Vierte Dimension

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Die vierte Dimension, kurz 4D, stellt eine Erweiterung des dreidimensionalen Raumes um eine weitere Dimension dar. Mehrdimensionale Räume, zusammenfassend auch als Hyperräume bezeichnet, die der sinnlichen Anschauung bzw. dem sinnlichen Vorstellungsvermögen nicht zugänglich sind, bis hin zu unendlich dimensionalen Räumen, können jedoch abstrakt mathematisch beschrieben und beispielsweise zur Lösung physikalischer Probleme herangezogen werden. So wird etwa in der Relativitätstheorie der dreidimensionale Raum mit der Zeit zum vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum zusammengefasst. Über die geistige Bedeutung des vierdimensionalen Raumes und weiterer höherdimensionaler Räume hat Rudolf Steiner in verschiedenen Vorträgen gesprochen.

Die vierte Dimension und der Astralraum

Die vierte Dimension steht enger Beziehung zum Astralraum.

„Das Astralbewußtsein ist vierdimensional in einer gewissen Beziehung. Um sich eine annähernde Vorstellung davon zu machen, sei folgendes gesagt: Was tot ist, hat die Tendenz, in seinen drei Dimensionen zu bleiben. Dasjenige, was lebt, geht fortwährend über die drei Dimensionen hinaus. Das Wachsende hat in seinen drei Dimensionen durch seine Bewegung die vierte darinnen. Bewegt sich etwas im Kreis und wird der Kreis immer größer angenommen, so kommt man endlich doch zu einer geraden Linie. Wir würden aber mit dieser geraden Linie nicht mehr zu unserem Ausgangspunkt zurückkommen, weil unser Raum dreidimensional ist. Auf dem Astralraum, da kommt man dann zurück, weil der Astralraum von allen Seiten geschlossen ist. Es gibt keine Möglichkeit, dort ins Unendliche zu gehen. Der physische Raum ist für die vierte Dimension offen. Höhe und Breite sind zwei Dimensionen, die dritte Dimension ist das Herausheben und Hereinbringen in die vierte. Eine andere Geometrie herrscht auf dem Astralraum.“ (Lit.:GA 95, S. 150)

Damit ist nicht gesagt, dass der Astralraum als solcher vierdimensional ist. Vierdimensional ist vielmehr das Bewusstsein, das zugleich die physische Welt und die Astralwelt umspannt. Das ist ein im Grunde ganz alltäglicher Vorgang, der immer dann auftritt, wenn wir die in unserer Seele lebenden Vorstellungen auf die dreidimensionale räumliche Außenwelt beziehen durch eine Art von Umstülpung des Inneren auf das Äußere.

„Wenn Sie nur [zweidimensional] vorstellen würden, so würden Sie [nur] ein Traumbild vor sich haben, aber keine Ahnung davon haben, daß draußen ein Gegenstand ist. Unser Vorstellen ist ein direktes Stülpen unseres Vorstellungsvermögens über [die äußeren Gegenstände vermittels des] vierdimensionalen Raumes. Der Mensch war im Astralzustand [während früherer Stadien der Menschheitsevolution] nur ein Träumer, er hatte nur solche aufsteigenden Traumbilder. Er ist dann übergegangen vom Astralreich zum physischen Raum. Damit haben wir den Übergang vom astralen zum [physisch-]materiellen Wesen mathematisch definiert. Bevor dieser Übergang geschah, war der astrale Mensch ein dreidimensionales Wesen und konnte deshalb nicht seine [zweidimensionalen] Vorstellungen auf die objektive [dreidimensionale physisch-materielle] Welt ausdehnen. Aber als er [selbst] physisch-materiell] geworden ist, hat er noch die vierte Dimension hinzubekommen [und konnte demzufolge auch dreidimensional erleben].

Durch die eigentümliche Einrichtung unseres Sinnesapparates sind wir imstande, unsere Vorstellungen mit den äußeren Gegenständen zur Deckung zu bringen. Indem wir unsere Vorstellungen auf äußere Dinge beziehen, gehen wir durch den vierdimensionalen Raum durch, stülpen die Vorstellung über den äußeren Gegenstand. Wie würden sich die Dinge ausnehmen, wenn wir von der anderen Seite aus schauen könnten, wenn wir in die Dinge hineintreten und sie von dort aus sehen könnten? Um das zu können, müßten wir durch die vierte Dimension hindurch. Die Astralwelt selbst ist nicht eine Welt von vier Dimensionen. Aber die astrale Welt zusammen mit ihrer Spiegelung in der physischen Welt ist vierdimensional. Wer imstande ist, die astrale Welt und die physische Welt zugleich zu überschauen, der lebt im vierdimensionalen Raum, Das Verhältnis unserer physischen Welt zur astralen ist ein vierdimensionales.“ (Lit.:GA 324a, S. 29f)

Rudolf Steiner bezieht den Begriff der vierten Dimension nicht nur auf die räumlichen Verhältnisse, sondern auch auf das Hinausgehen über die drei zeitlichen Dimensionen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft:

„So wie unserem physischen Dasein der Raum mit seinen drei Dimensionen eigen ist, so gibt es auch einen Astralraum, der aber anders geartet ist als unser physischer Raum. Und weil er anders geartet ist, wird es dem Anfänger schwer, sich dort zurechtzufinden. Etwas den physischen Dimensionen Entsprechendes gibt es auch im Astralen. So wie unser physischer Raum Höhe, Breite und Tiefe hat, so gibt es auch auf dem astralischen Felde bestimmte Dimensionen. Und nun besteht ein merkwürdiger Zusammenhang zwischen den Dimensionen auf astralen Felde und dem, was wir im physischen Leben «Zeit» nennen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Physischen sind nur Projektionen, schattenhafte Bilder derjenigen Dimensionen, welche die Dimensionen in der Astralwelt sind. Es gibt auch in der astralen Welt etwas wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Dimensionen. Aber das unterscheidet die astrale Welt von unserer physischen, daß es noch eine für unser physisches Dasein unvorstellbare Dimension gibt, welche außer Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft besteht, welche oftmals als vierte Dimension gezählt wird. Es ist dies ein bildlicher, aber nicht ganz ungeeigneter Ausdruck. Es sollte niemand von der vierten Dimension sprechen, der keinen Blick dafür hat.“ (Lit.:GA 88, S. 41)

Diese vierte Zeit-Dimension hängt eng zusammen mit dem Lesen in der Akasha-Chronik, zu dem der fortgeschrittene Geistesschüler auf seinem Schulungsweg namentlich durch fortgesetztes üben der Rückschau gelangt. Dieses Lesen ersetzt dann in der Geistesschau nach und nach das normale Gedächtnis. Hier wird die Zeit gleichsam zum Raum. Ähnlich ist das Lebenspanorama beschaffen, das man unmittelbar nach dem Tod erlebt:

„Denken Sie: Wenn Sie dasjenige vor sich haben wollten, was Sie gestern erlebt haben, dann müßte ein Augenblick dessen, was gestern erlebt worden ist, wie erstarrt sein. Im nächsten Augenblick ist die ganze Welt schon wieder anders; der Augenblick, der jetzt ist und schon wieder nicht ist, müßte sozusagen wie in einer Moment-Photographie festgehalten werden. Jeder Augenblick müßte so festgehalten werden, und dann müßten diese aufeinanderfolgenden Photographien nebeneinander im Raum aufgestellt werden. Dann hätten Sie das, was der Geistesforscher tatsächlich lebendig vor sich hat. Nicht nur den gewöhnlichen Raum hat er vor sich, sondern einen Raum, der ganz anderer Natur ist. Ein solcher Raum unterscheidet sich ganz wesentlich von dem Raum, in dem wir gewöhnlich leben. Sie können unmöglich in dem gewöhnlichen Raum ein Abbild des geistigen Raumes entwerfen. Denn wenn Sie den physischen Raum nehmen und versuchen, irgendwohin eine Linie zu ziehen, so können Sie diese Linie nur innerhalb dieses Raumes ziehen. Sie kommen gar nicht über diesen Raum hinaus. Sie können also dasjenige, was der Geistesforscher im geistigen Raum durchschreitet, gar nicht in den gewöhnlichen Raum hineinzeichnen. Dem Geistesforscher wird die Zeit zum Raum, in dem er von einem Punkt zum andern Punkt schreitet.

Sie sehen also, daß das gewöhnliche Bewußtsein im Raum eingeschlossen ist; es kann gar nicht heraus. Aber der Geistesforscher kommt dennoch heraus. Er weiß, wie er sich zu bewegen hat, wenn er zum Beispiel zu Ereignissen kommen will, die meinetwillen vier oder fünf Tage vorher stattgefunden haben. Er geht durch die Bilder der Ereignisse der letzten vier oder fünf Tage zurück, wie auf einer Linie. Diese Linie ist so beschaffen, daß sie weder zweidimensional gezeichnet, noch dreidimensional im Räume dargestellt werden kann. Sie ist überhaupt für das gewöhnliche Bewußtsein nicht vorstellbar, denn das gewöhnliche Bewußtsein kann aus dem dreidimensionalen Raum nicht heraus. Der Geistesforscher bewegt sich aber aus dem gewöhnlichen Raum heraus und betritt einen Raum, der eine weitere, eine im wahren Sinne vierte Dimension hat. Der Raum, den der Geistesforscher betritt, wenn er das neue Gedächtnis bekommt, hat eine Dimension mehr als der gewöhnliche Raum; das ist eine Dimension, die Sie im physischen Raum nicht finden können. Daher müssen wir davon sprechen, daß der Geistesforscher in dem Augenblick, wo er dieses höhere Gedächtnis bekommt, aus den drei Dimensionen des Raumes heraustritt. Wir haben nun nicht nur darauf hingedeutet, daß ein solcher Begriff vom vierdimensionalen Raum denkbar ist, sondern daß es eine ganz bestimmte Fähigkeit gibt, nämlich das höhere Gedächtnis des Menschen, für welche dieser vierdimensionale Raum eine Wirklichkeit ist.“ (Lit.:GA 119, S. 243ff)

In seinen Ausführungen über die Farbenperspektive hat Steiner deutlich gemacht, dass auf dem Weg von der physischen in die ätherische Welt der Übergang zur vierten Dimension eigentlich einen Rückgang zur zweiten Dimension, also zu einem flächenhaft imaginativen Erleben, bedeutet, da hierbei die dritte Dimension gleichsam vernichtet wird. Auch mit dem Gefühl leben wir nur in zwei Dimensionen.

„Damit gewinnt die Malerei aber ihre Beziehung zum Geistigen. Es ist schon merkwürdig, sehen Sie, heute denken die Menschen hauptsächlich nach, wie können wir den Raum noch räumlicher machen, wenn wir über den Raum hinauskommen wollen? Und sie verwenden in dieser materialistischen Weise eine vierte Dimension. Aber so ist diese vierte Dimension gar nicht vorhanden, sondern sie ist so vorhanden, daß sie die dritte vernichtet, wie die Schulden das Vermögen vernichten. Sobald man aus dem dreidimensionalen Raum herauskommt, kommt man nicht in einen vierdimensionalen Raum, oder man kommt meinetwillen in einen vierten dimensionalen Raum, aber der ist zweidimensional, weil die vierte Dimension die dritte vernichtet und nur zwei übrigbleiben als reale, und alles ist, wenn wir uns von den drei Dimensionen des Physischen zum Ätherischen erheben, nach den zwei Dimensionen orientiert. Wir verstehen das Ätherische nur, wenn wir es nach zwei Dimensionen orientiert denken. Sie werden sagen, aber ich gehe doch auch im Ätherischen von hier bis hierher, das heißt nach drei Dimensionen. Nur hat die dritte Dimension für das Ätherische keine Bedeutung, sondern Bedeutung haben nur immer die zwei Dimensionen. Die dritte Dimension drückt sich immer durch das nuancierte Rot, Gelb, Blau, Violett aus, wie ich es auf die Fläche bringe, ganz gleichgültig, ob ich die Fläche hier habe oder hier, da ändert sich im Ätherischen nicht die dritte Dimension, sondern die Farbe ändert sich, und es ist gleichgültig, wo ich die Fläche aufstelle, ich muß nur die Farben entsprechend ändern. Da gewinnt man die Möglichkeit, mit der Farbe zu leben, mit der Farbe in zwei Dimensionen zu leben. Damit aber steigt man auf von den räumlichen Künsten zu den Künsten, die wie die Malerei nun zweidimensional sind, und überwindet das bloße Räumliche. Alles, was in uns selber Gefühl ist, hat keine Beziehung zu den drei Raumdimensionen, nur der Wille hat zu ihnen Beziehung, das Gefühl nicht, das ist immer in zwei Dimensionen beschlossen.“ (Lit.:GA 291, S. 171f)

Höherdimensionale Räume

Beim Übergang vom dreidimensionalen Raum zu höherdimensionalen Räumen, etwa zum vierdimensionalen, fünfdimensionalen und sechsdimensionalen Raum darf man nicht in abstrakter Weise weiterschreiten, sondern hier kommt man konkret zur Umstülpung des Raumes.

„Es geht nicht in ein unbestimmtes Viertes hinein, sondern man muß von einem gewissen Punkte an umkehren, und die vierte Dimension wird nämlich einfach die dritte Dimension mit negativem Vorzeichen. Man kommt wiederum durch die dritte Dimension zurück. Das ist der Fehler, der in den mehrdimensionalen Geometrien gemacht wird. Da wird einfach abstrakt weitergelaufen von der zweiten in die dritte, von der dritten in die vierte Dimension hinein und so weiter. Aber dasjenige, was da vorliegt, ist, wenn ich mich jetzt vergleichsweise so ausdrücken darf, nicht einfach fortlaufend, sondern oszillierend. Die Raumanschauung muß wiederum in sich zurückkehren. Wir vernichten, indem wir die dritte Dimension negativ nehmen, diese dritte Dimension in Wahrheit. Die vierte Dimension ist die negative dritte und vernichtet die dritte, macht den Raum eigentlich zweidimensional. Und ebenso können wir einen Vorgang finden für die fünfte und sechste Dimension, der durchaus in sich wirklich ist, obwohl das logischmathematisch, algebraisch einfach fortlaufend ist. Wir müssen, wenn wir der Wirklichkeit gemäß vorstellen, in den Raum, der uns einfach vorliegt, mit der vierten, fünften, sechsten Dimension wiederum zurückkommen, und bei der sechsten haben wir einfach den Raum aufgehoben. Wir sind beim Punkt angekommen.

Was liegt da eigentlich in der Zeitkultur vor? Es liegt das vor, daß diese Zeitkultur abstrakt geworden ist in bezug auf das Denken, daß man den Lauf, den man mit dem Denken genommen hat von der Planimetrie zur Stereometrie einfach fortsetzt, während die Wirklichkeit mit der vierten Dimension wieder zurückführt in den Raum. Aber indem wir jetzt zurückkehren, sind wir keineswegs in derselben Lage, in der wir waren, als wir in die dritte Dimension hinausgekommen sind mit dem Visieren, sondern indem wir zurückkehren, sind wir geistbeladen. Finden wir die Möglichkeit, die vierte Dimension so zu denken, daß wir mit ihr wiederum, indem sie die negative dritte ist, in den Raum zurückkehren, dann wird der Raum geisterfüllt, während der dreidimensionale Raum materieerfüllt ist. Und mit immer höheren Geistgebilden finden wir den Raum erfüllt, wenn wir entlang der negativen dritten und zweiten und ersten Dimension gehen bis zu dem Punkt, wo wir keine Raumesausdehnung mehr haben, aber vollständig im Ausdehnungslosen, im Geistigen dann drinnenstehen.“ (Lit.:GA 82, S. 63f)

Das lässt sich durch das von Steiner in seinem Astronomiekurs entwickelte Konzept des Gegenraumes noch genauer veranschaulichen:

„Denken Sie sich einmal, Sie hätten es nicht bloß zu tun mit dem gewöhnlichen Raum, der also drei gedachte Dimensionen hat, sondern Sie hätten es zu tun mit einem Gegenraum. Ich nenne ihn zunächst Gegenraum, und ich möchte ihn in der folgenden Weise für die Vorstellung zunächst entstehen lassen: Denken Sie sich, ich bilde in der Vorstellung den gewöhnlichen dreidimensionalen, starren Raum; ich bilde die erste Dimension, ich bilde die zweite Dimension und ich bilde die dritte Dimension (Fig. 5). Indem ich diese drei Dimensionen gebildet habe, habe ich gewissermaßen vorstellungsgemäß die Erfüllung geschaffen desjenigen, was sich mir darbietet als der gewöhnliche dreidimensionale Raum. Aber Sie wissen ja, man kann überall nicht bloß vorgehen bis zu einer gewissen Intensität, sondern man kann auch davon zunehmen, immer weiter wegnehmen und kommt dann zur Negation. Sie wissen, es gibt nicht nur Vermögen, sondern auch Schulden. Es ist möglich, daß ich nicht nur die drei Dimensionen entstehen lasse, sondern daß ich sie auch verschwinden lasse. Nur stelle ich mir den Vorgang des Entstehens

Fig. 5 / Fig. 6
Fig. 5 / Fig. 6

und Verschwindens als einen realen vor, als etwas, was ist. Ich kann auch bloß in zwei Dimensionen vorstellen, aber das meine ich jetzt nicht, sondern ich meine: Daß da nur zwei Dimensionen sind, davon ist die Ursache nicht, daß ich nie eine dritte gehabt habe, sondern davon ist die Ursache, daß ich wohl eine dritte gehabt habe, aber daß sie mir wiederum entschwunden ist. Die zwei Dimensionen sind das Ergebnis des zuerst Entstehens und dann Vergehens der dritten Dimension. Ich habe also jetzt einen Raum, der nur äußerlich noch zwei Dimensionen zeigt, den ich aber innerlich mir so vorzustellen habe, daß er zwei dritte Dimensionen, eine positive und eine negative, zeigt; die negative Dimension kommt aus etwas heraus, was nicht mehr in meinem dreidimensionalen Raum drinnen sein kann, was ich natürlich nicht als vierte Dimension im gewöhnlichen Sinn vorstellen muß, sondern als etwas, was sich zur dritten verhält wie das Negative zum Positiven (Fig. 6).“ (Lit.:GA 323, S. 274ff)

Eine Übung zur Anschauung des vierdimensionalen Raumes

„Derjenige, welcher eine wirkliche Anschauung von dem vierdimensionalen Raum sich erwerben will, muß ganz bestimmte Anschauungsübungen machen. Diese bestehen darin, daß er sich zunächst eine ganz klare Anschauung, eine vertiefte Anschauung, nicht Vorstellung, bildet von dem, was man Wasser nennt. Eine solche Anschauung von dem Wasser ist nicht so leicht zu kriegen. Man muß lange meditieren und sich sehr genau in die Natur des Wassers vertiefen, man muß sozusagen hineinkriechen in die Natur des Wassers. Das zweite ist, daß man sich eine Anschauung verschafft von der Natur des Lichtes. Das Licht ist etwas, was der Mensch zwar kennt, aber nur so kennt, wie er es von Außen empfängt. Nun kommt der Mensch dadurch, daß er meditiert, dazu, das innere Gegenbild des äußeren Lichtes zu bekommen, zu wissen, wodurch und woher das Licht entsteht, so daß er dadurch selbst so etwas wie Licht hervorbringen, erzeugen kann. Diese Fähigkeit, Licht hervorbringen, erzeugen zu können, eignet sich der Yogi [Geheimschüler] an durch Meditation. Das kann derjenige, welcher reine Begriffe wirklich meditativ in seiner Seele anwesend zu haben vermag, der reine Begriffe wirklich meditativ auf seine Seele wirken läßt, der sinnlichkeitsfrei denken kann. Dann entspringt dem Begriffe das Licht. Dann geht ihm die ganze Umwelt auf als flutendes Licht. Der Geheimschüler muß nun gleichsam chemisch verbinden die Anschauung, die er sich von Wasser gebildet hat, mit der Anschauung des Lichtes. Das vom Licht ganz durchdrungene Wasser ist ein Körper, der von den Alchemisten genannt wird Merkurius. Wasser plus Licht heißt in der Sprache der Alchemisten Merkurius. Dieses alchemistische Merkur ist aber nicht das gewöhnliche Quecksilber. Sie werden die Sache nicht in dieser Form [überliefert] erhalten haben. Man muß erst in sich die Fähigkeit erwecken, aus dem [Umgehen mit den reinen] Begriffen selbst das Licht zu erzeugen. Merkurius ist diese Vermischung [des Lichtes] mit der Anschauung des Wassers, diese lichtdurchdrungene Wasserkraft, in deren Besitz man sich dann versetzt. Das ist das eine Element der astralischen Welt.

Das zweite [Element] entsteht dadurch, daß man sich, ebenso wie man vom Wasser sich eine Anschauung gebildet hat, man sich von der Luft eine Anschauung bildet, daß wir also die Kraft der Luft durch einen geistigen Vorgang heraussaugen. Wenn Sie [auf der anderen Seite Ihr] Gefühl in sich in gewisser Weise konzentrieren, so erzeugen, so entzünden Sie durch das Gefühl das Feuer. [Wenn Sie die Kraft der Luft gleichsam chemisch verbinden mit dem durch Gefühl erzeugten Feuer, so] bekommen Sie «Feuerluft». Sie wissen, daß in Goethes «Faust» von Feuerluft gesprochen wird.[1] Das ist etwas, wo das Innere des Menschen mitarbeiten muß. Also das eine Element wird [aus einem gegebenen Element, der Luft,] herausgesogen, das andere [das Feuer oder die Wärme] wird von Ihnen selbst erzeugt. Diese Luft plus Feuer nannten die Alchemisten Schwefel, Sulfur, leuchtende Feuerluft. Wenn Sie nun diese leuchtende Feuerluft in einem wäßrigen Elemente haben, dann haben Sie in Wahrheit jene [astrale] Materie, von der es in der Bibel heißt: und der Geist Gottes schwebte, oder brütete, über den «Wassern».[2]

[Das dritte Element entsteht, wenn] man der Erde die Kraft entzieht und das dann verbindet mit den [geistigen Kräften im] «Schall»; dann hat man das, was [hier] Geist Gottes genannt wird. Daher wird es auch «Donner» genannt. [Wirkender] Geist Gottes ist Donner, ist Erde plus Schall. Der Geist Gottes [schwebt also über der] astralen Materie.

Jene «Wasser» sind nicht gewöhnliche Wasser, sondern was man eigentlich astrale Materie nennt. Diese besteht aus vier Arten von Kräften: Wasser, Luft, Licht und Feuer. Die Anordnung dieser vier Kräfte stellt sich der astralischen Anschauung als die vier Dimensionen des astralen Raumes dar. So sind sie in der Wirklichkeit. Es sieht im Astralen eben ganz anders aus als in unserer Welt. Manches, was als astral aufgefaßt wird, ist nur eine Projektion des Astralen in den physischen Raum.

Sie sehen, dasjenige, was astral ist, ist halb subjektiv [das heißt dem Subjekt passiv gegeben], halb Wasser und Luft, denn Licht und Gefühl [Feuer] sind objektiv, [das heißt vom Subjekt tätig zur Erscheinung gebracht]. Nur einen Teil von dem, was astral ist, kann man außen [als dem Subjekt gegeben] finden, aus der Umwelt gewinnen. Den anderen Teil muß man subjektiv [durch eigene Tätigkeit] dazubringen. Aus Begriffs- und Gefühlskräften gewinnt man [aus dem Gegebenen] durch [tätige] Objektivierung das andere. Im Astralen haben wir also Subjektiv-Objektives. Im Devachan gibt es gar keine [für das Subjekt bloß gegebene] Objektivität mehr. Man würde dort ein völlig subjektives Element haben.

Wir haben eben da etwas, was der Mensch erst [aus sich heraus] erzeugen muß, wenn wir vom astralen Raum sprechen. So ist alles, was wir hier tun, das Symbolische, [nur] eine sinnbildliche Darstellung für die höheren Welten, für die devachanische Welt, die in der Art wirklich sind, wie ich es Ihnen in diesen Andeutungen auseinandergesetzt habe. Es ist das, was in diesen höheren Welten liegt, nur dadurch zu erreichen, daß man in sich selbst neue Anschauungsmöglichkeiten entwickelt. Der Mensch muß selbst etwas dazu tun.“ (Lit.: GA 324a, S. 58ff Nachschrift von Franz Seiler; Zweite Textvariante in der Nachschrift von Walter Vegelahn siehe: GA 324a, S. 60ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Goethe, Faust, Erster Teil, 4. Szene, Studierzimmer, Vers 2065ff.:

    Mephistopheles:
    Wir breiten nur den Mantel aus,
    Der soll uns durch die Lüfte tragen.
    Du nimmst bei diesem kühnen Schritt
    Nur keinen großen Bündel mit.
    Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,
    Hebt uns behend von dieser Erde.
    Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
    Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!

  2. Moses, Erstes Buch, Kapitel 1,2. Siehe dazu Rudolf Steiner: Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte (GA 122), insbesondere Vortrag vom 20. August 1910.