Baruch de Spinoza: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Baruch de Spinoza''' ({{heS|ברוך שפינוזה}}, portogiesisch ''Bento de Espinosa'', latinisiert {{lang|la|''Benedictus de Spinoza''}}; * 24. November 1632 in Amsterdam; † 21. Februar 1677 in Den Haag) war ein niederländischer [[Philosoph]] mit [[wikipedia:sephardisch|sephardisch]]en (iberisch-jüdischen) Vorfahren und Muttersprache [[wikipedia:Portugiesische Sprache|Portugiesisch]].<ref>Yves Citton. L'envers de la liberté. L'invention d'un imaginaire spinoziste dans la France des Lumières. Paris: Éditions Amsterdam, 2006, S. 17</ref> Er wird dem [[Rationalismus]] zugeordnet und gilt als einer der Begründer der modernen [[wikipedia:Historisch-kritische Methode|Bibelkritik]]. Spinoza war zudem ein entschiedener Vertreter des [[Pantheismus]], den er in die Kurzformel [[Substanz]]&nbsp;=&nbsp;[[Gott]]&nbsp;=&nbsp;[[Natur]] (''Deus sive natura,'' „Gott oder die Natur“) fasste.
'''Baruch de Spinoza''' ({{heS|ברוך שפינוזה}}, portogiesisch ''Bento de Espinosa'', latinisiert {{lang|la|''Benedictus de Spinoza''}}; * 24. November 1632 in Amsterdam; † 21. Februar 1677 in Den Haag) war ein niederländischer [[Philosoph]] mit [[wikipedia:sephardisch|sephardisch]]en (iberisch-jüdischen) Vorfahren und Muttersprache [[wikipedia:Portugiesische Sprache|Portugiesisch]]. Er wird dem [[Rationalismus]] zugeordnet und gilt als einer der Begründer der modernen [[wikipedia:Historisch-kritische Methode|Bibelkritik]]. Spinoza war zudem ein entschiedener Vertreter des [[Pantheismus]], den er in die Kurzformel [[Substanz]]&nbsp;=&nbsp;[[Gott]]&nbsp;=&nbsp;[[Natur]] (''Deus sive natura,'' „Gott oder die Natur“) fasste. Seinen Lehren wurden namentlich im [[18. Jahrhundert]] vielfach als [[Atheismus|atheistisch]] angesehen und verächtlich als '''Spinozismus''' bezeichnet.  


== Rudolf Steiner über Spinoza ==
== Rudolf Steiner über Spinoza ==
[[Rudolf Steiner]] umreißt Spinozas grundlegende Anschauungen so:
[[Rudolf Steiner]] umreißt Spinozas grundlegende Anschauungen so:


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{{GZ|''Benedict Spinoza'' (1632—1677) frägt sich: Wie muß
"''Benedict Spinoza'' (1632—1677) frägt sich: Wie muß
dasjenige gedacht werden, von dem zur Schöpfung eines
dasjenige gedacht werden, von dem zur Schöpfung eines
wahren Weltbildes ausgegangen werden darf? Diesem
wahren Weltbildes ausgegangen werden darf? Diesem
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selbst tragenden mathematischen Ideen denkt, das kann
selbst tragenden mathematischen Ideen denkt, das kann
ein Weltbild gestalten, das Ausdruck ist dessen, was in
ein Weltbild gestalten, das Ausdruck ist dessen, was in
Wahrheit hinter den Welterscheinungen vorhanden ist." {{Lit|{{G|018|113ff}}}}
Wahrheit hinter den Welterscheinungen vorhanden ist.|18|113ff}}
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{{GZ|Spinoza
hat ja wirklich aus guten Gründen jenen tiefen Eindruck auf
Leute wie Herder und Goethe gemacht; denn Spinoza, wenn
er auch scheinbar ganz im Intellektualismus, der aus der
Scholastik heraus geblieben ist oder sich umgewandelt hat,
noch drinnensteckt, Spinoza faßt doch diesen Intellektualismus
so auf, daß der Mensch zuletzt eigentlich nur zur Wahrheit
komme - die zuletzt für Spinoza in einer Art [[Intuition]]
besteht - , indem er das Intellektuelle, das innere denkerische
Seelenleben umwandelt, nicht stehenbleibt bei dem, was im
Alltagsleben und im gewöhnlichen wissenschaftlichen Leben
da ist. Und da kommt gerade Spinoza dazu, sich zu sagen:
Durch die Entwickelung des Denkens füllt sich dieses Denken
wieder an mit geistigem Inhalt. - Gewissermaßen die geistige
Welt, die wir kennengelernt haben im [[Plotin]]ismus, ergibt
sich wiederum dem Denken, wenn dieses Denken entgegengehen
will dem Geiste. Der Geist erfüllt als Intuition
wiederum das Denken.
 
Es ist sehr interessant, denke ich, daß es im Grunde genommen
dieser Spinoza ist, welcher sagt: Überblicken wir
das Weltendasein, wie es in seiner höchsten Substanz im
Geiste sich weiterentwickelt, wie wir dann diesen Geist in
die Seele aufnehmen, indem wir uns mit unserem Denken
zur Intuition erheben, indem wir auf der einen Seite so
intellektualistisch sind, daß wir strenge wie mathematisch
beweisen, aber im Beweisen zu gleicher Zeit uns entwickeln
und erheben, so daß der Geist uns entgegenkommen kann. -
Wenn wir uns so erheben, dann begreifen wir auch von diesem
Gesichtspunkte aus den historischen Werdegang desjenigen,
was in der Menschheitsentwickelung drinnen ist.
Und es ist merkwürdig, daß herausleuchtet aus den Schriften
des Juden Spinoza folgender Satz: Die höchste Offenbarung
der göttlichen Substanz ist in [[Christus]] gegeben. - In Christus
ist die Intuition zur Theophanie geworden, zur Menschwerdung
Gottes, und Christus' Stimme ist daher in Wahrheit
Gottes Stimme und der Weg zum Heil. - Das heißt, der
Jude Spinoza kommt darauf, daß der Mensch aus seinem Intellektualismus
heraus sich so entwickeln kann, daß ihm der
Geist entgegenkommt. Ist er dann in der Lage, sich auf das
Mysterium von Golgatha zu richten, so wird die Erfüllung
mit dem Geiste nicht nur Intuition, das heißt Erscheinung
des Geistes durch das Denken, sondern es verwandelt sich
die Intuition in Theophanie, in die Erscheinung des Gottes
selbst. Der Mensch tritt dem Gotte spirituell entgegen.
Man möchte sagen, Spinoza war nicht zurückhaltend mit
dem, was ihm plötzlich aufgegangen war, denn dieser Ausspruch
beweist das. Aber es erfüllt wie eine Stimmung, wie
ein Grundton dasjenige, was er in dieser Weise herausgefunden
hat aus der Entwickelung der Menschheit, es erfüllt
das seine «Ethik».|74|80ff}}
 
{{GZ|Wer jemals wirklich jenen Übergang empfunden hat, der in der
Seele auftreten kann, wenn man anfängt zunächst Spinozas «Ethik»
wie eine mathematische Abhandlung zu lesen und sich dann hineinfindet
in die Begriffe wie in mathematische Begriffe, um dann immer
weiter zu der Scientia intuitiva aufzusteigen, wer gegenüber Spinoza
so redet, bewußt so redet, als wenn er in der Welt so darin stünde, daß
diese sich durch ihn als durch ihr Mundstück zum Ausdruck brächte,
der fühlt, was Goethe und Herder an Spinoza empfunden haben, der
fühlt, wie diese, der eine mehr selbst befriedigt wie Herder, der andere
mehr mit Sehnsucht, lebten in einer Inspirationsstimmung. Und man
kann sagen, es geht von dem, was heute die geisteswissenschaftliche
Forschung an Methoden bietet, um die Imagination und Inspiration
zu erringen, eine gewisse Seelenstimmung hervor. Man kann aber
auch geschichtlich verfolgen, wie zum Beispiel Goethe, ohne noch die
Inspiration, ohne die Imagination zu haben, nach diesen Stimmungen
hintendierte. Und nun gehe man weiter, man sehe sich Spinoza noch
genauer an. Wenn man gegenüber Spinoza wirklich Geschichte
treibt, nicht so, wie es vielfach heute von den Philosophiehistorikern
gemacht wird, so wird man von Spinoza zu denjenigen geführt, die
seine Anreger waren. Das waren die im Südwesten Europas lebenden
Nachzügler des Arabismus, der arabisch-semitischen Weltanschauung.
Derjenige, der solche Dinge versteht, wird noch dasjenige nacherleben
können, was von der Kabbala in die Vorstellungen Spinozas
eingeflossen ist. Man wird dann weiter zurückgeführt über den Arabismus
nach dem Orient, und man lernt erkennen, wie das, was bei
Spinoza auftritt, in Begriffe gebrachte Weltansicht der Vorzeit ist. In
der Welt des alten Orients tritt dasselbe auf wie bei Spinoza, nur nicht
in intellektualistischen Formen, sondern als alte orientalische Inspiration.
Aber eine Inspiration, die nicht so erworben war wie die unsrige
heute, sondern die wie eine Naturgabe bei gewissen orientalischen
Völkern vorhanden war, dann herübergewandert ist nach Ägypten
und da eine besonders tiefe Ausbildung erfahren hat. Gehen wir zurück
in dasjenige Ägypten, aus dem Moses seine Anschauungen geschöpft
hat, zu den Quellen, von denen die Griechen geschöpft haben,
dann finden wir da schon auf einer hohen Stufe dasjenige ausgebildet,
was aus dem asiatischen Orient nach Ägypten herübergekommen
ist. Wir finden, was als Inspiration gelebt hat, nicht als bewußte
Inspiration, sondern als unbewußte, atavistische, als Inspiration, die
wie eine Naturgabe vorhanden war. Instinktiv haben die Ägypter vor
dem 8. vorchristlichen Jahrhundert so gelebt in der Umwelt, daß sie
sich mit dieser eins fühlten, daß sie dasjenige, was sie von dieser Umwelt
erkannten, innerlich kontemplativ erlebten.|325|87f}}


== Weitere Inkarnationen ==
== Weitere Inkarnationen ==
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Nach [[Rudolf Steiner]] war Spinoza zur Zeitenwende als der jüdisch-hellenistische [[Philosoph]] [[Philon von Alexandria]] (* um 15/10 v. Chr.; † nach 40 n. Chr.) verkörpert und kam später als [[Johann Gottlieb Fichte]] (1762-1814) wieder.
Nach [[Rudolf Steiner]] war Spinoza zur Zeitenwende als der jüdisch-hellenistische [[Philosoph]] [[Philon von Alexandria]] (* um 15/10 v. Chr.; † nach 40 n. Chr.) verkörpert und kam später als [[Johann Gottlieb Fichte]] (1762-1814) wieder.


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{{GZ|Als Beispiel für eine regelmäßige Entwicklung einer Individualität
"Als Beispiel für eine regelmäßige Entwicklung einer Individualität
können wir betrachten einen Zeitgenossen von Jesus, Philo
können wir betrachten einen Zeitgenossen von Jesus, Philo
von Alexandrien. Seine Individualität kam wieder als Spinoza und
von Alexandrien. Seine Individualität kam wieder als Spinoza und
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Mit dieser Kenntnis aber findet man, daß seine Worte mit Feuerschrift
Mit dieser Kenntnis aber findet man, daß seine Worte mit Feuerschrift
geschrieben sind. Alle diese großen Geister haben eine
geschrieben sind. Alle diese großen Geister haben eine
regelmäßige Entwicklung durchgemacht." {{Lit|{{G|088|184}}}}
regelmäßige Entwicklung durchgemacht.|88|184}}
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{{GZ|Denn dieselbe Individualität
"Denn dieselbe Individualität
ist ja Spinoza und Fichte, wie vielleicht schon einige unserer
ist ja Spinoza und Fichte, wie vielleicht schon einige unserer
Freunde wissen." {{Lit|{{G|158|213}}}}
Freunde wissen.|158|213}}
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== Werke ==
 
* ''Tractatus de intellectus emendatione.'' („Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes“) 1661 entstanden, unvollendet, postum erschienen, ISBN 3-7873-1643-4.
* ''Renati Descartes principiorum philosophiae mori geometrico demonstrata.'' („Descartes’ Grundlagen der Philosophie auf geometrische Weise begründet“) 1663 entstanden, ISBN 3-7873-0736-2.
* ''[[w:Tractatus theologico-politicus|Tractatus theologico-politicus]].'' („Theologisch-politischer Traktat“) gedruckt 1670 in Amsterdam und anonym veröffentlicht, ISBN 3-7873-1191-2.
* ''[[Ethica, ordine geometrico demonstrata]].'' („Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt“) 1677 postum erschienen, ISBN 3-88851-193-3.
* ''[[w:Tractatus politicus|Tractatus politicus]].'' („Abhandlung über den Staat“) 1675 begonnen, 1677 postum erschienen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Spinoza}}
* {{WikipediaDE|Baruch de Spinoza}}


* {{Eisler-1912|Spinoza, Benedictus de}}
==Literatur==


==Literatur==
* [[w:Wolfgang Röd|Wolfgang Röd]]: ''Spinozas Idee der Scientia intuitiva und die Spinozanische Wissenschaftskonzeption'', in: ''Zeitschrift für philosophische Forschung'' Bd. 31, H. 4, Zum Gedenken an den 300. Todestag von Benedict de Spinoza (Oct. - Dec., 1977), pp. 497-510 {{JSTOR|20482858}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X; Tb 610/11, ISBN 978-3-7274-6105-7 {{Schriften|018}}
* Wolfgang Röd: ''Benedictus de Spinoza: Eine Einführung'', Philipp Reclam jun. 2002, ISBN 978-3150181935, eBook {{ASIN|B01ARUEYBS}}
* Bernadette Reisinger: ''Das Problem der scientia intuitiva als Erkenntnis der Essenz des Einzeldings. Eine kritische Relektüre der dritten Erkenntnisart in Spinozas Ethik'', Masterarbeit Universität Wien, 2016 [https://www.academia.edu/25281886/Das_Problem_der_scientia_intuitiva_als_Erkenntnis_der_Essenz_des_Einzeldings._Eine_kritische_Relekt%C3%BCre_der_dritten_Erkenntnisart_in_Spinozas_Ethik academia.edu]
* [[Herbert Witzenmann]]: ''Ein Dreigestirn am Horizont unserer Epoche.'' (Descartes, Spinoza, Leibniz), Gideon Spicker Verlag, 2. Aufl. 1984, ISBN 3857041943
* [[Herbert Witzenmann]]: ''Ein Dreigestirn am Horizont unserer Epoche.'' (Descartes, Spinoza, Leibniz), Gideon Spicker Verlag, 2. Aufl. 1984, ISBN 3857041943
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Faust und Hamlet'', Erstveröffentlichung in: Das Goetheanum, I. Jahrgang, Nr. 34, 2. April 1921 ([[GA 36]], S. 125-128) ''(Goethes Verhältnis zu Linné, Spinoza, und Shakespeare)''
* [[Rudolf Steiner]]: ''Faust und Hamlet'', Erstveröffentlichung in: Das Goetheanum, I. Jahrgang, Nr. 34, 2. April 1921 ([[GA 36]], S. 125-128) ''(Goethes Verhältnis zu Linné, Spinoza, und Shakespeare)''
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Philosophie des Thomas von Aquino'', [[GA 74]] (1993), ISBN 3-7274-0741-7 {{Vorträge|074}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Über die astrale Welt und das Devachan'', [[GA 88]] (1999), ISBN 3-7274-0880-4
* [[Rudolf Steiner]]: ''Über die astrale Welt und das Devachan'', [[GA 88]] (1999), ISBN 3-7274-0880-4
* [[Rudolf Steiner]]: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
 
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Naturwissenschaft und die weltgeschichtliche Entwickelung der Menschheit seit dem Altertum'', [[GA 325]] (1989), ISBN 3-7274-3250-0 {{Vorträge|325}}
* [[Joachim Stiller]]: [https://anthrowiki.at/images/0/0d/Philosophie_spinoza.pdf Spinoza: Leben und Werk] PDF
* [[Joachim Stiller]]: [https://anthrowiki.at/images/3/32/Philosophie_spinoza_ethik_neu.pdf Spinoza: Ethik (Buch !)] PDF
* [[Joachim Stiller]]: [https://anthrowiki.at/images/9/9c/Philosophie_spinoza_ethik_alles.pdf Spinoza: Ethik - Kurzfassung] PDF


{{GA}}
{{GA}}


== Weblinnks ==
== Weblinks ==
 
* {{Eisler-1912|Spinoza, Benedictus de}}
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/philosophie6d.html Projekt Neospinozismus] Website
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/philosophie6d.html Projekt Neospinozismus] Website


== Einzelnachweise ==
{{DEFAULTSORT:Spinoza, Baruch de}}
<references/>
[[Kategorie:Philosoph (Barock)|T]]
 
{{wikipedia}}
 
[[Kategorie:Philosoph]]
[[Kategorie:Philosoph der Frühen Neuzeit]]
[[Kategorie:Philosophie und Anthroposophie]]
[[Kategorie:Philosophie und Anthroposophie]]
[[Kategorie:Philosoph der Frühen Neuzeit]]
[[Kategorie:Jüdischer Philosoph]]
[[Kategorie:Ethik]]
[[Kategorie:Rationalist]]
[[Kategorie:Idealismus]]
[[Kategorie:Evidenztheoretiker der Wahrheit]]
[[Kategorie:Substanzontologe nach Augustinus]]
[[Kategorie:Objektiver Idealist|R]]
[[Kategorie:Freiheitsphilosoph]]
[[Kategorie:Moralphilosoph]]
[[Kategorie:Panentheist]]
[[Kategorie:Linsenschleifer]]
[[Kategorie:Ingenieur]]
[[Kategorie:Determinist|T]]
[[Kategorie:Bergbauingenieur]]
[[Kategorie:Autor (Philosophie)]]
[[Kategorie:Phlegmatiker]]
[[Kategorie:Eremit]]
[[Kategorie:Spinoza|!]]
[[Kategorie:Niederländer]]
[[Kategorie:Niederländer]]
[[Kategorie:Geboren 1632]]
[[Kategorie:Geboren 1632]]
[[Kategorie:Gestorben 1677]]
[[Kategorie:Gestorben 1677]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mann]]
{{wikipedia}}

Aktuelle Version vom 5. September 2023, 23:54 Uhr

Porträt des Philosophen Baruch de Spinoza, Ölgemälde um 1665, im Besitz der Gemäldesammlung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel
Das Haus von Baruch de Spinoza, Rijnsburg Spinozalaan 29. Heutzutage dient es als Museum, das seine Arbeit würdigt.
Das Studienzimmer von Baruch de Spinoza

Baruch de Spinoza (hebr. ברוך שפינוזה, portogiesisch Bento de Espinosa, latinisiert Benedictus de Spinoza; * 24. November 1632 in Amsterdam; † 21. Februar 1677 in Den Haag) war ein niederländischer Philosoph mit sephardischen (iberisch-jüdischen) Vorfahren und Muttersprache Portugiesisch. Er wird dem Rationalismus zugeordnet und gilt als einer der Begründer der modernen Bibelkritik. Spinoza war zudem ein entschiedener Vertreter des Pantheismus, den er in die Kurzformel Substanz = Gott = Natur (Deus sive natura, „Gott oder die Natur“) fasste. Seinen Lehren wurden namentlich im 18. Jahrhundert vielfach als atheistisch angesehen und verächtlich als Spinozismus bezeichnet.

Rudolf Steiner über Spinoza

Rudolf Steiner umreißt Spinozas grundlegende Anschauungen so:

Benedict Spinoza (1632—1677) frägt sich: Wie muß dasjenige gedacht werden, von dem zur Schöpfung eines wahren Weltbildes ausgegangen werden darf? Diesem Ausgangspunkte liegt zugrunde die Empfindung: Mögen sich ungezählte Gedanken als wahr in meiner Seele ankündigen, ich gebe mich dem hin als Grundstein zu einer Weltanschauung, dessen Eigenschaften ich erst bestimmen muß. Spinoza findet, daß ausgegangen nur werden kann von dem, das zu seinem Sein keines andern bedarf. Diesem Sein gibt er den Namen Substanz. Und er findet, daß es nur eine solche Substanz geben könne, und daß diese Gott sei. Wenn man sich die Art ansieht, wie Spinoza zu diesem Anfang seines Philosophierens kommt, so findet man seinen Weg dem der Mathematik nachgebildet. Wie der Mathematiker von allgemeinen Wahrheiten ausgeht, die das menschliche Ich sich freischaffend bildet, so verlangt Spinoza, daß die Weltanschauung von solchen frei geschaffenen Vorstellungen ausgehe. - Die eine Substanz ist so, wie das Ich sie denken muß. So gedacht, duldet sie nichts, was, außer ihr vorhanden, ihr gleich wäre. Denn dann wäre sie nicht alles; sie hatte zu ihrem Dasein etwas anderes nötig. Alles andere ist also nur an der Substanz, als eines ihrer Attribute, wie Spinoza sagt. Zwei solcher Attribute sind dem Menschen erkennbar. Das eine erblickt er, wenn er die Außenwelt überschaut; das andere, wenn er sich nach innen wendet. Das erste ist die Ausdehnung, das zweite das Denken. Der Mensch trägt in seinem Wesen die beiden Attribute; in seiner Leiblichkeit die Ausdehnung, in seiner Seele das Denken. Aber er ist mit beiden ein Wesen in der einen Substanz. Wenn er denkt, denkt die göttliche Substanz, wenn er handelt, handelt die göttliche Substanz. Spinoza erwirbt für das menschliche Ich das Dasein, indem er dieses Ich in der allgemeinen, alles umfassenden göttlichen Substanz verankert. Von unbedingter Freiheit des Menschen kann da nicht die Rede sein. Denn der Mensch ist so wenig selbst dasjenige, das aus sich handelt und denkt, wie es der Stein ist, der sich bewegt; es ist in allem die eine Substanz. Von bedingter Freiheit nur kann beim Menschen dann gesprochen werden, wenn er sich nicht für ein selbständiges Einzelwesen hält, sondern wenn er sich eins weiß mit der einen Substanz. Spinozas Weltanschauung führt in ihrer konsequenten Ausbildung in einer Persönlichkeit bei dieser zu dem Bewußtsein: Ich denke über mich im rechten Sinne, wenn ich mich nicht weiter berücksichtige, sondern in meinem Erleben mich eins weiß mit dem göttlichen All. Dieses Bewußtsein gießt dann, im Sinne Spinozas, über die ganze menschliche Persönlichkeit den Trieb zum Rechten, das ist gotterfülltes Handeln. Dieses ergibt sich wie selbstverständlich für denjenigen, in dem die rechte Weltanschauung volle Wahrheit ist. Daher nennt Spinoza die Schrift, in der er seine Weltanschauung darstellt, Ethik. Ihm ist Ethik, das ist sittliches Verhalten, im höchsten Sinne Ergebnis des wahren Wissens von dem Wohnen des Menschen in der einen Substanz. Man möchte sagen, das Privatleben Spinozas, des Mannes, der erst von Fanatikern verfolgt wurde, dann nach freiwilliger Hinweggabe seines Vermögens in Ärmlichkeit als Handwerker sich seinen Lebensunterhalt suchte, war in seltenster Art der äußere Ausdruck seiner Philosophenseele, die ihr Ich im göttlichen All wußte, und alles seelische Erleben, ja alles Erleben überhaupt von diesem Bewußtsein durchleuchtet empfand.

Spinoza baut ein Weltanschauungsbild aus Gedanken auf. Diese Gedanken müssen so sein, daß sie aus dem Selbstbewußtsein heraus ihre Berechtigung zum Aufbau des Bildes haben. Daher muß ihre Gewißheit stammen. Was das Selbstbewußtsein so denken darf, wie es die sich selbst tragenden mathematischen Ideen denkt, das kann ein Weltbild gestalten, das Ausdruck ist dessen, was in Wahrheit hinter den Welterscheinungen vorhanden ist.“ (Lit.:GA 18, S. 113ff)

„Spinoza hat ja wirklich aus guten Gründen jenen tiefen Eindruck auf Leute wie Herder und Goethe gemacht; denn Spinoza, wenn er auch scheinbar ganz im Intellektualismus, der aus der Scholastik heraus geblieben ist oder sich umgewandelt hat, noch drinnensteckt, Spinoza faßt doch diesen Intellektualismus so auf, daß der Mensch zuletzt eigentlich nur zur Wahrheit komme - die zuletzt für Spinoza in einer Art Intuition besteht - , indem er das Intellektuelle, das innere denkerische Seelenleben umwandelt, nicht stehenbleibt bei dem, was im Alltagsleben und im gewöhnlichen wissenschaftlichen Leben da ist. Und da kommt gerade Spinoza dazu, sich zu sagen: Durch die Entwickelung des Denkens füllt sich dieses Denken wieder an mit geistigem Inhalt. - Gewissermaßen die geistige Welt, die wir kennengelernt haben im Plotinismus, ergibt sich wiederum dem Denken, wenn dieses Denken entgegengehen will dem Geiste. Der Geist erfüllt als Intuition wiederum das Denken.

Es ist sehr interessant, denke ich, daß es im Grunde genommen dieser Spinoza ist, welcher sagt: Überblicken wir das Weltendasein, wie es in seiner höchsten Substanz im Geiste sich weiterentwickelt, wie wir dann diesen Geist in die Seele aufnehmen, indem wir uns mit unserem Denken zur Intuition erheben, indem wir auf der einen Seite so intellektualistisch sind, daß wir strenge wie mathematisch beweisen, aber im Beweisen zu gleicher Zeit uns entwickeln und erheben, so daß der Geist uns entgegenkommen kann. - Wenn wir uns so erheben, dann begreifen wir auch von diesem Gesichtspunkte aus den historischen Werdegang desjenigen, was in der Menschheitsentwickelung drinnen ist. Und es ist merkwürdig, daß herausleuchtet aus den Schriften des Juden Spinoza folgender Satz: Die höchste Offenbarung der göttlichen Substanz ist in Christus gegeben. - In Christus ist die Intuition zur Theophanie geworden, zur Menschwerdung Gottes, und Christus' Stimme ist daher in Wahrheit Gottes Stimme und der Weg zum Heil. - Das heißt, der Jude Spinoza kommt darauf, daß der Mensch aus seinem Intellektualismus heraus sich so entwickeln kann, daß ihm der Geist entgegenkommt. Ist er dann in der Lage, sich auf das Mysterium von Golgatha zu richten, so wird die Erfüllung mit dem Geiste nicht nur Intuition, das heißt Erscheinung des Geistes durch das Denken, sondern es verwandelt sich die Intuition in Theophanie, in die Erscheinung des Gottes selbst. Der Mensch tritt dem Gotte spirituell entgegen. Man möchte sagen, Spinoza war nicht zurückhaltend mit dem, was ihm plötzlich aufgegangen war, denn dieser Ausspruch beweist das. Aber es erfüllt wie eine Stimmung, wie ein Grundton dasjenige, was er in dieser Weise herausgefunden hat aus der Entwickelung der Menschheit, es erfüllt das seine «Ethik».“ (Lit.:GA 74, S. 80ff)

„Wer jemals wirklich jenen Übergang empfunden hat, der in der Seele auftreten kann, wenn man anfängt zunächst Spinozas «Ethik» wie eine mathematische Abhandlung zu lesen und sich dann hineinfindet in die Begriffe wie in mathematische Begriffe, um dann immer weiter zu der Scientia intuitiva aufzusteigen, wer gegenüber Spinoza so redet, bewußt so redet, als wenn er in der Welt so darin stünde, daß diese sich durch ihn als durch ihr Mundstück zum Ausdruck brächte, der fühlt, was Goethe und Herder an Spinoza empfunden haben, der fühlt, wie diese, der eine mehr selbst befriedigt wie Herder, der andere mehr mit Sehnsucht, lebten in einer Inspirationsstimmung. Und man kann sagen, es geht von dem, was heute die geisteswissenschaftliche Forschung an Methoden bietet, um die Imagination und Inspiration zu erringen, eine gewisse Seelenstimmung hervor. Man kann aber auch geschichtlich verfolgen, wie zum Beispiel Goethe, ohne noch die Inspiration, ohne die Imagination zu haben, nach diesen Stimmungen hintendierte. Und nun gehe man weiter, man sehe sich Spinoza noch genauer an. Wenn man gegenüber Spinoza wirklich Geschichte treibt, nicht so, wie es vielfach heute von den Philosophiehistorikern gemacht wird, so wird man von Spinoza zu denjenigen geführt, die seine Anreger waren. Das waren die im Südwesten Europas lebenden Nachzügler des Arabismus, der arabisch-semitischen Weltanschauung. Derjenige, der solche Dinge versteht, wird noch dasjenige nacherleben können, was von der Kabbala in die Vorstellungen Spinozas eingeflossen ist. Man wird dann weiter zurückgeführt über den Arabismus nach dem Orient, und man lernt erkennen, wie das, was bei Spinoza auftritt, in Begriffe gebrachte Weltansicht der Vorzeit ist. In der Welt des alten Orients tritt dasselbe auf wie bei Spinoza, nur nicht in intellektualistischen Formen, sondern als alte orientalische Inspiration. Aber eine Inspiration, die nicht so erworben war wie die unsrige heute, sondern die wie eine Naturgabe bei gewissen orientalischen Völkern vorhanden war, dann herübergewandert ist nach Ägypten und da eine besonders tiefe Ausbildung erfahren hat. Gehen wir zurück in dasjenige Ägypten, aus dem Moses seine Anschauungen geschöpft hat, zu den Quellen, von denen die Griechen geschöpft haben, dann finden wir da schon auf einer hohen Stufe dasjenige ausgebildet, was aus dem asiatischen Orient nach Ägypten herübergekommen ist. Wir finden, was als Inspiration gelebt hat, nicht als bewußte Inspiration, sondern als unbewußte, atavistische, als Inspiration, die wie eine Naturgabe vorhanden war. Instinktiv haben die Ägypter vor dem 8. vorchristlichen Jahrhundert so gelebt in der Umwelt, daß sie sich mit dieser eins fühlten, daß sie dasjenige, was sie von dieser Umwelt erkannten, innerlich kontemplativ erlebten.“ (Lit.:GA 325, S. 87f)

Weitere Inkarnationen

Nach Rudolf Steiner war Spinoza zur Zeitenwende als der jüdisch-hellenistische Philosoph Philon von Alexandria (* um 15/10 v. Chr.; † nach 40 n. Chr.) verkörpert und kam später als Johann Gottlieb Fichte (1762-1814) wieder.

„Als Beispiel für eine regelmäßige Entwicklung einer Individualität können wir betrachten einen Zeitgenossen von Jesus, Philo von Alexandrien. Seine Individualität kam wieder als Spinoza und dann als Johann Gottlieb Fichte. Wir haben hier also eine durchgehende Individualität in drei Persönlichkeiten. Liest man Fichte ohne Kenntnis dieser Vorgänge, so versteht man ihn nur wenig. Mit dieser Kenntnis aber findet man, daß seine Worte mit Feuerschrift geschrieben sind. Alle diese großen Geister haben eine regelmäßige Entwicklung durchgemacht.“ (Lit.:GA 88, S. 184)

„Denn dieselbe Individualität ist ja Spinoza und Fichte, wie vielleicht schon einige unserer Freunde wissen.“ (Lit.:GA 158, S. 213)

Werke

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Baruch de Spinoza aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.