Substanzen, Teilchen oder Energie in ein System einströmen und in gleichem Maße wieder ausströmen – oder z. B. infolge einer Reaktion das System in anderer Form verlassen –, so dass ihre Menge im System zeitlich konstant bleibt.[3] Der Nettounterschied zwischen Zufluss und Abfluss ist zeitlich konstant nahezu null, es können also bei Fließgleichgewichten große oder kleine Mengen umgesetzt werden, solange es in der Summe null ist. Zum Wesen des Fließgleichgewichts gehört, dass es sich um ein Offenes System handelt und dass Transportvorgänge die Gleichgewichtskonzentrationen der einzelnen Stoffe in dem jeweils beobachteten Raum (z. B. in jeder Zelle) bestimmen. Nach Störungen (Heterostase) besteht die Tendenz, zum Status quo zurückzukehren (Homöostase). Störungen des Status quo zeigen sich in abweichenden Mengen der beteiligten Substanzen (zu viel oder zu wenig). Im deutschen Sprachraum wird zwischen Fließgleichgewicht, chemischem Gleichgewicht und Homöostase unterschieden. Ein System im Fließgleichgewicht geht ins thermodynamische Gleichgewicht über, wenn die Ströme zwischen den Systemteilen versiegen.

Der Begriff Fließgleichgewicht geht unter anderem auf den österreichisch-kanadischen Biologen Ludwig von Bertalanffy zurück.[2]

Eigenschaften

Lebende Zellen können ein Fließgleichgewicht von Substraten über längere Zeiträume deshalb aufrechterhalten, weil typische enzymatische Umsetzungen Teil einer Reaktionskette sind. In einer solchen wird umgeschlagenes Substrat durch das vorgeschaltete Enzym oder durch Transportvorgänge nachgeliefert und entstehendes Produkt durch das nachfolgende Enzym abgeleitet.

Diese Bedingungen sind bei den klassischen enzymkinetischen Messungen eindeutig nicht gegeben, dennoch hat sich gerade auf diesem Gebiet der Begriff des Fließgleichgewichtes/steady states eingebürgert. Bei einer typischen Anordnung gibt es nämlich einen einzigen Punkt, an dem die Substratkonzentration definiert bzw. bekannt ist und somit der Reaktionsrate zugeordnet werden kann: den Reaktionsstart. Diese Zuordnung gelingt allerdings nur durch Extrapolation (Stichwort: „Tangente an den Ursprung“), wie im Folgenden gezeigt wird. Deshalb wird auch nicht ein Fließgleichgewicht im strengen Sinne, sondern die Enzymkinetik in einem abgeschlossenen System beschrieben. In der Thermodynamik, speziell in der nichtlinearen Thermodynamik, wird als Fließgleichgewicht ein Gleichgewicht mit Entropieproduktion bezeichnet.

Literarische Beschreibung

Sehr anschaulich wird ein Fließgleichgewicht in dem Gedicht Der römische Brunnen von Conrad Ferdinand Meyer beschrieben. In der 4. Version des Gedichts aus dem Jahre 1866 heißt es: "...Die Wasser steigen nieder/In zweiter Schale Mitte/Und voll ist diese wieder/Sie fluten in die dritte:/Ein Nehmen und ein Geben/Und alle bleiben reich/Und alle Fluten leben/Und ruhen doch zugleich."

Siehe auch

Literatur

  • Detlef Doenecke, Peter Karlson: Karlsons Biochemie und Pathobiochemie. Georg Thieme, 2005. ISBN 9783133578158.
  • Peter Schopfer, Axel Brennicke: Pflanzenphysiologie. Springer, 2010. ISBN 9783827423528.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. dynamisches Gleichgewicht. In: Lexikon der Biologie. Spektrum Akademischer Verlag, abgerufen am 22. Oktober 2016.
  2. 2,0 2,1  Fließgleichgewicht und thermodynamisches Gleichgewicht. In: Basiswissen Schule. Chemie Abitur, Duden, 2015, ISBN 9783411045945.
  3. Horace Robert Horton (et al.): Biochemie. Pearson Studium, 2008. ISBN 9783827373120. S. 187ff.


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