Bibliothek:Rudolf Steiner/Naturwissenschaft/GA 320 Geisteswissenschaftliche Impulse zur Entwickelung der Physik I/Neunter Vortrag

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NEUNTER VORTRAG

Stuttgart, 2. Januar 1920

Es ist mir ja außerordentlich leid, daß diese Auseinandersetzungen gar so sehr improvisiert sind und aphoristisch bleiben müssen, allein es geht eben nicht anders, als Ihnen in diesen Tagen eine Anzahl von Gesichtspunkten zu geben und dann, wenn ich in einiger Zeit wieder um hier sein werde, die Sache fortzusetzen, so daß Sie dann irgend etwas Abgerundetes mit der Zeit aus diesen Auseinandersetzungen werden bekommen können. Ich muß aber; um Ihnen die paar Gesichtspunkte, die ich Ihnen abschließend morgen entwickeln werde und die wiederum möglich machen, daß wir einige Lichter hinwerfen auf die pädagogische Verwertung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, ich muß heute Ihren Blick lenken auf die Entwickelung der elektrischen Erscheinungen, der Erscheinungen der Elektrizität, und ich werde anknüpfen an Dinge, die Ihnen eigentlich von der Schulbank her geläufig sind, weil wir eben von da ausgehend dann morgen das Gesamtgebiet der Physik überschauend charakterisieren wollen.
Nicht wahr, die elementaren Dinge der Elektrizitätslehre kennen Sie. Sie wissen, daß es das gibt, was man die Reibungselektrizität nennt, daß man eine Glasstange zum Entfalten einer Kraft bringt, in dem man sie mit irgendeinem Reibzeug, wie man es nennt, reibt, oder auch eine Harzstange, daß dadurch die Glasstange oder Harzstange, wie man sagt, elektrisch wird, das heißt kleine Körper, Papietschnitzelchen, anzieht. Sie wissen auch, daß die Beobachtung der Erscheinungen allmählich ergeben hat, daß in ihrer Entfaltung verschieden sind die beiden Kräfte, die ausgehen im einen Fall von der geriebenen Glasstange, im anderen Fall von der geriebenen Harzstange oder der Siegellackstange: Wenn die Stange veranlaßt worden ist, Papierschnitzelchen anzuziehen, so wird dasjenige, was von der Glasstange in einer bestimmten Weise, wie man sagt, elektrisch durchtränkt wird, in der entgegengesetzten Weise von der Harzstangen-Elektrizität elektrisch durchtränkt, und man unterscheidet daher, indem man sich mehr an
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das Qualitative anschließt, Glaselektrizität und Harzelektrjzität, oder, indem man das bloß mehr allgemein ausdrückt, positive Elektrizität und negative Elektrizität. Die Glaselektrizität würde die positive, die Harzelektrizität die negative sein.
Nun ist das Eigentümliche, daß positive Elektrizität negative Elektrizitat immer in gewisser Weise herbeizieht. Sie können diese Erscheinung an der sogenannten Leidener Flasche ersehen, also jenem Gefäß, das außen mit einem elektrisierbaren Belag versehen ist, das hier dann isoliert ist, das dann im Innern mit einem anderen Belag versehen ist, der sich fortsetzt in eine Metallstange mit einem Metallknopf. Wenn man nun eine Metallstange elektrisch gemacht hat
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und diese Elektrizität mitteilt - was man kann - dem äußeren Belag, so wird der äußere Belag zum Beispiel positiv elektrisch, erzeugt die Erscheinungen der positiven Elektrizität. Dadurch aber wird der innere Belag negativ elektrisch. Und wir können, wie Sie wissen, dann, indem wir verbinden den Belag, der mit positiver Elektrizität angefüllt ist, und den Belag, der mit negativer Elektrizität angefüllt ist, es zu einer Verbindung der positiv elektrischen und negativ elektrischen Kraft bringen, wenn wir sie in eine solche Lage versetzen, daß die eine Elektrizität sich bis hierher fortsetzen kann und gegenübersteht der
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anderen. Sie stehen sich mit einer gewissen Spannung gegenüber und fordern ihren Ausgleich. Es springt der Funke von dem einen Belag auf den andern über. Wir sehen also, daß Elektrizitätskräfte, die sich so gegenüberstehen, eine gewisse Spannung haben und zum Ausgleich streben. Der Versuch wird vor Ihnen oftmals gemacht worden sein.
Sie sehen hier die Leidener Flasche. Aber wir brauchen noch eine Gabel. Ich will einmal hier laden. Es ist noch zu schwach. Ein bißchen stoßen sich die Plättchen ab. Es würde also, wenn wir hier genügend laden würden, die positive Elektrizität die negative hervor-rufen, und wir würden, wenn wir beide einander gegenüberstehend hätten, durch eine Entladungsgabel den Funken zum Überspringen bringen. Sie wissen aber auch, daß diese Art, elektrisch zu werden, mit dem Ausdruck Reibungselektrizität bezeichnet wird, weil man es zu tun hat eben mit der durch Reibung hervorgegangenen, irgendwie gearteten Kraft - so möchte ich vorläufig sagen.
Nun wurde, wie ich Ihnen auch nur zu wiederholen brauche, eigentlich erst um die Wende des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts zu dieser Reibungselektrizität hinzugefunden, entdeckt dasjenige, was man Berührungselektrizität nennt. Und damit wurde für die moderne Physik ein Gebiet eröffnet, das sich gerade außerordentlich fruchtbar erwiesen hat für die materialistische Ausgestaltung der Physik. Ich brauche Sie auch da nur an das Prinzip zu erinnern. Galvani beobachtete einen Froschschenkel, der in Verbindung war mit Metallplatten und der in Zuckungen geriet, und hatte damit eigentlich, man möchte sagen, etwas außerordentlich Bedeutsames gefunden, hatte zwei Dinge zugleich gefunden, die nur voneinander abgetrennt werden mußten und die heute noch nicht ganz sachgemäß voneinander abgetrennt sind zum Unheil der naturwissenschaftlichen Betrachtungen. Galvani hatte dasjenige gefunden, was wenig später Volta eben als die eigentliche Berührungselektrizität bezeichnen konnte. Er hatte die Tatsache gefunden, daß, wenn zwei verschiedene Metalle sich so berühren, daß ihre Berührung vermittelt wird durch entsprechende Flüssigkeiten, so entsteht eine Wechselwirkung, die in Form einer elektrischen Strömung von dem einen Metall zu dem andern sich äußern kann. Damit haben wir die elektrische Strömung, die verläuft rein auf dem Gebiete
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des unorganischen Lebens scheinbar, wir haben aber, indem wir hin-blicken auf dasjenige, was Galvani eigentlich bloßlegte, auch noch das, was man gewissermaßen als physiologische Elektrizität bezeichnen kann, einen Kraftspannungszustand, der eigentlich immer besteht zwischen Muskel und Nerv und der geweckt werden kann, wenn elektrische Ströme durch Muskel und Nerv hindurchgeführt werden. So daß in der Tat dasjenige, was Galvani damals gesehen hat, zweierlei enthielt: Dasjenige, das man einfach auf unorganischem Gebiet nachbilden kann, indem man Metalle durch Vermittlung von Flüssigkeiten zur Ausbildung der elektrischen Ströme bringt, und dasjenige, was in jedem Organismus ist, bei gewissen elektrischen Fischen und anderen Tieren besonders hervortritt als Spannungszustand zwischen Muskel und Nerv, der sich für den äußeren Anblick ähnlich ausnimmt in seinem Ausgleich wie strömende Elektrizität und ihre Wirkungen. Damit war aber alles dasjenige gefunden, was dann zu gewaltigen wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritten auf materialistischem Gebiete einerseits geführt hat, was auf der anderen Seite so gewaltige, epochemachende Grundlagen für die Technik ergeben hat.
Nun handelt es sich darum, daß ja das neunzehnte Jahrhundert hauptsächlich angefüllt war von der Anschauung, man müsse etwas herausfinden, was als ein abstrakt Einheitliches allen Naturkräften - wie man sie nennt - zugrunde liegt. In dieser Richtung hatte man ja auch dasjenige, wovon ich Ihnen schon gesprochen habe, ausgedeutet, was in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Julius Robert Mayer, der bekannte geniale Heilbronner Arzt, zutage gefördert hat. Wir haben vorgeführt, was von ihm zutage gefördert worden ist: Wir haben mechanische Kraft entwickelt, indem wir ein Schwungrad in Drehung gebracht haben, das Wasser in innere mechanische Tätigkeit versetzt haben. Dadurch aber ist das Wasser wärmer geworden. Die Erwärmung konnten wir nachweisen, und man kann sagen, daß diese Entwickelung der Wärme eine Wirkung ist der mechanischen Leistung, der mechanischen Arbeit, die da war. Diese Dinge hat man so ausgedeutet, daß man sie auf die verschiedensten Naturerscheinungen angewendet hat, was man ja auch in gewissen Grenzen leicht konnte. Man konnte die Entfaltung von chemischen Kräften bewirken, konnte
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sehen, wie auch aus der Entfaltung von chemischen Kräften Wärme sich bildet, man konnte umgekehrt Wärme gebrauchen, wie es ja in der Dampfmaschine geschieht im umfassendsten Sinne, um mechanische Arbeit hervorzurufen. Man hat den Blick insbesondere gerichtet auf diese sogenannte Umwandelung der Naturkräfte, und man war dazu veranlaßt durch dasjenige, was man immer weiter ausgebildet hat, was bei Julius Robert Mayer seinen Anfang genommen hat, daß man zahlenmäßig berechnen kann, wieviel Wärme notwendig ist, um eine bestimmte, meßbare Arbeit hervorzubringen, und umgekehrt, wieviel mechanische Arbeit notwendig ist, um ein bestimmtes, meßbares Wärmequantum hervorzubringen. Man stellte sich vor, obwohl zunächst nicht Veranlassung dazu vorhanden ist, daß sich einfach verwandle Arbeit, die man verrichtet hat, indem man die Schaufelscheiben im Wasser in Drehung versetzt hat, daß sich diese mechanische Arbeit in Wärme umgewandelt habe. Man nahm an, daß sich, wenn wir Wärme anwenden in der Dampfmaschine, diese Wärme um wandelt in dasjenige, was dann als mechanische Leistung auftritt. Diese Richtung des Denkens nahm das physikalische Nachsinnen im neunzehnten Jahrhundert an, und daher war es bestrebt, Verwandtschaft zu finden zwischen den verschiedenen sogenannten Naturkräften, Verwandtschaften, die zeigen sollten, daß wirklich irgend etwas abstrakt Gleiches in all diesen verschiedenen Naturkräften eigentlich steckt.
Eine gewisse Krönung hat dieses Bestreben gefunden, als am Ende des neunzehnten oder gegen das Ende des neunzehnten Jahrhunderts mit einer gewissen Genialität der Physiker Hertz die sogenannten elektrischen Wellen gefunden hat - also auch hier Wellen -, welche eine gewisse Berechtigung gaben, dasjenige, was als Elektrizität sich ausbreitet, in Verwandtschaft zu denken mit demjenigen, was als Licht sich ausbreitet, das man ja auch als eine wellenförmige Bewegung des Äthers sich dachte. Daß dasjenige, was man als Elektrizität an zusprechen hatte, namentlich in der Form der strömenden Elektrizität, nicht so einfach mit den primitiven mechanischen Grundbegriffen zu erfassen ist, sondern eigentlich notwendig macht, ein wenig schon den Ausblick der Physik auf das Qualitative zu erweitern, das hätte schon zeigen können das Vorhandensein dessen, was man Induktionsströme
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nennt, wo dadurch, daß - ich will das hier nur roh andeuten - ein elektrischer Strom im Draht sich bewegt, ein in der Nähe befindlicher Strom entsteht einfach dadurch, daß der eine Draht in der Nachbarschaft des anderen ist. Es geschehen also Wirkungen der Elektrizität durch den Raum durch - so könnte man etwa sagen.
Nun war es Hertz gelungen, auf das ganz Interessante zu kommen, daß in der Tat die Ausbreitung der elektrischen Agenzien etwas Verwandtes hat mit allem, was sich wellenförmig ausbreitet oder so gedacht werden kann. So hatte Hertz gefunden, daß, wenn man etwa einen elektrischen Funken erzeugt auf dieselbe Weise, wie er hier er zeugt wird, das heißt die Spannung zur Entwicklung bringt, so würde man das Folgende erreichen können: Nehmen Sie an, hier hätten wir diesen überspringenden Funken. Wir würden immer die Möglichkeit haben, an einem entsprechenden Ort, irgendwo anders, zwei solche - man könnte sie kleine Induktoren nennen - einander gegenüber-zustellen. Sie müssen nur an einem bestimmten Orte sich gegenüber gestellt werden. Es würde in einiger entsprechender Entfernung entstehen können ein Überspringen auch hier, was ja keine andere Erscheinung wäre als eine solche, die ähnlich ist derjenigen, wo meinet willen hier eine Lichtquelle ist, hier ein Spiegel, der den Lichtkegel reflektiert, durch einen anderen Spiegel hier sammelt und wo hier das Bild dann erscheint. Man kann sprechen von einer Ausbreitung des Lichtes und von einer Wirkung, die in der Entfernung sich vollzieht.
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So konnte auch Hertz sprechen von einer Ausbreitung der Elektrizität, deren Wirkung in entsprechender Entfernung wahrnehmbar ist, und hatte damit nach seiner und anderer Auffassung das zustande
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gebracht, was ein Beweis wäre dafür, daß wirklich durch die Elektrizität sich etwas verbreitet, was einer wellenförmigen Bewegung entspricht so, wie man sich überhaupt wellenförmige Bewegungen in ihrer Ausbreitung denkt. Wie also das Licht durch den Raum sich verbreitet und zur Wirkung gelangt in Entfernungen, wenn es auf andere Körper auftrifft und gewissermaßen da entfaltet werden kann, so können auch die elektrischen Wellen sich ausbreiten und in der Entfernung wieder entfalten. Das liegt dann zugrunde der sogenannten drahtlosen Telegraphie, wie Sie wissen, und man hat es also mit einer gewissen Erfüllung der Lieblingsidee der Physiker des neunzehnten Jahrhunderts zu tun, daß man, was man beim Schall sich vorstellt als Wellenzüge und beim Licht sich vorstellt als Wellenzüge, was man begonnen hat, weil die Wärmeerscheinungen ähnliche Erscheinungen aufweisen, bei der sich verbreitenden Wärme als Wellenbewegung sich vorzustellen, daß man das auch bei der Elektrizität sich vorstellen konnte, bei der man sich nur recht lange Wellen vorzustellen hat. Es war gewissermaßen damit etwas geliefert, was wie unwiderleglich bewies, daß die Denkweise der Physik im neunzehnten Jahrhundert voll begründet ist.
Und dennoch, es ist mit den Hertzschen Versuchen etwas gegeben, was darauf hinweist, daß mit ihnen eigentlich ein Abschluß des Alten sich vollzogen hat. Sehen Sie, alles dasjenige, was sich in gewissen Gebieten vollzieht, das kann ja doch eigentlich nur innerhalb dieser gewissen Gebiete auch entsprechend beurteilt werden. Wenn wir jetzt Revolutionen erlebt haben, so erscheinen uns diese als gewaltige Erschütterungen des sozialen Lebens, weil wir eben auf ihre Gebiete besonders hinschauen. Derjenige, der auf das hinschaut, was mit den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und mit den anderthalb Jahrzehnten dieses Jahrhunderts geschehen ist auf dem Gebiet der Physik, der muß sagen, daß sich da eigentlich eine Revolution vollzogen hat, die in ihrem Gebiete viel stärker ist als auf dem ihrigen die äußere Revolution. Denn man braucht nicht mehr und nicht weniger zu sagen, als daß man auf physikalischem Gebiete in einer vollständigen Auflösung der alten physikalischen Begriffe im Grunde genommen dar innensteckt und daß sich die Physiker nur noch wehren, diese Auflösung
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wirklich zuzugeben. Während dasjenige, was Hertz zutage gefördert hat, durchaus die Abendröte des Alten noch ist, weil es eigentlich dazu geführt hat, die alte Wellentheorie zu erhärten, ist dasjenige, was später gekommen ist, was auch schon zu Hertzens Zeit vorhanden war, gewissermaßen schon vorbereitend da war, das ist von revolutionierender Bedeutung für die Physik geworden. Und das besteht dar innen, daß man den elektrischen Strom, der erzeugt und weitergeleitet werden kann, nun leitet durch Röhren, in denen die Luft ausgepumpt ist bis zu einem gewissen Grade, so daß man also den elektrischen Strom leitet durch eine Luft, die außerordentlich stark verdünnt ist. Sie sehen hier den Spannungszustand einfach dadurch hervorgerufen, daß die Enden, an denen sich die Elektrizität entladen kann, so weit auseinandergeschoben sind, wie hier die Röhrenlänge ist, so daß dasjenige, was man eine Spitze nennen kann, durch die sich die positive Elektrizität entlädt, der positive Pol, auf der einen Seite ist und der negative Pol auf der anderen Seite. Zwischen diesen beiden Spitzen entlädt sich die Elektrizität, und die farbige Linie, die Sie hier sehen, ist der Weg, den die Elektrizität nimmt. So daß man sagen kann: Dasjenige, was sonst durch die Drähte geht, das nimmt, indem es sich durch die verdünnte Luft fortpflanzt, diese Form an, die Sie hier sehen. Das ist bei stärker verdünnter Luft noch stärker. Sie sehen schon hier, daß gewissermaßen eine Art Bewegung stattfindet von der einen und anderen Seite her, wie sich die Erscheinung wesentlich modifiziert. So haben wir also die Möglichkeit, dasjenige, was durch den Draht als Elektrizität strömt, auf einem Teil seines Weges gewisser maßen so zu behandeln, daß es in Wechselwirkung mit anderem etwas zeigt von seiner inneren Wesenheit. Es zeigt sich, wie es ist, indem es sich nicht durch den Draht verbergen kann. Beobachten Sie das grüne Licht an dem Glas! Das ist fluoreszierendes Licht.
Es tut mir leid, daß ich die Sachen nicht genauer besprechen kann, aber ich würde nicht erreichen, was ich erreichen möchte, wenn ich nicht so skizzenhaft spräche.
Sie sehen, was da durchgeht, in einem sehr zerstobenen Zustand in der stark verdünnten Luft der Röhre. Nun, die Erscheinungen, die sich so in luft- oder gasverdünnten Röhren zeigten, die brauchen
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nur studiert zu werden - die mannigfachsten Persönlichkeiten haben sich an diesem Studium beteiligt, unter anderen hat sich daran beteiligt Crookes. Es handelt sich darum, zu verfolgen, wie sich die Erscheinungen in der Röhre eigentlich verhalten, und mit den Er scheinungen, die sich in der Röhre ergeben, Versuche zu machen. Nun, gewisse Versuche, die zum Beispiel auch Crookes gemacht hat, die bezeugten, daß dasjenige, was da, ich möchte sagen, als innerer Charakter der Elektrizität sich zeigt, wo wir sie bloßgelegt haben, nicht zu tun haben kann mit irgend etwas, was sich so fortpflanzt, wie man sich vorstellen wollte, daß sich das Licht durch Wellenbewegungen des Äthers fortpflanzt. Denn dasjenige, was da hin-schießt durch die Röhre, das hat merkwürdige Eigenschaften, Eigenschaften, die stark erinnern an die Eigenschaften desjenigen, was einfach Materielles ist. Wenn Sie einen Magneten haben oder einen Elektro-Magneten - ich muß da appellieren an dasjenige, was Sie schon wissen, es kann heute nicht alles besprochen werden -, so können Sie Materielles anziehen durch den Magneten. Dieselbe Eigenschaft, angezogen werden zu können durch den Magneten, die hat auch dieser Lichtkörper, der da durchgeht, diese modifizierte Elektrizität. Sie verhält sich ganz so zu einem Magneten, wie sich Materie zum Magneten verhält. Das magnetische Feld modifiziert dasjenige, was da durchschießt.
Solche und ähnliche Versuche haben Crookes und andere Personen dazu geführt, sich vorzustellen, daß da drinnen nicht das ist, was man im alten Sinne eine fortschreitende Wellenbewegung nennen kann, sondern daß da drinnen materielle Teilchen sind, die durch den Raum schießen und die als materielle Teilchen angezogen werden von der magnetischen Kraft. Crookes nannte daher dasjenige, was da hinüber-schießt, strahlende Materie, und er stellte sich vor, daß durch die Verdünnung nach und nach die Materie, die da drinnen ist in der Röhre, in einen solchen Zustand gekommen ist, daß sie nicht nur ein Gas ist, sondern etwas ist, was schon über den Gaszustand hinausgeht, was eben strahlende Materie ist, Materie, deren einzelne Teile durch den Raum strahlen, die also gewissermaßen fein zerteilter Staub ist, dessen Körnchen durch die elektrische Ladung selbst die Eigenschaft haben,
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durch den Raum zu schießen. Diese Teilchen selbst, die würden nun an gezogen von der elektromagnetischen Kraft. Daß sie angezogen würden, das beweise eben, daß wir es zu tun haben mit den letzten Resten von wirklichem Materiellem, nicht bloß mit einer Bewegung nach der Art der im alten Sinn gedachten Ätherbewegung. Diese Versuche konnte man insbesondere machen mit demjenigen, was ausstrahlt, was sich als Ausstrahlendes ergab von dem negativ elektrischen Pol, von der sogenannten Kathode, und man studierte da diese Ausstrahlungen der Kathode und nannte sie Kathodenstrahlen. Damit also war, ich möchte sagen, die erste Bresche in die alte physikalische Auffassung geschlagen. Man hatte in den Hittorfschen Röhren einen Vorgang, der bewies, daß man es eigentlich mit einem durch den Raum gehenden Materiellen, durch den Raum schießenden Materiellen, wenn auch in sehr fein verteiltem Zustande, zu tun hat. Was in dem steckt, was man die Materie nannte, war ja damit nicht ausgemacht, aber es war jeden falls auf etwas hingedeutet, was man mit dem Materiellen identifizieren mußte.
Crookes war es also klar, daß er es damit durch den Raum hindurchstäubendem Materiellem zu tun hatte. Diese Anschauung erschütterte die alte Wellenlehre. Auf der anderen Seite aber kamen dann wiederum andere Versuche, welche nun die Crookessche Anschauung nicht rechtfertigten. So gelang es Lenard 1893, diese sogenannten Strahlen, die von diesem Pol ausgehen, von ihrem Weg abzubringen - man kann sie ja abbringen -, und er konnte sie nach außen leiten, konnte eine Aluminiumwand einschalten und durch sie die Strahlen leiten. Da entstand zunächst die Frage: Kann das so einfach sein, daß materielle Teilchen da so ohne weiteres durch eine materielle Wand durchgehen? - Man mußte also wieder die Frage aufwerfen: Sind das also materielle Teilchen, die da durch den Raum stieben? Ist es nicht doch etwas anderes, was durch den Raum stiebt? - Nun, sehen Sie, das führte allmählich dazu, einzusehen, daß man weder mit dem alten Schwingungsbegriff noch mit dem alten Materiebegriff auf diesem Gebiete weiterkommt. Man war gewissermaßen in der Lage, durch die Hittorfschen Röhren der Elektrizität auf ihren Schleichwegen nachzugehen. Man hatte hoffen können, Wellenzüge zu finden; man
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konnte sie nicht finden. Man hatte sich nun damit getröstet: Also ist es durch den Raum schießende Materie. Auch das ging wiederum nicht recht, und so sagte man sich zum Schlusse, was nun tatsächlich durch die verschiedensten Versuche, von denen ich nur einzelne charakteristische Ihnen hier anführen konnte, herauskam: Es sind nicht Schwingungen vorhanden, es ist auch nicht eine solche zerstäubte Materie, sondern es ist bewegte, strömende Elektrizität vorhanden. Die Elektrizität selbst strömt, aber sie zeigt, indem sie strömt, gewisse Eigenschaften, durch die sie sich verhält zu anderem, sagen wir zum Magneten, wie Materie. Natürlich, wenn Sie eine Kugel durch den Raum schießen lassen und Sie lassen sie am Magneten vorbeigehen, so wird sie von ihrem Wege abgelenkt. So macht es auch die Elektrizität. Das spricht dafür, daß sie etwas Materielles ist. Aber da sie ohne weiteres durch eine Aluminiumplatte durchgeht wiederum, erweist sie sich doch wiederum nicht als Materie. Materie macht ja zum Beispiel ein Loch, wenn sie durch andere Materie durchgeht. Also sagte man: strömende Elektrizität.
Diese strömende Elektrizität, sie zeigte nun die allermerkwürdigsten Dinge, und ich möchte sagen: An der Richtung, die sich ergab für die Betrachtung, konnte man die merkwürdigsten Entdeckungen machen. So konnte man nach und nach verfolgen, wie ebenso Ströme ausgehen von dem anderen Pol, die sich begegnen mit den Kathodenstrahlen. Man nennt dieses Ende die Anode und bekam die Strahlen, die Kanal-strahlen genannt wurden. So daß man in einer solchen Röhre zwei sich begegnende Strahlen zu haben glaubte.
Etwas besonders Interessantes ergab sich in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Röntgen die Kathodenstrahlen leitete, auf fing, könnte man sagen, auf eine Art Schirm, den er in den Weg der Kathodenstrahlen stellte. Wenn man die Kathodenstrahlen auffangen läßt durch einen Schirm, so bekommt man eine Modifikation dieser Strahlen. Sie gehen modifiziert weiter, und man bekommt Strahlen, die auf gewisse Körper elektrisierend wirken, die sich auch zeigen in Wechselwirkung mit gewissen magnetischen und elektrischen Kräften. Man bekommt dasjenige, was man gewohnt worden ist, die Röntgenstrahlen oder X-Strahlen zu nennen. Daran haben sich wieder andere Entdeckungen
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geschlossen. Sie wissen, daß diese Röntgenstrahlen die Eigenschaft haben, daß sie durch die Körper gehen können, ohne daß sie wahrnehmbare Störungen hervorrufen, daß sie durch das Fleisch, durch die Knochen gehen in verschiedener Art, so daß sie große Bedeutung gewonnen haben für die Physiologie und Anatomie.
Nun trat eine Erscheinung auf, die nötig macht, sich weitere Gedanken zu machen. Es trat die Erscheinung auf, daß, wenn diese Kathodenstrahlen oder ihre Modifikationen Glaskörper oder andere Körper treffen, zum Beispiel die Materie, die aus gewissen chemisch-theoretischen Untergründen heraus Bariumplatinzyanür genannt wird, eine gewisse Art von Fluoreszenz hervorgerufen wird, das heißt, daß diese Materien leuchtend werden dadurch. Da sagte man sich, da müssen diese Strahlen wiederum weiter modifiziert worden sein. Man hat es da also mit einer ganzen Menge von Strahlenarten zu tun. Die Strahlen, die da direkt kamen von dem negativen Pol, die erwiesen sich als modifizierbar durch allerlei anderes. Man hat nun versucht, Körper zu finden, von denen man geglaubt hat, daß sie diese Modifikation sehr stark hervorrufen können, daß sie also sehr stark diese hingeworfenen Strahlen in etwas anderes verwandeln, zum Beispiel in Fluoreszenzstrahlen. Und auf diese Weise ist man darauf gekommen, daß man Körper haben kann wie zum Beispiel Uransalze, die gar nicht nötig haben, unter allen Umständen erst bestrahlt zu werden, sondern die unter gewissen Verhältnissen selbst diese Strahlen wiederum aussenden, die also die innere Eigenschaft haben, solche Strahlen auszusenden. Und unter diesen Körpern waren ja insbesondere die Körper, die man die radiumhaltigen nennt. Da haben gewisse Körper höchst merkwürdige Eigenschaften. Sie strahlen, sagen wir, zunächst gewisse Kraftlinien aus, die in merkwürdiger Weise behandelt werden können. Wenn wir solch eine Ausstrahlung haben von einem radiumhaltigen Körper - der Körper ist in einem Bleitröglein drinnen, und wir haben hier die Ausstrahlung -, so können wir diese Ausstrahlung mit dem Magneten untersuchen. Dann finden wir, daß sich etwas absondert von dieser Ausstrahlung, das wir durch den Magneten stark hier herüberleiten können, das dann diese Form an-nimmt. Etwas anderes bleibt starr und pflanzt sich in dieser Richtung
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fort, wieder etwas anderes wird in entgegengesetztem Sinn abgelenkt, das heißt, es steckt hier ein Dreifaches darinnen. Zuletzt hatte man schon gar nicht mehr genug Namen, um das zu bezeichnen. Deshalb nannte man dasjenige, was nach rechts abgelenkt werden kann, β-Strahlen, die der geraden Linie folgenden die γ-Strahlen und die nach entgegengesetzter Richtung abgelenkten die α-Strahlen. Wenn
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man gewisse Rechnungen anstellt, dann kann man dadurch, daß man einen Magneten an dasjenige, was da strahlt, seitlich herankommen läßt, die Ablenkung studieren und damit die Geschwindigkeit. Und da stellte sich das Interessante heraus, daß die β-Strahlen etwa sich bewegen mit 9/10 Lichtgeschwindigkeit, die α-Strahlen mit etwa 1/10 Lichtgeschwindigkeit. Wir haben also da gewissermaßen Kraft-Explosionen, die wir getrennt haben, analysiert haben, und die uns zeigen, wie sie auffallende Verschiedenheiten in der Geschwindigkeit haben.
Ich erinnere Sie an dieser Stelle, daß wir rein geistig im Beginne dieser Betrachtungen die Formel zu erfassen versuchten: v =s/t und gesagt haben, daß das Reale im Raum die Geschwindigkeit ist, daß es die Geschwindigkeit ist, was einen berechtigt, hier von Wirklichem zu sprechen. Hier sehen Sie, wie dasjenige, was da, ich möchte sagen, herausexplodiert, sich hauptsächlich dadurch charakterisiert, daß man es zu tun hat mit verschieden stark aufeinander wirkenden Geschwindigkeiten. Denken Sie sich nur einmal, was das bedeutet, daß in dem selben Kraftzylinder, der hier herausstrahlt, etwas drinnen ist, was sich 9mal so schnell bewegen will als das andere, daß also eine schießende
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Kraft, die zurückbleiben will gegen die andere, die 9mal so schnell gehen will, sich geltend macht. Nun bitte ich, ein wenig auf dasjenige zu sehen, wovon nur Anthroposophen das Recht haben, es heute noch nicht als Verrücktheit anzusehen. Ich bitte, sich daran zu erinnern, wie oft und oft wir sprechen mußten, daß in den größten uns überschau baren Aktionen der Welt Geschwindigkeitsunterschiede das Wesentliche sind. Wodurch spielen denn in unsere Gegenwart wichtigste Erscheinungen herein? Dadurch, daß mit verschiedener Geschwindigkeit die normalen, die luziferischen, die ahrimanischen Wirkungen ineinanderspielen, daß Geschwindigkeitsdifferenzen in den geistigen Strömungen, denen das Weltgefüge unterworfen ist, vorhanden sind. Der Weg, der sich der Physik eröffnet hat in der letzten Zeit, zwingt sie, auf Geschwindigkeitsdifferenzen in einem ganz ähnlichen Sinn, vorläufig ganz unbewußt, einzugehen, wie sie die Geisteswissenschaft geltend machen muß für die umfassendsten Agenzien der Welt.
Es ist aber damit noch nicht erschöpft alles dasjenige, was da aus diesem Radiumkörper herausstrahlt, sondern es strahlt noch etwas anderes heraus, was wiederum in seinen Wirkungen nachgewiesen werden kann und was sich in diesen Wirkungen zeigt als etwas, das ausstrahlt wie eine Ausstrahlung der Radiummaterie, was sich aber nach und nach nicht mehr als Radium zeigt, sondern zum Beispiel als Helium, was ein ganz anderer Körper ist. Dieses Radium sendet also nicht nur dasjenige, was da in ihm ist, als Agenzien aus, sondern gibt sich selber hin und wird dabei etwas anderes. Mit der Konstanz der Materie hat das nicht mehr viel zu tun, sondern mit einer Metamorphose der Materie.
Nun habe ich Ihnen heute Erscheinungen vorgeführt, welche alle verlaufen in einem Gebiet, das man nennen könnte das elektrische Gebiet. Diese Erscheinungen, sie haben alle ein Gemeinsames, nämlich das Gemeinsame, daß sie sich zu uns selber ganz anders verhalten als zum Beispiel die Schall-, die Licht- und selbst die Wärmeerscheinungen. In Licht, Schall und Wärme schwimmen wir gewissermaßen so darinnen, wie wir das in den vorhergehenden Betrachtungen be schrieben haben. Das können wir von den elektrischen Erscheinungen nicht so ohne weiteres sagen. Denn Elektrizität nehmen wir nicht als
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so etwas Spezifisches wahr wie das Licht. Wir nehmen selbst dann, wenn die Elektrizität gezwungen wird, sich uns zu enthüllen, sie durch eine Lichterscheinung wahr. Das hat ja längst dazu geführt, daß man immer sagt: Elektrizität hat keinen Sinn im Menschen. Das Licht hat im Menschen das Auge als Sinn, der Schall das Ohr, für die Wärme ist eine Art von Wärmesinn konstruiert; für die Elektrizität ist so etwas Ähnliches, sagt man, nicht vorhanden. Man nimmt sie mittelbar wahr. Aber über diese Charakteristik des mittelbaren Wahrnehmens kann man eben nicht hinausgehen, wenn man nicht vorrückt zu einer solchen naturwissenschaftlichen Betrachtung, wie wir sie her wenigstens inauguriert haben. Wenn wir uns dem Lichte exponieren, so tun wir es so, daß wir in dem Lichtelemente darinnen schwimmen und wir selber an ihm, wenigstens teilweise, mit unserem Bewußtsein teilnehmen; ebenso bei der Wärme, beim Schall, beim Ton. Das können wir nicht sagen bei der Elektrizität.
Aber nun bitte ich Sie, sich daran zu erinnern, wie ich Ihnen immer vorgeführt habe, wie wir Menschen eigentlich, grob gesprochen, Doppelwesen sind, in Wirklichkeit eigentlich dreigliedrige Wesen: Denkwesen, Fühlwesen, Willenswesen, und ich konnte Ihnen immer zeigen, daß wir eigentlich nur in unserem Denken wachen, daß wir in unseren Gefühlen träumen, in unseren Willensvorgängen, auch wenn wir wachend sind, schlafen. Die Willensvorgänge erleben wir nicht unmittelbar, wir verschlafen dasjenige, was im wesentlichen Wille ist, und in diesen Betrachtungen habe ich Sie darauf hingewiesen, wie, wenn wir in den physikalischen Formeln, wo wir das m = Masse hinschreiben, wenn wir da übergehen von dem bloßen Zählbaren, von der Bewegung und von der Zeit, vom Raum, zu etwas, was nicht bloß phoronomisch ist, wie wir uns klar sein müssen, daß dem entspricht ein Übergehen unseres Bewußtseins in einen Schlafzustand. Wenn Sie unbefangen betrachten diese Gliederung der menschlichen Wesenheit, so können Sie sich sagen: Das Erleben von Licht, Schall, Wärme fällt bis zu einem gewissen Grade, bis zu einem gewissen hohen Grade in das Feld, das wir mit unserem Sinnesvorstellungsleben umfassen, besonders stark die Lichterscheinungen. So daß sich das einfach dadurch, daß wir unbefangen den
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Menschen studieren, als verwandt zeigt mit unseren bewußten Seelenkräften. Indem wir zum eigentlich Massenhaften, zum Materiellen vorschreiten, nähern wir uns demjenigen, was verwandt ist mit den Kräften, die sich in uns entwickeln, wenn wir schlafen.
Genau denselben Weg machen wir, wenn wir aus dem Gebiet des Lichtes, des Schalles, der Wärme hinuntersteigen in das Gebiet der elektrischen Erscheinungen. Wir erleben unsere Willenserscheinungen nicht direkt, sondern dasjenige, was wir von ihnen vorstellen können; wir erleben die elektrischen Erscheinungen der Natur nicht direkt, sondern dasjenige, was sie heraufliefern in das Gebiet des Lichtes, des Schalles, der Wärme und so weiter. Wir betreten nämlich für die Außenwelt, ich möchte sagen, denselben Orkus, indem wir schlafen, den wir betreten in uns selbst, wenn wir aus unserem vorstellenden, bewußten Leben hinuntersteigen in unser Willensleben. Während verwandt ist alles dasjenige, was Licht, Schall, Wärme ist, mit unserem bewußten Leben, ist innig verwandt alles dasjenige, was auf dem Gebiet der Elektrizität und des Magnetismus sich abspielt, mit unserem unbewußten Willensleben. Und das Auftreten der physiologischen Elektrizität bei gewissen niederen Tieren, das ist nur ein sich an einer bestimmten Stelle der Natur äußerndes Symptom für eine sonst nicht bemerkbare, aber allgemeine Erscheinung: Überall, wo Wille durch den Stoffwechsel wirkt, wirkt ein den äußeren elektrischen und magnetischen Erscheinungen Ähnliches. Und man steigt eigentlich, indem man auf den komplizierten Wegen, die wir heute nur roh skizzieren konnten, in das Gebiet der elektrischen Erscheinungen hinunter-steigt, in dasselbe Gebiet hinunter, in das man hinuntersteigen muß, wenn man überhaupt nur zur Masse kommt. Was tut man, wenn man Elektrizität und Magnetismus studiert? Man studiert die Materie konkret. Steigen Sie zur Materie hinunter, indem Sie Elektrizität und Magnetismus studieren! Und es ist wahr, recht wahr, was ein englischer Philosoph gesagt hat: Früher hat man in verschiedenster Weise geglaubt, daß der Elektrizität Materie zugrunde liegt. Jetzt muß man annehmen, daß dasjenige, was man als Materie glaubt, eigentlich nichts anderes ist als flüssige Elektrizität. Früher hat man die Materie atomisiert. Jetzt denkt man: Die Elektronen, die bewegen
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sich durch den Raum und haben ähnliche Eigenschaften wie früher die Materie. Man hat den ersten Schritt gemacht - nur gibt man ihn noch nicht zu - zur Überwindung der Materie und den ersten Schritt dazu, anzuerkennen, daß man hinuntersteigt im Reich der Natur, indem man von den Licht-, Schall-, Wärmeerscheinungen zu den elektrischen Erscheinungen übergeht, daß man hinuntersteigt zu demjenigen, was sich zu jenen Erscheinungen verhält wie unser Wille zu unserem Vorstellungsleben. Das möchte ich Ihnen auf die Seele legen als ein Fazit der heutigen Betrachtung. Ich will Ihnen ja hauptsächlich das sagen, was Sie in den Büchern nicht vorfinden. Was davon doch vorgeführt wird, möchte ich nur sagen als etwas, was das andere begründet.