Michaelschule

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Margarita Woloschin: Erzengel Michael

Die Michaelschule wurde zu Beginn des 15. Jahrhunderts durch den Erzengel Michael nicht als äußere irdische Institution, sondern als rein übersinnliche geistige Gemeinschaft in der geistigen Welt begründet. Michael hatte diese übersinnliche Schule ins Leben gerufen, nachdem seit dem 8. Jahrhundert die kosmische Intelligenz, die er zu verwalten hatte, immer mehr auf die Erde herabgestiegen, in den menschlichen Intellekt eingezogen und dort immer mehr von Ahriman ergriffen worden war.

Als Ergebnis dieser Michael-Schule entfaltete sich Ende des 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der übersinnlichen Welt in gewaltigen Imaginationen jener Michael-Kultus, aus dem die entscheidenden Impulse zur Begründung der Anthroposophie flossen und der sich zuvor schon in abgeschwächter Form in Goethes Märchen widerspiegelte.

„Im 8. nachchristlichen Jahrhundert war es ja so, daß diejenigen, die um Michael waren, sahen, wie das Substantielle, das Michael bis dahin bewahrte, nunmehr unten auf der Erde ist. Nun tritt aber eine besondere Zeit ein, eine Zeit, welche uns Michael, den hervorragendsten Archangelos der Sonne, innerhalb dieser Sonne so zeigt, daß er seine Verwaltung der kosmischen Intelligenz von der Sonne fortgegangen weiß; daß er weiß: auch die Angelegenheiten sind geordnet, welche die weitere Entwickelung dieser Intelligenz auf der Erde fortführen können. Diese Zeit tritt etwa im 16., 17. nachchristlichen Jahrhundert ein. Da ist sozusagen Michael frei von seinen früheren Obliegenheiten im Kosmos. Jetzt aber, da Gabriel seine Herrschaft ausübte, war Michael in der besonderen Lage, von der Sonne aus bei den irdischen Angelegenheiten nicht mitwirken zu können. Das ist für einen führenden Archangelos eine ganz besondere Lage: zu sehen, daß seine Tätigkeit, die durch lange Zeiträume hindurch ausgeübt worden ist, sozusagen aufgehört hat. Und so kam es, daß Michael zu den Seinigen sagte: Es ist notwendig, daß wir für die Zeit, in der wir nicht Impulse auf die Erde schicken können, uns eine besondere Aufgabe suchen, eine Aufgabe suchen innerhalb der Sonnenregion. Das war etwas, was sozusagen herausfiel aus all den sonstigen, regelmäßig fortgehenden Taten unter Göttern und Menschen. Die mit Michael verbundenen Seelen die führenden Menschenseelen der Alexanderzeit, diejenigen der großen Dominikanerzeit und die, welche sich als weniger führende um sie geschart hatten, und eine große Anzahl von strebenden, sich entwickelnden Menschen im Verein mit führenden Geistern –, sie fühlten sich wie herausgerissen aus dem althergebrachten Zusammenhange mit der geistigen Welt.“ (Lit.: GA 240, S. 186f)

„Es fand jetzt unmittelbar unter der Führung Michaels vom 15. bis ins 18. Jahrhundert herein eine übersinnliche Schulung statt, als deren großen Lehrer die Weltenordnung Michael selber auserwählt hat. Dem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in mächtigen Imaginationen verfließenden übersinnlichen Kultus, ging voran eine übersinnliche Schulung für zahlreiche Menschenseelen, eine Schulung, deren Resultate diese Menschenseelen jetzt in ihrem Inneren tragen, unbewußt. Das Resultat dieser Schulung kommt nur dadurch heraus, daß diese Menschenseelen den Drang zur Anthroposophie verspüren. Und man kann sagen: Einstmals, am Ende des 15. Jahrhunderts, versammelte Michael seine Götter- und Menschenscharen in der Sonnenregion und sprach zu ihnen in einer Rede, die über lange Zeiträume ausgedehnt war, etwa folgendermaßen: Seitdem das Menschengeschlecht in menschlicher Gestalt die Erde bevölkert, hat es auf der Erde Mysterien gegeben: Sonnenmysterien, Merkurmysterien, Venusmysterien, Marsmysterien, Jupitermysterien, Saturnmysterien. In diese Mysterien haben die Götter ihre Geheimnisse hineingesendet; dort sind die dazu geeigneten Menschen eingeweiht worden. So daß man auf der Erde wissen konnte, was auf Saturn, Jupiter, Mars und so weiter vor sich geht und wie dieses, was dort vor sich geht, in die Menschheitsentwickelung auf der Erde hineinwirkt. In instinktiver alter hellseherischer Weise haben die Initiierten das aufgenommen, was in den Mysterien durch Impulse an sie herangekommen ist. Das ist – so sagte Michael zu den Seinen – bis auf wenige Traditionen hin auf der Erde verschwunden, das ist nicht mehr da. Die Impulse können nicht mehr in die Erde hineinfließen. Einzig und allein in der untergeordnetsten Region, in der Fortpflanzungsregion, hat noch Gabriel die Macht, die Mondeneinflüsse in die Entwickelung der Menschheit hineinkommen zu lassen. Mehr oder weniger sind die alten Traditionen von der Erde verschwunden und damit die Möglichkeit, die ins Unterbewußtsein und damit in die verschiedenen Leiblichkeiten der Menschen hineingehenden Impulse zu pflegen. Wir aber schauen nunmehr zurück auf alles das, was einstmals wie eine Gabe des Himmels in den Mysterien an Menschen herangebracht worden ist, wir überblicken einmal dieses wunderbare Tableau, wir schauen in den Zeitenlauf hinunter: Wir finden da die Mysterienstätten, wir sehen, wie die himmlische Weisheit in diese Mysterien hineingeströmt ist, wie Menschen von ihr initiiert worden sind, wie gerade von unserer geweihten Sonnenstätte aus die kosmische Intelligenz über die Menschen so heruntergekommen ist, daß die großen Lehrer der Menschheit Ideen, Gedanken, Begriffe gehabt haben, die spirituell waren, die ihnen aber eininspiriert waren von unserer geweihten Sonnenstätte aus. Wir sehen es, indem wir auf alte Epochen der Erde zurückschauen, wir sehen es nach und nach von der Erdentwickelung verschwinden in der Alexanderzeit und ihrer Nachwirkung, und unten sehen wir, unter den Menschen, allmählich die irdisch gewordene Intelligenz sich ausbreiten. Aber wir haben ja diesen Anblick, der uns geblieben ist: wir schauen hin auf die Geheimnisse, in die einstmals die Initiierten der Mysterien eingeweiht worden sind. Bringen wir sie uns zum Bewußtsein! Bringen wir es denjenigen geistigen Wesenheiten, die um mich herum niemals in einem Erdenleibe erscheinen, sondern nur in ätherischer Art leben, zum Bewußtsein. Bringen wir es aber auch denjenigen Seelen, die in Erdenleibern oftmals auf der Erde waren, jetzt aber gerade da sind und zur Michael-Gemeinschaft gehören, bringen wir es diesen Menschenseelen zum Bewußtsein. Entwerfen wir die große Initiatenlehre, die einstmals auf die alte Art auf die Erde durch die Mysterien niedergeströmt ist, entwerfen wir sie vor den Seelen derjenigen, die auf intelligente Art mit Michael verbunden waren. Und da wurde «durchgenommen» – wenn ich mich eines irdischen, in einem solchen Zusammenhange fast trivial klingenden Ausdruckes bedienen darf –, da wurde durchgenommen die alte Initiationsweisheit. Eine große, umfassende himmlische Schule gab es. In ihr wurde von Michael das gelehrt, was er jetzt nicht mehr selbst verwalten konnte. Es war etwas Ungeheures, etwas, was die ahrimanischen Dämonen auf der Erde, gerade im 15. bis ins 18. Jahrhundert herein, in allertiefster Weise beunruhigte, was sie in furchtbare Erregung brachte.“ (Lit.: GA 240, S. 188ff)

„Im Beginne des 15. Jahrhunderts entstand unter der Führung des Michael etwas – wir müssen ja irdische Ausdrücke gebrauchen –, was man nennen könnte eine übersinnliche Schule. Was einstmals Michael-Mysterium war, dasjenige, was in den alten Michael-Mysterien verkündet worden war den Eingeweihten, was jetzt anders werden mußte, weil die Intelligenz vom Kosmos ihren Weg auf die Erde gefunden hatte, das faßte in ungeheuer bedeutsamen Zügen Michael selber für diejenigen zusammen, die er jetzt sammelte in dieser übersinnlichen Michael-Schule. Da wurde alles das wieder lebendig in übersinnlichen Welten, was einstmals in den Sonnen-Mysterien als Michael-Weisheit gelebt hat. Da wurde dann in einer grandiosen Weise zusammengefaßt, was in aristotelischer Fortsetzung Platonismus war und durch Alexander den Großen hinübergebracht war nach Asien, hinuntergebracht war nach Ägypten. Es wurde auseinandergesetzt, wie da drinnen noch die alte Spiritualität lebte. Da nahmen alle die Seelen, die immer mit jener Strömung verbunden waren, jene Seelen, die eben prädestiniert waren der anthroposophischen Bewegung anzugehören, ihr Karma für die anthroposophische Bewegung zu gestalten, an jener übersinnlichen Lehrschule teil. Denn alles, was da gelehrt wurde, wurde unter dem Gesichtspunkte gelehrt, daß nun auf andere Art in der Menschheitsentwickelung unten, durch Eigen-Intelligenz der menschlichen Seele, das Michaelsmäßige ausgebildet werden müsse. Hingewiesen wurde darauf, wie am Ende des 19. Jahrhunderts, Michael selber auf der Erde seine Herrschaft wieder antreten würde, wie ein neues Michael-Zeitalter, das anders werden müsse wie die anderen, beginnen werde. Denn diese anderen Michael-Zeitalter waren eben so, daß da die kosmische Intelligenz immer sich in dem Allgemein-Menschlichen ausgelebt hat. Jetzt aber – das sagte dazumal Michael im Übersinnlichen zu seinen Schülern – wird es sich im Michaelzeitalter um etwas ganz anderes handeln. Dasjenige, was Michael durch Äonen verwaltet hat für die Menschen, was er ins irdische Dasein inspirierte, das ist ihm entsunken. Er wird es wiederfinden, wenn er Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts seine Erdenherrschaft antreten wird. Er wird es wiederfinden, indem eine zunächst von der Spiritualität entblößte Intelligenz unter den Menschen unten Platz gegriffen haben wird; aber er wird es wiederfinden so, daß es ausgesetzt ist im stärksten Maße den ahrimanischen Kräften. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts war irdisch geworden die frühere kosmische Intelligenz, da war Ahriman, der diese Intelligenz ganz irdisch machen wollte, so daß sie fortlaufend wird in der Art, wie sie in dem Gabrielischen Zeitalter eingeleitet worden war. Ganz irdisch werden sollte diese Intelligenz, nur eine Angelegenheit der Generationenfolge, eine Angelegenheit der Fortpflanzungskräfte. Das alles wollte Ahriman. Michael stieg herunter auf die Erde. Er konnte dasjenige, was nun einmal seinen Gang in der Zwischenzeit hat machen müssen, damit die Menschen zur Intelligenz und zur Freiheit kommen, nur auf der Erde wiederfinden, so daß er es jetzt auf der Erde ergreifen muß, so daß er innerhalb der Erde wiederum Herrscher wird über die Intelligenz, die aber jetzt innerhalb der Menschheit wirkt. Ahriman gegenüber Michael, Michael in die Notwendigkeit versetzt, gegen Ahriman zu verteidigen, was er durch Äonen hindurch zugunsten der Menschheit verwaltete – in diesem Kampfe steht die Menschheit drinnen.“ (Lit.: GA 237, S. 116ff)

Die ahrimanische Gegenschule

„Während Michael oben seine Scharen schulte, wurde eine Art unterirdischer, unmittelbar unter der Oberfläche der Erde liegende ahrimanische Schule gegründet. Und wenn von Michael jetzt gerade in dieser Zeit keine Impulse herunterströmten, um die Intelligenz himmlisch zu inspirieren, wenn die Intelligenz auf der Erde sich zunächst selbst überlassen war, so bemühten sich um so mehr die ahrimanischen Scharen, von unten herauf Impulse in die intelligente Menschheitsentwickelung hineinzusenden.“ (Lit.: GA 240, S. 191)

„Nun war ja in diesem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, namentlich im letzten Jahrzehnt, nur durch einen dünnen Schleier verborgen, was die Herrschaft, der ganze Kampf, der ganze Tatsachenzusammenhang Michaels ist. Seither ist es so, daß Michael gewissermaßen in der äußeren Welt mitkämpft. Da handelt es sich dann darum, daß man eine viel stärkere Kraft braucht, um das, was übersinnlich da ist, zu schauen, als vor dem Ablauf des Kali Yuga, als im vorigen Jahrhundert noch, wo, wie gesagt, durch einen dünnen Schleier die nächstanstoßende Welt verborgen war, wo Michael noch mehr hinter der Szene kämpfte. In dieser übersinnlichen Lehrschule des 15., 16., 17. Jahrhunderts, in jenem übersinnlichen Kultus im Beginne des 19. Jahrhunderts, da spielen fortwährend unter den Geistern, die daran beteiligt sind, zahlreiche Scharen von notwendigen, für den ganzen Zusammenhang notwendigen luziferischen Gestalten herein. Michael hat nötig luziferische Gestalten, die mitwirken, um den polarischen Gegensatz, um Ahriman zu überwinden. So daß die Michael-Menschen schon hineingestellt sind auch in – man kann vielleicht nicht sagen einen Kampf, aber in ein Gewoge des Zusammenwirkens zwischen luziferischen Impulsen und ahrimanischen Impulsen. Diese Dinge zeigten sich mit einer großen Bestimmtheit eben gerade gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts. Da war es nicht so selten, daß man durch diesen Schleier, wie ich ihn genannt habe, durchschauen konnte. Dann sah man, wie stark Michael zu kämpfen hat gegen Ahriman, und wie leicht es war, durch allerlei luziferische Einflüsse das Bewußtsein abgelenkt zu bekommen.“ (Lit.: GA 237, S. 141f)

Literatur

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